Mit Ausführungen des Herrn Staatsminister Dulig ist die 2. Aktuelle Debatte und damit unsere Aktuelle Stunde abgeschlossen. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.
Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Die Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, DIE LINKE, SPD, AfD, GRÜNE, Staatsregierung, wenn gewünscht. Das Wort ergreift jetzt für die CDU-Fraktion Herr Kollege Bienst.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Uns liegt ein Gesetzentwurf für Schulen in freier Trägerschaft vor, mit dem wir dem Urteil des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes Rechnung tragen wollen und tragen. Zum einen erfüllen wir die Forderung, bis zum 31.12.2015 das Gesetz im Feld der Rechtsprechung zu novellieren. Zum anderen wird die Berechnung der Landeszuschüsse nachvollziehbar und transparent gestaltet. Das war die wichtigste Maßgabe des Gerichts. Ich bin davon überzeugt, dass es uns mit dem Gesetzentwurf gelungen ist, die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft auf solide Füße zu stellen.
Im Zuge des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens hat es zum Gesetzentwurf der Staatsregierung eine Reihe von Änderungsanträgen durch die Koalitionsfraktionen gegeben. Auf die wichtigsten davon möchte ich eingehen. Es war uns wichtig, mit diesem Gesetz die besondere Stellung aller Schulen in freier Trägerschaft in der sächsischen Bildungslandschaft zu definieren. Unter anderem heißt es jetzt in § 1 – ich zitiere –: „Schulen in freier Trägerschaft sind gleichermaßen Adressat des Bildungsauftrages der Verfassung des Freistaates Sachsen, ohne dass ein Vorrang der einen oder anderen besteht.“
Mit der Aufnahme dieses Satzes aus dem Urteil des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs möchten wir stärker als bisher der Rolle der Schulen in freier Trägerschaft im sächsischen Schulsystem gerecht werden. Mit anderen Worten: Sie sind nicht nur eine Bereicherung oder Ergänzung – so stand es im bisherigen Gesetzestext –, sondern sie haben den gleichen verfassungsrechtlichen Bildungsauftrag wie Schulen in öffentlicher Trägerschaft. Konkret heißt das: Sie sollen jungen Menschen nach ihren Fähigkeiten und Neigungen und ohne Rücksicht auf wirtschaftliche Lage und Herkunft Erziehung und Bildung vermitteln.
Über diese gemeinsame Aufgabe hinaus haben Schulen in öffentlicher und in freier Trägerschaft jedoch unterschiedliche Rechte und Pflichten. Sie sind also – ich betone dies ausdrücklich – nicht in jeder Hinsicht gleich. Die Pflicht
von Schulen in öffentlicher Trägerschaft ist es, ein flächendeckendes Angebot mit zumutbaren Entfernungen in allen Schularten vorzuhalten. Diese Pflicht kann nicht auf das Schulwesen in freier Trägerschaft delegiert werden. Weiter hat natürlich ein Schüler, der eine Schule in freier Trägerschaft wieder verlässt, einen Anspruch darauf, an einer öffentlichen Schule beschult zu werden. Letztendlich sind eben Schulen in freier Trägerschaft im tatsächlichen Wortsinn freier. Sie können abweichend von den Vorschriften für Schulen in öffentlicher Trägerschaft agieren, sind beispielsweise nicht an Mindestschülerzahlen oder Mindestzügigkeiten gebunden. Ebenso wenig wird vor ihrer Einrichtung das Vorhandensein eines öffentlichen Bedürfnisses geprüft. Egal, wo und an welchen Standorten in Sachsen, können Träger oder Akteure in die Genehmigungsphase gehen, wenn sie dem Kultusministerium alle dafür notwendigen Voraussetzungen nachweisen.
Schulen in freier Trägerschaft können besondere pädagogische, religiöse oder weltanschauliche Prägungen transportieren; auch haben sie größere Freiheiten bei der Auswahl und Bezahlung ihres Personals. Nicht zuletzt besteht die Möglichkeit, ihre Schüler selbst auszuwählen.
Meine Damen und Herren, die in den letzten Monaten geführten Diskussionen um eine prinzipielle Gleichrangigkeit von öffentlichen Schulen und Schulen in freier Trägerschaft lassen sich also weder aus der Verfassung noch aus dem Urteil des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes ableiten. Wenn es tatsächlich so wäre, hätte sich das Urteil auf § 18 der Sächsischen Verfassung – darin geht es um den Gleichheitsgrundsatz – beziehen müssen. Nein, selbst die Richter sagen in ihrem Urteil – ich zitiere –: „In diesem Zusammenhang ist aus Artikel 102 Abs. 2 Sächsische Verfassung oder Artikel 18 Abs. 1 Sächsische Verfassung keine Pflicht des Staates zu entnehmen, öffentliche und private Schulen hinsichtlich der Finanzmittel pro Schüler gleich auszustatten. Aufwendungen des Staates pro Schüler sind nicht wesensmäßig gleiche Sachverhalte im Sinne des Gleichbehandlungsgebotes gemäß Artikel 18 Abs. 1 Sächsische Verfassung.“
Eine weitere wichtige Änderung betrifft die berufsbildenden Förderschulen für Sehbehinderte und Hörgeschädigte in Chemnitz und Leipzig, für die es keine äquivalenten Schulen im öffentlichen Schulsystem gibt. Es war für die Fachpolitiker der CDU-Fraktion sehr wichtig, eine Sonderregelung im Gesetz zu verankern. Werden seitens
dieser Schulen notwendige Mehrkosten nachgewiesen, können diese auf Antrag und unter Einhaltung der Mitwirkungspflicht bis zu der im Gesetz definierten Höchstgrenze erstattet werden. Dies gilt erstmalig für das Schuljahr 2016/2017. Für das kommende Schuljahr gelten noch die alten Finanzierungsgrundsätze.
Einen weiteren Diskussionspunkt stellten die Eltern- und Schülermitwirkungen von Vertretern der Schulen in freier Trägerschaft dar. Vorab, meine Damen und Herren: Diese Regelungen werden im Sächsischen Schulgesetz und nicht im vorliegenden Gesetzentwurf geregelt. Ich darf darauf hinweisen, dass im SMK derzeit die Schritte zur Änderung der aktuellen Schülermitwirkungsverordnung eingeleitet werden und diese für den Übergang Gültigkeit haben.
Nachfolgend möchte ich meine soeben genannten Ausführungen begründen. In einem Gesetz sollte grundsätzlich nur das geregelt werden, was zwingend notwendig ist, und nicht alles, was der eine oder andere gern in einem Gesetz verankert sehen möchte. Die Gremien der Eltern- und Schülermitwirkung auf Kreis- und Landesebene haben ihren Schwerpunkt im öffentlichen Schulsystem. Das sind circa 90 % der Eltern und Schüler. Aus diesem Grund ist eine Regelung im Schulgesetz richtig und nicht im Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft. Es bedarf nicht zweier Regelungen in zwei Gesetzen, also quasi einer Doppelregelung, wie von der Opposition in Änderungsanträgen vorgeschlagen wurde.
Wir sind uns mit unserem Koalitionspartner grundsätzlich darin einig, dass im Zuge der Novellierung des Sächsischen Schulgesetzes die entsprechenden Paragrafen angepasst werden, um die Eltern- und Schülermitwirkung der Schulen in freier Trägerschaft gesetzlich zu regeln. Nun wissen wir natürlich, dass bis zur Novellierung des Sächsischen Schulgesetzes noch erheblicher Diskussionsbedarf besteht und über einen Referentenentwurf zu diskutieren ist, bis über Anhörungen und breite öffentliche Diskussionen über einen Gesetzentwurf im parlamentarischen Verfahren zu befinden sein wird. Dies ist natürlich für das Anliegen der Mitwirkung von Eltern- und Schülervertretungen eine zu lange Zeit. Da die Regierungsfraktionen das Anliegen der Mitwirkung unterstützen und in der Praxis zählt, dass die Mitwirkung überhaupt ermöglicht wird – unabhängig davon, wo diese Regelung festgeschrieben ist –, soll es genau diese Übergangsregelung auf Verordnungsbasis geben.
Im Übrigen ist bereits jetzt die Elternmitwirkungsverordnung so ausgestaltet, dass im Vorstand des Landeselternrates auch ein Vertreter der freien Schulen mitarbeitet. Die Koalition hat sich darauf verständigt, dass die Schülermitwirkungsverordnung durch das SMK entsprechend für das neue Schuljahr angepasst wird; dies hatte ich eben mit benannt.
Die Regelung der Mitwirkung auf Kreisebene ist etwas komplexer. Auf der einen Seite funktioniert die Mitwirkung bereits auch ohne gesetzliche Regelung; ich darf an dieser Stelle den Vogtlandkreis nennen. Auf der anderen
Seite möchte ich anmerken: Wenn es zu einer gesetzlichen Regelung kommt, dann haben die entstehenden Kosten die jeweiligen Landkreise bzw. kreisfreien Städte zu tragen. Zugleich werden auf Kreisebene auch inhaltliche Fragen behandelt, zum Beispiel Fragen zur Schulnetzplanung, die die Schulen in freier Trägerschaft nicht betreffen. Dies möchte ich heute schon zu bedenken geben.
Zum Schluss aber noch ein Tropfen Wasser in den Wein, bezogen auf das zeitliche Verfahren der Gesetzgebung. Das Zeitmanagement, beginnend bei den Vorgesprächen über den Referentenentwurf bis zum vorliegenden Gesetzentwurf, war sehr ambitioniert – um diese zeitlich enge Phase zu umschreiben. Nein, ich möchte an dieser Stelle niemandem einen Vorwurf machen. Die Wahl zum neuen Sächsischen Landtag, die Regierungsbildung, das Aushandeln eines Koalitionsvertrages – dort spielt bekanntlich Bildung immer eine entscheidende Rolle – und nicht zuletzt das parlamentarische Finden oder eben doch eine etwas längere Zeit im vergangenen Spätherbst.
An dieser Stelle noch ein Wort an die Beauftragten und Vertreter von Verbänden der Schulen in freier Trägerschaft: Es ist nicht üblich, einen Tag vor Heiligabend einen Referentenentwurf zur Diskussion überreicht zu bekommen. Trotzdem haben die darauffolgenden Wochen gezeigt, dass sich viele in die Diskussion eingebracht und viele Anregungen gegeben haben, die bei der parlamentarischen Begleitung und Diskussion um das vorliegende Gesetz eine große Rolle gespielt haben. Geeint hat uns in diesem Prozess ein Ziel: Die Regierung – hier möchte ich Frau Staatsministerin Kurth an erster Stelle nennen – und die Fachpolitiker der Koalition waren sich von Beginn an einig: Unser gemeinsamer Anspruch war, das Gesetz mit Beginn des neuen Schuljahres in Kraft treten zu lassen, und das ist eben der 01.08.2015 und nicht der 01.01.2016, wie es im Urteil ausgeführt worden ist. Ich denke, das ist ein Gebot der Fairness, und damit haben die Schulen auch eine gute Planungssicherheit für das neue Schuljahr, wenn dieses Gesetz heute verabschiedet wird.
Bei aller Kritik, die es seitens der Vertreter von Schulen in freier Trägerschaft am Gesetzentwurf gibt, möchte ich noch einmal die finanzielle Begleitung durch den Freistaat benennen. Standen im Haushaltsjahr 2014 insgesamt 230 Millionen Euro für die Finanzierung bereit, daneben noch 2014 10 Millionen und 2015 25 Millionen zur Überbrückung, so sind es im Haushaltsjahr 2015 273 Millionen und im Haushaltsjahr 2016 bereits 327 Millionen Euro. 327 Millionen Euro, meine Damen und Herren, sind eben mehr als 10 % des gesamten Haushaltes des Kultusministeriums, ungefähr genauso viel, wie es Schüler an Schulen in freier Trägerschaft gibt. Es ist ein Anstieg von sage und schreibe fast 100 Millionen im Vergleich zu 2014. Bereits jetzt vorliegende Anträge auf weitere Genehmigungen in freier Trägerschaft werden die Haushaltsmittel auch weiter anwachsen lassen.
Zurück zu den genannten Terminen. Die Schulen können sich nun neben der finanziellen Begleitung vor allem auf die bevorstehenden pädagogischen Aufgaben konzentrieren. Dafür wünsche ich allen Pädagoginnen und Pädagogen viel Erfolg und Kraft für das nächste Schuljahr und bedanke mich bei allen stellvertretend für die geleistete Arbeit.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden wir dem Urteil des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes gerecht. Darüber sind wir uns in der Koalition einig. Über eine Verfassungskonformität haben wir im Hohen Haus nicht zu befinden. Sollte es diesbezüglich zu einer Prüfung kommen, so entscheiden darüber letztendlich Richter des Verfassungsgerichts mit ihrer juristischen Kompetenz. Ich bitte um Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf und bedanke mich bei allen Beteiligten für eine faire und konstruktive Zusammenarbeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! DIE LINKE machte den Weg frei für die Verfassungsklage gegen sozial unverträgliche Kürzungen bei freien Schulen im Freistaat Sachsen. Die Fraktion DIE LINKE hat auf ihrer Fraktionssitzung am 06.09.2011 einen Beschluss zur Unterstützung einer Normenkontrollklage gegen die von CDU und FDP im Artikel 10 des Haushaltsbegleitgesetzes von 2011/2012 beschlossenen Änderungen im Sächsischen Gesetz für Schulen in freier Trägerschaft gefasst. Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN, Ihre Initiative war es, aber unser Beschluss hat erst dazu geführt, das möchte ich hier noch einmal ganz klar sagen. Ich denke, das ist auch eine gewisse notwendige Wertschätzung.
DIE LINKE hat damit den Weg für die Normenkontrollklage freigemacht, und dieser Diskussionsprozess war auch innerhalb unserer Fraktion nicht leicht. Es sollte die Unvereinbarkeit der von CDU und FDP beschlossenen Kürzungen für die Schulen in freier Trägerschaft vor dem Verfassungsgericht festgestellt werden. Für uns stand der soziale Aspekt der Normenkontrollklage im Vordergrund. Ziel der Normenkontrollklage war die Beseitigung sozial unverträglicher Kürzungen in diesem Gesetz und für die Betroffenen. DIE LINKE verhinderte damit, dass die freien Schulen zu reinen Privatschulen hätten gestaltet werden können.
Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.11.2013 hat die Kritik der LINKEN vollumfänglich bestätigt. Das Verfassungsgericht stellte die Unvereinbarkeit der Kürzungen durch die CDU und die FDP in diesem Gesetz vollumfänglich für diese Verfassung fest. Die CDU hatte mit diesem Gesetz gegen die Sächsische Verfassung
verstoßen, und ich glaube, Herr Bienst, das muss man in diesem Hohen Hause noch einmal sagen; denn auch und insbesondere für DIE LINKE ist die Verfassung ein hohes Gut.
Der Verfassungsgerichtshof beanstandet unter mehreren Regelungen auch die Regelung des Schulgeldes. Durch den Wegfall der Schulgelderstattung wären aus den freien Schulen reine Privatschulen geworden. Kindern aus Elternhäusern mit niedrigen Einkünften wäre der Besuch in einer solchen Schule fast unmöglich gemacht worden, auch wenn ich weiß, dass sich freie Schulen sehr engagieren, auch solche Kinder aufzunehmen.
Die Hauptaussagen des Urteils lauten – Herr Bienst hat bereits einige genannt –: Die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft muss grundsätzlich neu geregelt werden. Es gilt die Gleichrangigkeit von Schulen in öffentlicher Trägerschaft wie in freier Trägerschaft. Sie sollen gemeinsam das Schulwesen in Sachsen sicherstellen. Dazu haben wir, denke ich, die gleiche Auffassung.
Ein neues Schulgesetz musste her – es war zwingend notwendig, der Verfassungsgerichtshof hat es festgelegt – bis zum 31.12.2015; Herr Bienst hat es bereits erwähnt. Herr Bienst, auch wenn Sie lobend erwähnen, dass das Gesetz jetzt schon vorliegt und zum 01.08.2015 in Kraft treten soll, muss ich sagen, es wäre, denke ich, nicht zielführend, einen Gesetzentwurf zum 01.01.2016 in Kraft zu setzen, da das Schuljahr dann bereits läuft. Es wäre also überhaupt nicht sinnvoll, so etwas zu tun.
Erstens. Die Schulen in öffentlicher und freier Trägerschaft sind gleichrangig und gleichwertig in der Erfüllung ihres Bildungsauftrages zu gestalten.
Zweitens. Die Finanzierungsregelungen haben sich an den Kosten der Schulen in öffentlicher Trägerschaft zu orientieren.
Drittens. Es müssen alle Kosten berücksichtigt werden. Ich denke, das ist der größte Knackpunkt an der finanziellen Untersetzung des Gesetzes.
Viertens. Die Transparenz muss hergestellt sein. Das ist nach wie vor ein wesentlicher Kritikpunkt, Herr Bienst; denn auch wir sind der Auffassung, dass die Transparenz so, wie das Gesetz jetzt aussieht, nicht wirklich hergestellt ist.
Fünftens. Die Kostenfreiheit des Schulbesuchs muss ermöglicht werden können. Das sehen wir ebenfalls noch als einen wesentlichen Punkt an, der in diesem Gesetz geändert werden muss.