Protocol of the Session on July 8, 2015

Sechstens. Es muss eine auskömmliche, regelmäßige Überprüfung durchgeführt werden.

Siebtens. Die Wartefrist muss verkürzt werden und die Finanzierung der Wartefrist gewährleistet sein.

Im Dezember 2013 forderten die damaligen Oppositionsfraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, damals noch die SPD in der Opposition und DIE LINKE in einem gemeinsamen Antrag die Umsetzung des Verfassungsgerichtsurteils. Herr Bienst, Sie sprachen gerade davon, dass Sie eine ziemlich straffe Zeitschiene haben und es eigentlich unverträglich sei, am 23. Dezember, einen Tag vor Heiligabend, noch Stellungnahmen einfordern zu wollen. Sie hätten mehr Zeit gehabt, wenn die Staatsregierung früher mit der Erarbeitung des Gesetzentwurfes begonnen hätte; denn selbst mit einer Verzögerung hat der Antrag dazu geführt, dass die Arbeit am Gesetzentwurf aufgenommen wurde.

Im Mai 2014 gab es einen Regierungskabinettsbeschluss zu einer Förderrichtlinie von 35 Millionen Euro. Diese sogenannte Übergangsregelung wurde mit dem Sächsischen Kultusministerium und den Interessenvertretern der freien Schulen vereinbart.

Die Vereinbarungen bzw. diese Förderrichtlinie haben bei den freien Schulen zu großer Kritik geführt. Sie alle kennen das. Die freien Schulen waren auch bei Ihnen und haben ihre Enttäuschung bezüglich der Übergangsregelung ganz klar geäußert, weil die Finanzierung mit der Übergangsregelung nicht möglich war.

Im März 2015 verabschieden CDU und SPD im Kabinett die heute in 2. Lesung vorliegende Fassung dieses Gesetzes, das zum 01.08. in Kraft treten soll. Die LINKE unterstützt die im Verfassungsgerichtsurteil geforderte Gleichrangigkeit von öffentlichen Schulen und Schulen in freier Trägerschaft. Die Regelungen, die in dem Entwurf enthalten sind, dürfen aber nicht dazu führen, dass sie zulasten der öffentlichen Schulen gehen. Das ist eine Aussage, die wir jeweils immer getroffen haben. Ich weiß – es ist in vielen mündlichen und schriftlichen Äußerungen ganz klar benannt worden –, dass es nicht im Interesse sowohl der Träger, als auch der Eltern und Schüler der freien Schulen ist, dass es eine Benachteiligung gibt.

Wir haben in der Anhörung gehört, dass für einige Sachverständige an einigen Punkten eine Benachteiligung für die Schulen in staatlicher Hand ersichtlich ist. Gleichrangigkeit heißt nicht Gleichheit. Ich denke, man muss diesen Begriff noch einmal ganz klar und deutlich benennen. Die Abstufung ist nach unserer Auffassung gerechtfertigt, weil die öffentlichen Schulen die Schulpflicht zu garantieren haben, die freien Schulen aber nicht. Mein Kollege Herr Bienst war bereits darauf eingegangen.

Es liegen über 80 Anträge für die Neugründung von Schulen in freier Trägerschaft vor. Das ist für uns als LINKE ein klares Zeichen, dass die Staatsregierung handeln muss. Sie muss überprüfen, an welcher Stelle und mit welchen Inhalten staatliche Schulen neu eröffnet werden können und müssen. Frau Ministerin, wir hatten das im Aussschuss kurz angetippt. Insbesondere beziehe ich mich hier auf die Berufsschulen. Es kann nicht sein, dass wir die Berufsschüler mit Schulgeld an die Schulen

in freier Trägerschaft geben, obwohl wir staatliche Schulen zur Verfügung haben bzw. solche geöffnet werden könnten. Prüfen Sie das bitte!

Dringenden Änderungsbedarf für dieses Gesetz sehen wir als LINKE in folgenden Punkten:

Die berufsbildende Förderschule für Sinnesbehinderte. Herr Bienst, wir haben den Antrag, den wir bereits im Ausschuss hatten, heute noch einmal vorliegen; denn Sie ändern nur die Übergangsregelungen. Sie ändern das Gesetz so, dass es immer wieder eine Berechnungsgrundlage dafür geben muss. Das halten wir für überzogen. Wir denken, dass der Status, den diese Schulen bisher hatten, beibehalten werden sollte. Sie haben die Chance, nachher unserem Änderungsantrag zuzustimmen.

Die Beteiligung von Vertretern der freien Schulen, also auch die Mitwirkung von Schüler- und Elternvertretern, ist für uns ein wesentlicher Punkt. Wenn es sowohl auf Kreis- als auch auf Landesebene Praxis ist, dann ist es doch gerade ein Grund, das im Gesetz ganz klar und deutlich zu verankern.

Wir haben auch im Gesetz für staatliche Schulen viele Maßnahmen, die bereits überfällig sind und geändert werden müssen. Deshalb wird es das neue Gesetz geben. Hier haben wir genau die Situation, in der die Realität schon viel weiter als das Gesetz ist. Wir machen jetzt ein neues Gesetz; also sollte genau dieser Fakt, der bereits Praxis ist, zum Rechtsanspruch für Schüler und Eltern werden; denn im Moment ist er es noch nicht. Es besteht kein Rechtsanspruch; denn jederzeit könnte das Kultusministerium sagen, wir machen das nicht mehr, und dann ist es vorbei. Das halten wir für einen wesentlichen Punkt.

Wir sind der Auffassung, dass der Gesetzentwurf in Bezug auf die Personalkosten geändert werden muss. Wir halten es für wichtig und sinnvoll, dass mindestens 90 % des Gehaltes eines Lehrers an staatlichen Schulen auch ein Lehrer an Schulen in freier Trägerschaft bekommen muss. Mindestens deshalb, weil die Praxis gezeigt hat, was passiert, wenn man das nicht klar und deutlich regelt. Es ist doch jetzt schon so, dass die Lehrer an den Schulen in freier Trägerschaft weit unter diesen 80 %, die im alten Gesetz gestanden haben, liegen. Wir wollen, dass sie mindestens diese 90 % wirklich erhalten – von mir aus gern auch 100 % – und die Gelder nicht für andere notwendige Sachen ausgegeben werden müssen.

Entscheidender Fakt für uns ist der Punkt Schulgeld. Dieses Gesetz schließt nicht aus, dass weiterhin Schulgeld erhoben werden kann. Wir halten es für zwingend notwendig, dass wir eine Regelung für Kinder aus finanzschwachen Elternhäusern haben, in der ganz klar festgeschrieben ist – die GRÜNEN haben einen ähnlichen Änderungsantrag dazu gestellt –, dass der Freistaat Sachsen diese Gelder den Schulen in freier Trägerschaft zur Verfügung stellt, wenn es erforderlich ist, dass Schulgeld erhoben wird.

Wir möchten auch – einen Änderungsantrag dazu werden wir heute noch einmal vorlegen –, dass die freien Schulen

in der Schulnetzplanung der Kreisebene und der kreisfreien Städte berücksichtigt werden – also nicht nur drinstehen, sondern ganz klar berücksichtigt werden –, um ein gesamtes Schulnetz im Freistaat Sachsen kurz- und mittelfristig wirklich realisieren zu können.

Sie werden es nicht anders von mir erwarten: Wir möchten sehr gern – ich habe meine Fraktion überzeugt –,

(Christian Piwarz, CDU: Hey!)

dass die Gründung von Betriebsräten an Schulen in freier Trägerschaft umgesetzt wird, und zwar zügig.

Diese Änderungen hatten wir im Ausschuss für Schule und Sport eingebracht. Leider sind alle diese Änderungsanträge von den regierenden Fraktionen CDU und SPD abgelehnt worden. Wir werden die Änderungsanträge heute noch einmal in der 2. Lesung einbringen. Sie haben hier die Chance, dem einen oder anderen Antrag – am besten allen – zuzustimmen. Falls Sie das nicht tun, ist dieser Gesetzentwurf für uns nicht zustimmungsfähig.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den LINKEN)

Für die SPDFraktion Herr Abg. Mann, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Vertreter der Träger! Liebe Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler! Das Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft ist für die SPD-Fraktion ein besonderes, zum einen, weil wir als erfolgreiche Kläger gegen die Verletzung des Artikels 102 der Sächsischen Verfassung eine besondere Verantwortung verspüren und inzwischen tragen, zum anderen, weil wir grundsätzlich den Anspruch verfolgen, dass uns jedes Kind gleich viel wert sein muss, unabhängig von Herkunft, Anlagen oder sozialer Stellung.

Den im November 2013 erstrittenen Anspruch, dass die Schulen in freier Trägerschaft „nun den entsprechenden Schulen in öffentlicher Trägerschaft weitestgehend gleichgestellt werden“ – wie es im Urteil des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes auf Seite 21 heißt –, haben wir deshalb dem Gesetz nicht nur tief eingeschrieben, sondern vorangestellt.

Der § 1 lautet deshalb: Sie – die Schulen in freier Trägerschaft – sind gleichermaßen wie Schulen in öffentlicher Trägerschaft Adressaten des Bildungsauftrages der Verfassung des Freistaates Sachsen, ohne dass ein Vorrang der einen oder anderen besteht. Dieser Anspruch, meine sehr verehrten Damen und Herren, zieht sich auch durch die 14 Änderungen der Koalitionsfraktionen.

Im Zentrum der Diskussion mit den freien Trägern standen vor allen Dingen finanzelle Aspekte. Aber auch hier kann sich das Gesetz sehen lassen, wenngleich es unserer Fraktion nicht gelungen ist, die Streichung des Absenkungsfaktors von 0,9 durchzusetzen. Trotzdem werden die Schulen in freier Trägerschaft von deutlich gewachsenen Zuschüssen profitieren.

Aufwüchse von bis zu 97 Millionen Euro pro Jahr sind wahrlich keine Peanuts oder kein Pappenstiel. Vergleicht man den Haushaltsansatz des Jahres 2014 von FDP und CDU mit dem von 2016, in dem unser Gesetz zur vollen Entfaltung kommen wird, so steigen die Zuschüsse des Freistaates für Personal- und Sachkosten um 42 %.

Damit – so sind wir überzeugt – werden Gestaltungsmöglichkeiten an freien Schulen gegeben und damit ist kein – wie es heute in einem Flugblatt zu lesen war – Exodus der freien Schulen zu befürchten. Eine weitere finanzielle Verbesserung steht im Gesetz. Die von den Trägern bisher zu finanzierende Wartefrist haben wir um ein Jahr verkürzt, ein weiteres Defizit des alten Gesetzes bereinigt. In Zukunft werden Neugründungen freier Schulen zudem in den ersten drei Jahren bereits 80 % der zu erwartenden Zuschüsse ausgezahlt bekommen. Damit schaffen wir im Bundesvergleich eine der besten Regelungen.

Als Fraktion war es uns zudem wichtig und haben wir durchgesetzt, dass es eben zu keiner Schlechterstellung der berufsbildenden Förderschulen für Sinnesgeschädigte kommen darf. Diese Schulen, für die es eben keine Äquivalente – der Kollege Bienst erwähnte es schon – im öffentlichen Schulsystem gibt, können auch in Zukunft einen erhöhten Bedarfssatz bis zum Faktor 1,7 geltend machen. Ich werde in der zweiten Runde auf Sie, Frau Falken, reagieren, aber an dieser Stelle sei es schon einmal gesagt: Die Rückmeldungen, die wir dazu aus Leipzig und Chemnitz erhalten, sind durchweg positiv.

Positiv ist auch: Die für die Schulen in freier Trägerschaft bereits guten Regelungen zur Integration von Schülern mit besonderem Förderbedarf wollen wir mit der Schulgesetznovellierung übrigens nicht nur auf die öffentlichen Schulen übertragen, sondern in diesem Zuge auch den Abzug von derzeit noch 10 % der Personalkosten im Vergleich zu den Förderschulen für alle Schulen aufheben. Dies soll aus unserer Sicht einen weiteren Impuls auf dem Weg zur Inklusion setzen und das bereits vorbildliche Engagement freier Träger auf diesem Feld würdigen.

Einer zweiten großen Forderung der Träger der freien Schulen und des Verfassungsgerichts kommen wir mit diesem Gesetzentwurf nach. Wir schaffen – nicht zuletzt durch die Änderungen der Fraktionen – mehr Transparenz und Vergleichbarkeit. Wir haben erreicht, dass die Datenerhebung durch das Statistische Landesamt und nicht mehr durch die Schulaufsicht erfolgen wird. Hierdurch werden sowohl die nötigen Vergleichsdaten zwischen Schulen in öffentlicher und freier Trägerschaft vorhanden, als auch eine Transparenz für jeden und jede gegeben sein. Es braucht dann eben nicht mehr viele Kleine Anfragen und hoffentlich auch keine weitere Klage, um dies offenzulegen.

Zudem haben wir uns als Gesetzgeber verpflichtet, die Förderung der Schulen in freier Trägerschaft zu beobachten und nach vier Jahren zu überprüfen, ob die Finanzierung weiterhin auf solider Grundlage steht.

Durch unsere Änderungen am Gesetzentwurf wird dies alles für die Schulen in freier Trägerschaft bei überschau

barem Verwaltungsaufwand möglich sein, der nun – so hoffen wir – nicht mehr als Gängelung oder gar Kontrollwahn empfunden werden soll.

Uns war ein dritter Komplex wichtig: Wir haben die Teilhabe und die Mitbestimmungsrechte der Schulen in freier Trägerschaft gestärkt. Freie Schulen werden in Zukunft bei der Umsetzung und Konzeption der Lehrerfortbildung und Lehrerweiterbildung eingebunden sein und können entsprechende Angebote gleichberechtigt mit den Schulen in öffentlicher Trägerschaft nutzen.

Zudem werden wir die Mitwirkung von Schülerinnen und Schülern – Kollege Bienst sprach es schon an – sowohl auf Kreis- wie Landesebene deutlich stärken und sie der an öffentlichen Schulen gleichstellen. Mit unserem Koalitionspartner und dem Kultusministerium ist verbindlich vereinbart, dass dies im neuen Schulgesetz festgeschrieben wird, und auch schon davor wird das SMK die gleichberechtigte Mitwirkung der Eltern und Schüler aus den Schulen in freier Trägerschaft auf dem Verordnungswege möglich machen. – An dieser Stelle schon einmal ganz herzlichen Dank an Kultusministerin Kurth und ihre Mitarbeiter.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mädchen und Jungen! Die Schulen in freier Trägerschaft gewinnen durch dieses Gesetz mehr Freiheit bei der Einrichtung, dem Betrieb und der Standortwahl. Sie behalten ihre pädagogischen Freiheiten und erhalten aus unserer Sicht die Chance, sich weiter gut zu entwickeln und ihre Erfolgsgeschichte weiterzuschreiben. Wir wollen als SPD, dass sie dies als Partner auf gleicher Augenhöhe mit den Schulen in öffentlicher Trägerschaft tun können. Dafür legt dieses Gesetz eine sehr gute Grundlage.

Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Für die AfD Herr Dr. Dreher, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD-Fraktion begrüßt zwar die im Gesetzentwurf vorgesehenen Mittelanhebungen für die freien Schulen; diese sind jedoch keinesfalls auskömmlich.

Mit den Worten von Harry Westermann „Ein Blick ins Gesetz fördert die Rechtskenntnis“ schauen wir einmal in die Sächsische Verfassung hinein – Artikel 102 –: „Das Land gewährleistet das Recht auf Schulbildung. Es besteht allgemeine Schulpflicht. Für die Bildung der Jugend sorgen Schulen in öffentlicher und in freier Trägerschaft. Das Recht zur Errichtung von Schulen in freier Trägerschaft wird gewährleistet. Unterricht und Lernmittel an den Schulen in öffentlicher Trägerschaft sind unentgeltlich. Soweit Schulen in freier Trägerschaft, welche die Aufgaben von Schulen in öffentlicher Träger

schaft wahrnehmen, eine gleichartige Befreiung gewähren, haben sie Anspruch auf finanziellen Ausgleich.“

Halten wir also fest: Freie Schulen sind den staatlichen Schulen gleichgestellt, und auch wenn unser Verfassungsgericht keine Verpflichtung für finanziell identische Finanzierung von freien und staatlichen Schulen aus der Verfassung ableitet – aus sachlichen Gründen ist sie geboten. Und wir wollen bitte beachten: Es geht nicht an, dass die jahrelang praktizierte Mangelverwaltung im Bereich der staatlichen Schulen mit flächendeckendem Lehrermangel und Schulschließungen ein Recht gibt, freie Schulen gleichfalls unterzuversorgen.

Den verfassungsrechtlichen Bildungsauftrag an staatliche wie freie Schulen wollen wir also einmal gedanklich voraussetzen. Und dann liegt auch die Obliegenheit unseres Freistaats zur auskömmlichen Finanzierung freier Schulen auf der Hand. Lehrer müssen besser belohnt werden. Während der Wartefrist, der Anlauffrist für die Neugründung freier Schulen sind 100 % der Förderung zu bezahlen. Ausgleichszahlungen sind vollumfänglich

rückwirkend zu tätigen, auch in der Zeit des verfassungswidrigen Zustandes, den das neue Gesetz nach unserer Auffassung und vollkommen zu schließen sucht.

Zur Entlohnung der Lehrer: Es ist nicht nachvollziehbar, dass Lehrer in freien Schulen bei gleicher Arbeit am gleichen Kind eine geringere Vergütung erhalten sollen. Es ist ungerecht und sachwidrig, dass der nunmehr vorgesehene Personalausgabensatz nur 90 % dessen entsprechen soll, was an öffentlichen Schulen ausgegeben wird. Sofern die Staatsregierung meint, es sei Sache der Privatschulträger, selbst finanzielle Opfer zu bringen – durch Eigenleistungen, durch Schulgeld –, um die restlichen 10 % aufzufüllen, geht das an der Sache vorbei.