sam miteinander, mit den Möglichkeiten bedeutet als Erstes, die Sicherheitslage in Leipzig vernünftig zu sichern.
In einem zweiten Schritt bedeutet das, an den Ursachen Analyse und Aufklärung zu betreiben, die Straftäter zur Verantwortung zu ziehen und dieser Entwicklung die Grundlage zu entziehen. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die Herausforderung, und dann ist es – das sage ich in aller Deutlichkeit in Richtung der LINKEN – an der Stelle einfach nicht anständig, eine Debatte über Pippi Langstrumpf zu gesellschaftlichen Akzeptanzen, gepaart mit einem Vorwurf über das Versagen staatlicher Sicherheitsbehörden, zu führen, sondern in den Mittelpunkt des Diskurses muss man die Frage stellen, warum sich in Leipzig – auch mit zumindest einer gewissen positiven Betrachtung – solche Strukturen entwickeln konnten und über Monate diese Entwicklung zugelassen werden konnte.
Ein letzter Satz, Herr Stange, dann bin ich für heute mit dieser Debatte fertig: Ja, es war im Verfassungsschutzbericht zu lesen. Ja, wir haben seit Jahren diese Entwicklung beobachtet, und ja, vielleicht waren wir an der Stelle in den Monaten auch alle etwas zurückhaltend, wenn es um die Beurteilung und das konsequente Vorgehen ging. Aber der Grund, warum wir diese Diskussion jetzt in dieser Intensität führen – und das ist neu –, ist, dass wir seit Januar einen Anstieg der Zahl von Gewaltexzessen, den sechsten – den sechsten! – Gewaltexzess in Leipzig innerhalb eines halben Jahres erleben mussten, und ich schließe mit einem Zitat und bitte Sie, dieses zu verinnerlichen:
„Wer hier mit zweierlei Maß misst, einmal nach der großen Staatsaktion und einmal nach dem Ordnungsamt ruft, der vergisst die harte Lektion aus schlimmen Zeiten: Demokratien gehen nicht an ihren Feinden zugrunde, sondern an lauwarmen Demokraten.“
Es geht mir nicht darum, Gewalt kleinzureden. Es geht mir nicht darum, dass wir Gewalt rechtfertigen, sondern dass wir verstehen, woher dieses Phänomen kommt.
Nein, nein, lachen Sie nicht. Sie werden immer wieder dasselbe Problem haben, wenn Sie genau diese Analyse nicht betreiben. Das ist unser Problem. Darauf will ich hinweisen.
Deshalb sage ich: Wenn wir nicht begreifen, was da gesellschaftlich vor sich geht, werden wir das Phänomen nicht verstehen. „Verstehen“ bedeutet nicht „rechtfertigen“, meine Damen und Herren, auch wenn Sie so lustig lachen.
Ja, das ist Ihr Problem. Wissen Sie, dann werden Sie auch nicht begreifen, was Herr Pickel gemeint hat, als er der „LVZ“ sagte, dass, wenn Sie jetzt noch mehr Polizei hinschicken – das, was Kollege Merbitz mit seiner Polizei in Connewitz erreicht hat –, und zwar gegen den ausdrücklichen Rat von Polizeikennern und Polizeifachleuten, die er da hingepflanzt hat – –
Ja, warten Sie mal. – Die Polizisten haben gesagt: Wenn wir das da hinpflanzen, kannste gleich 100 Mann jeden Tag mitschicken, weil das eine gefährliche Aktion ist, weil das als Provokation verstanden wird.
Es geht aber eigentlich nicht um Provokation, sondern es geht darum, dass wir in unserer Gesellschaft kein Klima von Provokation erzeugen. Also: Wenn wir nicht verstehen,
woher diese Gewalt kommt, dann werden wir auch nicht adäquat antworten können, sondern nur am Symptom doktern. Das ist unser Problem, darauf habe ich hinweisen wollen.
Deshalb müssen wir Subkultur verstehen. Deshalb müssen wir verstehen, woher diese Aversion kommt: weil wir dann erst überhaupt präventiv handeln können, –
– die Erziehung und Bildung so vorantreiben können, dass wir eine demokratische Vorgehensweise in allen Menschen entwickeln.
Ich darf an der Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass auch eine Kurzintervention zeitlich begrenzt ist, und zwar auf genau zwei Minuten. Sie hatten sie jetzt um 27 Sekunden überschritten, Herr Stange. Darum habe ich mir erlaubt, Ihnen das Mikrofon abzudrehen. Für das nächste Mal: Auf zwei
Minuten ist die Redezeit einer Kurzintervention begrenzt – und die Zeit für eine Reaktion darauf übrigens auch. – Bitte, Herr Kollege Hartmann.
Ich habe, Herr Stange, deutlich gemacht, dass wir mehr Engagement der Zivilgesellschaft und eine Aufklärung, einen Diskurs über das Phänomen Linksextremismus brauchen, genauso, wie wir den Diskurs zu Rechtsextremismus geführt haben. Ich bin völlig bei Ihnen, wenn es um die gesellschaftlichen Grundlagen geht, da haben wir keinen Dissens. Ich glaube aber genauso – das ist der Kern der heutigen Debatte –, dass auf Grundlage der aktuellen Entwicklung – und des nunmehr sechstens Falls – dieser Intensität als Erstes einmal kurzfristig eine Sicherung von Leib, Leben, Gebäuden und Personen in Leipzig gewährleistet werden müssen. Deswegen gibt es jetzt ein deutliches Signal hinsichtlich einer Verstärkung der Sicherheitslage. Natürlich ist der zweite Schritt die intensive Auseinandersetzung mit den Ursachen. So ist das Ding, glaube ich, ganz klar geklärt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir betrachten auch mit Sorge und aufmerksam die Radikalisierung, die offensichtlich in linken Gruppierungen stattfindet. Das, worauf Herr Stange abgestellt hat, ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt, den ich als Antwort auf den Redebeitrag von Herrn Hartmann noch einmal deutlich machen will: dass es eine Kultur gibt, die sich unter Druck gesetzt fühlt durch Gentrifizierung, durch Repression, auch durch Kriminalisierung – ich darf an die G7-Proteste erinnern, die es auch schon vor Jahren gab, als Büros durchsucht wurden –,
hören Sie erst einmal zu –: Welchen Anteil haben wir – damit auch Sie – an der Radikalisierung von solchen Gruppierungen? Wenn wir es nicht erreichen, dort – –
die nichts anderes im Kopf haben, als am Ende eine Partei wie die meine, die alles unternimmt, um mäßigend auf genau diese Gruppierungen einzuwirken.
Ihre Reaktion sagt mehr über Sie, als Sie denken, denn Sie sind es, die jetzt Öl ins Feuer gießen. Sie sind es, die nicht bereit sind zu akzeptieren, dass sich Leute in Ecken und an den Rand gedrängt fühlen und in Gesellschaft dann eben reagieren.
Aber Ihre Beiträge sind dazu leider nicht angetan, und das müssen Sie noch einmal mitnehmen. Gehen Sie in sich! Wir müssen gemeinsam mit diesem Phänomen umgehen.