Protocol of the Session on June 11, 2015

sam miteinander, mit den Möglichkeiten bedeutet als Erstes, die Sicherheitslage in Leipzig vernünftig zu sichern.

(Beifall bei der CDU)

In einem zweiten Schritt bedeutet das, an den Ursachen Analyse und Aufklärung zu betreiben, die Straftäter zur Verantwortung zu ziehen und dieser Entwicklung die Grundlage zu entziehen. Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die Herausforderung, und dann ist es – das sage ich in aller Deutlichkeit in Richtung der LINKEN – an der Stelle einfach nicht anständig, eine Debatte über Pippi Langstrumpf zu gesellschaftlichen Akzeptanzen, gepaart mit einem Vorwurf über das Versagen staatlicher Sicherheitsbehörden, zu führen, sondern in den Mittelpunkt des Diskurses muss man die Frage stellen, warum sich in Leipzig – auch mit zumindest einer gewissen positiven Betrachtung – solche Strukturen entwickeln konnten und über Monate diese Entwicklung zugelassen werden konnte.

Ein letzter Satz, Herr Stange, dann bin ich für heute mit dieser Debatte fertig: Ja, es war im Verfassungsschutzbericht zu lesen. Ja, wir haben seit Jahren diese Entwicklung beobachtet, und ja, vielleicht waren wir an der Stelle in den Monaten auch alle etwas zurückhaltend, wenn es um die Beurteilung und das konsequente Vorgehen ging. Aber der Grund, warum wir diese Diskussion jetzt in dieser Intensität führen – und das ist neu –, ist, dass wir seit Januar einen Anstieg der Zahl von Gewaltexzessen, den sechsten – den sechsten! – Gewaltexzess in Leipzig innerhalb eines halben Jahres erleben mussten, und ich schließe mit einem Zitat und bitte Sie, dieses zu verinnerlichen:

„Wer hier mit zweierlei Maß misst, einmal nach der großen Staatsaktion und einmal nach dem Ordnungsamt ruft, der vergisst die harte Lektion aus schlimmen Zeiten: Demokratien gehen nicht an ihren Feinden zugrunde, sondern an lauwarmen Demokraten.“

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Jetzt trägt Herr Kollege Stange eine Kurzintervention vor.

Herr Präsident! Kollege Hartmann, ich will noch einmal auf Sie eingehen.

(Zuruf von der AfD: Dann mal los!)

Es geht mir nicht darum, Gewalt kleinzureden. Es geht mir nicht darum, dass wir Gewalt rechtfertigen, sondern dass wir verstehen, woher dieses Phänomen kommt.

(Lachen bei der CDU und der AfD)

Nein, nein, lachen Sie nicht. Sie werden immer wieder dasselbe Problem haben, wenn Sie genau diese Analyse nicht betreiben. Das ist unser Problem. Darauf will ich hinweisen.

(Zurufe von der CDU)

Deshalb sage ich: Wenn wir nicht begreifen, was da gesellschaftlich vor sich geht, werden wir das Phänomen nicht verstehen. „Verstehen“ bedeutet nicht „rechtfertigen“, meine Damen und Herren, auch wenn Sie so lustig lachen.

(Ines Springer, CDU: Gewalt will ich nicht verstehen!)

Ja, das ist Ihr Problem. Wissen Sie, dann werden Sie auch nicht begreifen, was Herr Pickel gemeint hat, als er der „LVZ“ sagte, dass, wenn Sie jetzt noch mehr Polizei hinschicken – das, was Kollege Merbitz mit seiner Polizei in Connewitz erreicht hat –, und zwar gegen den ausdrücklichen Rat von Polizeikennern und Polizeifachleuten, die er da hingepflanzt hat – –

(Zuruf von der CDU: Auf den ausdrücklichen Wunsch der Bevölkerung!)

Ja, warten Sie mal. – Die Polizisten haben gesagt: Wenn wir das da hinpflanzen, kannste gleich 100 Mann jeden Tag mitschicken, weil das eine gefährliche Aktion ist, weil das als Provokation verstanden wird.

(Zurufe von der CDU)

Es geht aber eigentlich nicht um Provokation, sondern es geht darum, dass wir in unserer Gesellschaft kein Klima von Provokation erzeugen. Also: Wenn wir nicht verstehen,

(Zurufe des Abg. Patrick Schreiber, CDU)

woher diese Gewalt kommt, dann werden wir auch nicht adäquat antworten können, sondern nur am Symptom doktern. Das ist unser Problem, darauf habe ich hinweisen wollen.

Die Zeit für eine Kurzintervention ist abgelaufen.

Deshalb müssen wir Subkultur verstehen. Deshalb müssen wir verstehen, woher diese Aversion kommt: weil wir dann erst überhaupt präventiv handeln können, –

Die Zeit für die Kurzintervention ist zu Ende.

– die Erziehung und Bildung so vorantreiben können, dass wir eine demokratische Vorgehensweise in allen Menschen entwickeln.

(Zurufe von der CDU: Hey! – Wie lange denn noch?)

Ich darf an der Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass auch eine Kurzintervention zeitlich begrenzt ist, und zwar auf genau zwei Minuten. Sie hatten sie jetzt um 27 Sekunden überschritten, Herr Stange. Darum habe ich mir erlaubt, Ihnen das Mikrofon abzudrehen. Für das nächste Mal: Auf zwei

Minuten ist die Redezeit einer Kurzintervention begrenzt – und die Zeit für eine Reaktion darauf übrigens auch. – Bitte, Herr Kollege Hartmann.

Ich habe, Herr Stange, deutlich gemacht, dass wir mehr Engagement der Zivilgesellschaft und eine Aufklärung, einen Diskurs über das Phänomen Linksextremismus brauchen, genauso, wie wir den Diskurs zu Rechtsextremismus geführt haben. Ich bin völlig bei Ihnen, wenn es um die gesellschaftlichen Grundlagen geht, da haben wir keinen Dissens. Ich glaube aber genauso – das ist der Kern der heutigen Debatte –, dass auf Grundlage der aktuellen Entwicklung – und des nunmehr sechstens Falls – dieser Intensität als Erstes einmal kurzfristig eine Sicherung von Leib, Leben, Gebäuden und Personen in Leipzig gewährleistet werden müssen. Deswegen gibt es jetzt ein deutliches Signal hinsichtlich einer Verstärkung der Sicherheitslage. Natürlich ist der zweite Schritt die intensive Auseinandersetzung mit den Ursachen. So ist das Ding, glaube ich, ganz klar geklärt.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Kollege Scheel, Sie nehmen jetzt die zweite Kurzintervention für Ihre Fraktion in Anspruch. Bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir betrachten auch mit Sorge und aufmerksam die Radikalisierung, die offensichtlich in linken Gruppierungen stattfindet. Das, worauf Herr Stange abgestellt hat, ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt, den ich als Antwort auf den Redebeitrag von Herrn Hartmann noch einmal deutlich machen will: dass es eine Kultur gibt, die sich unter Druck gesetzt fühlt durch Gentrifizierung, durch Repression, auch durch Kriminalisierung – ich darf an die G7-Proteste erinnern, die es auch schon vor Jahren gab, als Büros durchsucht wurden –,

(Zurufe von der CDU: Oh! – Die Polizei ist schuld!)

und die große Frage, die Sie sich und wir uns alle stellen müssen, ist

(Zurufe von der CDU)

hören Sie erst einmal zu –: Welchen Anteil haben wir – damit auch Sie – an der Radikalisierung von solchen Gruppierungen? Wenn wir es nicht erreichen, dort – –

(Zurufe von der CDU: Ja, genau! – Die Polizei ist schuld!)

Ich rede nicht von Polizei. Ich rede von solchen Hetzern wie Ihnen, Herr Krauß,

(Lachen bei der CDU)

die nichts anderes im Kopf haben, als am Ende eine Partei wie die meine, die alles unternimmt, um mäßigend auf genau diese Gruppierungen einzuwirken.

(Oh! von der CDU – Lachen bei der CDU)

Ihre Reaktion sagt mehr über Sie, als Sie denken, denn Sie sind es, die jetzt Öl ins Feuer gießen. Sie sind es, die nicht bereit sind zu akzeptieren, dass sich Leute in Ecken und an den Rand gedrängt fühlen und in Gesellschaft dann eben reagieren.

(Zurufe von der CDU)

Wir müssen alles tun, damit sie das in einer politischen Auseinandersetzung inhaltlicher Natur tun,

(Zurufe von der CDU)

in Debatten, kulturvoll im Streit und eben nicht in Gewalt.

(Zuruf von der CDU: Jedenfalls nicht mit einem Molli!)

Aber Ihre Beiträge sind dazu leider nicht angetan, und das müssen Sie noch einmal mitnehmen. Gehen Sie in sich! Wir müssen gemeinsam mit diesem Phänomen umgehen.