Protocol of the Session on June 11, 2015

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf aus den Fraktionen für eine zweite Runde? – Das vermag ich nicht festzustellen. Ich frage die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Herr Staatsminister Schmidt, bitte sehr, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir über eine Branche diskutieren, die bei uns in Sachsen maßgeblich zur Wirtschaftswertschöpfung beiträgt. Sie gehört zu den Top Fünf des verarbeitenden Gewerbes. Ich denke, darüber kann man schon einmal debattieren, wie wir sie weiter stärken können.

Ob Kamenzer Würstchen, sächsischer Wein oder Heinrichsthaler Käse – andere Beispiele sind hier genannt worden –, es ist schön, dass heute, 25 Jahre nach der Wende, wieder mehr und mehr heimische Produkte in den Regalen zu finden sind. Das ist positiv. Man kann eine positive Entwicklung feststellen.

(Beifall bei der CDU)

Dies war und ist nicht selbstverständlich; denn der Übergang von der sozialistischen Mangelwirtschaft in eine freie, soziale Marktwirtschaft stellte die gesamte Branche wirklich vor enorme Herausforderungen. Die Hersteller mussten lernen, dass Regalplätze umkämpft sind und man als Lieferant oft den Absatz seiner Produkte mit Werbekostenzuschüssen an den Handel zu finanzieren hatte. Ich meine, dass dies allein als Argument nicht genügt; denn zuallererst entscheidet der Verbraucher durch seine Nachfrage, was in den Regalen steht, und diese Nachfrage hat dazu geführt, dass die Regale auch wieder stärker mit heimischen Produkten bestückt sind.

Meine Amtsvorgänger haben die Bildung einer Vereinigung der Ernährungswirtschaft begleitet und sich für die vielfältige Unterstützung der Branche im Gemeinschaftsmarketing engagiert. Um mit den Maßnahmen tatsächlich die Bedürfnisse der Wirtschaft zu treffen, wurde 1991 bereits der Beirat Markt und Absatz ins Leben gerufen, der immer noch besteht.

Unter den genannten Rahmenbedingungen wurde durchaus einiges erreicht. Der Umsatz der sächsischen Ernährungswirtschaft für Betriebe ab 20 Beschäftigten hat sich seit 1991 von 2,7 Milliarden auf jetzt 5,8 Milliarden Euro im Jahr 2014 mehr als verdoppelt. Der Umsatz pro Beschäftigtem verdreifachte sich in dieser Zeit sogar. Die sächsischen Unternehmen konnten ihre Marktanteile in den östlichen Vertriebsgebieten festigen und Schritt für Schritt ausbauen. Das ist in erster Linie dem großen persönlichen Engagement der Unternehmer zu danken. Alte und neue Firmenchefs übernahmen eben das Risiko für notwendige Investitionen, modernisierten ihre Produktpalette und entwickelten eigene Marketingstrategien. Ich denke, das ist auch der richtige Weg, den der Freistaat unterstützen sollte und unterstützt.

Wir haben sie dabei mit insgesamt – das ist wirklich eine bemerkenswerte Zahl – 950 Millionen Euro Fördermitteln im investiven Bereich, aber auch mit gemeinschaftlichen Absatzmaßnahmen unterstützt. Das SMUL finanzierte die Beteiligung an Fachmessen, wie der Süßwarenmesse ISM und der Anuga, aber auch an Hausmessen bzw. Börsen wie der Mitteldeutschen Börse oder Börsen von REWE oder Edeka. Ich werte es als Erfolg, wenn frühere Teilnehmer am Gemeinschaftsmarketing – was ja auf diesen Messen immer sehr erfolgreich angeboten wurde – heute inzwischen eigenständige Firmenauftritte mit etablierten Marken anbieten können. Auch andere Absatzfördermaßnahmen zur Eroberung internationaler Märkte wie Lieferantenforen oder Markterkundungsreisen zeigen ihre Wirkung besonders bei den kleinstrukturierten sächsischen Betrieben. Der Auslandsumsatz der sächsischen Lebensmittelbetriebe stieg von 41 Millionen Euro im Jahr 1991 auf immerhin 700 Millionen Euro im Jahr 2014. Dies alles zeigt, dass unsere Initiativen zumindest Früchte tragen.

Nichtsdestotrotz muss man Strategien immer wieder hinterfragen, Konzepte neu erarbeiten und auf veränderte Rahmenbedingungen eingehen. Nun wollen wir die

Chance nutzen, die uns der gegenwärtige Trend zur Rückbesinnung auf regionale Werte und Produkte bietet. Aktuelle Schwerpunkte unseres Agrarmarketings sind daher die Regionalvermarktung, das Ernährungshandwerk und die Direktvermarkter. Vieles dazu wurde in dieser Debatte bereits gesagt. Sie alle tragen besonders zur Wertschöpfung in den Regionen bei, leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur gesunden Nahversorgung und schonen mit kurzen Wegen Umwelt und Klima. Nicht zuletzt werden hierbei Arbeitsplätze im ländlichen Raum erhalten sowie neue geschaffen. Diese regionalen Kreisläufe sind in aller Munde, und wir finden diesen Ansatz natürlich richtig und gut. Trotz alledem finde ich es auch richtig, wenn wir unsere Großmühlen, wie zum Beispiel die Dresdner Mühle, an der man vorbeikommt, wenn man zum Landtag fährt, auch mit sächsischem Getreide versorgen und dies neben den regionalen Kreisläufen auch als Wertschöpfung für den ländlichen Raum verstehen.

Unsere Partner bei der Unterstützung der regionalen Vermarktung sind die Kammern, die Landesinnungen und der Verein Direktvermarktung in Sachsen e. V. Außerdem haben wir in den vielen regionalen Initiativen Absatzgemeinschaften und Wirtschaftsförderstrukturen, die sich in den Landkreisen bzw. kreisfreien Städten für ihre Unternehmen einsetzen, weitere enge Verbündete. Ich danke diesen regionalen Akteuren, die sich mit großem persönlichem Einsatz ideenreich und nachhaltig für die Vermarktungschancen der Land- und Ernährungsgüterwirtschaft einsetzen. Diese nutzbringende Zusammenarbeit, die auch die LEADER-Aktionsgruppen einschließt, werden wir nach Kräften weiter unterstützen, und gerade der neue LEADER-Ansatz gibt Raum für regional angepasste Lösungen.

Bei der Planung und Gestaltung unserer Absatzförderung schauen wir selbstverständlich auch über den Tellerrand hinaus. Mit dem gemeinsamen Auftritt von Tourismus und Ernährungswirtschaft zur Internationalen Grünen Woche haben wir einen Meilenstein gesetzt, und der Zuspruch auf den beiden letzten IGW bestätigt, dass dieser Weg richtig ist. Aber wir brauchen die Kooperation nicht nur zur IGW, sondern auch darüber hinaus; denn unsere Gastronomen, unsere Hotellerie haben es in der Hand, den Gästen im Freistaat Sachsen auch kulinarisch eine regionale Visitenkarte zu überreichen und damit die sächsische Ernährungswirtschaft zu unterstützen.

Diese Konzepte, diese kooperativen Ansätze von Ernährungswirtschaft und Tourismus möchte ich noch um Kunst und Kultur erweitern; denn ich denke, dass wir in Sachsen eine Menge zu bieten haben und mit diesem kooperativen Ansatz auch unsere regionalen Wirtschaftskreisläufe gezielt stärken können. Ernährungsgüterwirtschaft, Tourismus, wenn möglich Kunst und Kultur – und das noch mit regionalem Ansatz –, dort haben wir eine ganze Menge Potenzial, das wir erschließen können, und das ist auch einer meiner wesentlichen Ansätze für die Unterstützung der Branche.

(Beifall bei der CDU)

Wir bieten unseren Gastronomen und Lebensmittelproduzenten vielfältige Plattformen, zum Beispiel bei Regionalforen, der Mitteldeutschen Warenbörse oder der Messe „ISS GUT!“, und wir suchen die Kooperation mit den Tourismusstrukturen, die sich im Rahmen ihrer Destinationsentwicklung auch mit kulinarischen Projekten befassen. Unseren Werbeslogan „Sachsen genießen“, der auch angekommen ist – wir brauchen also nicht noch einen zusätzlichen Slogan; wie hatten Sie gesagt: „So schmeckt sächsisch“? –, haben wir mit der Standortkampagne der Staatsregierung verbunden und unseren Messeauftritt neben „Sachsen genießen“ auf der IGW unter dem Slogan „Wir haben unser eigenes Rezept: Genuss. So geht Sächsisch.“ unterstützt.

Das alles, meine Damen und Herren, ist Mittelstandsförderung im besten Sinne. Das SMUL fungiert dabei als neutraler Türöffner und leistet so auch im Sinne des Umwelt- und Klimaschutzes sowie für eine gute Entwicklung der Lebens- und Arbeitsbedingungen gerade im ländlichen Raum einen wichtigen Beitrag. So müssen wir die Dinge auch angehen. Wir müssen sie, wie vieles, vom Ende her denken: also erst die Verbraucherinteressen sehen und daraus ableiten, wie wir an den Verbraucher herankommen, ihn zum Kauf motivieren und die Absatz- und Produktionsbedingungen dahin gehend beeinflussen, ihn also nicht in eine Richtung ziehen, indem man Konzepte andersherum strickt.

Wir haben eine gute Basis geschaffen, und ich glaube nicht, Frau Kagelmann, dass es wirklich an der Flächenverfügbarkeit liegt, dass zu wenig sächsisches Gemüse produziert wird – Sie hatten auch von Lein gesprochen –, dass wir dafür in Sachsen keine Flächen zur Verfügung hätten oder zu viel Tierproduktion. Sie sprachen von Eigenversorgung. Wenn ich den Schweinefleischbedarf und die Eigenversorgung in diesem Bereich sehe, so sind wir gerade einmal bei 40 %. Also, daran kann es nicht liegen.

(Kathrin Kagelmann, DIE LINKE: Aber nicht in Deutschland!)

In Sachsen, ja, das meinte ich.

Auch beim Schulmilchprogramm, das Sie eingefordert haben, geben wir vom Mittelumfang her das drittmeiste Geld in ganz Deutschland aus. Auch dort sind wir schon gut dabei, unsere Produzenten zu unterstützen.

Noch ein letztes Wort zum Russland-Embargo: Ja, es stimmt, dass es hier Probleme gibt, gerade auch im Obstbau. Wir haben Unterstützung angeboten. Von der EU ist sie angeboten worden und auf der Landesebene müssen wir sie umsetzen und unseren Erzeugern anbieten. Niemand hat davon Gebrauch gemacht. So viel dazu.

Wir sind auf einem guten Weg. Selbstverständlich werden wir dem Landtag das geforderte Konzept vorlegen. Ich möchte Sie alle dazu einladen, gemeinsam an Ideenentwicklungen zu arbeiten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Schlusswort. Es wird gehalten von Herrn Abg. Fischer; bitte.

Herr Präsident, vielen Dank! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da die Fraktion DIE LINKE die einzige ist, die sich enthalten wird, erlauben Sie mir auf zwei Punkte einzugehen, die Sie genannt haben.

Zum Thema Schulobstversorgung. Wie Sie wissen, wird das Thema Schulobst mit dem Thema Schulmilch gekoppelt werden. Ich habe immer noch meine Zweifel – wir hatten darüber in der letzten Legislaturperiode debattiert –, dass davon der sächsische Obst- und Gemüseproduzent partizipieren kann. Sie wissen, dass wir die europaweite Ausschreibung trotzdem machen müssen.

(Zuruf der Abg. Kathrin Kagelmann, DIE LINKE)

Zum Schluss ist der von der Lehrerin ausgereichte Apfel teurer, als wenn sie nebenan in den Laden geht und sächsisches Obst kauft. Das halte ich nach wie vor für Irrsinn; Entschuldigung.

(Beifall bei der CDU und der AfD)

Zum Thema Schulküchen. Ich kann Ihnen ein Beispiel aus einer mittelgroßen Stadt in Sachsen geben. Dort hat man auf den Elternwunsch hin die Schulküchenausgabe ausgeschrieben. Man hatte mehrere Caterer und hat Probeessen veranstaltet. Alles gut, alles schön. Dann hat man die Preise vorgestellt, und danach haben die Eltern mehrheitlich beschlossen: Wir bleiben bei dem alten Caterer – ein großer Caterer, der auch Institutionen in Dresden, nicht weit weg von hier, versorgt. Man ist sich damit im Prinzip selbst auf den Schwanz getreten.

Wenn wir bereit sind, das Geld auszugeben, das das Essen wert ist, dann bekommen wir die Qualität, die wir bezahlen. Deshalb kann ich nur appellieren: Ja, Qualität in der Schulküche ist wichtig. Ja, Adipositas ist ein Problem in unserer Gesellschaft. Aber die andere Seite der Medaille ist, dass wir, wenn wir gute Produkte, gute Lebensmittel auf unseren Tellern haben wollen, dann als Verbraucher auch etwas tiefer in die Tasche greifen müssen.

Das sage ich insbesondere aus dem Erfahrungshintergrund, dass die Franzosen nicht reicher sind als die Deutschen, aber sie geben doppelt so viel Geld für Essen und Trinken aus und fahren dafür weniger in den Urlaub. Vielleicht ist auch das ein Ansatz, den sich die Gesellschaft zu Herzen nehmen könnte.

Ich bedanke mich für die sachliche Debatte und bitte um Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der AfD und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 6/1284 zur Abstimmung. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei keinen Gegenstim

men und zahlreichen Stimmenthaltungen ist die Drucksache mehrheitlich beschlossen und dieser Tagesordnungspunkt beendet.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 7

Schutzschirm für Nutzer/innen von Erholungsgrundstücken –

Kündigungsschutzmoratorium für Wochenendgrundstücke jetzt!

Drucksache 6/1693, Antrag der Fraktion DIE LINKE

Die Fraktionen nehmen wie folgt Stellung: DIE LINKE, CDU, SPD, AfD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Für die Fraktion DIE LINKE eröffnet die Aussprache Herr Abg. Bartl. Sie haben das Wort, Herr Bartl.

(Christian Piwarz, CDU: Der Retter der Wochenendgrundstücke!)

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Wir sind im 25. Jahr der Wiederherstellung der deutschen Einheit.

(Christian Piwarz, CDU: Gott sei Dank!)

Bevor diese am 03.10.1990 rechtlich vollzogen wurde, verhandelten just in den Frühjahrsmonaten vor 25 Jahren die letzte Regierung der DDR unter Lothar de Maizière und die Bundesregierung unter Helmut Kohl über die wesentlichen Parameter, nach welchen sich auch die Herstellung der rechtlichen Einheit Deutschlands vollziehen soll. Zu den sensibelsten Fragen zählten damals jene, die das für die DDR typische Auseinanderfallen des Eigentums an Grund und Boden betrafen. Das waren zum einen aufstehende Gebäude, zum Beispiel Eigenheime, Erholungsbauten – genannt Datschen – und zum anderen Garagen.

Nach der Rechtsdoktrin der DDR war der Grund und Boden, soweit es sich um sogenanntes volkseigenes, genossenschaftliches Eigentum oder um das Eigentum gesellschaftlicher Organisationen handelte, nicht verkehrsfähig. Es durfte also nicht an Private verkauft werden. Für Bürgerinnen und Bürger, die auf derartigen Flächen mit staatlicher Genehmigung Eigenheime, Garagen oder Wochenendbauten errichteten – aus eigener Tasche bezahlt und meist mit viel Aufwand, schon bei der Materialbesorgung –, war das Eigentum an diesen dauerhaft gesichert. Hier sah das Zivilgesetzbuch der DDR einen hohen Schutzstandard vor. Danach war ein Nutzungsvertrag über die Erholungsgrundstücke, um die es hier geht, auf Dauer angelegt und nahezu unkündbar. Im Bewusstsein um die eigentümerähnliche Stellung haben viele Nutzer in diese Grundstücke enorme Investitionen getätigt, indem sie auf eigene Kosten Lauben errichteten, Datschen ausbauten usw.

Die de-Maizière-Regierung bestand zum Zeitpunkt des Abschlusses des Einigungsvertrages angesichts dieser originären Rechtsverhältnisse in der DDR in den 40 Jahren ihrer Existenz darauf, dass die Datscheneigentümer im Einigungsvertrag gesichert werden. Dazu wurde im Einigungsvertrag der Generalsatz des Bürgerlichen Gesetzbuches – Gebäude folgt dem Boden – wie bei Eigenheimen und Garagen im Übrigen auch bei den Bungalows durchbrochen, das heißt, es wurde festgelegt, dass er nicht gelten solle.