Sehr geehrter Herr Staatsminister! Ich habe eine Frage im Zusammenhang mit der letzten und der neuen Förderperiode. Wurden Ihnen Probleme zu hohen bürokratischen Hürden angezeigt oder wurden Ihnen Probleme seitens der Gemeinden, der Kommunen oder betroffenen Initiativen bekannt? Wenn ja, wie sind Sie die Probleme angegangen?
Es ist ein Grundprinzip des genannten Prozesses. Ich hatte es bereits genannt: Die Sächsische Haushaltsordnung wird hier nicht zur Anwendung kommen. Das bedeutet zum Beispiel, dass es den förderschädlichen Maßnahmenbeginn, den man aber vorher beantragen konnte, in Zukunft nicht mehr geben wird. Das war der Zeitpunkt, an dem das Risiko bestand, sofern man kleinste Sachen bei einem Projekt bereits realisiert hatte, dass die Maßnahme bereits begonnen und somit eine Förderschädlichkeit eingetreten war. Das wird es in der Zukunft nicht mehr geben. Ebenso sind die Ausschreibungen im privaten Bereich und die damit verbundenen zu tätigenden Auflagen aufgehoben worden. Das verlangt das europäische Recht nicht.
Grundsätzlich gelten keine Richtlinien mehr. Doch, eine Richtlinie gilt nach wie vor noch: die LEADERRichtlinie. Die Entscheidungen in den Regionen selbst treffen wir nicht mehr auf Basis der Richtlinie. Die Regionen haben eine Strategie entwickelt. Sie können frei und selbst entscheiden, sofern es in diese Strategie hineinpasst, was sie tun. Sie haben nicht mehr das Risiko, dass sie gemäß der Richtlinie bestimmte Erfordernisse nicht erfüllen, was zur Ablehnung des Antrages oder zu gewissen Sanktionierungen führen konnte. Sie werden kaum einen Bereich auch sächsischer Förderpolitik finden, der so viel weitgehende Freiheit für die Antragsteller und Vorhabenträger gewährt.
Ich denke, das ist ein enormer Schritt. Allerdings bedeutet es natürlich auch ein gewisses Risiko. Ich habe es ja schon gesagt: Alle schauen auf uns. Ich kann Ihnen versichern, auch meine Ministerkollegen in der Agrarministerkonferenz schauen ganz genau hin. Das ist ja umstritten: Ist es überhaupt möglich, die Sächsische Haushaltsordnung, also die Landeshaushaltsordnung, nicht zum Ansatz zu bringen? Wie macht man das? Die Kollegen haben uns schon viele Informationen abverlangt; man schaut genau hin. Deshalb ist es auch ganz wichtig, dass wir hier exakt arbeiten.
Aber nach den Erfahrungen der letzten Förderperiode, als wir zwar immer nach den Richtlinien vorgingen, aber auch schon vor Ort entschieden haben, bin ich sehr optimistisch, dass wir das rechtskonform vollziehen können. Man muss mit Optimismus herangehen. Ich bin auch sicher, es wird am Anfang an der einen oder anderen Stelle noch klemmen, es wird auch einmal emotional werden und es wird Beschwerden geben – man hat sich das immer viel einfacher vorgestellt. Das ist aber immer so. Wenn es dann angelaufen ist, werden alle sagen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Meine Damen und Herren! Ich würde Sie gern noch um etwas bitten. Wenn Sie eine Frage an den Minister richten und eine Beantwortung erwarten, dann bleiben Sie doch bitte am Mikrofon stehen.
Wir beginnen mit der zweiten Runde. Dabei kann auch das Thema der AfD-Fraktion einbezogen werden. Wir beginnen wieder mit der CDU-Fraktion. Herr Wähner, bitte.
Sehr geehrter Herr Staatsminister! Ich habe noch eine Nachfrage zu LEADER. Sie haben ja gerade ausgeführt, dass wir erstmalig sehr viel Verantwortung in die jeweilige LEADER-Region geben. Jede Region kann selbst bestimmen, wo sie ihre Förderschwerpunkte sieht, und auch festlegen, welchen Fördersatz man auf die entsprechenden Projekte anwendet. Meine Frage: Gibt es diesbezüglich Höchstgrenzen, die von der EU festgesetzt sind oder die zu beachten sind?
Ja, es gibt diese Höchstgrenze; sie beträgt generell 80 %. Bei den Kommunen ist das die Höchstgrenze. Zu den 80 % muss die öffentliche Hand noch 20 % dazulegen. Bei öffentlichen Projekten ist die Kommune selbst gefordert; also ist ein Verhältnis von 80 : 20 gegeben.
Bei privaten Projekten müsste die Kommune theoretisch ebenfalls noch 20 % drauflegen. Wir entlasten die Kommunen; indem der Freistaat diese 20 % übernimmt. Deshalb entsteht de facto ein Fördervolumen von bis zu 100 % bei privaten Antragstellern: 80 % von der EU, 20 % aus Landesmitteln.
Man sollte sich aber natürlich genau überlegen, bei welchen Maßnahmen man wirklich 100 % zur Anwendung bringt. Das muss dann schon etwas ganz Herausgehobenes sein. Aber ich denke, das werden die Regionen auch mit Blick auf den insgesamt zur Verfügung stehenden Mittelumfang schon sehr verantwortungsvoll entscheiden, denn sonst ist das Geld, kurz gesagt, relativ zügig alle.
Theoretisch ist es für einen privaten Antragsteller aber möglich, mit bis zu 100 % gefördert zu werden.
Frau Präsidentin, mir erschließt sich jetzt gerade nicht, ob das noch die LEADER-Runde ist oder ob wir schon weiter sind.
Genau. – Ich gehe davon aus, dass die lokalen Entwicklungsstrategien insoweit alle vorliegen und anwendungsfähig sind. Deshalb können Sie mir vielleicht auch sagen, wie viel Prozent – relativ und absolut – der im ländlichen Raum lebenden Menschen sich nicht in einer LEADER-Gebietskulisse befinden.
Tut mir leid, das kann ich Ihnen nicht ganz exakt sagen. Die Einwohnerzahl kann ich Ihnen nicht nennen, nur etwas zur Struktur ausführen. Aber das kennen Sie wahrscheinlich selbst. Das betrifft Gemeinden mit weniger als 5 000 Einwohnern oder Ortschaften von Gemeinden – –
Ich kann Ihnen jetzt aber nicht die exakte Zahl nennen, wie viele Einwohner das in Sachsen ganz genau sind.
Ich war in der letzten Förderperiode selbst Mitglied eines lokalen Entscheidungsgremiums. Dort gab es hinsichtlich der Förderrichtlinie Vorgaben durch die Staatsregierung über die Verteilung des Budgets auf private bzw. öffentliche Investoren. Ist es in dieser Förderperiode wieder vorgesehen, Vorgaben dahin gehend zu machen, wie viel im privaten und wie viel im öffentlichen Bereich investiert wird?
Das ist ein Punkt, der gerade von den Kommunen vielfach kritisiert wird, die meinen, wir würden dort etwas vorgeben. Das ist aber ein Trugschluss.
Nach dem Prinzip, das ich gerade Herrn Kollegen Wähner erläutert habe, wird bei Privaten der öffentliche Anteil durch den Freistaat finanziert. Die 20 %, die noch notwendig sind, legt der Freistaat drauf. Deshalb brauchten wir eine Kalkulationsgrundlage, wie viel Geld das am Ende denn sein könnte. Wir haben einen möglichst hohen Ansatz gewählt, und es kann durchaus sein, dass es Regionen gibt, in denen wir diesen hohen Ansatz – es war ein Anteil von 70 % – erreichen. Viele Kommunen haben das aber so verstanden, als müsse das so sein, als dürften nur maximal 30 % der Maßnahmen aus dem öffentlichen Bereich stammen und 70 % müssten private Anträge sein. Das war jedoch einfach nur eine Kalkulationsgrundlage unsererseits, um den Landesanteil für die nächsten sieben Jahre berechnen zu können. Das ist nichts Bindendes.
Wenn Anträge aus dem öffentlichen Bereich deutlich umfangreicher sind – nicht nur 30 %, sondern von mir aus 50 % –, dann liegt das in der Entscheidungsbefugnis der lokalen Aktionsgruppe. Das hat nichts mit einer Vorgabe des Landes zu tun. Vor Ort muss selbst entschieden werden, wie die Schwerpunkte gesetzt werden sollen und ob vielleicht auch mangels Anträgen aus dem privaten Bereich deutlich mehr im kommunalen Bereich unternommen wird. Wir geben da nichts vor, auch wenn das anfangs so schien oder durch verschiedene Vertreter vor Ort so interpretiert worden ist.
Verehrter Herr Staatsminister, wenn Sie gestatten, würde ich den Fragenkomplex, den wir Ihnen gestern Abend noch zugearbeitet haben, vielleicht insgesamt vorlesen und Sie würden das beantworten.
Sehr geehrter Herr Staatsminister! Nach Aussage Ihres Hauses gibt es circa 240 000 Einwohner, deren Kläranlagen noch nicht nach dem Stand der Technik umgerüstet sind. Bestätigen Sie diese Zahl?
Ich bestätige diese Zahl. Es gibt dazu eine Erfassung, eine Grundlage – ich habe das, glaube ich, auch mit dabei – einen Moment bitte. Es ist ein Lagebe
richt 2014, und wenn es nach der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtags zulässig wäre, würde ich das Papier jetzt hochhalten, aber das darf ich nicht.
Deshalb lasse ich den Bericht hier liegen, stelle ihn Ihnen anschließend aber gerne zur Verfügung. Dort steht alles ganz genau.
Es gibt noch ungefähr 240 000 Einwohner, deren Haushalte Anfang dieses Jahres noch nicht angeschlossen waren. Wenn man sieht, dass wir 1990 mit knapp 2,4 Millionen begonnen haben, dann ist das natürlich ein großer Schritt. Auch die Haushalte der restlichen Einwohner waren damals nicht alle in einer Qualität angeschlossen, wie sie heute üblich ist. Wir sind inzwischen, wie ich denke, ganz schön weit gekommen.
Herr Urban, ich kann Ihnen jetzt leider nicht wieder das Wort erteilen. Es kann jeder erst einmal nur eine Frage stellen; dann geht die Runde weiter.
Herr Urban, wenn wir Ihre Fragen jetzt nicht alle beantworten können, können wir das gern im Anschluss noch tun.
Sehr geehrter Herr Staatsminister! Eine Frage noch zu LEADER: Benachbarte Regionen müssen ja ohnehin zusammenarbeiten, weil sie ihr Programm aufeinander abstimmen müssen. Wird seitens der Staatsregierung zentral angeregt, dass es einen Erfahrungsaustausch zwischen allen Regionen gibt – was in der vergangenen Periode wie gelaufen ist, wie man jetzt Maßnahmen beantragt etc.? So muss man das Rad nicht überall neu erfinden.