Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen Abgeordnete! Wenn Verkehrsunternehmen bzw. Verkehrsverbünde mit Arbeitgebern Vereinbarungen
abschließen, um Mitarbeitern ein günstiges sogenanntes Jobticket zu ermöglichen, so ist das eine gute Sache. Nur, leider wird auch hier die Gleichbehandlung aller niemals erreicht werden können. Es fängt schon damit an, dass für die Verkehrsunternehmen und Verkehrsverbünde natürlich nur solche Arbeitgeber als Partner für ein Jobticket infrage kommen, die eine gewisse Mindestabnahme gewährleisten können.
So wissen wir vom Verkehrsverbund Oberelbe, dass mit einem Unternehmen nur dann eine Jobticketvereinbarung infrage kommt, wenn mindestens 30 Jobtickets abgenommen werden. Die Deutsche Bahn ist zum Abschluss eines entsprechenden Rahmenvertrages bereit, wenn das betreffende Unternehmen mindestens 20 DB-Jobtickets abnimmt. So ist es denn auch nicht verwunderlich, dass zum Beispiel die Rentenversicherungsanstalt, das Landratsamt Görlitz und einige Sparkassen derartige Vereinbarungen abgeschlossen haben.
Das Nachsehen haben, wie so häufig, zum Beispiel Mitarbeiter vieler Handwerksunternehmen, da diese wegen zu geringer Größe von vornherein nicht für eine Jobticketvereinbarung in Betracht kommen. So zielt der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auch nicht darauf ab, allen Arbeitnehmern in Sachsen gleichen Zugang zum Jobticket zu gewähren, sondern eine Gleichheit aller Bediensteten des Freistaates Sachsen in dieser Hinsicht herbeizuführen, und zwar zu Bedingungen, wie sie jetzt die Landesbediensteten auf dem Gebiet des Verkehrsverbundes Oberelbe genießen, das heißt zu einem Preis von 80 % des Normalpreises.
gönnen prinzipiell jedem Menschen alles, wenn auch nicht alles auf Kosten des Steuerzahlers. Insofern das Jobticket jedoch einen kleinen Beitrag zur Entlastung des Straßenverkehrs leisten soll, weil Landesbedienstete öffentliche Verkehrsmittel nutzen, um zur Arbeit zu kommen, und ihr Auto daheimzulassen, so ist damit ein Vorteil für alle Steuerzahler verbunden, nämlich in Form flüssigeren Straßenverkehrs. Damit ist aber auch klar: Nur in einem gut ausgebauten öffentlichen Personennahverkehr und Schienenpersonennahverkehr kann das Jobticket entsprechende Steuerungswirkung entfalten. Niemand wird vom Auto auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen, allein, weil das Jobticket günstiger ist als der normale Fahrschein. Erforderlich ist, dass der öffentliche Personennahverkehr insgesamt als attraktive Alternative für die Menschen daherkommt. Deshalb muss die Strukturkommission für die Verbesserung des ÖPNV in ländlichen Gebieten ab Mai unbedingt ihre Arbeit aufnehmen. Beschlossen wurde dies bereits im Plenum im März dieses Jahres. Eine sofortige Umsetzung ist erforderlich, damit Ende 2015 ein Bericht vorliegt und so schnell wie
möglich ein besseres Verkehrsangebot auch außerhalb der Ballungsräume zur Verfügung gestellt werden kann.
Meine Damen und Herren! Wegen der noch sehr unterschiedlichen Voraussetzungen des öffentlichen Personenverkehrs in den verschiedenen Teilen Sachsens, sowohl was den Stand des Ausbaus als auch die Zahl möglicher Kunden angeht, erscheint es mir fragwürdig, ob ein einheitliches Jobticket für alle Landesbediensteten zu den heutigen Bedingungen des VVO möglich sein wird. Setze ich die Gleichheit aller Landesbediensteten an erste Stelle, so kann der Schuss für die jetzigen Nutzer aus dem VVO nach hinten losgehen, nämlich in der Form, dass diese am Ende des Verhandlungsprozesses etwas schlechter dastehen als jetzt. Das mag nicht Ziel der antragstellenden Fraktion sein, ausschließen kann man es jedoch nicht. Überdies dürfte eine Vereinbarung mit den sächsischen Verkehrsverbünden und der Deutschen Bahn kaum bis 1. Juli 2015 erreichbar sein, wie es die antragstellende Fraktion fordert. Gründlichkeit geht hier vor Schnelligkeit.
Nach all dem schlage ich der AfD-Fraktion vor, sich der Stimme zu enthalten, und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren! Gibt es vonseiten der Fraktionen noch Redebedarf? – Das sieht nicht so aus. Herr Staatsminister, bitte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mich bei den GRÜNEN für die Unterstützung eines Anliegens bedanken, das wir teilen. Das Jobticket für die Bediensteten des Freistaates Sachsen ist ein Anliegen, das in der Sache nicht strittig ist. Dies haben die meisten Redebeiträge gezeigt. Also streiten wir doch nicht über Sinn und Zweck des Jobtickets. Alle Gründe, die dafür sprechen, es flächendeckend für alle Bediensteten einzuführen, sind auch nicht strittig. Nur der Weg unterscheidet uns. Wir haben schlichtweg als Koalition einen anderen Weg nicht nur verabredet, sondern wir sind bereits dabei, ihn umzusetzen. Von daher sind wir schon bei einer anderen Qualität.
Grundsätzlich haben wir eine Übereinstimmung, was Sinn, Zweck und Ziel des Jobtickets ist. Ich würde Ihren Antrag als Unterstützung für dieses Thema werten. Sie müssen aber bei der Frage, warum bestimmte Dinge so sind, wie sie sind, die Geschichte des Jobtickets berücksichtigen. Warum haben wir beim VVO andere Bedingungen als bei anderen Zweckverbänden? Zum einen, weil hier der große Anteil der Bediensteten im Zweckverbandsbereich lebt und wohnt – logisch –, zum anderen aber auch, weil bei der Einführung des Jobtickets für das SMWA, durch Thomas Jurk 2009 beschlossen und 2010 realisiert, mit dem VVO der erste Vertrag geschlossen wurde und dort noch einmal andere Bedingungen erreicht werden konnten als andere Zweckverbände sie danach erreichen konnten, weil auch die wirtschaftliche Situation
der Zweckverbände unterschiedlich ist und dementsprechend keine einheitlichen Tarife ausgehandelt werden können bzw. auf die wirtschaftliche Situation Rücksicht genommen werden musste.
Etwas kenntnisfrei fand ich Ihre Argumentation zum Vogtland. Das jetzt der Staatsregierung zum Vorwurf zu machen ist nicht fair – das betrifft sogar die Vorgängerregierung, die ich in dem Fall in Schutz nehmen muss –, weil die Vogtländer erst seit letztem Jahr die Möglichkeit hatten, ein Jobticket abzuschließen.
Erst 2014 hat der VVV Unternehmen und Behörden die Möglichkeit gegeben, ein Jobticket zu verabreden. Vorher war es schlicht nicht möglich. Entweder wussten Sie es nicht oder Sie haben es ausgespart – vielleicht konnten wir diese Erkenntnislücke jetzt schließen. Jetzt sind wir tatsächlich in der Lage, mit dem VVV Verhandlungen zu führen. Wenn wir uns einig sind, dass das für alle Bediensteten gilt, dann gilt es auch für alle Regionen und logischerweise für alle Zweckverbände.
Dieser Prozess läuft seit 2011. Sukzessive wurden mit allen Verkehrsverbünden und der Deutschen Bahn Rahmenverträge verhandelt, die aber zu unterschiedlichen Konditionen geführt haben. Die Nutzerzahlen sprechen für uns. Deshalb gibt es in diesem Hause – so habe ich zumindest die Redebeiträge verstanden – eine große Übereinstimmung zu Sinn und Zweck des Jobtickets.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht jetzt darum, wie wir tatsächlich das Ziel erreichen können, in einer angemessenen Zeit allen Bediensteten das Jobticket zur Verfügung zu stellen. Sie sind der Meinung, das schaffen wir bis zum 01.07.2015, wir sind der Meinung, dass wir die Voraussetzungen in diesem Jahr dafür schaffen, dass es ab 2016 möglich sein soll. Sie kennen die Antwort schon, weil ich sie Ihnen aufgrund Ihrer schriftlichen Anfrage gegeben habe. Wir haben verabredet, dass wir die Erfahrungen, die wir als Wirtschafts- und Verkehrsministerium mit dem Jobticket gemacht haben, aufbereiten und für alle Ministerien zur Verfügung stellen, damit die Grundlage geschaffen wird, dass wir innerhalb der Staatsregierung zu einer gemeinsamen einheitlichen Lösung für alle Ministerien und Behörden kommen. Es ist keine einseitige Erklärung des SMWA, sondern diese Verabredung wurde von den anderen Häusern mitgezeichnet.
Von daher ist Ihr Antrag in der Sache gut gemeint, aber unser Weg ist realistischer. Es geht nicht nur darum, theoretisch recht zu haben wie Sie, sondern es praktisch umzusetzen, wie wir es wollen. Unser Ziel ist, es praktikabel zu gestalten. Sie wissen, was es heißt, mit Zweckverbänden zu verhandeln, die Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen und es umzusetzen. Was den Haushalt betrifft, so haben wir unsere Hausaufgaben gestern gemacht. Wir haben 248 400 Euro dafür veranschlagt, dass wir bei einer erfolgreichen Pilotierung durch das
SMWA das Jobticket mit Arbeitgeberbeteiligung für alle Beschäftigten in allen anderen Verkehrsverbünden und bei der Deutschen Bahn einführen können.
Ich möchte nur noch eine kurze Bemerkung zu Ihnen machen, Herr Böhme. Ich bin mir nicht sicher, inwieweit Ihr revolutionärer Vorschlag tatsächlich eine Antwort auf den Antrag der GRÜNEN ist, wenn wir mit einem solchen Subventionsprogramm für alle 100 000 Beschäftigten ein solches Jobticket anbieten und garantieren. Das ist wahrlich ein revolutionärer Vorschlag. Es tut mir leid. Das schaffe ich nicht bis zum 1. Juli.
Meine Damen und Herren! Wir kommen erst zur Kurzintervention und danach ist das Schlusswort an der Reihe, Frau Jähnigen?
Herr Dulig, Sie haben den revolutionären Vorschlag nicht abgelehnt; Sie schaffen es nur zeitlich bis zum 1. Juli nicht. Habe ich das richtig verstanden? Sie werden den Antrag wahrscheinlich nicht annehmen. Nehmen Sie doch wenigstens den Vorschlag der GRÜNEN auf, das Jobticket für alle Beschäftigten in ganz Sachsen so schnell wie möglich umzusetzen, und zwar in Höhe von 90 % der Kosten. Das ist doch möglich. Wenn Sie es schon machen, wie Sie sagen, dann nehmen Sie doch den Antrag der GRÜNEN einfach an.
Meine Bemerkung ging nur in die folgende Richtung: Wenn Sie der Meinung sind, dass Sie mit Ihrem Vorschlag den Antrag der GRÜNEN unterstützen, dann schaffen wir es schlichtweg nicht in dem von den GRÜNEN vorgeschlagenen Zeitraum bis zum 1. Juli 2015. Ich finde es mutig, den einhundertfachen Anteil im Hinblick auf den nunmehr veranschlagten Betrag zu fordern, um eine Dauersubvention für den ÖPNV zu gewährleisten. Ich möchte an die Debatte zum Haushalt erinnern. Sie waren der Meinung, mehr Geld für die Regelleistungen in den ÖPNV hinzustecken. Das passt nicht zusammen. Sie müssen sich schon entscheiden, was Sie finanzieren möchten.
Was wir als Grundlage vorliegen haben, ist ein Antrag der GRÜNEN. Sie sind der Meinung, dass es nicht wichtig ist, wie verhandelt wird und welche Rabatte wir mit den Verkehrsverbünden aushandeln können. In zwei Monaten werden Sie schlechtere Rabatte heraushandeln können, sofern es überhaupt zu einem Abschluss kommt.
Gehen Sie lieber den Weg, den wir vorgeschlagen haben und mit den Ergebnissen, die wir in diesem Jahr 2015 in Zusammenarbeit mit den Ministerien vorlegen können. Somit haben wir eine Grundlage dafür, die wir dann auch umsetzen können. Die Verabredung gibt es in der Regie
rung. Das ist besser, als zum 1. Juli etwas aktionistisch durchzusetzen, was einfach nur teurer wird und keinen besseren Effekt erzielt. Der bessere Effekt wird dadurch erzielt, dass wir schlichtweg die Verabredungen in der Koalition einhalten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Nowak, wenn Sie mit Lenin anfangen, dann mache ich mit Lenin weiter. Kritik und Selbstkritik, Sie haben Selbstkritik an der Politik der CDU geübt. Ich gebe Ihnen recht.
Mehrere CDU-geführte Regierungen haben nichts dafür getan, dass wir einen landesweiten Tarif bekommen. Wir benötigen diesen dringend. Wir werden Ihnen auch hierbei auf die Sprünge helfen und demnächst eine Anhörung zu unserem Antrag beantragen.
Das ist notwendig. Notwendig ist auch, dass der Sachsentakt durchgerechnet und geplant wird. Das haben wir mehrfach als GRÜNE im 4. und 5. Sächsischen Landtag beantragt. Wir werden das auch wieder beantragen. Wir helfen Ihnen auf die Sprünge. Herr Nowak, durch Nichtstun werden die Dinge nicht entscheidungsreif.
Nun kommen wir einmal zum Vogtland. Natürlich weiß ich, ab wann Sie es anbieten möchten und dass Sie verhandeln. Genau deshalb haben wir beantragt, eine gemeinsame Rahmenvereinbarung inklusive des Arbeitgeberanteils abzuschließen – das ist machbar, Sie verhandeln bereits – und nicht nur, wie in der Stellungnahme dargelegt, zu evaluieren.
(Staatsminister Martin Dulig: Sie haben in Ihrem ersten Redebeitrag etwas anderes erzählt. Es tut mir leid!)
Ich habe nichts anderes erzählt, Herr Minister. Ich habe Ihre Stellungnahme zitiert. Diese haben Sie unterschrieben. Somit darf ich diese auch zitieren. Wenn Sie schon Verhandlungen führen, spricht doch nichts dagegen, dass
Sie die Rahmenvereinbarung mit allen Zweckverbänden und der Bahn – somit auch den Arbeitgeberanteil – abschließen und danach die einzelnen Tickets verhandeln. Es ist ein zweistufiges System. Das ist die Idee des Antrages. Sie wissen das ganz genau. Sie wissen ebenso, dass es die studentischen Vertretungen – Benutzungszwang hin oder her – viel schneller als der Freistaat geschafft haben.