Herr Präsident! Ich möchte es ganz kurz machen. Wir haben deswegen gegen diese Anträge gestimmt, weil sie nicht mehr erforderlich sind. Wir sind schon weiter. – Danke.
Jetzt gibt es niemanden mehr, der sein Abstimmungsverhalten erklären möchte. Wir können also Tagesordnungspunkt 11 jetzt wirklich beenden.
Dazu können die Fraktionen nun Stellung nehmen. Wir beginnen mit der Einbringerin, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Das Wort ergreift Frau Jähnigen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Jobtickets sind eine gute Sache und eine Chance für jeden Arbeitgeber und seine Beschäftigten, auch gerade für den Freistaat Sachsen als großen Arbeitgeber; darin werden Sie mir sicher alle zustimmen.
Im Dezember 2011 beschloss das damalige Kabinett, den Landesbediensteten ein Jobticket anzubieten. Vorausgegangen war ein Antrag der GRÜNEN-Landtagsfraktion mit einer befürwortenden Sachverständigenanhörung. Wir haben uns damals mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Freistaates sehr über die Entscheidung der Regierung vor der Abstimmung zu unserem Antrag gefreut. Selbst ich – bekanntlich ein durchaus zur Skepsis neigender Mensch – hätte aber nicht gedacht, dass die Umsetzung dieses Antrags so schwierig praktiziert wird und so lückenhaft bleibt. Wir haben nämlich jetzt, über drei Jahre später, ein Dreiklassensystem.
Die Klasse 1 fahren alle aus dem Raum Dresden und des sächsischen Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit. Derzeit bekommen nämlich nur diejenigen Bediensteten, die hier in der Region wohnen, im Gebiet des Dresdener Verkehrsverbundes, oder die im Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr arbeiten, das günstigste Jobticket für 80 % der Kosten einer regulären Abo-Monatskarte. Nur bei diesen Beschäftigten beteiligt sich der Freistaat mit einem Arbeitgeberanteil von 10 %, die anderen 10 % trägt der Verkehrsverbund.
Die Klasse 2 fahren alle aus dem Raum Leipzig, aus Westsachsen und aus Ostsachsen. Sie müssen 90 % der Kosten einer regulären Abo-Monatskarte tragen. Warum? – Der Freistaat Sachsen hat diesen Menschen bisher die Zahlung des Arbeitgeberanteils von 10 % verweigert.
Zur Klasse 3 gehören die Vogtländerinnen und Vogtländer. Die fahren gar nicht mit. Denn diejenigen, die im Gebiet des vogtländischen Verkehrsverbundes leben, haben momentan keine Option auf ein Jobticket, weil der Freistaat bis heute keinen Rahmenvertrag abgeschlossen hat. Das ist ungerecht, unnötig und auch nicht nachvollziehbar.
An dieser Stelle verstehe ich insbesondere die Kollegen der CDU-Fraktion nicht. Viele definieren sich besonders
stark als Wahlkreisabgeordnete, als Vertreter ihrer jeweiligen Region. Warum nehmen Sie dann eigentlich diese einseitige Besserstellung der Landesbediensteten in der Ballungsregion der Landeshauptstadt Dresden und die Schlechterstellung der Leute aus Ihren Regionen hin? Ich verstehe das nicht.
In der Stellungnahme zu unserem Antrag schreiben Sie, Herr Verkehrsminister Dulig, der diesen Zustand jetzt übernommen hat: Es wird empfohlen, die Erfahrungen des SMWA nach einer Pilotierungsphase bis Ende 2015 auszuwerten und den anderen Ressorts zur Verfügung zu stellen, um damit den Meinungsbildungsprozess zur Einführung eines flächendeckenden Jobtickets mit Arbeitgeberbeteiligung zu unterstützen. – Eine Evaluation der Mobilitätsbedürfnisse der Landesbediensteten finden wir richtig. Da sollten unter anderem auch Fahrradnutzung und Carsharing eine Rolle spielen. Nur: Warum wollen Sie denn noch ein Jahr ungenutzt verstreichen lassen?
Frau Präsidentin! Frau Jähnigen, meinen Sie in Ihren Ausführungen zu den Landesbediensteten, die im Vogtland offensichtlich recht spärlich zu zählen sind, dass die Klassen zugunsten dieses Jobtickets – für Dresden hatten Sie es 1.-Klasse-Ticket und für Leipzig 2.-Klasse-Ticket genannt – wieder abgeschafft werden sollten, um eine Gleichberechtigung herzustellen?
Nein, Herr Kollege Heidan, Sie werden, wenn Sie unseren Antrag lesen, sehen, dass wir vorschlagen, dass alle Landesbediensteten dieses Jobticket mit dem gleichen Arbeitgeberanteil zu 80 % der Kosten erhalten. Herr Heidan, ich sage: Auch im Vogtland gibt es Polizisten und Lehrer – vielleicht kennen Sie den einen oder anderen –, und die haben es nicht verdient, schlechter behandelt zu werden als die, die hier arbeiten. Ich glaube auch, dass der Vogtländische Verkehrsverbund gern einen Rahmenvertrag mit dem Freistaat abschließen würde, bietet er doch eine gute Bahninfrastruktur an. Aber ich finde es krass, dass Ihre Leute bisher darauf keine Chance hatten. Also, sie sollen 80 % bekommen, das ist der Inhalt unseres Antrags. Vielleicht lesen Sie den Beschlussvorschlag noch einmal nach, da erklärt sich das.
Jetzt setze ich in meiner Rede fort: Welche neuen Erkenntnisse erhoffen Sie sich bezüglich des Jobtickets? Es ist doch offenkundig: Bietet man allen – also auch Ihren vogtländischen Kollegen, Herr Heidan – ein günstiges Ticket für 80 % der Kosten des Normalpreises an, so wird es mehr genutzt als ein Jobticket für 90 % der Kosten bzw. zum vollen Normalpreis. In Ihrer Antwort listen Sie auf, dass im Dezember 2014 circa 5 500 der insgesamt rund 102 000 Landesbediensteten das Jobticket nutzten. Von diesen 5 500 nutzen mehr als 80 % – knapp 4 600 – im VVO-Gebiet das Jahresticketangebot. Natürlich arbeiten hier, in der Dresdener Region, mit circa 30 000 Beschäftigten deutlich mehr als in den anderen Regionen. Aber wie schon gesagt: Lehrer und Polizisten gibt es überall.
Zum Beispiel hat die Landesdirektion ihren Hauptstandort in Chemnitz und eine Außenstelle in Leipzig. Aber dass von allen jobticketnutzenden Landesbediensteten mehr als 80 % VVO-Monatskarten gekauft haben, das dürfte wohl dem starken ökonomischen Anreiz geschuldet sein.
Nun werden Sie fragen: Was kostet das? Wenn man kalkulativ den Preis einer Monatskarte von 50 Euro pro Monat ansetzt, dann kommt man bei einem Arbeitgeberanteil von 10 % auf 600 Euro Kosten pro Person. Das ist aus den im Doppelhaushalt eingestellten Sachkostenansätzen finanzierbar. Ich kann Ihnen die Zahlen auch noch einmal vorrechnen, wenn Sie Zweifel hätten.
Inwieweit Geld für dienstliche Pkw-Nutzung eingespart wird, sollte wirklich einmal evaluiert werden. Es ist aber davon auszugehen, dass das zutrifft, denn die Leute fahren ja nicht doppelt.
Wir meinen auch, dass die Verhandlungen relativ schnell gehen sollten, werden doch die Verkehrsverbünde die Chance, mit dem entsprechenden Arbeitgeberanteil zusätzliche Tickets zu verkaufen, sehr gern annehmen, sicher auch der vogtländische. Fragen Sie einmal nach, Herr Heidan.
Insofern haben wir Ihnen jetzt auch vorgeschlagen, den Termin, der im Antrag enthalten ist, nicht zu verändern. Wenn wir hier einen Hinweis von der Regierung bekommen, dass sie etwas mehr Zeit braucht, dann stellen wir gern einen Änderungsantrag. Das interessiert mich selbst.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen aus den Fraktionen von CDU und SPD, springen Sie einmal über Ihren Schatten und stimmen Sie dem vorliegenden Antrag zu, allen Landesbediensteten Jobtickets zum Preis von 80 % der Kosten regulärer Monatskarten anzubieten. Das ist machbar, das ist finanzierbar, das schafft Motivation, das schafft eine Gleichbehandlung aller Beschäftigten bis ins Vogtland und das schafft etwas für Umwelt- und Klimaschutz. Wann kann man das schon auf so einfache Weise so verbinden, wenn man denn nur will?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach vier Tagen Plenum und gegen Ende der Tagesordnung wird es nun doch noch einmal fast historisch. Überholen ohne einzuholen – unter diesen Satz könnte man diesen Antrag der GRÜNEN auch subsumieren.
Liebe Frau Jähnigen, ich habe langsam den Eindruck, Sie wollen hier vor allem testen, wie oft der Nowak wohl wieder die ÖPNV-Strukturkommission an den Start bringt, und, Frau Kollegin, ich werde Sie auch heute nicht enttäuschen.
Aber zunächst einmal zu den inhaltlichen Fakten. Ihr Antrag suggeriert, dass der Freistaat Sachsen ja einfach nur einmal alles buchen muss, und dann wird alles gut. Das mag typisch Opposition sein – verantwortlich ist es nicht. So einfach geht das nämlich nicht.
Ein landesweit einheitliches Jobticket kann es schon deswegen nicht geben, weil wir nicht nur einen Verkehrsverbund haben, sondern fünf. Darauf haben wir auch schon hingewiesen.
Wenn wir fünf Vertragspartner haben, müssen wir auch fünf Tarife aushandeln. Das geht mit jedem Verbund sicherlich ganz unkompliziert; aber was passiert eigentlich, wenn die Verbundgrenzen überschritten werden? Mal angenommen, jemand pendelt von Zwickau nach Leipzig, da sind VMS und MDV betroffen, oder von Reichenbach, Oberer Bahnhof nach Dresden, das ist zugegeben eine etwas längere Strecke, da sind wir dann in der Verhandlungsrunde schon zu dritt mit VVV, VMS und VVO. Jetzt ist das sicherlich alles zu stemmen, aber es ist halt aufwendig, und schon deswegen ist Ihr Termin – in zwei Monaten – utopisch
Lieber Herr Kollege! Haben Sie schon einmal davon gehört, dass es auch ein Jobticket mit der Deutschen Bahn gibt und dass es nur darum geht, die Konditionen der vorhandenen Jobtickets im Arbeitgeberanteil zu verändern und mit dem vogtländischen Bund zu verhandeln?
Selbstverständlich, und wenn Sie noch ein paar Minütchen gewartet hätten, dann hätte ich es Ihnen schon noch gesagt.
Ich habe mich einmal im SMWA erkundigt, wie es derzeit läuft. Der Antwort, die ich darauf bekam, entnehme ich, dass es bei verbundübergreifenden Pendlerstrecken eben
keinen einheitlichen Vertrag gibt. Es wird zwar der Antrag des Pendlers zentral im DB-Vertriebscenter in Berlin bearbeitet – es muss also nur einmal ein Antrag gestellt werden –, aber es gibt keinen einheitlichen Vertrag und das Ministerium verweist außerdem noch auf das DBJobticket, das zentral in Saarbrücken bearbeitet wird.
Mit diesem DB-Jobticket, Frau Jähnigen, ist es natürlich nicht möglich, in Oschatz den Bus oder in Dresden die Straßenbahn zu benutzen. Beim ZVON wiederum gibt es einen Übergangstarif. Beschäftigte, die zum Beispiel von Bautzen nach Dresden wollen, müssen für ZVON und VVO nur noch einen Antrag stellen. Das SMWA hat mir weiterhin mitgeteilt, dass es möglich ist, mehrere Jobtickets zu benutzen. Ich entnehme dem, dass es für jeden Verbund einen eigenen Vertrag braucht.
Oder nehmen wir das Beispiel Leipzig–Dresden: Dort schreibt das SMWA, dass in der Regel DB-Jobtickets oder andere Bahnangebote benutzt werden. Man könnte auch ein VVO-Jobticket nehmen und einen MDV-Fahrschein dazukaufen, das wäre aber eher teuer und der Vorteil im VVO nur überschaubar. Auch da gilt: Mit diesem DBJobticket können Sie nicht die Bahn in Leipzig und den Bus in Dresden benutzen. Es ist dann die Frage, ob das überhaupt attraktiv ist.
Der Mitarbeiter steht also vor der Frage: Nehme ich jetzt zwei Jobtickets oder nehme ich eines und kaufe in dem anderen Verbund noch etwas hinzu oder verzichte ich ganz auf den Nahverkehr oder wähle ich das DBJobticket? Für den Arbeitgeberanteil gilt dann das Gleiche. Nun sind wir beim Jobticket aber nicht beim Schach, wo es mit vielen Optionen gerade reizvoll ist – einfach muss es sein. Insofern ist der Ansatz des GRÜNENAntrages, sage ich offen, gar nicht so verkehrt, aber die Umsetzung, die Sie dafür vorschlagen, haut so nicht hin.