Protocol of the Session on April 27, 2015

Praxis funktionieren muss. So steht für uns derzeit die Frage: Wo setzt man an? Was ist die bestmögliche Lösung? Braucht es dazu eine eigene und neue Struktur oder ist es nicht eher sinnvoll, mit bestehenden Netzwerken zu arbeiten? Und wenn ja: Welches ist die geeigneteste Form?

Meine Damen und Herren der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wie gesagt, wir finden Ihren Antrag nicht falsch, denn er greift das auf, wozu sich SPD und CDU gemeinsam im Koalitionsvertrag verpflichtet haben. Aber wir tragen die Verantwortung, nicht den zweiten Schritt vor dem ersten zu tun, damit wir mit diesem Vorhaben nicht auf die Nase fallen. Kurz: Bevor wir Geld einstellen, wollen wir erst die Analyse auswerten und darauf aufbauend die konzeptionellen Fragen klären, um den höchsten Nutzen zu erzielen. Dieser Aufgabe stellen wir uns zunächst und müssen daher den Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Für die AfDFraktion Frau Dr. Muster, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Keine Frage, die Medienkompetenz ist eine wichtige Schlüsselkompetenz zur selbstbestimmten Lebensgestaltung für gesellschaftliche, kulturelle und berufliche Teilhabe sowie für politische Mitbestimmung.

Die AfD ist auch der Meinung, dass es in Sachsen schon seit einigen Jahren viele hochwertige Angebote, innovative Modelle der Medienkompetenzförderung und eine vielfältige Trägerlandschaft gibt. Unsere Bürger nehmen diese Angebote gerne wahr. Die unterschiedlichen Akteure arbeiten bereits zusammen und sind im regionalen Raum recht gut vernetzt.

Dies geht aus zumeist sehr detaillierten Antworten der Staatsregierung aus der letzten Legislaturperiode hervor. Hierbei ging es um die Förderung von Medienkompetenz, die Errichtung eines Lenkungsgremiums und einer staatlichen Gesamtstrategie. Die damalige Staatsregierung lehnte die Anträge unter Verweis auf die bereits bestehende, gut vernetzte und funktionierende Arbeit der Akteure ab. Die Entwicklung eines Lenkungsgremiums oder einer Gesamtstrategie hielt sie für nicht geboten.

Aus denselben Gründen halten auch wir die Errichtung eines Medienkompetenzzentrums Sachsens für nicht erforderlich.

Ein landesweiter Masterplan Medienkompetenz mit starren, einheitlichen Zielvorgaben wird der dynamischen und schnelllebigen Entwicklung im Medienbereich nicht gerecht. Im Gegenteil, auf diese sich ständig weiterentwickelnden neuen Medien muss flexibel, individuell und vor allem schnell reagiert werden. Zielvereinbarungen können nicht ständig aktualisiert werden. Das Berichtswesen über den Stand der Umsetzung des Masterplans würde sich nur

schwer mit der Gestaltungsfreiheit der Akteure vereinbaren lassen.

Vielmehr muss in diesem Zusammenhang mit einer Medienbildung für alle derzeit an anderen Stellen angesetzt werden. Hier ist in erster Linie der Breitbandausbau in Sachsen zu nennen, vor allem im ländlichen Raum.

Verschiedene Medien begleiten schon seit vielen Jahren den Unterricht an sächsischen Schulen. Es beginnt in der Grundschule bis hin zum Gymnasium und betrifft alle Unterrichtsfächer, von Mathematik bis Sport. Zwar ist der vielfältige Medieneinsatz für eine abwechslungsreiche Unterrichtsgestaltung wünschenswert, jedoch sollte der zunehmende Umgang gerade mit den neuen Medien nicht andere, vorrangige Lernziele der Schule vernachlässigen. Zum Beispiel das Kopfrechnen statt das Rechnen mit dem Taschenrechner, Lesen und Schreiben von Texten mit korrekter Rechtschreibung und Grammatik – vorrangig mit dem Stift und erst sehr viel später mit Tastatur und Rechtschreibprogramm – halten wir für wichtig. Schüler sollen sich auch für längerfristige Projekte begeistern können. Ihre Ausdauer und Konzentration sind ebenfalls zu schulen.

Gerade diese Kompetenzen fordern die Hochschulen von den Schulabgängern; denn die Professoren bemängeln derzeit, dass sich viele der heutigen Abiturienten nur schwer konzentrieren können, nicht lange zuhören können, komplexe Sachverhalte nicht erfassen und ihre Klausuren vor sprachlichen und grammatischen Fehlern nur so strotzen. Allerdings loben die Professoren die besseren Fremdsprachenkenntnisse und eine hohe Medienkompetenz.

Aus diesem Grunde werden wir dem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall bei der AfD)

Gibt es noch Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Herr Dr. Meyer, CDU-Fraktion; bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Kollegin Aline Fiedler ist schon auf wesentliche Punkte im Bereich Medienbildung eingegangen. Wenn man die Debatte verfolgt, merkt man auch, wie vielschichtig das Thema ist und was man alles hineininterpretieren kann.

Es wurde auch deutlich, dass es eine Vielzahl von Initiativen und Akteuren gibt, um das Thema Medienkompetenz zu fördern. Es kann sicherlich nicht Aufgabe einer alleinigen Institution sein, sich allein um dieses Thema zu kümmern, sondern es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, dass sich Menschen kritisch mit Medien – von der Zeitung bis hin zu den sozialen Medien – auseinandersetzen und damit umgehen können.

Medienkompetenz muss zum generationenübergreifenden Bildungsinhalt werden. In der Schul-, Berufs- und Hochschulbildung, aber auch in der Eltern- und der Lehrerfortbildung und -weiterbildung ist der sichere Umgang und

das qualifizierte Arbeiten mit Medien als Querschnittziel zu verankern.

Zugleich muss aber auch über die Risiken aufgeklärt und für entstehende Abhängigkeiten sensibilisiert werden. In der Erwachsenenbildung müssen wir dieses Thema noch viel stärker im Bereich Arbeitsmarktintegration mit geeigneten Instrumenten untersetzen, um letztlich auch dort fehlende Medienkompetenz nachzuholen und weiterzuentwickeln. Aber auch gezielte Seniorenbildung in der Auseinandersetzung mit neuen Medien kann verhindern, dass diese den Anschluss an gesellschaftliche Entwicklungen verlieren.

Von Kollegen Holger Mann und Kollegin Aline Fiedler ist bereits gesagt worden, dass das Thema nicht neu ist. Wir haben es im Koalitionsvertrag verankert. Auch die vielen Medienpädagogischen Zentren – es sind insgesamt 13 – sind nicht lose im Raum, sondern haben sich im Netzwerk „Medienpädagogik Sachsen“ zusammengefunden, um dort die Bedingungen für die Umsetzung medienpädagogischer Angebote landesweit abzustimmen, um Lobbyarbeit für das Thema zu betreiben, letztlich ein Podium zu bieten und Erfahrungsaustausch zwischen Politik, Verwaltung und Medienpädagogik in der Fläche zu bringen.

Wir haben entsprechende Strukturen, die es weiterzuentwickeln gilt. Ich gebe durchaus auch den kritischen Stimmen recht, dass es Optimierungsbedarf gibt. Wir haben vieles, was in Gesetzen und Lehrplänen verankert ist. Das Zusammenbringen ist letztlich die Kunst, und da gibt es nach wie vor Nachholbedarf. Aber man muss jetzt auch nicht so tun, als gebe es das alles noch nicht, da sei noch nichts auf dem Weg und das sei für uns Neuland. Es gibt, auch durch die Kooperationsvereinbarungen der sächsischen Landesmedienanstalt und des Kultusministeriums, durchaus Bewegung in diesem Bereich.

Es gilt, die vorhandenen Maßnahmen noch breiter in die Praxis zu tragen und mit Leben zu erfüllen. Dazu brauchen wir weniger gesetzliche Neuregelungen oder neue Strukturen als vielmehr die Umsetzung der bereits bestehenden Möglichkeiten, auch in außerschulischen Lernorten. Es muss nicht alles in der Schule stattfinden, sondern es kann durchaus in Kinder- und Jugenderholungszentren oder in den Institutionen für das lebenslange Lernen wie den Volkshochschulen stattfinden.

Daran sollten wir arbeiten und die Akteure in die Lage versetzen, mit den entsprechenden Ressourcen ihre guten Ansätze in die Tat umzusetzen und Menschen jeden Alters und jeder sozialen Herkunft – das ist mir noch einmal wichtig –, also alle gesellschaftlichen Gruppen, an Medienbildung heranzuführen.

Wir müssen daher keine Medienkompetenzinitiative starten, sondern die dargestellten Maßnahmen weiter vorantreiben. Von daher braucht es jetzt den GRÜNENAntrag nicht und wir werden diesem Antrag auch nicht zustimmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich jetzt die Staatsregierung; Frau Staatsministerin Kurth, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Das Wissen der Welt verdoppelt sich etwa alle fünf Jahre. Um mit der Flut an Informationen richtig umgehen zu können, braucht jeder Einzelne die entsprechenden Kompetenzen; das wurde schon mehrfach angesprochen. Lese- und Medienkompetenz, die für mich untrennbar zusammengehören, stehen dabei an erster Stelle.

Nur derjenige, der über diese beiden Kompetenzen verfügt, kann die Vielfalt der elektronischen Informationen aufnehmen, verarbeiten und nutzen und damit auch am beruflichen und sozialen Leben erfolgreich teilhaben. Meine Damen und Herren, die Entwicklung von umfassender Medienkompetenz durch Medienbildung ist deshalb – das wurde bereits mehrfach betont – eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es ist eben nicht nur eine Kernaufgabe von Schule, wie so oft gerufen wird – auch nach neuen Unterrichtsfächern, zum Beispiel Medienbildung oder Gesundheitserziehung.

An dieser Stelle möchte ich die Frage nach der Verantwortung von Familie stellen. Schauen wir eigentlich auch einmal in die Familie, wenn es zum Beispiel um unkontrollierten Internetkonsum geht, oder rufen wir immer nach Schule und gesellschaftlichen Kräften? Ich glaube, das Herzstück unserer Gesellschaft, die Familie, vergessen wir sehr oft beim Benennen von Verantwortung.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Diese Medienkompetenz kann nur im Zusammenwirken von Schule und Elternhaus sowie mit den Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und Kultur bewältigt werden, so wie Aline Fiedler es schon benannt hat. So steht es auch im Beschluss der Kultusministerkonferenz aus dem Jahr 2012 „Medienbildung in der Schule“. – Frau Maicher, Sie haben diesen Beschluss angeführt und an dieser Stelle gesagt, hier ist von Medienbildung für alle die Rede. Das kann ich ausdrücklich nur unterstreichen.

Sie haben auch gesagt, dass in Sachsen diese Medienbildung noch nicht alle erreicht. Dem möchte ich widersprechen. Fortdauernde Medienbildung ist erforderlich und sie wird bei uns im Freistaat Sachsen vor allem auch im schulischen Bereich realisiert. Es liegen zur Förderung dieser Medienkompetenz vielfältige strategische Ansätze vor, die inhaltlich einmal in den jeweiligen Ressorts angesiedelt sind, die untereinander und mit nachgeordneten sowie freien Einrichtungen eng kooperieren und unterschiedliche Projekte und Aktivitäten planen und auch durchführen.

Meine Damen und Herren, zu berücksichtigen sind dabei zwei voneinander zu unterscheidende Koordinationsebenen: die Koordination zwischen den jeweils vor Ort tätigen Projektträgern zum einen sowie die Koordination zwischen denjenigen, die das Wirken der Projektträger unterstützen.

Der Koalitionsvertrag schreibt fest, dass zentrale Koordinations- und Informationsstellen Medienbildung geschaffen werden sollen. Damit sollen einzelne Initiativen, Maßnahmen und Projekte besser miteinander vernetzt werden.

Ich kann Ihnen zudem versichern, dass es schon heute hochwertige Angebote und innovative Modelle der Medienkompetenzförderung sowie eine vielfältige Trägerlandschaft bei uns im Freistaat Sachsen gibt.

Außerdem – auch dies wurde mehrfach erwähnt – haben wir die Medienbildung als Querschnittsaufgabe von Unterricht in den Lehrplänen aller Schularten verankert. Die Medienbildung zieht sich wie ein roter Faden durch alle Lehrpläne. Und, Herr Neubert, unsere Lehrpläne haben wirklich noch nicht 20 Jahre auf dem Buckel, sie sind zehn Jahre alt und wir sind bei der intensivsten Umsetzung dieser Lehrpläne in unseren Schulklassen und damit auch bei umfassender Medienbildung für jede Schülerin und für jeden Schüler, und deshalb können wir auch keine Prozentzahl an Schülerinnen und Schülern angeben, die von Medienbildung erreicht werden.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Ministerin?

Ich möchte erst fertig ausführen.

Diese Verankerung in unseren Lehrplänen ermöglicht vielfältige Kooperationen mit den unterschiedlichsten Akteuren medienpädagogischer Maßnahmen.

Ein gutes und wichtiges Beispiel, das auch schon benannt wurde, sind unsere 13 Medienpädagogischen Zentren als kommunale Einrichtungen. An diesen Medienpädagogischen Zentren unterbreiten abgeordnete Lehrkräfte mit den jeweils vor Ort tätigen freien Trägern medienpädagogische Angebote. Sie unterstützen einmal die Schulen und Kindertageseinrichtungen bei der praktischen Medienarbeit. Sie bieten Beratung an und – Frau Maicher, das haben Sie auch angeführt – Fortbildung für unsere Lehrerinnen und Lehrer aller Schularten sowie für die Schulträger.

Ein weiteres Beispiel ist die gemeinsame Rahmenvereinbarung zwischen dem sächsischen Kultusministerium und der Sächsischen Landesmedienanstalt von 2011. Hier nehme ich an der Prämierung mit dem Medienpädagogischen Preis bei uns in Sachsen teil, und das ist ein beredtes Beispiel dafür, wie zum Beispiel Innovation in Medienbildung an unseren Schulen gelebt wird.

(Annekatrin Klepsch, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Frau Ministerin, darf ich Sie noch einmal fragen, ob Sie die Zwischenfrage zulassen? Wenn Sie fertig sind, darf ich sie nicht mehr zulassen.

Ich würde fertig ausführen.

Gut, dann kann ich sie nicht mehr zulassen.

Die Rahmenvereinbarung, die ich erwähnt habe, ist Grundlage für die enge Abstimmung unserer Anstrengungen, vorschulische und schulische Vermittlung von Medienkompetenz zu fördern. Dies geschieht in der Lehrerfortbildung, beim Jugendmedienschutz sowie in der gemeinsamen Unterstützung von Medienwettbewerben.