Protocol of the Session on March 12, 2015

Ich möchte noch einmal feststellen: Gegen Herrn Striegel läuft ein Ermittlungsverfahren.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Wenn das nicht der Fall ist, dann frage ich die Staatsregierung. – Herr Minister Ulbig, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Als Vertreter der Staatsregierung möchte ich zu diesem Antrag und zur Debatte wie folgt Position beziehen: Die Staatsregierung tritt jeder Form von Extremismus entschieden entgegen, und die Staatsregierung muss dabei alle Phänomenbereiche im Blick haben.

Es ist schlichtweg nicht akzeptabel, dass durch extremistische Gewaltstraftaten, egal aus welcher Richtung sie kommen, unser demokratisches Gemeinwesen infrage gestellt wird. Deshalb werden wir uns an einer Gewichtung, ob die eine oder andere Art des Extremismus mehr oder weniger zu gewichten ist, nicht beteiligen. Für die Staatsregierung möchte ich klar und deutlich erklären, dass wir alles im Blick haben und weder, wie es teilweise unterstellt wird, auf dem rechten noch auf dem linken Auge blind sind.

(Beifall bei der CDU – Dr. Frauke Petry, AfD: Indem Sie nichts gewichten!)

Die Wahrheit ist: Wir schauen sehr genau hin, und das ist unabhängig davon, welcher politisch-ideologische Hintergrund dahinterliegt.

Herr Schiemann hat schon einige Zahlen angesprochen, die das Jahr 2014 und die politisch motivierte Kriminalität betreffen. Wir müssen erkennen, dass es insgesamt einen Anstieg gegeben hat, und zwar um 16 %. 3 125 Taten sind im Jahr 2014 der politisch motivierten Kriminalität zuzuordnen. Richtig ist auch: Wir haben einen Anstieg der entsprechenden Straftaten. Wenn wir die politisch motivierte Kriminalität links anschauen, hat es einen Anstieg auf 851 bzw. um 38 % gegeben. Wenn wir die Gewaltstraftaten anschauen, sind es 157, um die Diskussion von gegebenenfalls Propagandadelikten ausgrenzen.

Deshalb kann nicht hingenommen werden, wenn es Straftaten gegen Polizisten, gegen Menschen gibt. Ich will die Dinge, die Herr Schiemann angesprochen hat, nicht

wiederholen. Aber diese Dinge sind ganz klar zu verurteilen, zum Beispiel dieser Angriff, den wir in Connewitz erlebt haben. Wenn man sich mit den Kollegen unterhält, die drin gesessen haben und diesen Angriff sozusagen von innen erleiden mussten, dann ist festzustellen: Das ist nicht nur nicht akzeptabel, sondern das muss ganz entschieden verurteilt werden, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der AfD und des Abg. Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Um das Bild entsprechend rund zu machen und wie ich es eingangs gesagt habe, hat es auch in der politisch motivierten Kriminalität im Phänomenbereich rechts Straftaten gegeben. Dort hatten wir die meisten Straftaten, nämlich 1 740. Im Bereich der Gewaltstraftaten sind es immerhin 86 gewesen. Es hat auch im letzten Jahr einen besorgniserregenden Anstieg fremdenfeindlicher Straftaten um 68 % gegeben. Auch im Bereich des Antisemitismus hat es einen Anstieg um 40 % gegeben.

Was diese Zahlen schlichtweg deutlich machen ist die Tatsache, dass es nicht zielführend ist, die eine oder die andere Form des Extremismus mehr oder weniger schlimm zu beurteilen, denn jede Straftat – das will ich klar und deutlich sagen – ist eine zu viel. Deshalb ist es wichtig, dass wir unsere Demokratie gegen jede Form von Extremismus entsprechend stärken.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Deshalb ist eine Säule die Strafverfolgung, und deshalb haben wir im Freistaat Sachsen eine entsprechende Struktur geschaffen – das OAZ –, um eben extremistische Straftaten besser aufklären zu können. Ich will sagen: Das letzte Jahr, 2014, ist für das OAZ entsprechend erfolgreich gewesen. Es gab immerhin 292 Ermittlungsverfahren, die durchgeführt wurden, und 218 davon sind schon aufgeklärt. Das ist eine Aufklärungsquote von immerhin 75 %.

Was ich an dieser Stelle auch noch einmal klar und deutlich sagen will, ist, dass die Polizei verpflichtet ist, politisch neutral zu handeln und jede Form von Straftaten zu verfolgen. Da will ich Ihnen – auch als Minister – einen emotional bedeutenden Moment schildern: Ich bin vor Kurzem bei der Vereidigung von 198 Polizeimeisteranwärtern in Riesa gewesen, und derjenige, der als Absolvent am Mikrofon gesprochen hat, hat ausgehend von dem, was Polizisten als Eid geschworen haben, deutlich gemacht, in welch schwierigen Situationen Polizistinnen und Polizisten gelegentlich stehen. Denn auch sie haben sich verpflichtet, Verfassung und Recht zu wahren und zu verteidigen, ihre Pflicht gewissenhaft zu erfüllen und Gerechtigkeit gegenüber allen zu üben. Also auch da wird deutlich, dass es eine Unterscheidung nicht geben kann.

Ein weiterer Punkt, der angesprochen wurde, ist die Prävention. Da kann man mit finanziellen Mitteln das eine oder andere machen. Was aber in diesen Bereichen ganz besonders wichtig ist – das, denke ich, muss auch klar und deutlich angesprochen werden –, ist das zivilge

sellschaftliche Engagement zur Stärkung der Demokratie. Da sind Geld und Förderprogramme allein aus meiner Sicht nicht ausreichend, sondern da ist es notwendig, dass man entsprechende Aktivitäten entfaltet, und das muss in jeder Stadt auf die konkreten Gegebenheiten angepasst werden. Dass es in Leipzig entsprechende Erfordernisse gibt, hat Herr Schiemann noch einmal deutlich gemacht.

Als Letztes möchte ich aus Sicht der Staatsregierung deutlich machen, dass wir den Verfassungsschutzbericht regelmäßig vorlegen und dort die neuesten Erkenntnisse zu extremistischen Bestrebungen und Gruppierungen in Sachsen zusammenstellen. Der Verfassungsschutzbericht des Jahres 2014 befindet sich in der Endzusammenfassung und wird Ihnen – und damit der Öffentlichkeit – in Kürze vorgestellt. Darüber hinaus haben wir viele Veranstaltungsreihen.

Zusammengefasst kann man sagen: Der Kampf gegen Extremismus ist wichtig. Deshalb ist es auch wichtig, einen 360-Grad-Blick aufrechtzuerhalten und weder die Instrumentalisierung aus der einen noch aus der anderen Sicht für richtig zu befinden. Aus diesem Grunde empfiehlt die Staatsregierung, diesen Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Das Schlusswort hat die AfD-Fraktion; Herr Wurlitzer, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe schon viel erlebt, aber ich muss Ihnen sagen: Das war heute der Gipfel. Ich habe zwar nicht erwartet, dass Sie zustimmen, aber ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Ein Stück weit mehr Selbstkritik hätte ich mir schon gewünscht.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von der SPD: Das wünschen wir uns bei Ihnen auch!)

Wir haben heute von Extremismus gesprochen – bzw. wir – und gesagt, dass es Rechtsextremismus gibt, das ist völlig klar. Das haben wir auch gesehen. Ich habe Ihnen eine ganze Liste von nur einer Stadt – Leipzig – vorgelegt, wo es um Linksextremismus gegangen ist, und ich gehe davon aus – wie Herr Dreher das schon gesagt hat –, dass die Leute in Schwarz nicht von der Heilsarmee gewesen sind, denn die schmeißen im Normalfall keine Molotowcocktails. Und das, was ich vorhin gesagt habe – ganz eindeutig –, wird in der politischen Debatte ausgeklammert oder es werden solche Scheingefechte geführt. Dass Sie mir unterstellen, dass wir einen Scheinantrag einbringen, können Sie bei uns vergessen. Wir versuchen es wirklich, und ich habe geglaubt, dass wir heute einmal

mehr als auf 14 Abgeordnete kommen, die dem Antrag zustimmen.

(Zuruf von den LINKEN: Echt?)

Sie von der CDU, meine Damen und Herren, haben das Ding erkannt. Sie haben uns in vielen Dingen recht gegeben. Jetzt würde ich mir nur an dieser Stelle wünschen, dass Sie den Arsch in der Hose haben, auch einmal einem Antrag von uns zuzustimmen.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von den LINKEN: Hey!)

Würden Sie sich bitte mäßigen.

Ihnen auf der anderen Seite kann ich nur eines sagen: Wenn wir von Extremismus gesprochen haben, dann von Linksextremismus. Wenn wir Extremismus bekämpfen wollen, dann können wir das nicht nur auf der einen Seite, sondern dann müssen wir es auch auf der anderen Seite tun. Uns zu unterstellen, dass wir mit unserem Antrag – –

(Zuruf von den LINKEN: Hey!)

Ruhe! – Uns zu unterstellen, dass wir mit unserem Antrag …

(Beifall bei der AfD)

Ist schon blöd. Ich habe das Mikrofon, ja? Ist klar? -

(Beifall bei der AfD – Zuruf von den LINKEN: Na, wunderbar!)

… vom Rechtsextremismus ablenken wollen, das ist nicht nur blöd, das ist richtig blöd.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, ich stelle nun den Antrag zur Abstimmung. Wer zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenstimmen, bitte.

(Zuruf von der AfD: Danke schön!)

Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren, ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 9

Verbot der Tötung überzähliger und unerwünschter Jungtiere

Drucksache 6/701, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,

mit Stellungnahme der Staatsregierung

Hierzu können die Fraktionen wieder Stellung nehmen. Es beginnt die einreichende Fraktion. Danach folgen CDU, DIE LINKE, SPD, AfD und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Ich erteile nun der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort; Herr Günther, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es geht in dem Antrag wieder einmal um das Thema Landwirtschaft und darum, wie wir eine zukunftsfähige Landwirtschaft hinbekommen. Dieses Mal geht es um die Tötung unerwünschter Jungtiere, wo dringend etwas passieren muss. Der Tierschutz ist im Grundgesetz verankert – § 20 a, das war nicht von Anfang an so, er ist später hineingekommen –, wir finden es in der Sächsischen Verfassung, es findet sich im Tierschutzgesetz, und darin ist festgehalten, dass die Tötung von Tieren ohne vernünftigen Grund nicht zulässig ist. Insbesondere die Tötung von Wirbeltieren ohne vernünftigen Grund ist sogar ein Straftatbestand.

Was ist nun ein „vernünftiger“ Grund? – Wir halten Tiere als Nutztiere. Es geht also um das Töten zum Schlachten, weil man sie verwertet. Ein anderer Grund – Pi mal Daumen – ist, dass sie krank sind und man nicht mehr helfen kann. Das ist eigentlich so weit rechtlich ganz klar. Obwohl das so geregelt und vielfach auch abgesichert ist – rechtlich, vermeintlich –, werden in Deutschland pro Jahr zwischen 20 und 50 Millionen Küken getötet, ohne dass sie wirtschaftlich verwertet werden oder dass sie krank gewesen seien. Nein, sie werden nur deswegen getötet, weil es männliche Küken sind und diese keine Eier legen können. Diese Küken werden erstickt oder – noch viel häufiger – lebendig in riesige Schredder hineingeworfen. Das nennt sich Homogenisatoren.