Protocol of the Session on June 19, 2014

Das sind Hilferufe, die wir unbedingt hören sollten und die uns zum Handeln, gerade im Sinne des Antrages der GRÜNEN, motivieren sollten. Ich bitte Sie: Stimmen Sie dem Antrag zu – meine Fraktion wird es tun – und dann kommen wir ein Stück voran!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Frau Jonas für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Selbstverständlich nehmen wir die Ergebnisse des Berichtes ernst. Weil die Staatsregierung die Ergebnisse ebenso betrachtet hat, ist sie mit einem 10-Punkte-Plan aktiv gegen Crystal mit einem Konzept aufgetreten, mit dem sie zukünftig das Problem der Methamphetamine aktiv bekämpfen und angehen will.

Der Suchtbericht selbst enthält eine Vielzahl von Maßnahmen, mit denen den Problemen der Suchterkrankung entgegengetreten wird. Dazu zählt die Koordinierung der Maßnahmen über den Landespräventionsrat genauso wie die Arbeit der entsprechenden Fachausschüsse. Der Rat stimmt die Arbeit der verschiedenen landesweit aktiven Träger ab. Dazu zählen die Aktion Jugendschutz Sachsen, die Sächsische Landesvereinigung für Gesundheitsförderung und die Landesstelle für Suchtgefahren. Ebenso stellen die Schulen mit ihren Angeboten sowie die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe eine wichtige Ergänzung dar. Der Drogen- und Suchtbericht gibt Auskunft über das feingliedrige System des Freistaates. Besondere Bedeutung kommt den Suchtberatungsstellen und der externen Suchtberatung auch in den JVAs zu.

Beispielsweise wurde letzte Woche in Zeithain eine der ersten Einrichtungen im gesamten Bundesgebiet eröffnet, die sich ausschließlich um Crystal Abhängige Strafgefangene kümmert und mit den entsprechenden Therapieplänen bereits für die Zukunft wichtige Weichen stellen will.

Der 10-Punkte-Plan gegen Crystal greift spezielle Probleme dieser gefährlichen Droge auf. Wir sind in Aktuellen Debatten und mit Anträgen oftmals darauf eingegangen. Er setzt auch auf Prävention durch Information. Gleichzeitig rücken die Angebote von Beratung und Behandlung in den Mittelpunkt. Onlineplattformen, Ansprechpartner und Informationskampagnen sollen in der Öffentlichkeit ein breiteres Problembewusstsein schaffen.

Wir werden dieses Problem jedoch nicht allein über Prävention per Information lösen können. Auch die Frage der Kontrollen der Polizei, der Kriminalität muss immer wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gestellt werden. Organisierte Kriminalität wie Drogenhandel kann nur wirksam bekämpft werden, wenn auch der Fahndungs

druck auf allen Seiten der Grenze möglichst hoch ist. Wir müssen in die Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden, in den Personalaustausch, in die Verbesserung der Sprachkenntnisse und in eine bessere Technikabstimmung investieren. Wir dürfen aber nicht naiv sein. Wir dürfen auch nicht den Zeigefinger erheben und das Problem wegschieben und über Ländergrenzen ins Ausland blicken. Wir wissen alle, dass auch innerhalb von Sachsen Labors existieren, die mit Vertriebssystemen und Beschaffungskriminalität den Drogen immer wieder einen Ansatzpunkt bieten.

Wir müssen auch perspektivisch über Repression sprechen. Repression muss an Rehabilitation gebunden sein; die bereits erwähnte externe Suchtberatung und die Angebote in den JVAs sind dabei erste Schritte.

Wir dürfen auch den Blick nicht allein auf Crystal verengen. Ko- und Mehrfachabhängigkeiten sind oftmals Symbiosen, die miteinander vorliegen. Die meisten Konsumenten – unabhängig davon, ob ausschließlich Drogen, ob Alkohol, aber auch Sucht- und Glücksspielverhalten – agieren polytoxikoman. Genau das sind die Schwierigkeiten, die im medizinischen Alltag und bei den Suchtberatungen vorliegen.

Der Freistaat nimmt den Drogen- und Suchtbericht und die darin aufgeworfenen Fragen sehr ernst. Der Vielschichtigkeit des Problems wird mit den bereits geschilderten Maßnahmen entgegengewirkt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein weiterer Bericht, der die Ressourcen der Staatsregierung bindet und die bereits beschriebenen Schritte noch nicht einmal vollziehen wird, wird uns nicht weiterhelfen. Deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Frau Schüßler für die NPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 21. Juli ist der „Tag des Gedenkens für verstorbene DrogengebraucherInnen“. Der Bundesvorstand der Grünen Jugend forderte aus diesem Anlass schon 2011 – ich zitiere von der Netzseite: „Die Einführung von Drogenfachgeschäften und die Legalisierung aller Drogen – darin sehen wir einen Weg, der Repression gegen und Diskriminierung von DrogennutzerInnen entgegenzuwirken.“ Nun ist es schön zu sehen, dass die sächsischen GRÜNEN offenbar einen anderen Weg im Kampf gegen die enorme Drogen- und Suchtproblematik gehen: Beratung und Prävention statt Drogenfachgeschäfte.

Wie der 2. Sächsische Drogen- und Suchtbericht zeigt, haben über zwei Millionen Sachsen in der Altersgruppe der 18- bis 64-Jährigen ein Suchtproblem: Tabak, Alkohol, BTM- und Medikamentenmissbrauch, wobei die

nicht stoffgebundenen Süchte noch gar nicht berücksichtigt sind.

Doch kein Problem wächst so schnell und vergiftet so viele Menschen wie die Droge Crystal. Ohne das erwähnte Drogen- und Suchtverhalten kleinreden zu wollen: Die Herausforderung der nächsten Jahre wird der Kampf gegen Crystal sein. Wir haben das als NPD-Fraktion schon mehrfach thematisiert und werden natürlich heute diesem Antrag zustimmen.

Zum Antrag selbst: Hier fällt auf, dass die GRÜNEN wieder bewährten Mustern folgen: mehr Geld für Beratungen, mehr Prävention, mehr Beratungsstellen, mehr Weiterbildung für die damit beschäftigten Fachleute – im Grunde also mehr Zuwendung und Hilfe für die eingangs erwähnten DrogennutzerInnen und ihre Familien.

Allerdings fehlt uns hier – wie auch in dem 10-PunktePlan – das kleine Wörtchen Sanktion. Sie wissen ja, die drei Säulen der Suchtbekämpfung sind Prävention durch Information, Beratung im Zusammenwirken mit Behandlung und Repression. Gerade bei der Repression wurden grenzübergreifend unstrittige Erfolge erzielt; das wollen wir gar nicht bestreiten. Aber die Konsequenzen für Drogenhersteller und -händler, also Sanktionen, spielen eine sehr untergeordnete Rolle. Gerade vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Schadens, den CrystalKonsum anrichtet, ist das mir und meiner Fraktion ziemlich unverständlich. Wir sprechen völlig berechtigt über gesundheitliche und soziale Langzeitschäden bei CrystalKonsumenten, irreparable Schäden. Aber dass diese Schäden, diese Folgekosten von uns allen getragen werden müssen – an dieses Thema traut sich offenbar keiner heran. Dann lieber doch noch eine Beratungsstelle mehr oder im 10-Punkte-Plan von „Verbesserung des Informationsmanagements“ parlieren.

Wir haben als NPD-Fraktion in diesem Haus schon mehrfach deutlich gemacht, dass die mangelnden Sanktionen gegenüber Tätern inner- und außerhalb Deutschlands und auch der zu nachsichtige Umgang mit Konsumenten Teile des Problems sind, das die Politik lösen könnte, wenn sie es wollte. Die Verurteilungen nach BtMG sind gestiegen – ja, das stimmt –, aber vielleicht sollte man auch einmal darüber nachdenken, ob sich beispielsweise das Konzept „Therapie statt Strafe“ wirklich bewährt hat – zumal 50 % der Zurückstellungen widerrufen werden.

Drogen- und Suchtprobleme, meine Damen und Herren, kann man nicht nur durch Betreuungsmaßnahmen, mehr Mittel im Haushalt und medientaugliche 10-Punkte-Pläne lösen; hier ist die gesamte Gesellschaft gefordert. Wir müssen uns ernsthaft fragen, warum immer mehr Menschen, vor allem Jugendliche, lieber zur Flasche oder zu Kristallen greifen, in digitale Scheinwelten abtauchen, dem Glücksspiel verfallen oder Essstörungen erleiden.

Diese Fragen zu diskutieren würde vielleicht einer wirklichen Prävention gleichkommen und Politik und Gesellschaft in die Position versetzen, nicht immer reagieren und Tätern, Konsumenten und Opfern hinterherhecheln

zu müssen. Hier ist der 10-Punkte-Plan auf einem richtigen Weg, wenn er in Punkt 5 die Lebenskompetenzen der Kinder stärken will – obwohl das aus unserer Sicht in erster Linie Angelegenheit der Eltern ist und ein Lebenskompetenzportal sicher auch kein Allheilmittel sein wird.

Wenn Wertevermittlung eine bloße Frage von Haushaltsmitteln und Sozialarbeiterstellen wäre, dann könnten wir die wachsenden Probleme vielleicht hier und heute lösen. Doch leider ist das Thema komplexer und wir haben es mit immer neuen Herausforderungen zu tun, auf die wir mit den Maßnahmen von gestern und vorgestern reagieren.

Trotzdem sei noch einmal gesagt: Wenn die Politik in einem Europa der offenen Grenzen nicht dazu fähig ist, kriminellen Banden im In- und Ausland das Handwerk zu legen oder die Täter stark unter Druck zu setzen, dann werden die Kosten im Präventions- und Reaktionsbereich immer weiter steigen und uns irgendwann überfordern. Hier muss ich nur an die enorm gestiegene Anzahl der Inobhutnahmen denken – also Mütter, die wegen ihres Drogenkonsums nicht mehr in der Lage sind, für ihre Kinder zu sorgen –; menschlich ein sehr tragisches Kapitel und finanziell gesehen eine Belastung für die Allgemeinheit, für uns alle.

Kurz gesagt: Die GRÜNEN gehen das Problem zu eindimensional an. Sie konzentrieren sich zu sehr auf die Auswirkungen – wir würden lieber an die Ursachen herangehen. Der große Wurf ist der Antrag daher nicht, aber wir werden trotzdem zustimmen.

(Beifall bei der NPD)

Das war die erste Runde der allgemeinen Aussprache. Mir liegt keine Wortmeldung für eine zweite Runde vor; wünscht dennoch ein Abgeordneter das Wort? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung. – Frau Staatsministerin Clauß, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wir sind uns einig: Ohne die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Einrichtungen der Suchthilfe und der angrenzenden Hilfebereiche wäre die anspruchsvolle Arbeit nicht möglich. Hierzu zähle ich ebenso die differenzierten Leistungsnachweise, die regelmäßig von den Einrichtungen der Suchthilfe vorgelegt und veröffentlicht werden. Diese Transparenz der Arbeit ist beispielhaft. Deshalb mein ausdrücklicher Dank an alle Mitarbeiter für ihr Engagement, ihren Einsatz und ihre Energie.

Was den Antrag anbelangt, so muss ich sehr wohl widersprechen: Eine umfassende Untersetzung des 10-PunktePlanes hinsichtlich konkreter Maßnahmen bis zum 9. Juli kann nicht erfolgen. Das wird einem notwendigen prozesshaften und vernetzten Vorgehen nicht gerecht, sondern bedient Aktionismus. Auch hier gilt: Gründlichkeit

vor Geschwindigkeit – zum Wohle der Betroffenen in Prävention, Beratung und allen daraus resultierenden Interventionen.

Aber Sie können sich sicher sein, dass wir mit Intensität an der Umsetzung arbeiten. Der 10-Punkte-Plan wurde am 6. Mai von Kollegen Staatsminister Ulbig vorgestellt; die ressortübergreifende Arbeitsgruppe hat ihre Arbeit – auch unter Beteiligung des Landesfachausschusses Suchtprävention – aufgenommen. Ich bin im Kontakt mit der Beauftragten für Drogen der Bundesregierung. Wir haben das Thema auch für die kommende Gesundheitsministerkonferenz angezeigt. Außerdem habe ich Kontakt mit der Direktorin der BZgA aufgenommen.

Die Absprachen mit den kommunalen Spitzenverbänden sind in Vorbereitung. Fortbildungsveranstaltungen für Lehrerinnen und Lehrer sind durch das SMK bereits in der konkreten Planung und sollen schnellstmöglich durchgeführt werden. Heute findet ein Workshop meines Fachreferates mit Fachkräften der ambulanten Suchthilfe statt. Thema ist der Umgang mit und die Beratung von Crystal-Klienten in den Beratungsstellen.

Das sind nur einige Beispiele, die in den vier Wochen schon konkret sind. Weitere Maßnahmen zur Untersetzung des 10-Punkte-Planes sind in der Überlegung und einige weitere schon in Planung.

All diese Maßnahmen fließen in die Umsetzung des 10Punkte-Planes ein. Unabhängig davon haben wir bereits begonnen mit Fachtagungen und Weiterbildungen zum Beispiel zu diesem Thema, 2014 beginnend – eigentlich schon 2013 – in unseren sächsischen Landeskrankenhäusern der Psychiatrie Arnsdorf, Altscherbitz und Rodewisch – im Februar noch im Landkreis Görlitz –, außerdem weitere Fachtagungen und Weiterbildung für Berufsgruppen bzw. arbeitsfeldbezogen, beginnend schon im Februar dieses Jahres.

Sie sehen: Unabhängig davon ist es selbstverständlich, dass wir nicht erst darauf gewartet haben.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wir werden die in dem Drogen- und Suchtbericht angezeigten Weiterentwicklungsbedarfe in unsere Arbeit aufnehmen, wie ich es bereits in der Kabinettspressekonferenz nach Verabschiedung des Drogen- und Suchtberichts gesagt habe.

Gleichwohl sind nach § 6 des Sächsischen PsychKG die Landkreise und kreisfreien Städte für die Gewährung und Koordinierung von Hilfen für Menschen mit Suchterkrankung zuständig. Sie haben entsprechende Hilfsangebote vorzuhalten.

Die Staatsregierung wird ihrer Verantwortung gerecht, indem sie die Kommunen finanziell unterstützt und für den kommenden Doppelhaushalt einen Mehrbedarf angemeldet hat. Dennoch müssen Vernetzungen und methodische Veränderungen vor Ort abgestimmt und umgesetzt werden, damit sie auch regional wirken können.

Sehr weit sind wir mit der Implementierung der Kinderschutzgruppen an Kliniken gekommen. Ich habe an einer Fachtagung teilgenommen und kann die Ergebnisse gern nachreichen. Das ist ein so breites Spektrum, dass ich die Zahlen nicht mehr abrufbereit habe. Gleichfalls ist es mir sehr wichtig, auf die zustande gekommene Vereinbarung der Kinder- und Jugendhilfe mit der Universitätsklinik Dresden hinzuweisen.

In diesem Sinne empfehle ich die Ablehnung des vorliegenden Antrags.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir kommen damit zum Schlusswort. Es hält Frau Herrmann für die einreichende Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Damit ich es nicht vergesse, möchte ich zuerst punktweise Abstimmung über die Punkte I und II – unter Punkt I auch über die einzelnen Unterpunkte – beantragen.

Ich bin nicht der Meinung, dass es sich um Aktionismus handelt. Natürlich muss ein solcher Plan immer weiter fortgeschrieben werden, aber die ersten Schritte sollten wohl doch jetzt festgelegt werden. Immerhin wird über den Haushalt beraten. Es ist immer schwer, Geld, das dort nicht eingestellt ist, hinterher noch zu bekommen.