Ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass es nicht nur Zeithain ist, sondern zum Beispiel die EuthanasieGedenkstätte in Pirna, die durch die Dokumentationsstelle mit erforscht wird. Wir haben da noch viel zu leisten, um zumindest ein bisschen zur Wiedergutmachung und zur Versöhnung beizutragen, gerade in einer Zeit, in der die Spannungen zwischen Europa und Russland nicht gering sind.
Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, auch wenn es nicht unmittelbar damit im Zusammenhang steht, weil es bisher zu wenig Beachtung gefunden hat, der Ministerin dafür zu danken, dass sie die Schirmherrschaft über den Meeting-Point Messiaen übernommen hat. Das ist ein Straflager auf dem polnischen Territorium, in Zgorzelec, an dem internationale Strafgefangene durch deutsche Henker zu Tode gekommen sind. So will ich es einmal ausdrücken. Es ist ein hochsensibles Projekt, das dort entsteht. Ich kann nur hoffen und wünschen, dass Sie dafür die Unterstützung der Staatsregierung haben, dass es kein persönliches Projekt ist, sondern ein Projekt, das uns als Sachsen bewegt. Es liegt unmittelbar an der sächsisch-polnischen Grenze und wird zum Glück vom Landkreis und mittlerweile von Görlitz unterstützt.
Das will ich erwähnen, weil es, wie ich glaube, Auswirkungen darauf hat, was die Dokumentationsstelle, was wir als Sachsen über die Gedenkstättenstiftung an Vertrauen gegenüber unseren Nachbarn und denjenigen, die unter
der deutschen Herrschaft gelitten haben, wiederherstellen können. Dazu gehört auch diese Dokumentationsstelle.
Es wäre zu wünschen, dass es gelingt, die Bundesregierung zu bewegen, sich dieser nationalen Verantwortung auch zukünftig zu stellen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade für uns in Sachsen sind Erinnern und Gedenken wichtig, um unserer bewegten jüngeren Geschichte gerecht zu werden. Kaum war die nationalsozialistische Diktatur beendet, folgte die kommunistische Unterdrückung. Es ist geradezu unsere Pflicht, die Erinnerung an die Vergangenheit wachzuhalten und an nachfolgende Generationen weiterzugeben. Das ist eine der Grundvoraussetzungen dafür, dass wir künftige Gefährdungen der Demokratie erkennen und ihnen rechtzeitig entgegenwirken können.
Unsere Demokratie lebt davon, dass sie von uns Bürgern gestaltet wird, dass wir uns einmischen und dass wir wachsam sind. Demokratie muss von innen heraus gelebt werden. Sie ist die Staatsform, die immer wieder von jeder Generation neu gelernt werden muss. Gedenkorte wie beispielsweise Torgau, an denen vor und nach 1945 politisches Unrecht begangen wurde, helfen dabei, dies niemals aus den Augen zu verlieren.
Auch das Projekt der Dokumentationsstelle Dresden der Stiftung „Sächsische Gedenkstätten – Schicksalsklärung sowjetischer Kriegsgefangener und auf deutschem
Reichsgebiet verstorbener sowjetischer Bürger“ trägt zweifellos einen Teil zur Aufarbeitung bei. Dennoch ist zu bedenken, dass dieses Projekt in der Vergangenheit zum Großteil vom Bund finanziert wurde. Das ist auch gut so. Es kann keineswegs allein sächsische Aufgabe sein, die Forschungs- und Beratungsarbeit auf einem Teilbereich abzusichern, der die gesamte Bundesrepublik betrifft.
Gerade vor dem Hintergrund des langwierigen Einigungsprozesses beim Gedenkstättenstiftungsgesetz sollte es vermieden werden, erneut einseitige Verlagerungen der Mittel vorzunehmen. Wir sollten an dieser Stelle nicht den Haushaltsverhandlungen und den Verhandlungen mit dem Bund vorgreifen und dabei ein mühsam errichtetes Konstrukt gefährden, insbesondere nicht, wenn es darum geht, Geschichte einseitig aus Sicht der LINKEN zu betrachten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin überzeugt davon, dass das Thema Gedenkstätten und speziell Dokumentationsstelle und sowjetische Kriegsgefangene kein Thema für eine Konfrontation hier im Sächsischen Landtag ist.
Kollege Külow, ich halte viel vom Angriff aus der Opposition, aber ich sehe, so wie ich Frau Staatsministerin von Schorlemer in dieser Angelegenheit erlebt habe, keinen Grund für einen Angriff auf sie.
Wir sprechen hier über eine lange in Vergessenheit geratene Opfergruppe aus der Zeit des Nationalsozialismus. Herr Külow hat eine Reihe von Zahlen genannt. Wir sprechen über die zweitgrößte Opfergruppe nach den Juden. Ich glaube, das muss man immer einmal wiederholen, weil es kaum im Bewusstsein ist.
Es ist aus meiner Sicht unsere Verpflichtung, die Schicksale zu klären, die Namen aus der Vergessenheit zu holen und ihrer in würdiger Form zu erinnern. Es ist im Ehrenhain Zeithain gelungen, die Toten aus der Anonymität zu holen. Wer einmal erlebt hat – und viele aus diesem Landtag haben es bereits getan –, wie die Nachkommen dort reagieren, wie bewegt sie sind, der wird das nie vergessen. Ich hatte einmal die Gelegenheit, in einer Rede dort meinen Beitrag zu leisten. Ich habe schon damals gewürdigt, dass die Sächsische Staatsregierung ohne formale rechtliche Verpflichtung die Namenstafeln finanziert hat. Ich möchte das heute noch einmal tun.
Grundlage für das alles – es ist schon mehrfach gesagt worden – war das Kriegsgefangenenprojekt. Das Problem ist, dass BKM und BMI die Förderung nach über 14 Jahren einstellen wollen. Damit ist wirklich eine Gefahr gegeben. Es droht eine stark finanzierte, über lange Zeit wissenschaftlich betriebene Projektruine. Übrig bleiben würde nur die Stelle von Herrn Dr. Müller, der leider seit einem Jahr schwer erkrankt ist. Wir haben uns vorhin dem Dank an ihn angeschlossen.
Ich bin überzeugt davon, dass dieser Fall nicht eintreten darf. Es gibt humanitäre Gründe, dass das nicht geschehen darf. Die Dokumentationsstelle erreicht jährlich eine Unzahl von Anfragen. Können Sie sich vorstellen, was es in der jetzigen Zeit bedeuten würde, wenn Auskünfte an die Familien der Toten oder Vermissten in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion nicht mehr erteilt werden könnten?
Ich sehe auch wissenschaftliche Gründe. Es ist ein einmaliges Material, das für die Wissenschaft weiterhin gesichert zur Verfügung gestellt werden muss.
Gerade im Jahr 2014 sehe ich auch politische Gründe. Wir sollten ein Projekt, das gemeinsam mit Russland, Belarus und der Ukraine betrieben wird, unbedingt fortführen. Das wäre ein gutes und wichtiges Zeichen.
In diesem Antrag sind die sächsischen Haushaltsmittel angefragt. Ich sehe es ähnlich wie meine Vorrednerin, Eva-Maria Stange: Das sollte nicht im Vordergrund stehen. Aber ich bin durchaus der Meinung, auch darüber
sollten wir reden. Der Anteil des Freistaates Sachsen beträgt zurzeit etwa ein Viertel, also 60 000 Euro im Jahr. Damit ist die Grenze noch nicht erreicht. Aber ich sehe ebenso: Wir haben mit dieser Dokumentationsstelle und diesem Forschungsprojekt keine regionale Aufgabe zu lösen, sondern es ist ein Projekt von deutschlandweiter und internationaler Bedeutung. Deshalb ist es das Wichtigste, die Gespräche mit der BKM und dem Auswärtigen Amt zu führen, vielleicht auch speziell mit dem Russlandbeauftragten Erler. Schön wäre es, wenn sich die SPD in der jetzigen Koalition dafür ins Feld werfen könnte, um dieses Projekt weiterzuführen.
Wir haben ein gutes Argument: die Namenstafeln in Zeithain sind durch das SMS finanziert worden. Das ist deutschlandweit beispielhaft und könnte als Pilotprojekt in diesen Gesprächen als Argument ins Spiel gebracht werden.
Angesichts der derzeitigen, aber sicherlich auch künftigen finanziellen Unsicherheiten glaube ich, dass man die Kernausrichtung des Projektes überdenken muss. Vor der Erfassung weiterer Dokumente, die natürlich wichtig und hochinteressant wäre, sollte die Pflege der Bestände stehen und ihre zeitgemäße Nutzung über das Internet für zugelassene Nutzergruppen.
Zunächst aber gilt es natürlich, in diesem Jahr die weitere Finanzierung der Arbeit zu sichern. Auch wenn die Koalitionsfraktionen diesen Antrag – nicht unerwartet – ablehnen, baue ich darauf, dass das ein gemeinsames Projekt und ein gemeinsames Vorhaben der demokratischen Fraktionen in unserem Sächsischen Landtag bleibt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Klärung des Schicksals von Kriegsgefangenen, die im deutschen Gewahrsam ums Leben kamen, ist ebenso wie die Klärung der Schicksale deutscher Kriegsgefangener und Zivilinternierter in ausländischen, insbesondere sowjetischen Lagern ein humanitäres Anliegen, dem sich kein vernünftiger Mensch und natürlich auch keine Fraktion dieses Landtages verweigern kann. Seit 14 Jahren wurden unter der Federführung der Dokumentationsstelle der Stiftung Sächsische Gedenkstätten über 900 000 Datensätze ausgewertet und damit Hinterbliebenen, osteuropäischen Städten und Gebietskörperschaften Auskunft über den Verbleib der Vermissten gegeben.
Das Projekt selber ist nicht, wie der Antrag der LINKEN weismachen will, ein sächsisches Projekt, sondern es wird zu drei Vierteln vom Bund finanziert. Aus diesem Grunde wäre auch aus Sicht der NPD eine alleinige Weiterführung und Finanzierung dieses Projektes durch den Freistaat Sachsen weder wünschenswert noch zumutbar.
Unzumutbar wäre es auch deshalb, weil der Begründungstenor des Antrags den Anschein erweckt, als ginge es nicht um ein primär humanitäres Anliegen, sondern um die Wiederbelebung der deutsch-sowjetischen Freundschaft nach Art der SED. Man hätte eigentlich erwarten können, dass die SED-PDS-LINKE bereits zwischen 1949 und 1989 ihre damals noch sowjetischen Freunde mit einem solchen Forschungs- und Erinnerungsprojekt beglückt. Aber stattdessen waren der SED und den Machthabern der UdSSR Siegesdenkmäler, Obelisken und Panzer im Zentrum mitteldeutscher Städte wichtiger als die Erinnerung an die unbekannten Soldaten beider Seiten.
Ein ehrendes Gedenken für den unbekannten wie auch für den identifizierten Soldaten ist aber keine Einbahnstraße, sondern Aufgabe aller früheren Kriegsgegner, auch der Gegner Deutschlands. So sind die Sowjets mit den deutschen Gefallenen nicht so ehrfürchtig umgegangen, wie hierzulande mit den gefallenen Rotarmisten umgegangen wurde und wird. So warf man, um nur ein Beispiel zu nennen, die sterblichen Überreste von hunderttausend Deutschen, die in Stalingrad gefallen sind, in eine Talsenke und errichtete auf dieser Talsenke eine Müllkippe, als sie gefüllt war. Diese Form der Totenverhöhnung ist allerdings keine russische Tradition, sondern Ausgeburt des kommunistischen Atheismus. Inzwischen hat der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge gemeinsam mit russischen und ukrainischen Helfern aber dafür Sorge getragen, dass auch deutsche Soldaten umgebettet worden sind.
69 Jahre ist das Kriegsende nun her. Auch die engsten Angehörigen der damals Gefallenen sind fast alle verstorben, sodass die primär humanitären Gründe für die Fortführung des Forschungsprojektes entfallen. Wissenschaftlich wäre es natürlich interessant, auf beiden Seiten eine Klärung möglichst vieler Einzelschicksale zu bewirken. Wenn im Jahre 2000 die finanzielle Last für ein solches Projekt von der Bundesregierung übernommen wurde, dann auch deswegen, weil der russische Staat damals fast bankrott war. Inzwischen aber verfügt Russland über mehr als 500 Milliarden Euro an Devisenreserven. Wenn den Russen an einer Weiterführung dieses Projektes stark gelegen sein sollte, so könnten sie diese Weiterfinanzierung auch aus ihrer eigenen Portokasse stemmen.
Von staatlich verordneten Feiertagen und Jahrestagen der angeblichen Befreiung Europas vom Faschismus haben die Mitteldeutschen und gerade auch die Sachsen unserer Einschätzung nach aber die Nase voll, kamen doch viele Deutsche nach dem 8. Mai 1945 vom Regen in die Traufe von willkürlichen Enteignungen, Verschleppungen,
Sie, meine Damen und Herren von den LINKEN, können das Schoah-Business – ein Begriff des jüdischen Politologen Norman Finkelstein – pflegen und hegen, wann auch immer Sie wollen. Aber in einem Antrag zu russischen
Die NPD-Fraktion lehnt diesen Antrag aus den vorgenannten Gründen ab, genauso wie wir die Umdeutung der totalen Niederlage Deutschlands zur angeblichen Befreiung ablehnen. Das sind wir unserern Gefallenen und zivilen Toten schuldig.
Meine Damen und Herren Abgeordneten, mir liegen keine Wortmeldungen für eine zweite Runde vor. Ich frage trotzdem die Abgeordneten. – Ich kann keine Meldung erkennen. Ich frage die Staatsministerin. – Frau Staatsministerin von Schorlemer, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Das Forschungsprojekt zu „Sowjetische und deutsche Kriegsgefangene und Internierte, Forschungen zum Zweiten Weltkrieg und zur Nachkriegszeit – Stand und Perspektiven“ begann im Jahr 2000 zunächst für sowjetische und ab 2003 auch für deutsche Kriegsgefangene unter der Federführung der Dokumentationsstelle der Stiftung Sächsische Gedenkstätten.
Seitdem wird es im Auftrag der Bundesregierung mit Unterstützung des Freistaates von der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien und dem Bundesministerium des Innern gefördert. Aufgrund einer Anfrage der Russischen Föderation suchte etwa zur gleichen Zeit, 1999, das Auswärtige Amt einen Träger, der die Beratung von ehemaligen Kriegsgefangenen oder auch internierten Deutschen bzw. deren Nachkommen übernehmen könnte. Die Trägerschaft dieser Aufgabe wurde im Jahre 2008 der Stiftung Sächsische Gedenkstätten mit ihrer Dokumentationsstelle übertragen.
Inhaltlich beschäftigt sich die Dokumentationsstelle mit zwei Teilbereichen: erstens der Erforschung und Auskunft über durch sowjetische Organe verurteilte Deutsche und zweitens dem eigentlichen, dem sogenannten großen Kriegsgefangenenprojekt, das heißt, der Klärung der Schicksale sowjetischer, aber auch deutscher Kriegsgefangener und Internierter.
Zum ersten Teilbereich ist zu sagen, dass es bei der Auskunftstätigkeit um Unterstützung und Beratung bezüglich des Aktenzugangs in Russland in Rehabilitierungsverfahren von durch sowjetische Spruchkammern nach 1945 durchgeführten Strafverfahren geht. Das jährliche Anfragevolumen hierfür beläuft sich auf etwa 500 Anfragen. Diese durch den Bund beauftragte Auskunftstätigkeit wird auch in Zukunft durch das Auswärtige Amt weiter finanziert.
Das damals weiterhin als Aufgabe und Auskunft für das Auswärtige Amt wahrgenommene sogenannte kleine Kriegsgefangenenprojekt befasste sich vor allem mit den