Protocol of the Session on May 22, 2014

Ich für meinen Teil werde, wie ich es 2009 getan habe und die ganzen fünf Jahre überhaupt, mich massiv mit den Bildungspolitikern – dazu gehört im Übrigen auch die Frau Saborowski-Richter, die Sie vorhin zitiert haben – weiterhin dafür einsetzen, dass sich in diesem Bereich etwas tut. Aber ich sage es noch einmal: Wir haben die Verantwortung zu sagen, an welcher Stelle dieses Geld dann nicht eingesetzt wird.

(Beifall bei der CDU)

Eine Kurzintervention. Frau Hermenau, bitte.

Das lädt noch einmal ein, sich zu äußern. Diese Aussage, dass andere nichts sagen würden, dass man den Familien bzw. den Eltern einen größeren Anteil mit aufbürden würde, wäre ein Problem. Ich kann nur feststellen, dass in den letzten fünf Jahren, in denen Sie hier in der schwarz-gelben Regierung regiert haben, Sie nicht gesagt haben, dass Sie den Eltern in die Tasche gegriffen haben, indem Sie nämlich eine Reihe von Lasten und Kosten den Kommunen und damit auch den Eltern in ihrem Anteil übergewälzt haben und das Land bei den Mehraufgaben mit der Erhöhung der Kinderzahlen nichts gezahlt hat.

Deswegen bleibe ich dabei: Es braucht einen soliden Gegenfinanzierungsvorschlag, weil Sie sonst immer nur auf dieser Baustelle herumdoktern werden, wie Sie es gerade wieder – persönlich ehrenvoll von mir aus – vorgetragen haben. Sie müssen es grundsätzlich einmal entscheiden, und dann ist es gut.

Weil Sie sich vorhin bei der Grunderwerbsteuer so schön vertan haben: Es sind vor allem arme Länder, die diese in den letzten Jahren angehoben haben. Schleswig-Holstein ist Spitzenreiter mit 6,5 %. Die fünf ostdeutschen Länder außer Sachsen, also vier ostdeutsche Länder und Berlin, haben 5 %, Niedersachsen und Bremen – auch finanzschwache Länder im Westen – haben 5 %. Erzählen Sie hier keinen Kokolores. Das hat in dem Sinne nichts mit reich und arm zu tun, sondern das ist die Frage, ob Sie auskömmlich finanzieren können oder nicht, und Sachsen ist nun einmal ein Nehmerland und kann nicht alles selber auskömmlich finanzieren.

Deshalb müssen wir auch selber schauen, wie wir diese Steuerfrage angreifen. Es ist eine Unverschämtheit, wenn Sie so tun, als ob Sie nicht schon längst den Bürgern ständig dabei in die Tasche griffen, und wenn Sie dann einmal eine ordentliche Gegenfinanzierung aufmachen sollen, fangen Sie an zu polemisieren. Das macht Ihre Arbeit nicht besser. Was nützt es denn, wenn Sie sich hier

wacker hinstellen und sagen, dass Sie das seit fünf Jahren gefordert haben, und es bewegt sich nichts?!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Schreiber, möchten Sie sich dazu äußern?

Dass Frau Hermenau bisher in den Fragen der Kita-Finanzierung wohl weniger hingeschaut hat, weil sie anderes zu tun hatte, hat sie gerade bewiesen. Ich will aber deutlich machen, dass wir gerade im Bereich der Kindertagesstätten in den letzten fünf Jahren außer den regulären Kostensteigerungen durch Tarifabschlüsse usw. diese dann auf das Personal umlegen und damit auch auf die Betriebskosten der Kitas. Betriebskosten, Frau Hermenau, sind in dem Moment nicht nur Gas, Wasser, Strom und Abwasser, sondern auch die Personalkosten. Das war die reguläre Umlegung auf die Eltern. Es ist weder im Gesetz die maximale Umlegungsquote von 30 % in Kindergärten erhöht worden noch irgendetwas anderes. Dadurch, dass leider beim Personal nichts passiert ist, sind auch keine zusätzlichen Bürden seitens des Freistaates auf die Kommunen umgelegt worden.

Aber man muss auch eines einmal tun, wenn man das möchte. Man muss dann einmal die Frage stellen, ob das Finanzierungssystem, so wie es bisher ist, noch das richtige für die Zukunft ist, ob es beispielsweise richtig ist, dass jeder, der auch nur mit einem Euro unter die magische Grenze fällt, wo er keine Kita-Beiträge mehr bezahlen muss, einen Euro mehr oder 2 Euro weniger in der Tasche hat als der, der mit einem Euro noch darüberliegt, dass er gar keine Kita-Beiträge mehr bezahlen muss, oder ob man darüber einmal nachdenkt, ob man dort beispielsweise eine Staffelung einführt, um damit die Kommunen zu entlasten. Das muss man aber alles erst einmal machen.

(Heftiger Protest bei den GRÜNEN)

Moment! Moment! Sie wissen ganz genau, dass das nicht nur eine Frage ist, die den Landtag beschäftigt und die im Land Regierenden, sondern es ist am Ende auch eine Frage, die in den Kommunen diskutiert wird.

Jetzt wollen Sie mir nicht erzählen, dass in jeder sächsischen Kommune ein CDU-Bürgermeister oder ein Sozialdezernent oder irgendein anderer sitzt. Am Ende muss das eine Gesellschaft in Gänze diskutieren, und es muss die Bereitschaft dazu da sein. Da sehe ich doch schon Frau Klepsch und die Fraktion DIE LINKE, wie der Aufschrei geprobt wird, dass jetzt auf einmal den armen Leuten auch noch einmal in die Tasche gegriffen wird, wenn sie auf einmal Kita-Beiträge bezahlen sollen.

Frau Klepsch für die Linksfraktion, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schön,

dass es hier wieder einmal nach den vielen Wahlkampfdebatten eine aufregende Debatte gibt.

Lieber Patrick Schreiber! Es ehrt Dich, dass Du für das Thema so aktiv bist. Das habe ich auch nicht in Abrede gestellt. Was ich kritisiert habe, war die Haltung des Ministerpräsidenten, und dabei bleibe ich. Die Kindeswohlgefährdung habe nicht ich mir ausgedacht, um das den Fachkräften zu unterstellen, sondern das hat der Kinderschutzbund gesagt, dass das die Gefahr ist, die bei der aktuellen Personalausstattung einfach darüber liegt. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Wenn Herr Fischer fragt, warum denn Omas in der Kindertagesbetreuung nicht geeignet seien, dann erkläre ich das gerne noch einmal. Die CDU lobt ja so gerne das Handwerk. Kindertagesbetreuung und Bildungsprozesse sind Wissenschaft und Handwerk, das man gelernt haben muss. Da kann man nicht irgendjemanden, der gerade Zeit hat, in die Einrichtung stellen. In der Schule verlangen wir auch, dass examinierte Lehrerinnen und Lehrer vor den Schülern stehen und keine Langzeitarbeitslosen, die gerade Zeit haben. Im Krankenhaus haben wir auch examinierte Pflegefachkräfte, die die Krankenpflege übernehmen und keine Leute, die zu viel Zeit haben und sich ehrenamtlich engagieren wollen. Deshalb brauchen wir die Fachkräftestandards.

Ein anderer Punkt, den Sie vielleicht nicht kennen: Wir haben trotz aller Programme, die es gibt, seit Jahren steigende Zahlen von Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen vor allem im Bereich der unter Sechsjährigen, und wir haben steigende Kosten für Hilfen zur Erziehung überall. Die Kommunen sind von dieser Last erdrückt. Das hat doch damit etwas zu tun, dass wir einen Teil von Familien haben – es ist ein kleiner Teil, aber ein besonders schwer betroffener –, der mit seiner Situation überfordert ist, der Hilfe braucht. Dort brauchen wir auch die Kita als Partner, der da ansetzt und die Familien in ihrer Erziehungskompetenz stärkt. Dafür brauche ich gut ausgebildete Fachkräfte, die auch die Zeit dafür haben, mit den Kindern und den Eltern zu arbeiten.

Deswegen sage ich auch noch einmal in Richtung Frau Schütz: Die vielen Investitionen in Gebäude sind ja gut und schön, die waren auch nötig, aber sie ersetzen keine bessere Personalausstattung. Das muss man trennen. Auch Investitionen in Personal sind notwendige Investitionen, die dieses Land stemmen muss. Und die Entlastung von Bürokratie, die hier angesprochen wurde, ist wirklich nur eine Wahlkampfschimäre der FDP, die immer vor jedem Wahltag geritten wird.

Zum Assistenzkräfteprogramm. Ja, 5 Millionen Euro in dieser Koalition in den Haushalt einzustellen ist sicher ein kleiner Sieg, da habe ich schon Respekt. Aber was ist denn herausgekommen? – 98 Vollzeitkräfte bei 2 800 Kitas! Das ist der Tropfen auf den heißen Stein. Doch nach zwei Jahren ist Schluss. Wie geht es dann im nächs

ten Jahr weiter? Was kommt denn dann? Sind die Kräfte dann wieder weg? Haben wir dann wieder Beziehungsabbrüche in den Einrichtungen, wo die 98 Leute beschäftigt waren? Davon habe ich noch nichts gehört. Ich bin gespannt, wie Sie das im nächsten Haushalt fortführen wollen.

Das Programm „Kita – flexible Öffnungszeiten“ war ja ein Rohrkrepierer, weil die Einrichtungen gesagt haben: „Länger zu öffnen ist ja schön. Wenn die Eltern das wollen, dann machen wir das gern. Aber mit der derzeitigen Personalausstattung geht das nicht. Wir können es nicht stemmen, weder nach hinten noch nach vorne oder noch eine Stunde länger zu öffnen, weil einfach die Personaldecke insgesamt zu dünn finanziert ist.“

Jetzt wollte Herr Schreiber wissen, wie wir uns die Finanzierung vorstellen. Ich sage gerne etwas dazu. Wenn Sie unser Wahlprogramm gelesen hätten, dann wüssten Sie, dass auch wir für eine stufenweise Verbesserung des Betreuungsschlüssels sind. Wir wollen die Vor- und Nachbereitungszeiten anrechnen, wir wollen zuerst auf 1 : 5 und 1 : 12 absenken und lang- bzw. mittelfristig auf 1 : 4 und 1 : 10.

(Patrick Schreiber, CDU: Was ist mittelfristig?)

Woher soll das Geld kommen? – Das sage ich gern. Dieser Finanzminister hat in den letzten Jahren immer Steuermindereinnahmen behauptet. Am Ende kam heraus, dass wir in den letzten drei Jahren 2,5 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen hatten. Dieses Geld sehen wir in der Personalausstattung für die Kitas gut angelegt. Dahinter stehen auch mein Haushälter und der Fraktionsvorsitzende. Das unterscheidet uns nämlich an dieser Stelle.

(Patrick Schreiber, CDU, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich bin sowieso gleich am Ende. Noch ein letzter Punkt: Der Sächsische Landkreistag hat gesagt, wir brauchen eine erhöhte Pauschale, um die steigenden Betriebskosten abzufedern. Er hat auch gesagt, wir wollen die Debatte über einkommensabhängige Elternbeiträge. Darauf warte ich! Wo macht denn die CDU die Debatte? Die führen sie überhaupt nicht, sondern Sie wehren nur alles ab, was in Richtung Schlüsselverbesserung per Gesetz gehen kann!

Deshalb werden wir als LINKE weiterhin Druck machen, damit sich in der CDU – auch mit Patrick Schreibers Engagement – in den nächsten fünf Jahren des Haushalts überhaupt etwas bewegt.

Bitte zum Ende kommen.

Ich bin am Ende.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Wird von der SPD noch einmal das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Für die FDP Frau Abg. Schütz, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Das ist mir schon noch einmal wichtig. Sie wissen, ich habe zehn Jahre im Jugendamt gearbeitet. Ich habe den Bereich für Kindertageseinrichtungen in der damals kreisfreien Stadt Görlitz mit verantwortet. Ich habe dieses Berufsfeld mit hierher in die Politik genommen.

Frau Hermenau, wenn Sie hier einmal einen Deckungsvorschlag für 90 Millionen Euro machen mit der Erhöhung der Grunderwerbssteuer, haben Sie leider nur den Mehrbedarf der Kita-Pauschale gedeckt. Dann haben Sie noch nichts dazu gesagt, wie Sie Ihre Erhöhung des Personalschlüssels finanzieren wollen, der ebenfalls noch einmal 90 Millionen Euro kosten wird.

Frau Stange, zu Ihnen: Sich hier so mit schlankem Fuß vom Rednerpult zu entfernen, nach dem Motto: Ha, ha, 2006 haben wir zum letzten Mal die Kita-Pauschale erhöht – ja, da haben Sie das Vorvorschuljahr mit in die Kita-Pauschale eingerechnet. Das ist aller Ehren wert. Aber Sie haben bis 2009 regiert. Bis dahin ist nichts passiert. Trotz der hohen Steuereinnahmen, die dieser Freistaat, dieser Haushalt hatte, haben Sie nichts getan. Sie haben einen anderen Weg gewählt. Sie wollten das kostenfreie Vorschuljahr, was nichts, aber auch gar nichts mit Qualitätsverbesserung in der Tageseinrichtung zu tun hatte.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wir von der FDP-Fraktion, sehr geehrte Damen und Herren, haben es in dieser Koalition überhaupt zum ersten Mal seit 1996 geschafft, mehr Personal mit Haushaltsmitteln aus dem sächsischen Haushalt fest für zwei Jahre in Kindertageseinrichtungen zu bringen. Das wissen die Einrichtungen sehr zu schätzen – wenn es auch nur 98 Einrichtungen sind –, weil es nicht nur ein Bundesprojekt von einem oder eineinhalb Jahren ist, sondern weil es ein Förderprojekt des Freistaates ist. Es ist auch gang und gäbe, dass Förderprogramme, die in diesem Freistaat in Anspruch genommen werden – so wie dieses mit 100 % Abfluss der Mittel –, sehr gute Chancen haben, verlängert zu werden. Dafür werden wir uns als FDP in der nächsten Koalition, im nächsten Doppelhaushalt einsetzen.

(Beifall bei der FDP)

Im Gegensatz zu Patrick Schreiber von der CDU-Fraktion bin ich mit meinen Fraktionskollegen fest verbunden, die diese Ambition mittragen und sagen, jawohl, hier muss sich etwas tun. Hier werden wir uns ganz klar mit einsetzen.

(Gelächter bei den GRÜNEN)

Hier gibt es Rückhalt. An der Stelle ist es mir wirklich wichtig, diesen frühkindlichen Bereich weiterhin zu stärken und – das an die Haushälter und an die Schulpoli

tiker gerichtet – die Ergebnisse von PISA, für die wir uns loben, sind nicht in der Schule gemacht.

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Nein!)

Die sind in den Jahren zuvor in unseren Kindertageseinrichtungen mit unseren Erziehern entstanden. Darauf gilt es, das Augenmerk zu richten. Es reicht nicht, nur ein Danke zu sagen, sondern hier mit Unterstützung, mit Qualitätsverbesserung und mehr Personal zu agieren.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)