Protocol of the Session on May 22, 2014

Frau Jähnigen, bitte.

Sie haben ja anhand der Daten der Regierung, die ich vorgetragen habe, gehört, dass sich der Zustand des Staatsstraßennetzes in Ihrer Regierungszeit verschlechtert hat. Wie wollen Sie das aufholen?

Das kann ich Ihnen sagen: Wir haben das gemacht, was wir im letzten Doppelhaushalt verabschiedet haben, nämlich die Mittel für die Sanierung der Staatsstraßen auf 60 Millionen Euro angehoben. Die waren vorher niedriger. Damit haben wir erstmals eine Dimension, die es uns ermöglicht, die Staatsstraßen in einer hohen Qualität zu erhalten. Geld in Straßenbau – das ist die Lösung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, des Abg. Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU, und des Staatsministers Sven Morlok)

Zum Bau gehört übrigens auch die Sanierung. Es heißt nicht immer Ausbau, aber das verwechseln Sie von den GRÜNEN.

(Eva Jähnigen, GRÜNE: Sie verwechseln es!)

Wenn Sie kritisieren, dass man in der Vergangenheit immer zu großzügig gebaut hat; dann kann ich nur sagen: Erstens. Wenn ich übers Land fahre, auch über neu gebaute Straßen, dann habe ich nicht den Eindruck. An vielen Stellen sind unsere Bundesstraßen nicht vergleichbar mit Bundesstraßen in Westdeutschland.

(Eva Jähnigen, GRÜNE: Wir sind ja auch nicht in Nordrhein-Westfalen!)

Zweitens. Prognosen, liebe GRÜNE, geben Sie in der Regel sehr zeitig ab, bevor der erste Spatenstich erfolgt. Kollege Stange hat es angesprochen: Es gab sicher in sehr vielen Bereichen Prognosen, die nicht eingetroffen sind. Wir haben mal für eine öffentliche Verwaltung geplant, die fünf Millionen Einwohner verwaltet. Das war eine Prognose. Sie ist nicht eingetroffen. Wir haben Flughäfen gebaut für Passagierzahlen, die in den nächsten fünf, sechs und zehn Jahren nicht zustande kommen.

(Eva Jähnigen, GRÜNE: Für Hunderte Millionen!)

Auch zu groß! Frau Jähnigen, wir haben im Übrigen auch Eisenbahnstrecken gebaut, die ein Bruchteil der Leute nutzt, die Sie mit Ihren Prognosen vorhergesagt haben.

(Beifall bei der FDP – Eva Jähnigen, GRÜNE: Ich nicht, Sie!)

Das sind auch öffentliche Mittel. Sicher muss auch die Effizienz im Straßenbau eine Rolle spielen. Deshalb

wurde auch beim Landesverkehrsplan ein Kassensturz gemacht, es wurden Projekte angeschaut und es sind viele Projekte gestrichen worden, weil die Notwendigkeit nicht mehr gesehen wird.

(Zuruf der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)

Aber wenn Sie es prognostizieren, dürfen Sie nicht davon ausgehen, dass die aktuelle Verkehrsbelegung die Verkehrsbelegung ist, die in allen Zeiten dort der Fall sein wird. Oder hätten Sie gewusst, dass der Verkehr auf sächsischen Autobahnen im Rahmen der Finanzkrise 2008/2009 einfach mal um 10 % nach unten gegangen ist? Wollen Sie das etwa als Maßstab nehmen für zukünftige Bauprojekte? Das wollen Sie mir ja wohl nicht erklären!

(Eva Jähnigen, GRÜNE: Was ist Ihr Maßstab?)

Die Entscheidung müssen Sie irgendwann treffen, zum Beispiel, ob Sie eine Brücke zwei- oder vierspurig bauen. Das ist eine Entscheidung, die Bestand für Jahrzehnte hat. Sie können nicht einfach später eine Spur links und rechts an eine Brücke anbauen. Sie dürfen nicht vergessen, dass es oftmals nicht um das einzelne Bauprojekt geht, sondern um ganze Verkehrszüge, und dass die Verkehrswirkung erst dann eintritt, wenn die gesamte Maßnahme abgeschlossen ist. Das sehen Sie an der Dresdner Waldschlößchenbrücke. Wenn die Stauffenbergallee ausgebaut ist, werden Sie eine ganz andere Belegung auf der Waldschlößchenbrücke haben als im Moment. Wenn man sieht, dass die Albertbrücke durch Bauarbeiten gesperrt ist, und man hat noch einen Unfall auf einer anderen Brücke, dann ist man froh, dass es die vierspurige Waldschlößchenbrücke in Dresden gibt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und des Staatsministers Sven Morlok)

Ich hatte es angesprochen: Für uns rückt der Erhalt von Straßen schrittweise mehr in den Vordergrund. Erhalt und Bau sind zwei Seiten derselben Medaille. Es geht darum, dass wir für mehr Verkehrssicherheit sorgen, dass wir Lärmschutz für betroffene Anwohner erreichen, dass wir den Verkehr beschleunigen und damit zu weniger Abgasen und kürzeren Fahrzeiten kommen.

Ich kann Ihnen sagen, wir werden auch in Zukunft in Sachsens Straßen investieren und sind gern bereit, über Standards nachzudenken, um Bauprojekte kostengünstiger und schneller zu realisieren. Aber dann sollten wir bitte auch einen Blick auf Krötentunnel und Fledermausleitsysteme richten, denn die kosten auch Geld.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Steffen Flath, CDU)

Die NPD-Fraktion hat keinen Redebedarf. Das bleibt auch so, Herr Dr. Müller?

(Dr. Johannes Müller, NPD: Es bleibt, Herr Präsident!)

Meine Damen und Herren! Damit ist die erste Runde in der Aussprache beendet. Gibt es Redebedarf für eine zweite Runde? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung, ob das Wort gewünscht wird. – Jawohl. Herr Staatsminister Morlok, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte mich zu Beginn sehr herzlich bei Kollegen Stange bedanken, der zu Beginn deutlich gemacht hat, über welche Prognosen wir eigentlich reden.

Ich meine, wenn wir diese Prognosezahlen bewerten, sollten wir heutzutage ein wenig ehrlicher zu uns selbst sein, Frau Jähnigen und Frau Köpping. Es sind Prognosen, die in den Jahren 1990 bis 1995 gemacht wurden, in den ersten fünf Jahren nach der friedlichen Revolution.

Ich frage Sie allen Ernstes: Wollen Sie den Menschen, die damals nach meiner Auffassung nach bestem Wissen und Gewissen Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung des Freistaates Sachsen gemacht haben, unterstellen, Sie hätten Fehler gemacht? Ich tue das nicht.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Wenn Sie ehrlich sind und wenn wir alle ehrlich sind und unsere Erwartungen über die Entwicklung im Freistaat Sachsen, die wir alle in den Jahren 1990 bis 1995 hatten, mit der Realität von heute vergleichen, dann kommen die meisten von uns zu dem Ergebnis, dass sich der Freistaat Sachsen in vielen Bereichen anders entwickelt hat, als man es in den Jahren 1990 bis 1995 noch gedacht hatte. Das sollte man fairerweise berücksichtigen, wenn man hier über die Qualität dieser Prognosen spricht, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es ist richtig, dass Prognosen aus diesem Grund – weil sie, je länger sie in der Vergangenheit liegen, umso weniger geeignet sind, um aktuelle Projekte zu beschreiben – in regelmäßigen Abständen zu erneuern sind. Wir haben dies getan. Wir haben auf Basis der Bundesprogose für die deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025 die Prognosen im Freistaat Sachsen überarbeitet.

Wir haben, sehr geehrte Damen und Herren, nicht nur die Prognosen überarbeitet, sondern auch Konsequenzen aus den überarbeiteten Prognosen gezogen. Im Landesverkehrsplan wurden 70 Projekte im Staatsstraßenbau ersatzlos gestrichen; das ist ungefähr die Hälfte.

Frau Köpping, Sie unterhalten sich gerade so interessiert. Es wäre schön, wenn Sie einmal zuhören würden, dann würden Sie auch die Fakten mitbekommen. Die Frage ist, warum Sie in Ihrer Amtszeit, in den fünf Jahren, die 70 Projekte nicht gestrichen, sondern letztendlich darauf gewartet haben, dass es jemand anders tut. Wenn die GRÜNEN das hier kritisieren, kann ich das aufgrund einer politischen Grundhaltung noch nachvollziehen. Wer aber fünf Jahre den Fachminister stellt und sich hinterher beschwert, dass wir zu viele Staatsstraßenprojekte hatten, sollte, meine ich, etwas zurückhaltender sein. Frau

Köpping, ich gebe Ihnen recht: Wir hatten zu viele Staatsstraßenprojekte, aber wir haben gehandelt. Das ist der Unterschied.

(Beifall bei der FDP – Petra Köpping, SPD: Wo denn?)

Wir haben auch bei den Bundesstraßen entsprechend gehandelt. Ich möchte Ihnen einige Beispiele nennen. In Leipzig, Frau Köpping, war vorgesehen, die B2 von der A38 bis nach Connewitz als Bundesautobahn auszubauen. Das war der Arbeitsstand, den ich im Hause übernommen habe. Wir haben das geändert und gesagt: Eine Stadtautobahn in Leipzig macht keinen Sinn. Es bleibt jetzt beim Bundesstraßenausbau. – Das haben wir bei den Anmeldungen im Bundesverkehrswegeplan auch so berücksichtigt. Wir haben also in diesem Punkt gehandelt und die Konsequenzen gezogen.

(Beifall bei der FDP)

Die B87, die, als ich Minister wurde, als vierstreifige Bundesstraße geplant war, wurde von uns auf den Prüfstand gestellt; jetzt erfolgt ein dreistreifiger Ausbau. Das Gleiche gilt für die B169. Hier war ein vierstreifiger Ausbau geplant. Auch hier erfolgt jetzt ein dreistreifiger Ausbau. Wir haben zum Beispiel die B172, die Ortsumfahrung Pirna, auf den Prüfstand gestellt und dieses riesige kreuzungsfreie Bauwerk auf dem Sonnenstein, das vorgesehen war, gestrichen und eine kleinere, weniger groß dimensionierte Anbindung mit Ampellösung eingeführt. Wir haben also gehandelt. Wir haben nämlich unsere Verkehrsprojekte den neuen Realitäten angepasst, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Wir werden uns auch zukünftig dafür einsetzen, dass wir im Freistaat Sachsen flächendeckend Straßenbau bekommen, denn Straßenbau hat natürlich etwas mit wirtschaftlicher Entwicklung zu tun, gar keine Frage. Straßenbau hat etwas mit Mobilität zu tun. Straßenbau hat aber auch etwas mit Lärmschutz und mit Schutz der Bevölkerung vor Abgasen zu tun.

Zur S31 in Mügeln: Viele von Ihnen kennen diese Ortsdurchfahrt in Mügeln, wo die großen Lkws durchgebrettert sind, wo man links und rechts nicht einmal einen Gehweg hatte. Hier haben wir eine Ortsumfahrung gebaut, und dieses Projekt war richtig. In gleichen Fällen werden wir uns dafür einsetzen, dass in Sachsen weiterhin Ortsumfahrungen gebaut werden, sehr geehrte Damen und Herren, ob Sie von den GRÜNEN das wollen oder nicht.

(Beifall bei der FDP)

Zur B178 Herrnhut: Es ist doch ein Segen, dass der Durchgangsverkehr nicht mehr durch die Ortslage Herrnhut hindurchfährt. Deswegen war die Ortsumfahrung Herrnhut berechtigt. Wir werden uns dafür einsetzen, dass ähnliche Projekte genauso umgesetzt werden.

Zum Thema Ortsumfahrung Freiberg, wo wir momentan das Klageverfahren haben: Wir werden als Staatsregierung nicht nachlassen, auch dieses Projekt zum Erfolg zu führen, weil wir eine Extrembelastung der Stadt Freiberg mit Durchgangsverkehr haben. Es ist eine Entlastung für die Menschen, wenn dieser Verkehr nicht mehr durch die Stadt hindurch muss. Deswegen werden wir an diesen Verkehrsprojekten festhalten.

(Beifall bei der FDP)

Dann schauen Sie sich einmal wirtschaftliche Entwicklungen an. Ein Paradebeispiel dafür ist der Landkreis, in dem Frau Köpping einmal Landrätin gewesen ist. Wir haben mit einer Verkehrsinfrastruktur, mit Verkehrsachsen der A38, die bereits vollständig fertiggestellt ist, und der A72, wo wir einen Großteil fertiggestellt und für die letzten Stücke Baurecht haben, wichtige Infrastrukturanbindungen für den Leipziger Südraum geschaffen. Vor 20 Jahren hatten wir dort eine Arbeitslosenquote von 20 %, die lag über dem sächsischen Durchschnitt. Inzwischen haben wir eine Arbeitslosenquote von 7,9 %, es ist der Landkreis mit der niedrigsten Arbeitslosenquote im Freistaat.

(Beifall bei der CDU)

Sie sehen: Investitionen in eine moderne Verkehrsinfrastruktur haben Effekte. Wir möchten, dass diese Effekte nicht nur in den Großstädten passieren, sondern im gesamten Freistaat, und dass der ländliche Raum von der wirtschaftlichen Entwicklung nicht abgekoppelt wird, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Deswegen sage ich für die Staatsregierung ganz klar – sicherlich auch für die sie tragenden Parteien von CDU und FDP –: Mit uns zusammen können die Sachsen sicher sein, dass ländliche Regionen von der wirtschaftlichen Entwicklung nicht abgekoppelt werden. Das sollten Sie bei Ihrer Wahlentscheidung berücksichtigen, sehr geehrte Damen und Herren.