Dass wir uns richtig verstehen: Den Soll-Ist-Vergleich von Prognosedaten und Belegungszahlen halten auch wir für geboten und für dringend erforderlich für eine sachlich korrekte Bewertung.
Allerdings wird eine öffentliche Sammelstelle der Gesamtproblematik ebenso wenig gerecht wie Ihre Große Anfrage. Sie fordern einen Aufwand an Bürokratie, wir kümmern uns um die Belange der Bürger.
Verkehrsinfrastrukturentwicklung ist ein Problem mit vielen Einflussfaktoren. Belegungszahlen sind nur ein Teil davon. Für die Koalition gelten die Grundsätze des Landesentwicklungsplanes. Damit sind Ausbau und Unterhaltung der Straßeninfrastruktur, besonders der Ingenieurbauwerke, in den kommenden Jahren weiterhin Zielstellung des Freistaates Sachsen. Sie können im Haushalt nachlesen, dass wir diesen Weg unterstützen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man hat manchmal den Eindruck, dass hier sehr intensiv aneinander vorbeigeredet wird. Ich will es plastisch machen. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit ihrer Großen Anfrage auf Prognosen aus dem Anfang der Neunzigerjahre abgestellt. Die Prognosen stammen von damals. Darüber muss man sich klar werden. Das sind Bevölkerungsprognosen, die ganz anders aussehen, als sich die Entwicklung hinterher vollzogen hat. Kollegin Springer antwortet mit dem Landesentwicklungs
plan 2013. Das kann schon in der Diskussionskultur nicht zueinander führen. Ich bitte darum, dass wir sprachlich ein bisschen abrüsten und aufeinander zugehen.
Ich will es noch einmal verdeutlichen. Mit Infrastrukturplanungen ist vor allem in den Neunzigerjahren versucht
worden, wirtschaftliche Entwicklung zu induzieren, die aber aus anderen Rahmenbedingungen so nicht entstanden ist. Die Folge ist: Wir haben massiv Einwohner verloren, vor allem im ländlichen Raum, während die Städte Leipzig und Dresden seit einigen Jahren zunehmend das Umland leerräumen. Das war zu der Zeit, als die Bevölkerungsprognosen die Grundlage auch der Verkehrsprognosen waren, so nicht absehbar.
An dieser Stelle will ich einen zweiten Punkt vorausschicken. Es ist eindimensional, diesen politischen Forderungskatalog ausschließlich an die Staatsregierung zu richten. Ich will das kurz erläutern. In den vergangenen 25 Jahren haben unter anderem auch Gemeinderäte, Stadträte, Kreisräte, Bürgermeister – Landräte hatten wir nicht –, Landtagsabgeordnete, Bundestagsabgeordnete, sicherlich auch meiner Partei, aber auch aller anderen Parteien, fleißig daran mitgearbeitet, dass das Straßennetz in Sachsen so entstehen konnte, wie es jetzt geschehen ist. Da müssen wir uns alle selbst an die Nase fassen und fragen, ob unsere Vorstellungen so richtig waren, wie wir sie dann umgesetzt haben, und zwar mit allem Hin und Her. Das muss man, glaube ich, an dieser Stelle vorausschicken.
Dritter Punkt. Wir haben es gestern beim Gutachten des Rechnungshofes zum City-Tunnel durchexerziert: Wenn man sich bei Projekten, die allein für die Planungsphase, also von der Planung bis zur Fertigstellung, weit über zehn, 15 Jahre brauchen, über eine bestimmte Kostenentwicklung wundert, sollte das nach meiner Auffassung verwundern, weil genau das ein zentrales Problem der Planung ist. Kollegin Jähnigen, da gebe ich Ihnen recht. Das ist tatsächlich ein Problem der Planung.
Das entlastet allerdings die politisch Verantwortlichen, egal in welcher Regierung das stattfand, nicht davon, sich spätestens mit der Richtlinie für integrierte Netzentwicklung selbst zu überprüfen und die Netzentwicklung des Straßennetzes in Sachsen entsprechend anzupassen. Deshalb sage ich: Netzkonzeptionelle Überlegungen mögen vorliegen. Das ist richtig, Kollegin Springer. Aber die Frage ist, ob es die richtigen sind. Das muss man an dieser Stelle eindeutig hinterfragen.
Ich will noch ganz kurz zum Entschließungsantrag sprechen. Wir bitten um getrennte Abstimmung über die Punkte I und II und werden dem ersten Teil zustimmen. Beim zweiten Teil werden wir uns enthalten, weil wir der Auffassung sind, dass wir nicht eine zusätzliche Stelle schaffen müssen, sondern das Landesamt für Straßenbau und Verkehr die richtige Stelle wäre. Hier muss anders gesteuert werden. Das ist eine andere Frage. Aber das müsste dort angesiedelt werden.
Wir haben unsere Bedenken: Was machen wir mit einem Vergleich von Prognosen, die teilweise 20 Jahre alt sind,
Ich wollte zwischenfragen: Ist es Ihnen, Herr Kollege, bekannt, dass die Vorhaben, die Sachsen jetzt zum Bundesverkehrswegeplan anmeldet, auf früheren Planungen beruhen und nicht auf der angeblich überarbeiteten Landesverkehrsprognose?
Kollegin Jähnigen, auch bei der Landesverkehrsprognose ist das SMWA wie eine Black Box gewesen. Da sind wir uns einig, das ist völlig klar. Wir haben bei der Erstellung des Landesverkehrsplanes und bei der Erstellung des Landesentwicklungsplanes gemeinsam angemahnt, dass die Offenlegung dieser Prognosen und deren kritische Überprüfung erforderlich ist. Darüber, dass sie veraltet sind, sind wir uns völlig einig. Dennoch ist die Frage: Was machen wir mit dem jetzigen Abgleich? Was machen wir mit dem Vergleich? Was heißt das für zukünftige Prognosen?
Gestatten Sie mir einen kurzen Exkurs: Mit wie viel Prozent wurden die Grünen in den Prognosen vor der Bundestagswahl gehandelt? Nur kurze Zeit später kam sozusagen die Zählung, und es sah ganz anders aus. Was machen wir also mit solchen Vergleichen für die Methodik zukünftiger Prognosen? Diese Frage haben wir miteinander zu klären, vor allem aber, so denke ich, haben Fachleute diese Frage zu klären.
Wenn bei allen Vergleichen zwischen den Prognosen und den eingetretenen Werten im Durchschnitt Abweichungen von einem Drittel eintreten, teilen Sie dann meine Auffassung, dass man den Prognosehorizont für die noch geltenden Planungen hinterfragen muss?
Ja, aber mir geht es generell um die Methodik für die künftigen Prognosen. Hält die prognostizierte Entwicklung für die Einwohnerzahlen an? Für Dresden und Leipzig hat man sinkende Zahlen vorhergesagt. Dann war man erschrocken, dass die Zahlen gewachsen sind. Und dann hat man gesagt: „Wir reißen keine Schulen mehr ab.
Wir brauchen Kitas usw.“ Generell ist das zu hinterfragen. Aber grundsätzlich steht die Frage, mit welcher Methodik wir hier herangehen. Da sind wir uns einig. Meine Frage war nur, wie wir damit umgehen.
Im Zusammenhang mit dem Bundesverkehrswegeplan geht es auch um die Umschichtung der Mittel. Das betrifft auch die Bundesfernstraßen. Die Mittel werden wir vielleicht nicht unbedingt so verwenden können.
Mit anderen Worten: Wir haben bei dem zweiten Teil durchaus Bedenken und werden uns an dieser Stelle enthalten. Den ersten Teil werden wir mittragen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die GRÜNEN haben eine interessante Große Anfrage gestellt und dazu eine sehr aufschlussreiche Studie an der TU Dresden in Auftrag gegeben. Auch wir teilen die Einschätzung, dass zu viele sächsische Straßen überdimensioniert sind. Aber darüber wurde heute schon genug gesprochen.
Ich möchte daher mein Augenmerk auf den Zustand unserer Straßen richten. Am Ende meiner Ausführungen werden Sie sehen, warum wir eine Strategie zur Erhaltung unserer Straßen nötiger denn je brauchen, viel nötiger, als ständig neue Straßen zu bauen, deren verkehrlicher Nutzen oftmals infrage steht. Sie werden sehen, dass allein der Unterhalt unserer Straßeninfrastruktur mittlerweile Kosten verursacht, die unglaublich erscheinen. Dabei reden wir noch nicht einmal davon, dass diese Straßen regelmäßig erhalten und instandgesetzt werden müssen.
Allein der Unterhalt der sächsischen Staatsstraßen, von denen wir insgesamt 4 759 Kilometer haben, kostet den Steuerzahler 19 Millionen Euro im Jahr. In diese Summe sind noch keine Lohnkosten eingerechnet. Der Unterhalt der Bundesstraßen, von denen wir insgesamt 2 420 Kilometer in Sachsen haben, schlägt mit 29 Millionen Euro pro Jahr zu Buche. Insgesamt müssen wir also in Sachsen 48 Millionen Euro allein für den Betrieb der Staats- und Bundesstraßen ausgeben. Dabei sind die Autobahnen mit derzeit 520 Kilometern und die kommunalen Straßen mit knapp 29 500 Kilometern noch nicht eingerechnet. All das sind Angaben der Staatsregierung.
Bei Bundes- und Staatsstraßen haben wir also einen guten Überblick über die laufenden Kosten. Ganz anders sieht es bei den Kreis- und Gemeindestraßen aus; denn das Verkehrsministerium kennt offensichtlich den Zustand der kommunalen Straßen nicht.
Anderenfalls würde Herr Verkehrsminister Morlok auf Kleine Anfragen nach dem Zustand der kommunalen Straßen nicht mit dem Satz antworten, flächendeckende
Ergebnisse von Zustandserfassungen auf Kreisstraßen und Straßen in kommunaler Baulastträgerschaft lägen ihm nicht vor. Stattdessen fordert Herr Verkehrsminister Morlok in einer Pressemeldung vom 12. Mai 50 Millionen Euro mehr für die kommunalen Straßen.
Aber weiß Herr Morlok denn, wofür die 50 Millionen Euro verwendet werden sollen? Weiß Herr Morlok, ob die 50 Millionen Euro überhaupt ausreichen, um den Sanierungsstau aufzulösen? Weiß Herr Morlok, wo das Geld schwerpunktmäßig gebraucht wird? Dass Kommunalstraßen ein Fass ohne Boden sein können, zeigt exemplarisch die von der FDP unbedingt gewollte Waldschlößchenbrücke. Sie schlägt pro Jahr mit rund 1,5 Millionen Euro an Betriebs- und Unterhaltskosten zu Buche.