Protocol of the Session on May 21, 2014

Mein Kollege Patrick Schreiber hat es gesagt: Wir haben die Studienkapazitäten verdoppelt auf 2 000 Studierende, die anfangen. Wir haben die Referendariatzahlen verdoppelt. Wir haben jetzt gerade im MINT-Bereich entsprechende Studenten, und auch wenn es noch Probleme gibt, sind wir auf einem guten Weg zu einer bedarfsgerechten Ausbildung, wenngleich Universitäten und auch die Staatsregierung noch ein paar Hausaufgaben zu machen haben; aber wir sind auf einem viel besseren Weg, als wir es bis 2011 waren.

(Beifall bei der FDP)

Ich spreche hier das Thema Erhalt von Schulen im ländlichen Raum an, über das wir vorhin diskutiert haben. Ich habe das Zitat von Ihrem damaligen bildungspolitischen Sprecher Martin Dulig herausgesucht, der 2005 gesagt hat: „Mit einem Moratorium hätten wir gut 300 Schulen, die nur mit opulenter Personalausstattung weiter bestehen

könnten. Weder haben wir dafür den Stellenrahmen, noch wäre das verantwortbar.“

Sie haben dann wirklich unter Ihrer Regierungsbeteiligung noch 166 Mittelschulen geschlossen, und da frage ich mich schon, wie das, was Sie im Antrag schreiben, und das, was Sie fünf Jahre lang gemacht haben, zusammenpassen.

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Rechnen!)

Auch was die Anpassung des Lehrerbedarfes betrifft, muss ich sagen: Waren Sie vielleicht in den letzten vier Jahren nicht dabei, wenn Sie nicht sehen, was wir gemacht haben, wie zum Beispiel auch das Honorarprogramm mit 12,5 Millionen Euro? Sicher wird es auch im nächsten Haushalt wieder drin sein – übrigens unabhängig davon, ob eine besondere Bedarfslage besteht oder nicht. Es ist genau richtig, dass die Schulleiter entsprechende flexible Möglichkeiten haben – unabhängig davon, ob wir gerade eine Problemlage haben oder nicht.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bitte, Frau Dr. Stange.

Lieber Kollege Bläsner, können Sie mir bitte mal sagen, wie Sie in den nächsten Jahren 20 000 Schüler mehr im System auffangen wollen ohne eine zusätzliche Lehrerstelle?

Frau Dr. Stange, Ungeduld ist manchmal eine Zier. In diesem Fall hoffe ich, dass das nicht von meiner Redezeit abgeht.

Wir haben vorhin über das Thema Einstellung gesprochen. Wir haben dieses Jahr im gesamten Kalenderjahr 1 120 Einstellungen vorgenommen.

(Martin Dulig, SPD: Und wie viele gehen weg?)

In diesem Jahr gehen zum Schuljahresanfang 540 weg; wir kommen auf einen Saldo von 50 mehr. Und ja – darin stimme ich meinem Kollegen Patrick Schreiber ausdrücklich zu –, es kann nur ein erster Schritt sein. Wir müssen im Hinblick auf die steigenden Schülerzahlen und auf die Senkung des Unterrichtsausfalls – für die wir Maßnahmen ergriffen haben, auch wenn wir noch längst nicht am Ziel sind, denn er ist noch zu hoch – den Weg, den wir gegangen sind, dringend weitergehen.

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Welchen Weg denn? – Martin Dulig, SPD: Bitte nicht! Wissen Sie, wie viele Lehrer Sie im System haben, ohne dass Sie dafür die Stellen haben? Ein Herumgetrickse ist das!)

Wissen Sie noch, was Sie damals als mittelfristige Personalentwicklung festgeschrieben haben? Das waren Hunderte Grundschullehrerstellen weniger, als wir jetzt im Haushalt eingestellt haben, Martin Dulig, das ist so!

Schauen Sie einmal an, was Sie 2009 mit beschlossen haben, was wir in diesem Bereich gemacht haben! Wir haben ein riesiges Bildungspaket aufgelegt.

(Beifall bei der FDP, des Abg. Patrick Schreiber, CDU, und des Staatsministers Sven Morlok)

Deswegen wird es unsere Aufgabe sein, im nächsten Haushalt über dieses Thema zu sprechen und die Stellen für die wachsende Schülerzahl bereitzustellen. Wir müssen dafür sorgen, dass es weniger Unterrichtsausfall gibt und dass der Ergänzungsbereich abgedeckt wird. Das ist derzeit auch noch nicht zu 100 % gegeben; das ist eine Herausforderung, gerade wenn wir darüber sprechen, es fachspezifisch abzudecken. Daran müssen wir arbeiten.

Aber das, was Sie hier machen als SPD, ist reiner Wahlkampf und hat mit dem, was Sie fünf Jahre – von 2005 bis 2009 – gemacht haben, überhaupt nichts zu tun und ist nicht zu vergleichen mit dem, was Sie früher gemacht haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Null Substanz!)

Das war Kollege Bläsner für die FDP-Fraktion. – Für die GRÜNEN spricht jetzt Kollege Gerstenberg.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eines dürfte nach den Presseberichten der letzten Tage und den bisherigen Reden unstrittig und allen klar sein: Ja, wir haben aktuell und perspektivisch zu wenige Lehrkräfte. Ja, wir brauchen mehr Einstellungen. Über die konkreten Zahlen – auch das dürfte deutlich geworden sein – lässt sich dabei trefflich streiten.

Eines steht jedoch fest: Es geht um Entscheidungen von großer Tragweite, nicht zuletzt finanziell.

Kollege Schreiber, meine Fraktion hat für morgen eine Aktuelle Debatte zum Kita-Betreuungsschlüssel beantragt.

(Patrick Schreiber, CDU: Sie freuen sich bestimmt schon drauf!)

Auch dort steht die Finanzierungsfrage.

(Patrick Schreiber, CDU: Eben!)

Ebenso wie beim dortigen Personalbedarf sollte uns aber der enorme Umfang der Finanzierung im Schulbereich nicht dazu verleiten, die Entscheidung darüber auszusitzen und auf bessere Zeiten zu hoffen, denn diese werden nicht kommen.

Im Gegenteil, das Problem des Lehrermangels hat sich über Jahre aufgebaut; die Engpässe haben sich seit Langem abgezeichnet. Ich möchte deutlich sagen: Jeder, der hier im Hause in den letzten 20 Jahren Verantwortung in der Bildungspolitik getragen hat, hat an der derzeitigen Misere Anteil. Wenn über Jahre hinweg alle Lehrerinnen

und Lehrer im System bleiben und praktisch keine Neueinstellungen stattfinden, dann kann man sich ausrechnen, wohin das führt.

Da wir gerade beim Rechnen sind: In Punkt 5 des Antrages wird nüchtern festgestellt, dass der an den sächsischen Hochschulen vorhandene Lehrernachwuchs die entstehenden Lücken nicht schließen kann. Leider bleibt diese Feststellung im Raum stehen.

Ich möchte kurz erläutern, welche Sprengkraft die Aussage besitzt. So wird im aktuellen Kultushaushalt zwar von der realistischen Prognose ausgegangen, dass jeweils etwa ein Viertel des Lehrernachwuchses an Grund- und Oberschulen ausgebildet werden soll – für das Gymnasium ist ein knappes Drittel vorgesehen, für berufsbildende Schulen und Förderschulen jeweils etwa 10 % –; die tatsächliche Verteilung der Lehramtsanwärter nach Schularten in den letzten drei Einstellungsrunden zeigt jedoch, dass sich die Realität völlig anders darstellt. So sind weit über die Hälfte der Lehramtsanwärter Referendare am Gymnasium; auf die Grundschulen entfallen gerade einmal knapp 20 %, auf die Mittelschulen keine 10 % und auf die Förderschulen lediglich 7,6 %. Das wird dem Bedarf in keiner Weise gerecht.

(Patrick Schreiber, CDU: Richtig!)

Zur Wahrheit gehört eben auch, dass es nicht reicht, mehr Einstellungen zu fordern. Dann muss man sich auch dazu äußern, woher die entsprechenden Lehrkräfte kommen sollen. Die Aufgabe der adäquaten Stellenbesetzung entsprechend Schulart, Fächerkombination und Region ist das eigentliche Problem, und das verschärft den allgemeinen Lehrermangel gewaltig.

Der Antrag löst jedoch dieses grundlegende Problem nicht. Es wird an der Trennung nach Schularten und damit auch der unterschiedlichen Bezahlung festgehalten. Das Motto „Kleine Pädagogik – kleine Bezahlung, große Pädagogik – große Bezahlung“ gilt weiterhin.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir GRÜNE haben ein Lehrerbildungsgesetz vorgelegt, das diesen Systemfehler beheben soll, in dem nach Schulstufen und nicht mehr nach Schularten ausgebildet wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Dr. Eva Maria Stange, SPD)

Alle Lehrämter brauchen eine Ausbildung von gleicher Qualität und Dauer, und natürlich erwächst auch für die Lehrerinnen und Lehrer in der Folge ein Anspruch auf gleiche Bezahlung – unabhängig von der Schulart, an der sie zum Einsatz kommen. Belohnt wird dieser Weg mit mehr Flexibilität sowohl für die Nachwuchskräfte als auch für die Einstellungspraxis.

Wir brauchen außerdem mehr konkrete Optionen für den Seiteneinstieg, ohne Abstriche bei der Qualität zuzulassen. Unser Angebot liegt auf dem Tisch. Es reicht hingegen nicht, die Mittelschule in Oberschule umzubenennen und als „Herzstück“ des sächsischen Schulsystems zu preisen, wenn dem keine Taten folgen. Die Studierenden

scheinen Ihrem Ruf, werte Koalitionäre, jedenfalls bisher nicht zu folgen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden dem Antrag der SPD zustimmen. Wir erhoffen uns davon zunächst klare Aussagen zum zukünftigen Bedarf nach Fächern, Schularten und Regionen – ähnlich wie im ersten Bericht der Staatsregierung zum Antrag „Lehrernachwuchs sichern“. Dieser ist übrigens – man traut es sich fast nicht laut zu sagen – von 2010. Schon dort hieß es: „Bei allen denkbaren Änderungen im Detail bleibt allerdings die erhebliche Dimension der notwendigen Nachwuchssicherung grundsätzlich unberührt.“

Dem ist fast nichts hinzuzufügen – außer unsere zweite Erwartung: Die Haushaltsverhandlungen laufen – handeln Sie! Wir werden handeln, denn ohne Lehrer ist Schule – gute Schule – nicht zu machen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN und der SPD)

Das war Herr Gerstenberg. – Nun spricht für die NPD-Fraktion Herr Löffler.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich kann man einem Antrag, der die Zukunft der Schule im Titel trägt und die Sicherung des Lehrernachwuchses zum Ziel hat, die Zustimmung nicht verweigern – aber nur wenn man übersieht, dass Wahlkampf herrscht.

Natürlich ist mir bekannt, dass die Versorgung der Schulen mit ausreichend Lehrern seit einigen Jahren große Probleme bereitet. Nicht nur die Anzahl der Lehramtsabsolventen birgt Probleme. Auch ihre Konzentration auf die Fächer Deutsch und Geschichte für den Einsatz an Gymnasien passt nicht zum Bedarf.

Das Thema wird nicht erst seit dieser Legislaturperiode immer wieder seitens der Opposition im Plenum zur Sprache gebracht. Ein fast gleichlautender Antrag der Linksfraktion/PDS mit der Drucksache 4/5811 und dem Titel „Keine Abstriche bei der Unterrichtsversorgung an Grund-, Förder- und Berufsschulen im kommenden Schuljahr – sofort neue Lehrerstellen schaffen“ in der 56. Sitzung am 20. Juli 2006 stieß bei der damals mitregierenden SPD auf wenig Gegenliebe. Der Abg. Dulig führte eine Kostenschraube ohne Ende zulasten künftiger Generationen ohne Verbesserung der Bildung in das Feld und regte an, von anderen Ländern zu lernen, die mit weniger Mitteln bessere Ergebnisse erzielen würden. Ich zitiere Martin Dulig: „Auf dem Status quo zu verharren und mehr Lehrer zu fordern, ist nicht nur eine Schraube ohne Ende, sondern eine Schraube, die wir auf Kosten der nächsten Generationen drehen – und zwar in doppelter Art. Zum einen laden wir diesen Generationen mehr Schulden auf, zum anderen verbessern wir ihre Bildung nicht.“ Ansonsten sei diese Diskussion besser bei den Beratungen zum Haushalt zu führen.