Deshalb ist die beste Lösung für die Zukunft eine Angebotsorientierung. Es wäre gut, es gäbe Produkte, die Handwerkern zum Beispiel wieder eine Reparatur gestatten. Jetzt haben wir eine Produktion, die uns nach wenigen Jahren das Produkt meist wegwerfen lässt. Wer repariert denn beispielsweise noch eine Waschmaschine?
Die LINKE hat, weil es ein Bundesthema ist, auch diese Sonderstellung des Handwerks schon immer im Auge und sagt: Wir müssen für bessere Nachfragepolitik auch einmal die Mehrwertsteuer senken und damit das Handwerk entlasten. Sie reden aus Tradition, aber für die Zukunft des Handwerks tun Sie nichts.
Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Staatsregierung, ob das Wort gewünscht wird. – Herr Staatsminister Morlok; Sie haben das Wort, bitte.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das sächsische Handwerk ist in der Tat ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaft im Freistaat Sachsen.
60 000 Handwerksbetriebe mit 350 000 Beschäftigten sind ein beträchtlicher Anteil. Die Handwerksdichte im Freistaat Sachsen ist deutlich höher als im bundesdeutschen Durchschnitt. Im Freistaat Sachsen haben wir 14,4 Betriebe pro 1 000 Einwohner. Das zeigt, dass der Freistaat Sachsen stark durch sein Handwerk geprägt ist.
Die Bedeutung des Handwerks macht sich aber nicht nur an diesen nackten Zahlen fest. Im Handwerk finden wir auch ein beträchtliches ehrenamtliches Engagement, das von den Handwerksbetrieben, von den Personen in Kammern geleistet wird oder im gesamten Prüfungswesen im Bereich des Handwerks, aber auch in den Innungen. Ich möchte mich namens der Staatsregierung für dieses ehrenamtliche Engagement im Bereich des Handwerks ganz ausdrücklich bedanken.
Der Handwerker – das ist in der Debatte bereits angesprochen worden – ist jemand, der in aller Regel persönlich für das Unternehmen, für das Schicksal des Unternehmens haftet. Deswegen werden unternehmerische Entscheidungen im Handwerk auch anders getroffen als in Großbetrieben. In der Regel sind sie wesentlich langfristiger orientiert, als man sie in Kapitalgesellschaften oder im Extremfall in börsennotierten Kapitalgesellschaften trifft. Deshalb leistet das Handwerk einen wesentlichen Beitrag für eine stabile wirtschaftliche Entwicklung im Freistaat Sachsen.
Der Handwerksmeister, sehr geehrte Damen und Herren, kennt in aller Regel seine Mitarbeiter persönlich. Auch das unterscheidet einen Handwerksbetrieb von einem großen Konzern. Das heißt, Personalentscheidungen werden im Handwerk auch unter einem anderen Fokus getroffen. Da überlegt man sich sehr lange, ob man sich in einer schwierigen Zeit von einem qualifizierten, von einem guten Mitarbeiter trennt oder versucht, im Unternehmen gerade in diesen schwierigen Zeiten Lösungen zu finden, damit man weiter gut zusammenarbeiten kann.
Deshalb, sehr geehrte Damen und Herren, braucht aber auch das Handwerk gerade flexible Lösungen im Bereich des Tarif- und Arbeitsrechts, damit dieses enge Verhältnis von Handwerker, von Unternehmer und Mitarbeiter auch weiter im Freistaat Sachsen erfolgreich gestaltet werden kann.
Das sächsische Handwerk bildet eine wichtige Basis für die Ausbildung von jungen Menschen im Freistaat Sachsen. Ich möchte in dem Zusammenhang ausdrücklich hervorheben, dass das Handwerk, die Handwerksbetriebe, aber auch insbesondere die Kammern sich dafür engagieren, wenn es darum geht, Jugendlichen, die es beim ersten Mal vielleicht nicht gepackt haben, eine zweite Chance zu gewähren. Das ist angesichts der sozialen Situation dieser jungen Menschen, aber auch angesichts des Fachkräftebedarfs, den wir im Freistaat Sachsen insbesondere im Handwerk haben, wichtig.
Wir als Staatsregierung schätzen das duale System in der Bundesrepublik Deutschland. Wir haben Maßnahmen ergriffen, um dieses duale System zu stärken. Diese kommen insbesondere auch dem Handwerk zugute. Ich bin der Kollegin Kurth ausdrücklich dankbar dafür, dass es gemeinsam möglich war, das duale System zulasten der sogenannten landesrechtlich geregelten Berufe zu stärken, weil es eben nicht Auffassung der Staatsregierung ist, dass wir in Konkurrenz treten müssen zu Handwerksunternehmen, die dasselbe Berufsbild anbieten können. Dazu brauchen wir keine vollzeitschulische Ausbildung im Freistaat Sachsen. Auch das hat die Situation des Handwerks in Sachsen nachhaltig gestärkt.
Sie wissen, dass Handwerksbetriebe in ihrer Größe oft Schwierigkeiten haben, in einer Ausbildung auch alle Ausbildungsinhalte anzubieten. Deswegen kommt der überbetrieblichen Ausbildung im Handwerk eine so große Bedeutung zu. Der Freistaat Sachsen unterstützt Investitionen in diese überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen mit 500 000 Euro jährlich und die Kurs- und Internatskosten mit 3 Millionen Euro jährlich, damit diese überbetriebliche Ausbildung gewährleistet werden kann.
Ganz entscheidend für das Handwerk, für die Kleinbetriebe in diesem Bereich ist auch die Aufstiegsfortbildung, die wir im Freistaat Sachsen unterstützen. Über 9 000 Geförderte waren es im letzten Jahr; 35 Millionen Euro standen dafür bereit, und ein Viertel dieses Geldes ist in das sächsische Handwerk geflossen.
Bei der Entwicklung von Fachkräften, beim Erhalt eines guten Fachkräfteniveaus, leistet beispielsweise der Weiterbildungsscheck im Freistaat Sachsen einen wertvollen Dienst genauso wie das einzelbetriebliche Förderverfahren.
Die Unternehmen im Freistaat Sachsen profitieren gerade im Bereich des Handwerks insbesondere von der Mittelstandsförderung, die wir über die Mittelstandsrichtlinie gewähren. In der Tat ist es richtig, Kollege Brangs, wir haben die sogenannte kleine GA, die Sie angesprochen haben, in dieser Legislaturperiode nicht weitergeführt, weil sie volkswirtschaftlich nicht die entsprechenden Effekte für den Freistaat Sachsen bringt. Es geht in der Förderung darum, zu organisieren, dass unsere Unternehmen nicht gefördert werden, um untereinander zu konkurrieren, sondern insgesamt einen Mehrwert für den Freistaat Sachsen zu erreichen. Die Staatsregierung sieht sich in dieser Position durch die jüngst geäußerte Forderung des CDU-Fraktionsvorsitzenden Flath, von der Kleinteiligkeit der Förderungen wegzukommen, ausdrücklich bestärkt.
Wir wissen, dass steigende Energiepreise für das Handwerk eine Bedrohung darstellen. Mit unserem Gewerbeenergiepass bieten wir gerade Handwerksbetrieben die Möglichkeit, ihre Unternehmen auf Energieeffizienz untersuchen zu lassen. Ich hatte letzte Woche die Gele
genheit, in Hartha an eine Vielzahl von Handwerksbetrieben diese Gewerbeenergiepässe zu überreichen. In der Diskussion mit diesen Handwerksbetrieben ist deutlich geworden, dass steigende Energiekosten immer mehr zu einem Problem im Handwerk werden.
Bei diesen Diskussionen mit Handwerksbetrieben, sehr geehrte Damen und Herren, werden auch andere Probleme deutlich, die die gute wirtschaftliche Lage des Handwerks trüben und dadurch zu einer Gefahr für das Handwerk gerade auch im Freistaat Sachsen werden könnten. Der Präsident der Handwerkskammer zu Dresden hat im Zusammenhang mit dem EEG-Beschluss der Bundesregierung festgestellt, dass das Handwerk dadurch über Gebühr belastet wird. Das sieht die Staatsregierung genauso. Deshalb haben wir uns auf der Bundesebene für die Senkung der Strompreise und insbesondere – Ministerpräsident Tillich und ich – für eine Senkung der Stromsteuer eingesetzt, damit private Verbraucher und Handwerksbetriebe entsprechend entlastet werden.
Ein weiteres Thema, das in der Debatte schon angesprochen wurde, ist der Mindestlohn. Die Staatsregierung ist sich mit den sie tragenden Fraktionen einig, dass ein Mindestlohn, wenn er branchenübergreifend und flächendeckend gleich ausgestaltet ist, den Bedürfnissen der mittleren und kleinen Unternehmen und insbesondere der Handwerksbetriebe im Freistaat Sachsen eben nicht gerecht wird. Das ist eine Situation, die sich im Freistaat Sachsen deutlich unterscheidet von einem westdeutschen Bundesland, zum Beispiel Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen. Deshalb ist es wichtig, dass wir diese Situation und Gefahr deutlich artikulieren.
Schauen wir uns die Versorgung im ländlichen Raum an: Der Bäcker, der Fleischer, das sind alles Handwerksbetriebe. Wenn ich mit diesen Handwerkern diskutiere, zum Beispiel mit dem Bäcker, dann wird deutlich – auch Herr Ermer, der Präsident des Sächsischen Handwerkstages, bestätigte das in all den Gesprächen –, dass genau dieser Mindestlohn dazu führen wird, dass Bäckereifilialen im ländlichen Raum geschlossen werden.
(Stefan Brangs, SPD: Ja, ja! Wir reden in ein paar Jahren weiter! – Petra Köpping, SPD: Das ist jetzt schon so! – Interne Wortwechsel zwischen Abgeordneten der FDP und der SPD.)
Das ist jetzt schon so, sehr geehrte Frau Köpping, weil auch andere negative Einflüsse auf diese Bäckereien einwirken.
Ich hatte gestern in der Debatte bereits betont, dass auch das Bäckerhandwerk im internationalen Wettbewerb steht, wenn es um die Vorprodukte geht. Leider ist das im Rahmen der Diskussion um das EEG nicht deutlich geworden. Energiepreise – Backen ist energieintensiv – spielen auch für diese Unternehmen eine Rolle. Wenn die Teiglinge halbfertig gebacken aus Afrika kommen, dann ist das internationaler Wettbewerb im Bereich der Energiekosten.
Dafür hatte Ihr Parteivorsitzender Gabriel leider kein offenes Ohr. Deswegen ist das, was die SPD hier in Berlin macht, eine Politik, die auf dem Rücken des Mittelstandes und des Handwerkes ausgetragen wird.
(Beifall bei der FDP und ganz vereinzelt bei der CDU – Fortdauernde Zurufe der Abg. Stefan Brangs und Petra Köpping, SPD)
Wissen Sie, wenn Ihnen dazu nichts mehr einfällt, dann zeigt es nur, dass Sie, Herr Brangs, zunächst einmal keinen Anstand haben, weil Sie nicht zuhören können – –
Sie haben ganz offensichtlich überhaupt keine Ahnung und es kann mit dem intensiven Kontakt, den Frau Köpping Richtung Handwerk formuliert hat, gar nicht so weit her sein; denn wenn Sie einmal mit Herrn Ermer gesprochen hätten,
dann hätten Sie erfahren, dass genau das ein wesentliches Problem der Bäckerinnung im Freistaat Sachsen ist.
Sie haben keine Ahnung und spielen sich hier als Interessenvertreter des Handwerks auf! Das ist glatte Polemik, was Sie hier betreiben!
Ich weiß, dass die Handwerker wissen, dass sie von Ihnen nicht vertreten werden, sehr geehrte Damen und Herren.
Es gibt weitere Probleme, die für das Handwerk bedrohlich sind. Herr Dr. Dittrich, Präsident der Handwerkskammer zu Dresden, hat darauf hingewiesen, dass auch die Ausweitung der Lkw-Maut von 12-Tonnern auf die 7,5-Tonner problematisch ist für das Handwerk, und auch das wurde vom Handwerk deutlich kritisiert. Deswegen haben wir als Staatsregierung den entsprechenden Überlegungen auf der Verkehrsministerkonferenz nicht zugestimmt, sehr geehrte Damen und Herren.
Die Frage der Rente mit 63 ist ebenfalls bereits angesprochen worden, und in der Tat verschärft natürlich eine mögliche Frühverrentung das Fachkräfteproblem gerade auch für das Handwerk im Freistaat Sachsen.
Das Handwerk, die kleinen Unternehmen sind insbesondere von Bürokratie betroffen. Ich bin den Fraktionen von CDU und FDP ausdrücklich dankbar, dass sie ein Vergabegesetz erarbeitet haben, das schlank und einfach ist, das es erlaubt, von unseren Handwerkern im Freistaat Sachsen, die keine Rechtsabteilung in ihrem Unternehmen haben und das alles nebenher machen müssen, verstanden und gehandhabt zu werden. Für diese Unternehmen ist dieses Vergaberecht, das CDU und FDP hier in Sachsen erarbeitet haben, exzellent und ich höre immer wieder Lob aus den Kammern.
Bei der Vorverlegung der Sozialversicherungsbeiträge teilen wir die Auffassung, wie sie hier im Sächsischen Landtag im Rahmen eines Beschlusses bereits manifestiert wurde. Wir gingen als Staatsregierung davon aus, dass die Einigkeit, wie wir sie hier im Hohen Hause hatten, innerhalb der Diskussion über eine neue Regierungsbildung in Berlin ganz automatisch dazu führen würde – egal, wer in Berlin regiert –, dass genau dieses Thema angepackt wird. Es bestand ja parteipolitisch Einigkeit zu diesem Thema.