An den Geschäften mit Russland hängen schätzungsweise 350 000 Arbeitsplätze. Für VW ist das Riesenreich noch vor China die derzeit wichtigste Wachstumsregion. Siemens baut in Russland den neuen Hochgeschwindigkeitszug Sapsan. Für unseren Maschinenbau ist Russland der viertwichtigste Exportmarkt weltweit. Und im Unterschied zu Pleitestaaten wie den USA, die mit wertlosem Papiergeld bezahlen, werden unsere Ausfuhren nach Russland letztendlich mit Rohstoffen wie Öl und Gas beglichen.
Diese sind für die Energieversorgung Deutschlands – gerade auch vor dem Hintergrund der von Ihnen so gewollten sogenannten „Energiewende“ und des geplanten Ausstiegs aus der Atomkraft – unverzichtbar.
Im Gegensatz zur Bundesregierung und auch zur Sächsischen Staatsregierung haben führende Vertreter deutscher Wirtschaftsverbände und Unternehmen die Gefahr erkannt, die das Säbelrasseln und die Boykottforderungen gegenüber Russland mit sich bringen. Ich nenne als Beispiele Siemens-Chef Joe Kaeser, den Vorsitzenden des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft und früheren
Daimler-Benz-Vorstand Eckhard Cordes, den VWVorstandschef Martin Winterkorn, den Chef der DZ-Bank, Wolfgang Kirsch, und den Geschäftsführer des weltweit führenden Kunststoffherstellers Profine, Peter Mrosik. Es sind aber noch viele andere mehr.
Wir Nationaldemokraten lehnen die Eskalationsspirale von Sanktionen und Gegensanktionen, die das mit sich bringen dürfte, mit aller Vehemenz ab. Immer dann, wenn sich das russische und das deutsche Volk feindlich gegenüberstanden, hatte es für beide Völker verheerende Folgen, während die Zeiten von Partnerschaft und Kooperation zwischen Deutschland und Russland stets Zeiten waren, in denen beide Völker profitierten.
Solche blöden Zwischenrufe sind ganz typisch für Sie. Sie können sich nur auf irgendwelche Dinge aus irgendwelchen zwölf Jahren zurückziehen. Es ist wirklich erbärmlich!
Ich erinnere an die Konvention von Tauroggen aus dem Jahr 1812, die die Befreiung von der napoleonischen Fremdherrschaft für ganz Europa brachte; an den von Otto von Bismarck ausgehandelten Rückversicherungsvertrag des Jahres 1887; an den Vertrag von Rapallo des Jahres 1922, der immerhin einen gewissen Ausgleich zu den schweren Auflagen des Versailler Diktats lieferte. Ich möchte schließlich daran erinnern – ich hoffe, dass Sie alle sich daran erinnern –, dass Deutschland auch bei der Wiedervereinigung vom Wohlwollen der Russen profitierte, während vermeintliche Partner wie Großbritannien und Frankreich, die heute an vorderster Linie gegen Putins Russland stehen, diese Vereinigung zunächst mit aller Macht verhindern wollten.
Auch aus den Gründen dieser historisch gewachsenen Verbundenheit zu Russland fordert die NPD-Fraktion heute die Staatsregierung auf, sich auf Bundes- und auf europäischer Ebene für die Rücknahme der bisherigen Sanktionen und gegen weitere Wirtschaftssanktionen einzusetzen. Das ist ein wichtiges Anliegen auch Sachsens; denn aufgrund der Tradition unserer Wirtschaftsverflechtungen betrifft das auch sehr viele sächsische Unternehmen, die von den Sanktionen und potenziellen Gegensanktionen betroffen wären. Deswegen liegt es auch in der Verantwortung unserer Staatsregierung, da etwas zu tun.
Stattdessen sollte Deutschland sein Renommee und seinen guten Ruf als Handelspartner Russlands dazu nutzen, im ukrainisch-russischen Konflikt als Vermittler und als ehrlicher Makler im Sinne Bismarcks aufzutreten, um Vertreter Moskaus und Kiews an den Verhandlungstisch zu bringen.
Wir Nationaldemokraten möchten, dass dieser Konflikt gelöst wird. Folgen Sie unserem Appell! Wenden Sie sich gegen die Maßnahmen, die von der Bundesrepublik und der Europäischen Union bereits beschlossen wurden! Versuchen Sie, weitere Maßnahmen abzuwenden! Stimmen Sie für unseren Antrag! Zeigen Sie so, dass Sie sich nicht zum willfährigen Erfüllungsgehilfen Brüssels oder Washingtons degradieren lassen und eine eigene Meinung auch offensiv vertreten können!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Budapester Memorandum vom 5. Dezember 1994 verpflichteten sich die USA, Großbritannien und Russland gegenüber Kasachstan, Weißrussland und der Ukraine, als Gegenleistungen für einen Nuklearwaffenverzicht die Souveränität und die bestehenden Grenzen der Länder sowie deren politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit zu achten. Die Ukraine wie auch die beiden anderen Staaten waren im Zuge der Auflösung der UdSSR in den Besitz von Nuklearwaffen gekommen. Das Budapester Memorandum war Vorbedingung für den Beitritt zum Atomwaffensperrvertrag und zum Atomteststoppvertrag und damit ein Meilenstein auf dem Weg in eine friedlichere Welt.
Mit der Annexion der Krim hat Russland einen völkerrechtlich bindenden Vertrag gebrochen – ein Vertragsbruch, den die UNO-Vollversammlung am 27. März dieses Jahres in einer Resolution mit einer Mehrheit von 100 Stimmen verurteilte. Die elf Gegenstimmen kamen unter anderem von Kuba, Nordkorea, Syrien und Weißrussland – Kommentar überflüssig. China enthielt sich bezeichnenderweise der Stimme.
Der russische Präsident Wladimir Putin nutzte skrupellos das infolge der Revolution auf dem Maidan und der Flucht des Präsidenten Janukowitsch in der Ukraine entstandene innenpolitische Vakuum aus, um seinen Plan von der Wiederherstellung der vermeintlichen Größe Russlands in Angriff zu nehmen. Er wartete nur noch das Ende der Olympischen Winterspiele in Sotschi ab, wo er sich als Veranstalter der Friedenspflicht nach antiker Tradition verpflichtet fühlte.
Dann war es, der mit dem Säbel rasselte – genauer gesagt: Panzer auffahren ließ –, nicht die EU und nicht die NATO. Auch die schwerbewaffneten Uniformierten ohne Hoheitsabzeichen, die die ukrainischen Militärbasen und Schiffe auf der Krim blockierten, sprachen weder Englisch noch Französisch noch Deutsch, sondern Russisch.
Mit der Besetzung der Krim hat Wladimir Putin die nach dem Fall des Eisernen Vorhangs geschaffene Friedensordnung in Europa nachdrücklich verletzt und entstandenes Vertrauen ernsthaft beschädigt. Seine Vergleiche mit der Herbeiführung der Einheit Deutschlands oder der Unabhängigkeit des Kosovo sind unzutreffend. Der deutschen Wiedervereinigung haben die ehemaligen Siegermächte und alle Nachbarstaaten Deutschlands zugestimmt. Im Kosovo fand ein Genozid statt, dem die Völkergemeinschaft nicht tatenlos zusehen konnte – wie vor 20 Jahren in Ruanda.
Bei der Abstimmung votierten 54 % der Krimbevölkerung für die Zugehörigkeit zur Ukraine. Die Krim erhielt einen Autonomiestatus innerhalb des neues Staates. Von den 2,5 Millionen Einwohnern der Krim waren zu diesem Zeitpunkt 60 % Russen und 25 % Ukrainer. Eine tatsächliche ethnische Minderheit bildeten die Krimtataren mit circa 12 % der Bevölkerung, die nach dem Zweiten Weltkrieg von Stalin nach Zentralasien deportiert wurden, weil sie angeblich mit der Naziherrschaft kollaboriert hätten und die sich nach der Rückkehr in ihre angestammte Heimat mit der Ukraine verbunden fühlen. Dass jetzt 96,77 % der Krimbevölkerung für die Loslösung von der Ukraine und die Heimkehr in das russische Reich gestimmt haben sollen, wird jeder von uns zu werten wissen, der ähnliche Wahlergebnisse aus der Zeit des realen Sozialismus kennt.
Meine Damen und Herren, inzwischen mehren sich die Anzeichen, dass das von Russland auf der Krim so erfolgreich praktizierte Szenario auch im Osten der Ukraine wiederholt werden könnte, wo es am vergangenen Wochenende zu schweren Ausschreitungen gekommen ist. Prorussische Aktivisten besetzten die Gebietsverwaltung der Millionenstädte Rakhiv und Donezk. Auf den Dächern hissten sie jeweils die russische Fahne. Die Angreifer forderten Referenden über eine Abspaltung von Kiew. In Donezk riefen sie sogar eine unabhängige Volksrepublik aus.
Nur 30 Kilometer von der Grenze entfernt, hat Russland bis zu 40 000 Soldaten zusammengezogen, die in der Ukraine als permanentes Bedrohungspotenzial angesehen werden. Dabei hat Putin der Bundeskanzlerin den Rückzug dieser Truppen zugesagt. Bedroht fühlen sich auch die Nachbarn Russlands, wie die ehemaligen Sowjetrepubliken Estland, Lettland, Litauen und Moldawien, in denen es teilweise beträchtliche russische Minderheiten gibt. Auch in Polen und Rumänien schaut man mit Sorge nach Russland, mit dem man seine geschichtlichen Erfahrungen hat.
Unterdessen steuern die Ukraine und Russland auf einen neuen Gaskonflikt zu. Der ukrainische Regierungschef Arsenij Jazenjuk warf dem Nachbarland wirtschaftliche Aggression vor. Kiew werde die massiv erhöhten Preise für russisches Gas nicht bezahlen. Das ist kein wirtschaftlicher, sondern ein politischer Preis, so Jazenjuk.
Es scheint, dass es Russland nicht nur um eine Verschiebung der Grenzen geht, sondern dass die Lage in der Ukraine so destabilisiert werden soll, dass die Präsidentschaftswahlen scheitern. Meine Damen und Herren! In dieser angespannten Situationen heißt es für Deutschland, die EU und die NATO, einen kühlen Kopf zu bewahren und alle diplomatischen Kanäle zu nutzen, um zu deeskalieren. Wenn Putin 100 Jahre nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges immer noch die gescheiterten Denkmodelle des vorherigen Jahrhunderts verfolgt, muss ihm mit abgestuften nicht militärischen Sanktionen klargemacht werden, dass Russland viel zu sehr in die internationalen Beziehungen eingebunden ist, als dass es seinen trotzköpfigen Alleingang gegen alle getroffenen Vereinbarungen auf lange Zeit erfolgreich fortsetzen könne.
Wenn der ehemalige KGB-Offizier Wladimir Putin, der dabei ist, sich als russischer Präsident auf Lebenszeit einzurichten, der Meinung ist, Russland müsse an Größe durch Veränderungen der bestehenden Grenzen wachsen, führt dies zu Destabilisierung und Vertrauensverlust auf dem politischen Parkett. Mit einem solchen Russland möchten wir unsere Beziehungen nicht ausweiten, wie es die NPD in ihrem Antrag fordert. Vielmehr muss Deutschland sich bemühen, seine zu starke Abhängigkeit von russischen Erdgaslieferungen zu reduzieren, die immerhin 36 % der deutschen Gasimporte ausmachen. Dessen ungeachtet wird die Bundesregierung weiterhin den Weg der Verhandlung mit Russland beschreiten, um eine militärische Auseinandersetzung zu verhindern und eine Tür offen zu halten, um die gesichtswahrende Rückkehr Russlands in das Beziehungsgeflecht der freien Welt zu ermöglichen. Das leidgeprüfte russische Volk hat alles andere als die Rückkehr zum Stalinismus oder gar Zarismus verdient.
Der antragstellenden NPD möchte ich aber noch einen guten Rat mit auf den Weg geben: Wenn Sie einen Dialog und Kooperation mit Russland fordern, wäre es besser, Sie unterstützen nicht weiterhin die faschistoiden und gewalttätigen Gruppierungen in der Ukraine, deren Treiben von Russland als Vorwand für seine annexionistischen Bestrebungen genutzt wird.
Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Homann für die SPD-Fraktion, bitte. Sie haben das Wort, Herr Homann.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, dass wir alle in den letzten Wochen mit großer Sorge in die Ukraine und insbesondere auf die Krim schauen. Die schlimmen Bilder vom Maidan, die Gewalt, die rollenden Panzer und die Bilder aus Donezk sind für uns eine deutliche Warnung. Die Krim liegt gerade einmal 2 000 Kilometer von Dresden entfernt. Das ist im globalen Maßstab eine relativ kleine Entfernung. Es steht auch diesem Hause gut an, dass wir heute unser Mitgefühl für alle Opfer und Familien, die in diesen bedauernswerten Konflikten betroffen waren oder ihr Leben gelassen haben, ausdrücken. Das macht uns natürlich bewusst, wie zerbrechlich Frieden auch in einem vermeintlich geeinten Europa ist. Meine Generation kann es sich gar nicht mehr vorstellen. Diese Bilder bringen es wieder sehr nahe. Es zeigt uns, wie wichtig ein geeintes Europa ist und die Vereinten Nationen sind. Das sind zwei wichtige Institutionen, die gerade von Ihnen, von der NPD, massiv bekämpft werden. Diese Situation verlangt von der Bundesregierung und der Europäischen Union vor allem besonnenes Handeln. Sie fordert ein besonnenes, entschlossenes und gemeinsames Handeln.
Genau in dieser Situation bringt die NPD einen Antrag mit dem Titel „Dialog und Kooperation statt Säbelrasseln: Keine EU-Sanktionen gegen Russland!“ ein. Dialog und Kooperation – dazu habe ich eine Frage: Was ist das für ein Muschebubu? Der Führer würde sich im Grabe herumdrehen, wenn er wüsste, welche Muschebubuanträge Sie hier stellen. Das kann wirklich nicht sein.
Bei extra 3 haben Sie die Redezeit bereits besetzt. Als demokratische Abgeordnete kommen wir nicht mehr hinein.
Wenn man sich auch noch einmal mit den Inhalten auseinandersetzt und nicht nur damit, dass dieser Antrag unverschämt ist, kommt man als Allererstes an dem Punkt an, dass schon die Grundannahme dieses Antrages schlichtweg falsch ist. Sie sagen nämlich, dass die Angliederung der Krim an Russland nicht völkerrechtswidrig wäre. Das ist absolut falsch. Die Angliederung ist völkerrechtswidrig. Das wird auch von Georg Nolte, dem Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Internationales Recht, klargestellt. Er sagt Folgendes: „Eine Abstimmung, die durch eine völkerrechtswidrige Gewaltanwendung russischer Truppen ermöglicht und international nicht überwacht wird, hat keine völkerrechtliche Wirkung.“ Die Grundannahme Ihres Antrages ist somit auf alle Fälle falsch.
Wenn man sich die weiteren sachlichen Argumente anschaut, beweisen Sie auch kein besonders großes außenpolitisches Geschick. Sie fordern zum Beispiel die bedingungslose Aufhebung der EU-Sanktionen. Sie stellen Putin einen Persilschein aus. Sie möchten ihn aber anschließend dazu bringen, in einen kritischen Dialog einzutreten. Das möchte ich gern einmal sehen. Sie stellen ihm einen Persilschein aus. Das bedeutet jedoch, dass er
überhaupt keine Anreize mehr hat. Er fühlt sich nicht gezwungen, sich an einen dringend notwendigen Tisch zu setzen. Sie fordern natürlich eine umfangreiche wissenschaftliche und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Sie wissen wahrscheinlich nicht, dass – angefangen mit Herrn Jurk und fortgesetzt von Herrn Morlok – in diesem Zusammenhang viel passiert. Als Mittelsachse weiß ich natürlich, wie toll die Kooperation zwischen der Bergakademie in Freiberg und der Universität in Sankt Petersburg läuft. Das alles wissen Sie nicht, weil Sie es eigentlich auch gar nicht wissen möchten.
Ein weiterer Punkt – ich finde, dass dies eine Erwähnung wert ist – sind die Stilblüten in Ihrem Antrag. Man muss absolut schmerzfrei sein, sich den ganzen Tag hinzusetzen und eine antikapitalistische Rhetorik und Antiglobalisierungsrhetorik an den Tag zu legen, sich aber anschließend zum Anwalt von Siemens, VW und der Deutschen Bank machen zu wollen. Das ist ein starkes Stück.
Mein persönlicher Lieblingssatz ist der zum kritischen Dialog. Sie sagen unter Drittens Folgendes: Sie fordern die Aufnahme eines kritischen Dialogs mit der russischen und ukrainischen Konfliktpartei. Deutschland sollte hier (unter sächsischer Beteiligung) die Rolle eines Vermittlers einnehmen.
(Lachen bei der SPD und der FDP – Zurufe von der NPD – Zurufe des Staatsministers Dr. Jürgen Martens)
Ich weiß, wer sich hier zum Regieren berufen fühlt. Herr Martens, wenn Sie das machen würden, okay. Aber ich weiß ja, wer sich hier in Sachsen zum Regieren berufen fühlt. Ich bin grundsätzlich gegen Gewalt. Ich bin grundsätzlich gegen jede Form von Gewalt. Aber mich würde schon grundsätzlich aus reinem Interesse interessieren, wie das wohl ausgehen würde, wenn Herr Szymanski als Teil einer sächsischen Delegation in den Kreml gehen und versuchen würde, dem Nahkämpfer Wladimir Putin die Hand zu schütteln.