Protocol of the Session on April 10, 2014

(Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Niemals!)

Damit werden wir auch diesen Antrag ablehnen. So ist das.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung – Dr. Eva-Maria Stange, SPD: Genau!)

Gleichwohl gilt es aber auch, eine klare Botschaft an die beiden hier zur Rede stehenden Schulstandorte zu richten. Dabei beziehe ich mich wiederum auf die Stellungnahme der Staatsregierung. Beide Standorte sind in der Schulnetzplanung sowohl in Leipzig als auch in Chemnitz als gesicherte Standorte festgeschrieben. In beiden Standorten sind vom jeweiligen Schulträger viele Mittel eingesetzt worden, um diese Schule in einen vorzeigenswerten Zustand zu versetzen, bzw. ist den Schulen ein Neubau zugewiesen worden. Niemand muss sich also, wie ich hier schon betont habe, um deren Fortbestand sorgen. Ich verweise darüber hinaus auf den als Schulschließungsmoratorium bekannten Beschluss, den wir hier eingebracht haben.

Meine Damen und Herren! Zum guten Schluss möchte ich an dieser Stelle neben den Eltern auch ganz besonders den Lehrerinnen und Lehrern der Nachbarschaftsschule Leipzig und des Chemnitzer Schulmodells danken,

(Stefan Brangs, SPD: Danke!)

die sich für andere konzeptionelle Ansätze und deren Umsetzung aufgeschlossen zeigen und mit hohem persönlichem und fachlichem Einsatz für gute pädagogische Ergebnisse sorgen und so den ihnen anvertrauten Kindern ihren Weg ins Leben ebnen helfen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Jetzt die SPD-Fraktion, Frau Abg. Dr. Stange. Frau Stange, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß es nicht. Herr Seidel, waren Sie schon einmal an der Nachbarschaftsschule?

(Rolf Seidel, CDU: Ja!)

Sehr schön.

Ich rate es allen Kolleginnen und Kollegen hier im Landtag, sich wirklich einmal in der Nachbarschaftsschule und im Chemnitzer Schulmodell umzuschauen, um sich ein eigenes Bild zu machen. Die Einladung von den beiden Schulen dürfte an alle Abgeordneten gegangen sein.

Ich war vor wenigen Tagen zum wiederholten Male in der NaSch und bin fasziniert davon, wie sie sich in den über 20 Jahren, seitdem sie existiert, entwickelt hat. Sie ist eine wirkliche Stadtteilschule mit Kindertagesstätte, mit Hort bis zur 6. Klasse, mit Grundschule und weiterführender Schule, mit Durchlässigkeit, mit wunderschön hergerichteten Gebäuden. Die Stadt steht zu ihrer Schule, genauso wie das in Chemnitz der Fall ist. Es ist eine Schule, die rundherum eigentlich auch ein Kultusministerium stolz machen müsste, weil sie genau das verwirklicht, was man von allen Schulen erwartet, sie entwickelt nämlich ein unverwechselbares eigenes Profil. Das ist ein unverwechselbares eigenes Schulprofil, das sich an alle Schülerinnen und Schüler dieses Stadtteils richtet, das also nicht vorher in irgendeiner Weise aussortiert. Das ist ein unverwechselbares Profil, das ernst macht mit dem, Frau Ministerin, was Sie gestern gesagt haben: „Jedes Kind zählt“ oder – besser gesagt – kein Kind zurücklassen. Kein Schüler an der Nachbarschaftsschule hat bisher einen Schulabbruch hinter sich gehabt. Das ist schon beachtlich.

Das sind zwei Schulen, die schon bestanden, bevor wir im Freistaat, bevor wir in der Bundesrepublik insgesamt über Gemeinschaftsschulen diskutiert haben, weil sie es mit den reformpädagogischen Ansätzen im staatlichen Schulsystem und nicht in einer freien Schule ernst genommen hatten und sie in ihrem Schulkonzept eingesetzt haben. Es war die glückliche Stunde nach der friedlichen Revolution 1989, die so etwas ermöglicht hat.

Als ich damals Anfang der Neunzigerjahre von der Nachbarschaftsschule und vom Chemnitzer Schulmodell erfahren habe, kannte ich schon eine andere Landesmodellschule, weil die in Deutschland insgesamt sehr bekannt war. Das ist die Offene Gesamtschule KasselWaldau. Die Offene Gesamtschule Kassel-Waldau ist seit mehr als 30 Jahren Landesmodellschule. Man kann also, wenn man will, dass sich im staatlichen Schulsystem etwas Progressives, etwas Reformpädagogisches entwickelt, das in andere Schulen ausstrahlt, einen Modellversuch, der evaluiert und begleitet und natürlich vom Schulträger und vom Kultusministerium unterstützt wird, sehr wohl als Vorzeige- und Reformschule im staatlichen System – ich betone das immer wieder – vorantreiben. Denn ansonsten haben wir die reformpädagogischen Ansätze vor allen Dingen in ihrer vollen Ausprägung, wie wir es bei der NaSch oder beim Chemnitzer Schulmodell haben, bei den freien Schulen.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wenn Sie einmal in die Evaluierung schauen, die gerade erst wieder in der x-ten Stufe vorgelegt worden ist, dann werden Sie sehen, dass beide Schulen wie unsere anderen Gemeinschaftsschulen von den Schülerinnen und Schülern sehr positiv eingeschätzt werden hinsichtlich der Lernqualität

und der Motivation, die an diesen Schulen existiert, aber auch bezüglich der Leistungsentwicklung, auch auf den verschiedenen Niveaustufen der einzelnen Schülerinnen und Schüler.

Warum gibt es überhaupt einen Zweifel an solchen Schulen? Warum gibt es überhaupt diesen Zweifel nicht nur am Schulstandort – nicht, dass ich falsch verstanden werde; denn ich habe ja gehört, sie dürften nicht in Zweifel gestellt werden –, sondern an diesen Schulkonzepten?

Herr Seidel, wenn man es mit einem Schulversuch ernst meint, dann nimmt man auch die Evaluierung ernst. Die Evaluierung sagt: Diese Schulkonzepte funktionieren. Wenn die Schulkonzepte funktionieren, dann lassen Sie doch, bitte schön, die Schulen nach diesen Schulkonzepten arbeiten.

(Rolf Seidel, CDU: Wer macht denn das nicht?)

Was wurde aber gemacht? Man übernimmt wesentliche Elemente der pädagogischen Konzepte – so heißt es in der Antwort der Staatsregierung –, man pickt sich einzelne Punkte heraus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem die Bildungspolitiker unter Ihnen, wer schon einmal in einer Schule gewesen ist, der weiß, dass das ein komplexes Gesamtgebilde ist. Da können Sie nicht an der einen Stelle eine Schraube drehen und an der anderen Stelle eine Schraube drehen, gleichzeitig mehr Schülerinnen und Schüler hineinstecken, den Schulleiter nach Gutdünken einsetzen und die Räumlichkeiten sehr, sehr eng beschneiden, denn solche Schulen brauchen viel Raum zum Arbeiten. Das heißt, ein Schulkonzept ist etwas Ganzes.

Übrigens hatte das Kultusministerium diese Erkenntnis schon einmal, als es um die Genehmigung der Gemeinschaftsschulen ging. Als es damals um das Genehmigungsverfahren unserer neuen Gemeinschaftsschulen ging, wurde von den Schulen immer wieder verlangt, dass sie ein umfassendes Gesamtkonzept für die Entwicklung der Schulen vorlegen, das mit dem Schulträger und der Schulkonferenz abgestimmt ist. Richtig so! Genau deshalb darf man aus solchen Schulkonzepten keine Rosinen herauspicken, sondern die Schulkonzepte können nur als Ganzes funktionieren.

Dazu gehört der Ganztagsbetrieb. Dazu gehört die Durchlässigkeit von der Grundschule in die weiterführenden Schulen. Ob Sie das Kind nun Einheitsschule oder Gemeinschaftsschule nennen, Herr Seidel, das ist mir ziemlich egal. Das pädagogische Konzept funktioniert; denn am Ende kommen Schülerinnen und Schüler heraus, die ihre Schule erfolgreich verlassen und trotzdem noch Lust am Lernen haben.

(Beifall der Abg. Cornelia Falken, DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich wäre es schön, über diese Schulen einmal ausführlicher – vielleicht auch im Schulausschuss – zu reden, die Schulen

einmal einzuladen, damit sie ihre Konzepte vorstellen können und sich alle ein Bild davon machen können.

Ich hoffe nur, dass das Kultusministerium so klug ist – wie es das Land Hessen über 18 Minister hinweg gewesen ist – und diese beiden Modellschulen weiterhin für das Land als Schmuckstücke laufen lässt mit ihren Konzepten und den vernünftigen Rahmenbedingungen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Nun die FDP-Fraktion; Herr Abg. Bläsner, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Anspruch des sächsischen Bildungssystems ist zu Recht sehr hoch. Wir gehören beim Bildungserfolg zu den besten Bundesländern in Deutschland, aber wir ruhen uns darauf nicht aus.

Die Koalition und die Staatsregierung sind stets darum bemüht, das sächsische Schulsystem weiterzuentwickeln, und dazu gehören selbstverständlich neue pädagogische Ansätze. Individuelle Förderung heißt, den einzelnen Schüler entsprechend seinen Begabungen und Möglichkeiten bestmöglich zu unterstützen.

Dieses Ziel haben wir in Sachsen in verschiedenen Bereichen erprobt. Es wurde der Modellversuch genannt. Es sind die Schulen, um die es heute geht, genannt worden. Es gibt noch viele weitere Beispiele in Sachsen, wo das geschehen ist. Besonders diese beiden Schulen, die Nachbarschaftsschule Leipzig und das Chemnitzer Schulmodell, gehören zu diesen Schulen, die sich seit Jahren, ja, seit Jahrzehnten verdient gemacht haben, neue Ansätze zu erproben. Der Mut und das Engagement der Pädagoginnen und Pädagogen sind deshalb nicht hoch genug einzuschätzen.

Die im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung erfolgte Evaluation hat dazu geführt, dass viele Elemente – Sie haben gesagt Rosinenpickerei oder Schräubchen drehen – hilfreiche Maßnahmen gewesen sind, die unser Schulsystem besser gemacht haben. Auch das ist ein Verdienst dieser Schulen, und das muss hier gewürdigt werden.

(Beifall bei der FDP)

Allerdings habe ich mich gefragt, warum dieser Antrag gestellt wurde. Die Antwort darauf habe ich in der Diskussion bekommen. Ihnen ging es vielleicht um die beiden Schulen, aber es ist doch völlig unstrittig – mein Kollege Seidel hat es gesagt –: Im Jahr 2017 steht die Entscheidung an. Vorher gibt es eine Schulgesetzänderung. Er hat gesagt und wir sagen es genauso: Diese Schulen haben alle Aussicht, in den Regelbetrieb überführt zu werden, sodass es kein Schulversuch mehr ist und sie so, wie sie jetzt sind, zukünftig bestehen bleiben. Es gibt überhaupt keinen Dissens in dieser Frage, und deshalb weiß ich nicht, warum wir heute darüber sprechen.

Ich habe den Verdacht, Ihnen ging es wieder darum, das Thema Gemeinschaftsschule gegen das differenzierte Schulsystem hier im Plenum zu behandeln. Wir können das Spiel gern mitmachen. Ich sage Ihnen aber: Das Thema und diese beiden Schulen sind dafür äußerst ungeeignet.

(Beifall bei der FDP und des Staatsministers Dr. Jürgen Martens)

Ein Satz dazu: Wenn ich sehe, was in Baden-Württemberg gemacht wurde, wo Grün und Rot zusammen regieren: Dort werden Gemeinschaftsschulen und die dortigen Gymnasien und Realschulen gegeneinander ausgespielt. Gemeinschaftsschulen bekommen mehr Geld und andere, bessere Bedingungen als der Rest der Schulen mit dem Ziel, dass Gymnasien und Realschulen unattraktiv werden.

Das ist eine Politik, die wir nicht mitmachen. Wir spielen Schularten nicht gegeneinander aus. Wir bewahren das, was wir in Sachsen erfolgreich aufgebaut haben, nehmen positive Erkenntnisse mit und lassen Schulen wie denen in Leipzig und Chemnitz auch in Zukunft ihren Raum.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Nun die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Frau Abg. Giegengack. Bitte sehr, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich muss ehrlich zugeben, ich konnte die Aufregung nicht ganz verstehen, die dazu geführt hat, dass der Antrag gerade zu diesem Zeitpunkt ins Plenum gebracht wurde. Er ist ja von 2013. Es ist zum einen der Zeitpunkt und zum anderen auch der Inhalt.

Der Antrag fordert die Gewährleistung der erforderlichen Unterstützung für die NaSch und das CSM über die Jahre 2017 und 2018 hinaus. Diese Forderung zielt auf ein Bekenntnis der Staatsregierung zu diesen beiden Schulen.

Damals hatte bereits Herr Wöller deutlich gemacht, dass diese beiden Schulen etwas ganz Besonderes darstellen und weiter arbeiten können.

Gerade angesichts der Stellungnahme zu diesem Antrag war für uns klar, dass an diesem Bekenntnis wohl auch nicht gerüttelt wird. Es ist sicher verklausuliert, und ich erwarte auch nichts anderes vom SMK.

Die Ministerin führt in ihrer Stellungnahme aus: „Die unbefristete Fortführung von Sonderregelungen bedarf einer schulrechtlichen Grundlage,“ – d’accord – „und die gegenüber den anderen Schulversuchsformen wesentlich längere Laufzeit der Genehmigungsbescheide trägt dem Rechnung und ermöglicht eine Anpassung zum gegebenen Zeitpunkt, um die Fortführung beider Schulkonzepte zu gewährleisten.“ Ich denke, das Anliegen der Ministerin