Um den ländlichen Raum zu unterstützen, ist es notwendig, den Hochwasserschutz auszubauen. Auch das ist ein Bekenntnis zum ländlichen Raum. Wir unterstützen die Menschen dort bei ihren Anstrengungen um den Wiederaufbau. Gleichzeitig erhalten wir die Strukturen. In den letzten Debatten wurden hierzu Vorschläge gemacht, etwa die Menschen umzusiedeln. Aber die Menschen wollen ihre Heimat nicht verlassen. Deswegen erhalten wir die Stadtkerne im ländlichen Raum und schützen sie.
Im Doppelhaushalt 2013/2014 wurde dem Hochwasserschutz eine hohe Priorität eingeräumt: 240 Millionen Euro stehen insgesamt für Schutzmaßnahmen zur Verfügung. Erstmals werden den Kommunen für diese Aufgaben ab 2013 entsprechende Mittel im Sächsischen Finanzausgleichsgesetz in Höhe von 4 Millionen Euro jährlich bereitgestellt.
Die infrastrukturelle Anbindung des ländlichen Raumes ist ein weiterer Aspekt, dem wir Beachtung schenken müssen. Deswegen besitzt der Straßenbau im ländlichen Raum für uns eine hohe Priorität. Von insgesamt knapp 400 Millionen Euro, die 2013 und 2014 in den kommunalen Straßenbau fließen, profitiert auch der ländliche Raum. Ein weit verzweigtes Straßennetz mit flächendeckenden Verkehrsanbindungen ist dadurch entstanden. Diese Gelder sind für die Zwecke der Markterschließung für die Gewerbe- und Industriegebiete unerlässlich. Nehmen wir das Beispiel Erzgebirge: Für dessen Erschließung und Anbindung wurden seit 1993 über 250 Millionen Euro investiert.
Der ländliche Raum benötigt ein umfassendes Konzept. Die Investitionen in den Breitbandausbau und in den Straßenbau, aber ebenso der Erhalt der Kulturlandschaft sind darin wichtige Elemente. Nur dann, wenn wir die Ärzte in den Kommunen halten und wenn wir die Schulen erhalten, kann es uns gelingen, die schönsten Regionen Sachsens als attraktive Lebensstätte weiterzuentwickeln.
Kollege Hauschild hatte gerade für die FDP-Fraktion das Wort. – Jetzt spricht für die Fraktion GRÜNE Kollege Weichert.
Herr Präsident! Herr Staatsminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In letzter Zeit ist unser Landwirtschaftsminister durch die sächsischen Landkreise getingelt, um sich Ideen zur Entwicklung des ländlichen Raumes abzulauschen. Danach band die Staatsregierung in ihren Leitlinien für die Entwicklung des ländlichen Raumes einen bunten Strauß von Maßnahmen zusammen. Dieser ist ein fantastisches „Wünsch dir was“, das den Menschen Aktivität vorgaukelt. Aus dem Mund der Staatsregierung klingen dabei manche Floskeln sogar ungewohnt komisch, zum Beispiel:
Meine Damen und Herren, was meinen Sie damit? Haben Sie statt eines funktionierenden ÖPNV-Netzes nicht vielmehr das Ziel, möglichst jeden Ort an eine Autobahn anzubinden? Die CDU-geführte Regierung ist überzeugt, dass die Bahn das Erschließungsmittel für die städtischen Ballungsräume sei und für die Bevölkerung der ländlichen Räume Bus und Auto ausreichen müssten.
Jüngstes Beispiel ist die Abbestellung der Eisenbahn zwischen Meißen und Döbeln. Dabei will dieselbe Staatsregierung im Zuge ihrer Verwaltungsreform den Landesrechnungshof zwingen, nach Döbeln umzuziehen. Aber Sie haben für solche Widersprüchlichkeiten am Ende ja immer eine Lösung, und sei es nur auf dem Papier. Da träumen Sie schon einmal gern von Anrufsammeltaxis und Bürgerbussen zur Absicherung der Daseinsvorsorge. Wenn sie sich auch nur ansatzweise mit der Materie beschäftigen würde, wüsste die Staatsregierung, dass für einen funktionierenden Bürgerbus circa 20 Freiwillige nötig sind.
Als meine Fraktion im letzten Jahr einen Gesetzentwurf einbrachte, in dem erstmals derartige neue Mobilitätsformen aus dem Bundestopf für kommunale Verkehrsinfrastruktur gefördert werden sollten, wurde er von der schwarz-gelben Regierungskoalition einfach abgelehnt. Wie die CDU nun Bürgerbusse anschieben will, bleibt ein Rätsel. Während in Nordrhein-Westfalen bereits 80 Bürgerbusvereine existieren, gibt es in Sachsen genau einen. Bis Ende 2012 verkehrte außerdem ein Anrufbus im Raum Löbau. Das Landratsamt stellte dieses Angebot jedoch ein mit der Begründung – hören Sie genau zu! – einer zu starken Inanspruchnahme und daraus resultierenden Kostenexplosion.
Sie sehen, es macht einen Unterschied, ob man Textbausteine in Masterpläne kopiert oder bei der realen Förderpolitik bereit ist, neue Wege zu gehen.
Aber, meine Damen und Herren, meckern zählt nicht. Wer die Studie „Ländliche Lebensverhältnisse in Sachsen“ gelesen hat, der weiß – ich zitiere: „Insgesamt ist der ländliche Raum in Sachsen jedoch von
einer hohen Zufriedenheit seiner Bewohner mit ihrem Leben, insgesamt ihrer Stadt bzw. Gemeinde und ihrem unmittelbaren Wohnumfeld geprägt. Negative Aspekte wie fehlende Arbeitsplätze und Lehrstellen, schlechte ärztliche Versorgung oder Landflucht spielen bei der Bewertung des ländlichen Raumes eine eher untergeordnete Rolle.“ – Na, wer sagt’s denn – alles gut in Bullerbü, oder?
Dass insbesondere die unter Dreißigjährigen den ländlichen Raum in Sachsen deutlich häufiger mit fehlenden Ausbildungsplätzen, Langeweile und Landflucht in Verbindung bringen, steht nur im Subtext. Dabei müssen wir gerade den jungen Menschen Perspektiven eröffnen, die ein Leben auf dem Dorf oder in der Kleinstadt attraktiv machen. Auch dafür hat die Staatsregierung eine gute Idee in petto, nämlich:
b) Bildungsnetz von den Grundschulen bis zur akademischen Aus- und Weiterbildung erhalten und ausbauen.
nämlich bevor Sie es geschafft haben, das Schulnetz so löchrig wie einen Schweizer Käse zu machen? Jetzt den Ausbau und den Erhalt des Schulnetzes zu fordern ist schlichtweg Wählertäuschung.
Meine Damen und Herren, nun zum Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum. „Der vorliegende Entwurf ist eine gute Grundlage für die Förderung von Land- und Forstwirtschaft, des Naturschutzes sowie für die Entwicklung unserer ländlichen Gebiete“, meinte Staatsminister Kupfer in einer Pressemitteilung. Das stimmt, zumindest in Bezug auf die Fördermittel, die Sachsen zwischen 2014 und 2020 von der EU erhält und verteilen darf.
Eine andere Frage ist, ob dieses Geld tatsächlich sinnvoll eingesetzt wird bzw. werden kann. Unserer Meinung nach ist das nur teilweise der Fall.
Meine Damen und Herren, grundsätzlich begrüßen wir es, dass die Verantwortung für den Einsatz von Fördermitteln auch weiterhin in den Regionen bleiben soll. Dazu steht mit 40 % der EPLR-Mittel sehr viel Geld zur Verfügung. Das soll künftig noch freier vergeben werden. Die Staatsregierung will es sich in Zukunft verkneifen, einen thematischen Förderrahmen vorzuschreiben. Das ist gut so, meine Damen und Herren.
Lokale Entscheidungsgremien müssen dann aber auch so besetzt sein, dass verschiedene Interessen repräsentiert werden und nicht nur Bürgermeister das Sagen haben, die ihre Dorfstraßen ausbauen wollen. Gerade Projekte in den Bereichen Umwelt- und Naturschutz, Herr Staatsminister, würden nämlich dann auf der
Meine Damen und Herren, laut Vorgabe der EU soll ein weiterer Schwerpunkt der Förderung auf der Finanzierung von Agrar-, Umwelt- und Klimamaßnahmen liegen. Die geplanten Fördermittel für Naturschutzmaßnahmen sollen sich im Vergleich zur vorangegangenen Förderperiode nahezu verdoppeln. Auch das ist gut so.
Aber, Herr Staatsminister Kupfer, auch wenn Sie alle 30 Sekunden das Wort „Ökolandbau“ im Munde führen, heißt das nicht, dass Sie tatsächlich bereit sind, etwas für die nachhaltigste Form der Landwirtschaft zu tun. Zum Beispiel beendet die Staatsregierung mit Beginn der neuen Förderperiode die Umstellungsförderung für den ökologischen Landbau. Bisher erhielten Landwirte, die ihre Produktion umstellten, eine besondere Zuwendung. Diese machte durchaus Sinn, denn in den ersten drei Jahren produzieren die Neueinsteiger zwar bereits nach den Kriterien des Ökolandbaus, dürfen ihre Produkte jedoch noch nicht als Ökoprodukte vermarkten. Außerdem benötigt der Umsteller gerade in den Anfangsjahren neue Technik zur Bodenbearbeitung, Tierhaltung, Produktverarbeitung, Lagerung usw.
Es entstehen also zusätzliche Kosten, ohne dass diese durch bessere Preise amortisiert werden können. Wer an dieser Stelle die Unterstützung zurückfährt, meint es mit der Förderung der ökologischen Landwirtschaft nicht ernst.
Der Ökolandbau ist die nachhaltigste Form der Landbewirtschaftung. Sie zu unterstützen bedeutet, tatsächlich etwas für Natur- und Umweltschutz zu tun. In Sachsen werden nur rund 4 % der landwirtschaftlichen Fläche ökologisch bewirtschaftet. Bricht die Umstellungsförderung weg, wird sich diese Zahl nicht signifikant erhöhen.
Meine Damen und Herren, der Wegfall der Umstellungsförderung zeigt, was das Wort von Staatsminister Kupfer wert ist. Noch 2012 versprach er – ich zitiere –: „Wir wollen die positive Entwicklung der ökologischen Landwirtschaft weiter unterstützen und werden deshalb auch in Zukunft an der Förderung festhalten. Planungssicherheit brauchen vor allem die Landwirte, die mit ihren Betrieben auf eine ökologische Bewirtschaftung umsteigen wollen.“ So viel zu den Worten von 2012 und den Taten von 2014.
Meine Damen und Herren, wer so handelt, braucht über Biowaren aus China, China Bio, nicht zu schimpfen. Die derzeitige Zahl der Betriebe in Sachsen kann den hiesigen Bedarf an ökologisch erzeugten Lebensmitteln bei Weitem nicht decken. Was bleibt also anderes übrig, als die Waren zu importieren? Dass dadurch eine große Chance vergeben wird, regionale
Wertschöpfung zu erzielen und Arbeitsplätze im ländlichen Raum zu schaffen, geht damit einher. In unserem Entschließungsantrag fordern wir deshalb, die erhöhte Umstellungsprämie für den ökologischen Landbau beizubehalten.
Mindestens genauso wichtig wäre es, dafür zu sorgen, dass konventionelle Betriebe nicht weitere AgrarUmwelt-Maßnahmen gefördert bekommen, die eigentlich gute fachliche Praxis sein müssten. Es kann doch nicht sein, dass aufgrund dieser Förderpraxis konventionell wirtschaftende Unternehmen mehr Geld einstreichen, als ein Ökobetrieb bekommt, für den diese Maßnahme in der täglichen Arbeit selbstverständlich ist.
Ein Beispiel für diese verquere Logik ist die Förderung einer klima- und gewässerschonenden Düngung. Sollte diese nicht selbstverständlich sein? Von Vertretern des Bauernverbandes wurde mir mehrfach versichert, dass kein Landwirt in Sachsen so viel dünge, dass Grund- oder Oberflächenwasser Schaden nehmen könnte. Zwar konnte man mir nicht sagen, warum 33 von insgesamt 70 Grundwasserkörpern in Sachsen einen chemisch schlechten Zustand aufweisen, weil sie mit zu viel Nitraten und Ammonium belastet sind, aber das ist nur eine Randnotiz.
Ich frage Sie: Wenn Sachsens Landwirte alles richtig machen, warum braucht es dann öffentliches Geld? So werden Mitnahmeeffekte provoziert. Sollte die gewässerschonende Düngung nicht eher Voraussetzung für die Genehmigung von Fördermitteln sein?
Meine Damen und Herren, obwohl die Staatsregierung verlauten lässt, den Verzicht auf Pflanzenschutz- und Düngemittel oder die Schaffung von Lebensräumen für wilde Pflanzen und Vögel fördern zu wollen, subventioniert sie weiter den Einsatz glyphosathaltiger Pflanzenschutzmittel über die Agrar-Umwelt-Flächenförderung. Dass Glyphosat negative Auswirkungen auf die Agrarökosysteme Grundwasser und Gesundheit von Mensch und Tier hat, ist doch mittlerweile hinreichend bekannt.
Die konservierende Bodenbearbeitung hat dazu geführt, dass der Einsatz von Herbiziden in der Landwirtschaft massiv zugenommen hat. Das Verfahren hat sich längst als ökonomisch rentables Standardverfahren etabliert. Es wird daher über die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes auf Bundesebene nicht mehr gefördert. Warum man die konservierende Bodenbearbeitung in Sachsen nach wie vor als eine Agrar-UmweltMaßnahme bezeichnet, ist mir ein Rätsel. Der Erosionsgefahr auf landwirtschaftlichen Flächen sollte durch Heckenpflanzung, Untersaaten, Zwischenfruchtanbau usw. begegnet werden.
Förderung von Investitionen in der Landwirtschaft. Die Unterstützung artgerechter Tierhaltung spielte bisher kaum eine Rolle. Laut Antwort der Staatsregierung auf meine Kleine Anfrage vom September vergangenen Jahres zur Förderung der Investitionen in Stallanlagen wurden in den Jahren 2012 und 2013 durchschnittlich nur 3,2 % der Fördermittel zur Anpassung der Anlagen an veränderte gesetzliche Rahmenbedingungen ausgereicht. Wie viele Tierhalter freiwillig in artgerechtere Haltungsbedingungen investiert haben, konnte die Staatsregierung leider nicht sagen. Nun sollen sie einen Bonus von 15 % erhalten. Wie ich meine, ist das ein erster Schritt, der nicht zuletzt dem Druck seitens der Europäischen Union zu verdanken sein dürfte.
Zusammenfassend stelle ich fest: Im Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum steckt Potenzial. Konsequent umgesetzt, schafft es den Regionen weitreichende Freiheiten bei der Gestaltung regionaler Entwicklungsprozesse. Die Betonung von Umwelt- und Klimaschutz sowie des Tierwohls sind für uns GRÜNE nicht zuletzt Bestätigung für unsere Arbeit in den vergangenen Jahren. Wir werden die Umsetzung des Programms aufmerksam und kritisch begleiten; denn Papier ist geduldig. Zunächst hat die Staatsregierung allerdings die Aufgabe, die von mir genannten Schwachstellen zu korrigieren. Das kann man nachher bei der Zustimmung zu unserem Entschließungsantrag noch deutlich machen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Staatsminister, Herr von Breitenbuch, wenn ich Ihre Wahrnehmungen und Analysen reflektiere, muss ich sagen: Entweder wir reden von unterschiedlichen Regionen, oder ich fühle mich an Zeiten erinnert, in denen trotz stets mindestens 110-prozentiger Planerfüllung Mangelwirtschaft
herrschte. Wenn man nämlich zum Beispiel in die Regionen der Lausitz schaut, sieht man als einzige blühende Landschaft auf den ehemaligen Textilindustriegebieten die Trümmerblumen blühen, aber eine ländliche Entwicklung hat dort nicht stattgefunden, nur eine Abwicklung. Das muss man einfach so stehen lassen.
Ich komme zu meinem für heute vorbereiteten Konzept. Die Fachregierungserklärung befasst sich mit einem Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum, das angeblich neu sein und darüber hinaus für eine verlässliche Politik stehen soll. Ich sage Ihnen gleich zu Anfang: Meine Fraktion, die NPD, bezweifelt alles, was in diesem euphemistischen Arbeitstitel zum Ausdruck gebracht werden soll. Dieses Programm ist keineswegs etwas bahnbrechend Neues, sondern lediglich ein Bestandteil des Brüsseler Konzeptes