Protocol of the Session on April 9, 2014

(Martin Dulig, SPD, steht am Mikrofon.)

Herr Bienst, möchten Sie noch eine Zwischenfrage zulassen?

Ja, bitte.

Das ist der Fall. Herr Dulig, bitte.

Da ich jetzt nicht genau weiß, inwieweit Sie als Vertreter der CDU-Fraktion oder als Vertreter der Staatsregierung sprechen, auch im Hinblick auf die gemeinsame Entstehungsgeschichte des ursprünglichen Antrages habe ich eine ganz einfache Frage: Wie zufrieden sind Sie mit dem aktuellen Zustand der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Sachsen?

Zur ersten Teilfrage: Ich habe mich damals geärgert, dass ich nicht mit unterschreiben durfte. Aber wir haben gesagt, ein bestimmtes Maß an Abgeordneten der CDU-Fraktion soll nur unterschreiben. Ich hätte es auch gern mit unterschrieben.

Zweite Frage: Ich weiß aufgrund der Erfahrungen, die ich in den letzten Jahren in anderen Ländern gesammelt habe, dass es tatsächlich keines Aktionismus bedarf und ein schrittweises Vorgehen bei der Umsetzung der Inklusion in Sachsen sein muss. Wie zufrieden ich heute bin, kann ich erst sagen, wenn ich eine Evaluation der Maßnahmen vorliegen habe, die in den letzten Jahren gelaufen sind. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg, um letztendlich positive Ergebnisse vorlegen zu können. Ich bin sehr optimistisch und momentan auch zufrieden. Danke.

Ich gebe aber trotzdem zu bedenken – und jetzt kommen wir zu der Kritik –, dass es in einem Umsetzungsprozess meines Erachtens schwierig ist, konkrete Zeitpläne zu erstellen und vor allen Dingen Finanzierungsaussagen zu treffen, die über mehrere Doppelhaushalte gehen. Parallel spielt die Umsetzung der Schulintegrationsverordnung eine wichtige Rolle. Die Umsetzung muss bei der Planung der nächsten Schuljahre höchste Priorität besitzen.

Dazu, aber auch für die oben genannten Sachverhalte benötigen wir keinen Antrag. Die Staatsregierung handelt sachgerecht an der Umsetzung des vom Landtag beschlossenen und von vielen Fraktionen getragenen Antrags aus dem Jahr 2011. Deshalb werden wir diesen Antrag heute hier ablehnen.

Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Für die Linksfraktion spricht Frau Falken.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist streckenweise gar nicht mehr anzuhören, wie zufrieden und positiv Sie mit dem Bildungsbereich – ob es die Berufs- und Studienorientierung im Antrag oder der Antrag zur Inklusion von den GRÜNEN und der SPD war – sind. Es ist alles hervorragend, es ist alles gut, es ist alles prima.

Wenn man sich aber einmal die Ergebnisse der Studie des Instituts für Menschenrechte anschaut – Herr Bienst, Sie haben gerade von der Studie gesprochen, auch Frau Herrmann hat sie vorhin schon erwähnt; ich möchte sie hier noch einmal benennen –, stellt man fest, dass es bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in den Bundesländern – die Studie ist aktuell, sie ist vom März 2014 –, ein Recht auf inklusive Bildung gibt. Das ist in Sachsen nicht umgesetzt worden. Es gibt die Pflicht der Staaten, dass es einen individuellen Rechtsanspruch für jedes einzelne Kind gibt – das ist im Freistaat Sachsen nicht umgesetzt –, dass die inklusive Bildung der Regelfall sein müsste – das ist im Freistaat Sachsen nicht umgesetzt –, dass es eine gesetzliche Grundlage im Freistaat zu diesem Thema geben muss – Sie haben es gerade selbst gesagt, das ist nicht umgesetzt. Die Existenz einer Förderschulpflicht ist unzulässig – wir haben eine Förderschulpflicht im Freistaat Sachsen. Das ist nach der UN-Behindertenrechtskonvention unzulässig. Die systematische Separierung stellt eine Diskriminierung der Schülerinnen und Schüler dar. Die systematische Separierung von Schülerinnen und Schülern wird im Freistaat Sachsen nach wie vor in größerem Umfang durchgeführt.

Wir brauchen natürlich eine gesetzliche Grundlage dafür; darüber sind wir uns auch vollständig einig, da gibt es auch gar keinen Streit zwischen uns. Die Ministerin hat neulich bei den Elternvertreten, beim Landeselternrat ganz klar gesagt – Sie waren selbst dabei, die bildungspolitischen Sprecher waren alle dabei –, dass es vor 2017 das neue Schulgesetz nicht geben wird. Das heißt, es werden noch einmal drei Jahre ins Land gehen, in denen Sie uns erklären, dass Sie Inklusion umsetzen, aber es wird gar nichts passieren, weil auch der erste Maßnahmenplan, den wir im Schulausschuss besprochen haben, nach dem jetzigen Schulgesetz ausgerichtet ist, und mit dem kann man überhaupt keine inklusive Bildung ernsthaft durchführen; denn – Sie haben es schon selbst benannt – ein zieldifferenter Unterricht ist aber der Klasse 5 überhaupt nicht an der allgemeinbildenden Schule möglich. Aber diese ist nach der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtend, und zwar nicht nur für die allgemeinbildenden Schulen schlechthin, sondern auch für die Gymnasien. Das Beispiel, das Frau Stange gerade gebracht hat, zeigt deutlich: Natürlich müsste das auch für das Gymnasium zutreffen.

Zur Barrierefreiheit an den Schulen. Wir haben es in Südtirol erlebt: Wenn ein Schüler dort über die Sommerferien an eine Schule kommt, die nicht barrierefrei ist, oder kein Fahrstuhl existiert, dann wird der Fahrstuhl über die Sommerferien angebaut. Es ist für uns hier in Sachsen unvorstellbar, dass so etwas passieren könnte. Aber es müsste passieren, um die Voraussetzungen zu erfüllen.

Das Expertengremium ist schon benannt worden; das will ich nicht noch einmal wiederholen. Der Antrag ist darauf aufgebaut – Frau Herrmann hat es schon gesagt –, und der Antrag wird auch unsere uneingeschränkte Zustimmung erhalten.

Zur Wahlfreiheit der Eltern bezüglich einer Schule: Ich war vorhin mit Patrick Schreiber in der Besuchergruppe. Er hat den Schülerinnen und Schülern gesagt: Wir wünschen uns eine Wahlfreiheit der Eltern, damit sie entscheiden können, ob sie ihre Kinder in die Förderschule oder in die allgemeinbildenden Schulen geben wollen. Da waren wir einer Meinung: wunderbar! Nur Sie müssen es auch umsetzen. Sie tun es nicht. Ständig und immer wieder klagen die Eltern ein, dass ihre Kinder in eine allgemeinbildende Schule im Freistaat Sachsen gehen dürfen.

Wir haben die Beispiele alle mehr oder weniger in unserem Umfeld. Ich habe es aktuell in Taucha – ich habe es das hier schon einmal erwähnt –, wo eine hervorragende Vorbereitung für diese 5. Klasse an der Mittelschule hätte durchgeführt werden können, weil die Schülerin in der Grundschule schon aktiv in der inklusiven Beschulung gewesen ist. Sie mussten klagen. Kurz, bevor die Schule losging, hat das Gericht gesagt, es ist erlaubt, selbstverständlich. Die Betreuerin ist nicht mehr da, weil sie schon längst wieder ein anderes Kind betreut. Das heißt, es ist eine neue Betreuerin für das Kind gekommen. Die Klasse war nicht vorbereitet, obwohl man das hätte machen können. Die Lehrer waren an der Schule nicht vorbereitet, obwohl sie alle positiv auf dieses Verfahren eingestellt sind.

Jetzt haben wir die Situation – übrigens, Frau Staatsministerin: Mitte Mai gibt es ein gemeinsames Gespräch zwischen Eltern, Schule und der Regionalstelle, ich werde dabei sein –, um das, was vielleicht an Problemen existiert, einmal ansprechen zu können und diese auch auszuräumen –: Die Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer ist an dieser Stelle ganz unkompliziert.

Die Uni Leipzig hat sich bereit erklärt, eine schulinterne Fortbildung durchzuführen, weil es keinen Sinn hat, den Lehrer einzeln herauszunehmen, weil wir das schulintern durchführen müssen. Da gibt es überhaupt keine Anfrage, weder von der Regionalstelle noch von der Schule, irgendetwas in dieser Richtung zu machen. Wenn wir nicht die vorhandenen Möglichkeiten umsetzen – die auch nicht viel kosten, sondern zum Interesse und zum Weiterkommen für das Kind ausgelegt sind –, dann werden wir auch keine inklusive Beschulung im Freistaat Sachsen haben.

Ich möchte es schon noch einmal ansprechen – Frau Herrmann hat es nur ganz kurz angeschnitten –, die Integrationsverordnung im Freistaat Sachsen – eigentlich, Frau Staatsministerin, könnten Sie die auch streichen, denn das, was darin steht, setzen Sie nicht um –: fünf Lehrerwochenstunden für eine Integration. Im Grundschulbereich sind es nur 1,5 Stunden, also noch viel weniger als das, was Sie vorhin schon benannt haben, Frau Herrmann. In Mittelschulen und Gymnasien sind es 2,5. Aber der zuständige Förderschullehrer, der begleitend dabei sein muss, hat in der Woche 0,5 Stunden. Der braucht viel mehr Zeit, um in die Schule zu kommen, als er dann die Möglichkeit hat, mit dem Schüler zu arbeiten.

Das ist natürlich ein eindeutiger Skandal, das geht überhaupt nicht. Aber: Frau Stange hat vorhin gesagt, wir müssen die Eltern, die Schüler und die Gesellschaft bei den Themen Integration und Inklusion mitnehmen.

Zu einigen Zahlen aus dem Kultusministerium aufgrund des Antrags, den wir zu Beginn des Schuljahres gestellt haben: An den Grundschulen existieren 175 Klassen mit Integrationskindern, davon 120 Klassen, in denen ein Integrationskind ist, aber weit mehr als 25 Schüler in der Klasse werden unterrichtet, und es gibt sogar 55 Klassen an der Grundschule, in denen mehrere Integrationskinder in der Klasse sind, wobei mehr als 25 Schüler in der Klasse existieren. Dasselbe gilt für die Mittelschulen, dort ist es noch viel drastischer – natürlich auch bei den Gymnasien. Mit diesen Maßnahmen werden wir weder eine Akzeptanz bei den Lehrern, den Eltern oder den Schülern erreichen, noch werden wir die Gesellschaft mitnehmen. Wir müssen die Bedingungen, die vor Ort existieren – deshalb die Forderung, in den nächsten Haushalt Mittel dafür einzustellen –, erfüllen, ansonsten werden Ihre Schönreden weiterhin Schönreden sein, aber die Realität sieht ganz anders aus.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Herr Bläsner spricht für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie erfordert nicht nur die Weiterentwicklung von gesellschaftlichen Haltungen und Einstellungen, sondern sie braucht auch strukturelle Veränderungen; ich glaube, so weit sind wir uns hier im Hohen Hause einig.

Wir sind auch bei den Veränderungen in den Köpfen teilweise erst am Anfang. Inklusion lässt sich auch nicht verordnen, und sie darf keinesfalls ideologisch gedacht werden. Forderungen, die hier im Hohen Hause kaum zu hören sind, jedoch in der bundesweiten Debatte des Öfteren eine Rolle spielen, wie etwa die Forderung nach Abschaffung von Förderschulen, ist eine solche ideologische Denkweise, die wir nicht unterstützen können.

Ich denke, Inklusion kann nur gelingen, wenn es auch zukünftig Förderschulen in Sachsen gibt. Ich bin auch froh darüber, dass wir in den vergangenen Jahren hinsichtlich der strukturellen Veränderungsprozesse weitergekommen sind. Es liegt ein erster Aktions- und Maßnahmenplan vor. Jetzt werden Sie sagen: Es hat auch lange genug gedauert. Wo ist der nächste Schritt? – Das mag sein, meine sehr geehrten Damen und Herren. Aber wir haben etwas, mit dem wir ganz konkret arbeiten können. Wir gehen Schritt für Schritt voran,

(Elke Hermann, GRÜNE: Zurück!)

und ich habe manchmal den Eindruck, dass die Opposition den einen oder anderen Schritt weglassen möchte.

Herr Bläsner, möchten Sie eine Zwischenfrage zulassen? – Frau Dr. Stange, bitte.

Herr Bläsner, da wir gemeinsam im Schulausschuss sitzen, frage ich Sie, ob Sie sich an die zeitliche Reihenfolge und auch an den Auftrag aus dem Schulausschuss erinnern können. Die Staatsregierung hat im Mai 2012 den Entwurf des Aktions- und Maßnahmenplanes vorgelegt. Im Dezember des gleichen Jahres hat die Expertenrunde das Gutachten vorgelegt und die Staatsregierung hat uns im Schulausschuss zugesagt – ich denke, Sie erinnern sich daran –, dass der Entwurf des Aktions- und Maßnahmenplanes mit den Empfehlungen der Expertengruppe angereichert wird. Erinnern Sie sich an diese zeitliche Reihenfolge?

Ich erinnere mich an diese zeitliche Reihenfolge, und sicherlich ist es der Wunsch von vielen, möglichst schnell die Dinge auf den Weg zu bringen. Aber ich sage, auch wenn es wie eine Phrase klingt: Bei diesem Thema geht Gründlichkeit und Qualität vor Schnelligkeit. Ich werde auch auf ein Beispiel verweisen, bei dem das sehr klar wird.

Wir in Sachsen gehen Schritt für Schritt voran. Was passiert, wenn man nicht Schritt für Schritt macht, sehen wir – mein Kollege Lothar Bienst hat es gesagt – in Bremen. Die Bertelsmann-Stiftung feiert Bremen als Vorreiter. Die GEW sieht das als Mogelpackung. Ich stimme hierin der GEW ausdrücklich zu. Es ist in Bremen eben die Inklusion auf die kalte Tour. Es wurde nicht Schritt für Schritt gegangen. Es wurde aus politischen Gründen, um eben eine schöne Quote zu haben, gesagt: Wir machen jetzt Inklusion für alle. Sie haben überhaupt nicht die Qualität im Auge gehabt. Ich denke, der Weg, den Bremen und andere Länder gehen, wenn sie diese Schritte zu schnell durchführen, ist gerade im Interesse der Schüler der falsche Weg.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das eine schließt das andere nicht aus. Auch uns als FDP ist bewusst, dass der Maßnahmenplan, den wir in Sachsen haben, natürlich weiterentwickelt werden muss. Die eingeleiteten Maßnahmen müssen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit überprüft werden. Das Thema Inklusion muss im Übrigen nicht nur im Schulbereich, sondern auch darüber hinaus, wenn wir die Berufsausbildung und die Werkstättenproblematik sehen, weitergedacht werden.

Ich möchte auch nicht verschweigen, dass ich für den einen oder anderen Forderungspunkt Ihres Antrages Sympathie habe. Aber das wird wie die Schulgesetzänderung umgesetzt werden. Ich habe übrigens das Datum 2017 bei der Veranstaltung nicht so vernommen. Das kam in der Frage vor, in der es um ein Gerücht ging. Ich glaube, Sie haben einen anderen Plan genannt, den ich nicht im Detail im Kopf behalten habe. 2017 war, glaube ich, doch etwas zu lang.

Das Kunststück wird sein, einerseits Hürden bei der Inklusion abzubauen und Einrichtungen, die sich auf den

Weg machen, zu unterstützen. Ich glaube, dort haben wir noch Verbesserungsbedarf. Das ist klar. Ich bin natürlich nicht mit der Situation an jeder einzelnen Schule zufrieden. Das kann man bei diesem Thema auch nicht sein. Es wird Probleme geben. Das ist richtig. Die Frage ist nur: Sind es Probleme, die aufgrund des schwierigen Umstellungsprozesses eintreten, oder werden sie, wie in Bremen, durch die Politik zusätzlich verstärkt?

Ich meine, wir in Sachsen gehen einen besseren Weg. Deswegen bin ich grundsätzlich mit der Ausrichtung, wie wir in Sachsen Inklusion vorantreiben, zufrieden. Wir sollten diesen Weg Schritt für Schritt weitergehen. Dann habe ich nicht nur die Hoffnung, dass uns Inklusion gelingen wird, sondern bin auch der Überzeugung, dass wir in Sachsen Inklusion gut hinbekommen. Ob das allerdings schon in der nächsten Legislaturperiode passiert, weiß ich nicht. Wir wissen, dass es ein langer Prozess ist. Das Ziel ist, dass dieser Prozess gelingt und nicht, wie in Bremen, durch schlechte Vorbereitung gestoppt wird, sondern dass wir zugunsten der Kinder eine Lösung finden, auch wenn es – das mag Sie vielleicht nicht zufriedenstellen – das eine oder andere Jahr länger dauert als in Bremen oder Nordrhein-Westfalen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde der allgemeinen Aussprache. Mir liegen keine Wortmeldungen für eine zweite Runde vor. Ich frage trotzdem die Fraktionen: Wünscht ein Abgeordneter das Wort? – Das kann ich nicht erkennen. Dann frage ich die Staatsregierung. – Frau Staatsministerin Kurth, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Die Ratifikation der UN-Behindertenrechtskonvention hat einen Prozess in Bewegung gebracht, dessen Dynamik und Ausprägung so vielfältig ist wie die Bundesländer selbst. Die Komplexität der dabei aufgetretenen Probleme machte schnell deutlich, wie steinig und schwer der Weg zu einem inklusiven Schulsystem ist. Einige Bundesländer – das wurde schon angesprochen – haben in aller Eile ihre Schulgesetze novelliert, Förderschulen abgeschafft oder in bestimmten Förderschwerpunkten auf eine Feststellung von sonderpädagogischem Förderbedarf verzichtet. Es hat sich gezeigt, dass dieses Vorgehen übereilt war und sich Probleme häufen, wie wir kürzlich in einer geschlossenen Ministersitzung der KMK besprochen haben.

Lehrer an Regelschulen sehen sich angesichts einer wachsenden Zahl an Integrationsschülern überfordert. Eltern fürchten um die Lernfortschritte ihrer Kinder. Kommunen streiten mit den Ländern darüber, wer die Folgekosten für inklusive Unterrichtung trägt. Nach dem Vorpreschen einiger Länder kehrt nun zunehmend Ernüchterung ein. Einige Bundesländer haben entsprechen

de Entscheidungen bereits teilsweise wieder rückgängig gemacht.

Dem Grundanliegen der Inklusion, gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen, hat dieses Vorgehen der Bundesländer eher geschadet als genutzt. Wir sind also gut beraten, unseren Blick auf diejenigen zu richten, um die es wirklich geht: die Menschen mit Behinderungen.

Meine Damen und Herren! Inklusion ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die im frühkindlichen Bereich beginnt und weit über die schulische Bildung hinausgeht. Aber ebenso wenig, wie wir gesamtgesellschaftliche Akzeptanz verordnen können, ist es möglich, das Bildungsideal Inklusion anzuweisen. Es ist deshalb umso wichtiger, die UN-Behindertenrechtskonvention schrittweise und mit Augenmaß umzusetzen.

(Horst Wehner, DIE LINKE, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Frau Kurth, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich möchte weiter ausführen.