Protocol of the Session on April 9, 2014

tungen, zahlreichen Dafür-Stimmen ist mehrheitlich Abschnitt 7 nicht zugestimmt worden.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Nachdem sämtliche Teile des Gesetzentwurfes abgelehnt wurden, findet über diesen Entwurf gemäß § 46 Abs. 7 Geschäftsordnung keine Schlussabstimmung statt. Damit ist die

2. Lesung abgeschlossen. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich bedanke mich bei dem Gebärdendolmetscher.

(Beifall des ganzen Hauses)

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 5

2. Lesung des Entwurfs

Gesetz zur Einführung der kommunalen Anstalt

des öffentlichen Rechts im Freistaat Sachsen

Drucksache 5/11427, Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 5/14146, Beschlussempfehlung des Innenausschusses

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache erteilt. Die Reihenfolge in der ersten Runde lautet wie folgt: DIE LINKE, CDU, SPD, FDP, GRÜNE, NPD und Staatsregierung, wenn sie das Wort wünscht.

Frau Junge, Sie stehen schon bereit. Sie haben das Wort für die einreichende Fraktion DIE LINKE. Bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetz zur Einführung der kommunalen Anstalt des öffentlichen Rechts im Freistaat Sachsen möchte die Fraktion DIE LINKE den Kommunen in Sachsen eine neue öffentlich-rechtliche Rechtsform an die Hand geben. Mit der Einführung der kommunalen Anstalt erhalten die sächsischen Kommunen ein modernes Instrument zur Unterstützung ihrer Aufgabenerledigung. Derzeit haben die Kommunen nur die reale Möglichkeit, kommunale Unternehmen als Eigenbetriebe oder GmbHs zu führen. Die Eigenbetriebsform als einzige öffentlichrechtliche Organisationsform reicht nicht aus, um die vielfältigen Aufgaben der Daseinsvorsorge bedürfnisgerecht zu erfüllen. Ein Eigenbetrieb ist letztendlich nur eine nicht verselbstständigte Form der Zusammenfassung von Vermögensmitteln bei der Kommune und daher keine echte Alternative für kommunale Unternehmen.

Die GmbH als Rechtsform des privaten Rechts lässt sich auf die Bedürfnisse der Gesellschafter zuschneiden. Aber aufgrund ihrer privatrechtlichen Stellung zeigt die Praxis, dass die kommunalen GmbHs der Einflussnahme ihres öffentlich-rechtlichen Trägers häufig entgleiten. Zudem können GmbHs nicht öffentlich-rechtlich handeln, sind steuerpflichtig und gewinnorientiert. Wir haben momentan kein öffentliches Unternehmen für Kommunen in Sachsen: „Wir haben nur den Eigenbetrieb oder die GmbH für eine Kommune. Das sind die Möglichkeiten. Das genügt aus meiner Sicht nicht“, so die Einschätzung des Sachverständigen Herr Hermensen von PricewaterhouseCoopers Legal AG. Die Mehrheit der Sachverständigen stimmten unserem Anliegen und dem vorliegenden

Gesetzentwurf am 14. November 2013 in der Anhörung des Innenausschusses zu.

Welche Vorteile hat nun eine kommunale Anstalt des öffentlichen Rechts? Prof. Dr. Ehlers, Hochschullehrer für öffentliches Wirtschaftsrecht an der Universität Münster, brachte dies auf einen Punkt. Ich zitiere aus dem Protokoll der Anhörung: „Die Anstalt des öffentlichen Rechts soll die mit der Verwendung der Eigenbetriebs- und GmbHFormen verbundenen Nachteile vermeiden, indem sie auf der einen Seite eine bessere Stellung als privatrechtliche Organisationsform ermöglicht und die kommunale Inhaberschaft besser zum Ausdruck bringt und auf der anderen Seite dem Unternehmen mehr Spielraum als durch den Eigenbetrieb eröffnet. Es geht also um einen Mittelweg zwischen der öffentlich-rechtlichen Bindung und der selbstständigen Wirtschaftsführung.“ Ja, wir möchten, dass auch die Kommunen diese dritte Rechtsform zur Erledigung ihrer Aufgaben nutzen können.

Auf Landesebene ist dies schon lange möglich. In Dresden führt der Freistaat Sachsen mit der Uniklinik eine erfolgreiche Anstalt des öffentlichen Rechts. Den Kommunen bleibt dieser Weg mit ihren kommunalen Kliniken bislang verwehrt. Warum gibt es diese Ungleichbehandlung zwischen Landes- und Kommunalebene? Wir möchten diese strukturellen Benachteiligungen beseitigen.

Wir sehen mehr Vorteile als Nachteile für kommunale Anstalten. Die kommunale Anstalt ist als selbstständiges kommunales Unternehmen verpflichtet, wirtschaftlich und effizient zu arbeiten. Die Überschusserzielung ist jedoch nicht primäres Unternehmensziel. Es entfallen eine Reihe nicht unerheblicher Kosten wie die Grunderwerbssteuer, Notariatskosten, Stammkapital, Kosten für Handelsregistereinträge oder zusätzliche Verwaltungskosten. Der große wirtschaftliche Vorzug dieser Rechtsform liegt in der Steuerfreiheit beim Betreiben des Unternehmens. Ebenso gestaltet sich die Finanzierung von Investitionsmaßnahmen durch zinsgünstige Kredite kostensparend. Wenn man einmal alles zusammen betrachtet, ergibt sich

Folgendes: Die kommunale Anstalt kann Aufgaben der Daseinsvorsorge preiswerter gestalten.

Nach Einschätzung der Sachverständigen gibt es auch keine negativen Erfahrungen in den anderen Bundesländern. Das Gegenteil ist der Fall. In Bayern und Nordrhein-Westfalen wird auf diese Rechtsform gern zurückgegriffen. Die Zahlen aus der Praxis zeigen ebenfalls, dass nicht mit einem Riesenerfolg der Anstalten zu rechnen ist und diese auch nicht die GmbHs und Eigenbetriebe verdrängen.

Wir sehen in der Praxis die Hauptanwendungsbereiche in der Abfallentsorgung, Straßenreinigung, Energieversorgung, Gesundheit, Kultur- und Freizeiteinrichtungen. Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge sollen und müssen die Kommunen wieder stärker in eigene Hände nehmen. Die kommunale Anstalt des öffentlichen Rechts ist dafür eine geeignete Rechtsform, um den Kommunen öffentlich-rechtliche Kooperationen deutlich zu erleichtern und die kommunale Selbstverwaltung zu stärken.

Deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung für das Gesetz zur Einführung der kommunalen Anstalt des öffentlichen Rechts im Freistaat Sachsen.

(Beifall bei den LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Für die einbringende Fraktion DIE LINKE sprach Frau Kollegin Junge. Für die CDU spricht nun Herr Kollege Hartmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir reden heute über die Einführung der kommunalen Anstalt des öffentlichen Rechts im Freistaat Sachsen, zumindest wenn es nach den Vorstellungen der Fraktion DIE LINKE geht. Im Ansatz ist dies, in der Tat, durchaus ein mögliches Unterfangen. Man kann durchaus zu Recht darüber diskutieren, ob wir auch in Sachsen die Anstalt des öffentlichen Rechts für unsere Kommunen brauchen oder eben nicht.

Schaut man in den Gesetzentwurf einmal hinein, kann man dort lesen, dass in acht Bundesländern die Anstalt des öffentlichen Rechts bereits eingeführt wurde. Das ist in der Tat der Fall. Verschwiegen werden jedoch die unterschiedlichen Ausgangslagen – auch zum Gemeindewirtschaftsrecht – in den Bundesländern. Wenn wir uns beispielsweise das Land Niedersachsen anschauen, dann ist dort eine qualifizierte Subsidiarität im Gemeindewirtschaftsrecht vorhanden. Diese sehen wir bei uns nicht. So viel zur praktischen Ausgestaltung.

Nordrhein-Westfalen, das einwohnermäßig größte Bundesland, hat seit der Einführung der Anstalt des öffentlichen Rechts circa 100 kommunale Anstalten gegründet. Es scheint also auch nicht das größte nachgefragte Instrumentarium zu sein.

(Zuruf der Abg. Eva Jähnigen, GRÜNE)

Aber konzentrieren wir uns auf Sachsen: Ich erinnere daran, dass wir im letzten Jahr eine sehr intensive Diskussion zur Novellierung des Kommunalrechts im Freistaat Sachsen geführt haben. Dort war auch das Gemeindewirtschaftsrecht Bestandteil. Wir haben dazu mit Ihnen in diesem Hohen Hause diskutiert, aber insbesondere – und das war uns wichtig – im Vorfeld mit den Vertretern der kommunalen Ebene, nämlich der Interessenvertretung der Landkreise, dem Sächsischen Landkreistag, aber auch mit dem Sächsischen Städte- und Gemeindetag als Interessenvertreter unserer sächsischen Kommunen, auch mit vielen anderen Interessenverbänden, die hieran beteiligt waren.

Ich muss Ihnen sagen: Erstaunlicherweise ist keiner auf die Idee gekommen, die Anstalt des öffentlichen Rechts in diese Diskussion aufzunehmen. Es war weder eine Forderung des Sächsischen Städte- und Gemeindetages noch des Landkreistages, diese Anstalt in Sachsen einzuführen, und zwar durchaus mit der Feststellung, dass es hierfür keinen Bedarf gibt oder er zumindest nicht gesehen wird. Der Vertreter des Landkreistages, Herr Groneberg, hat in der Anhörung zum heute vorliegenden Gesetzentwurf deutlich gemacht, dass aus Sicht des Landkreistages der Bedarf einer solchen Rechtsform nicht gesehen wird, auch mit Blick auf die vorhandenen Strukturen. Das können Sie sicherlich auch wieder anders interpretieren. Aber in der Anhörung ist das deutlich zum Ausdruck gekommen. Insoweit stellt sich die Frage, ob Sie ein Angebot schaffen in der Hoffnung, dass sich daraus eine Nachfrage generieren könnte. Wie gesagt, gesehen wird sie nicht.

Schauen wir uns den Gesetzentwurf als solchen an. Das Thema der Folgebetrachtung, der Folgebewertung, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nicht Bestandteil Ihres Gesetzentwurfs. Das wurde auch in der Anhörung vorgebracht. Die Frage der Auswirkungen und Folgen für Dritte fehlt völlig.

Auf das fehlende Erfordernis bin ich schon eingegangen. Es wird von den entsprechenden Interessenvertretungen nicht gesehen. Gleichzeitig haben wir eine ganze Reihe von Angeboten, nämlich einmal die Eigen- und Regiebetriebe, die Zweckverbände, die Verwaltungsgemeinschaften und die Rechtsform privaten Rechts, nämlich in Form der Aktiengesellschaft oder der in der Regel praktischen Ausgestaltung der kommunalen GmbH. Dafür gibt es auch einen guten Grund, und da bin ich bei Ihrem Gesetzentwurf.

Sie sprechen einfach einmal die Gewährträgerschaft aus. Das heißt, Sie sagen, die Kommune haftet zu 100 % für die Anstalt öffentlichen Rechts. Gleichzeitig schaffen Sie eine starke Stellung für den Vorstand und den Verwaltungsrat. Ich übersetze Ihnen, was das heißt: Sie haben eine Anstalt, die von einem Vorstand und einem Verwaltungsrat ohne unmittelbaren Einfluss der Kommune wirtschaftlich betrieben wird. Die Risiken daraus trägt die Kommune zu 100 %. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das muss man erst einmal mögen!

Aber zurück zum Thema volle Haftung – kaum Einfluss. Volle Haftung heißt: Es gibt einen Bonitäts-, Kredit- und Wettbewerbsvorteil für die Anstalt öffentlichen Rechts. Das können Sie zum einen positiv sehen, zum anderen sage ich Ihnen: Daraus erwächst Ihnen eine Schwierigkeit. Das ist das EU-Beihilferecht, weil Sie an der Stelle einen Wettbewerbsvorteil für ein kommunales Unternehmen schaffen und damit eine Benachteiligung für die am Markt agierenden Unternehmen, zumindest soweit sie sich in EU-rechtliche Rahmenbedingungen der Wettbewerbstätigkeit hineinbegeben.

Sie stellen ausdrücklich den Vorteil der Steuerbefreiung heraus. In der Tat ist es ein großer Vorteil für die Kommune und die Anstalt des öffentlichen Rechts, eine Steuerbefreiung zu haben. Aber dass das von Ihnen kommt, wobei Sie sonst immer so viel Wert darauf legen, dass die Unternehmen und die, die sich wirtschaftlich betätigen, auch anständig Steuern zahlen, ist schon eine spannende These.

Wir kommen zum Ergebnis: Die Anstalt des öffentlichen Rechts für die Kommunen ist durchaus eine mögliche Form, wenn es den entsprechenden Bedarf für sie gibt. Der Bedarf wird von den Interessenvertretern im Freistaat Sachsen nicht gesehen.

Ihr Entwurf ist aus unserer Sicht fehlerhaft in seiner Ausgestaltung. Deshalb werden wir ihn auch nicht mittragen. Wir lehnen ihn ab.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Auf Kollegen

Hartmann, CDU-Fraktion, folgt jetzt Frau Kollegin Köpping, SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir als SPDFraktion werden dem Gesetzentwurf ebenso zustimmen wie dem von der Fraktion DIE LINKE vorgelegten Änderungsantrag. Damit haben wir gleich beides genannt. Zwar vollzieht dieser Änderungsantrag nur diejenigen Änderungen nach, die aufgrund der zwischenzeitlichen Verabschiedung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Kommunalrechtes notwendig wurden. Hier hätten wir uns gewünscht, dass sich die Einbringerin des Gesetzentwurfes auch inhaltlich mit der von mehreren Sachverständigen in der Anhörung dargestellten Beihilfeproblematik befasst hätte. Andere Bundesländer haben dies innerhalb ihrer Gesetzgebung bereits getan.

Trotzdem unterstützen wir ausdrücklich das Grundanliegen, das der Gesetzentwurf beinhaltet. Denn mit dem Gesetzentwurf sollen den sächsischen Kommunen mehr Freiheiten eingeräumt werden, ohne ihnen zugleich Verpflichtungen aufzuerlegen. Wir halten es für sinnvoll, dass die Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts künftig auch den sächsischen Kommunen offenstehen soll und nicht mehr nur dem Freistaat selbst. Sachsen wäre

damit auch nicht länger das letzte verbliebene ostdeutsche Bundesland, das seinen Kommunen diese Option vorenthält.

Unser Ziel als SPD ist es, die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen im Bereich der Daseinsvorsorge als wesentliches Instrument zur Erfüllung ihrer Selbstverwaltungsaufgaben zu sichern und ihnen dabei noch mehr Gestaltungsspielraum einzuräumen. Der vorliegende Gesetzentwurf will genau das: mehr Gestaltungsfreiheit für die Kommunen dahin gehend, welche Organisationsformen sie für ihre wirtschaftliche Betätigung und Aufgabenerbringung nutzen können, ohne weitere Verpflichtungen für sie zu schaffen. Das ist für mich ganz wichtig.

Diese größere Wahlfreiheit für Sachsens Gemeinden und Landkreise unterstützen wir ausdrücklich, zumal die Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts die Vorteile mehrerer Rechtsformen vereint und deren jeweilige Nachteile gleichzeitig vermeidet. So bietet die kommunale Anstalt des öffentlichen Rechts im Vergleich zu Regie- und Eigenbetrieben deutlich mehr Selbstständigkeit und Flexibilität ähnlich der privaten Rechtsform der GmbH oder AG, ohne deren steuerliche Nachteile zu haben. Gleichzeitig erlaubt sie eine bessere Steuerung als die privatrechtliche Organisationsform und bringt damit die kommunale Inhaberschaft besser zum Ausdruck.

Auch die Erhebung von Abgaben in der kommunalen Anstalt des öffentlichen Rechts ist im Gegensatz zu privatrechtlichen Organisationsformen möglich. Gerade in den Bereichen der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung ist dies für viele Kommunen ein wichtiger Aspekt.

Ein Sachverständiger – ich glaube, es war Herr Prof. Ehlers – hat die kommunale Anstalt des öffentlichen Rechts als Mittelweg zwischen den öffentlich-rechtlichen Bindungen und selbstständiger Wirtschaftsführung bezeichnet. Diesen sinnvollen Mittelweg wollen wir den sächsischen Kommunen eröffnen. Ob sie sich dieser neuen Rechtsform auch bedienen wollen, sollen die betreffenden Gemeinden und Landkreise doch bitte schön selbst entscheiden; denn sie können am besten entscheiden, welche Organisationsform am besten zu den lokalen Bedürfnissen und Herausforderungen vor Ort passt.

Ich denke deshalb auch, dass es zu kurz gegriffen ist, wenn sich die kommunalen Spitzenverbände sowohl in ihren schriftlichen Stellungnahmen als auch im mündlichen Vortrag in der Anhörung lobend über die vielen Vorteile der kommunalen Anstalt des öffentlichen Rechts äußern, andererseits aber bezweifeln, dass es tatsächlich Bedarf für die Einführung dieser Rechtsform gibt. Andere Experten aus der Praxis, zum Beispiel Herr Herrenson, haben – abgesehen von den zahlreichen theoretischen Vorteilen – sehr wohl auch die praktischen Bedürfnisse für diese Gestaltungsform im Freistaat Sachsen gesehen, beispielsweise im Bereich der auslaufenden PPP-Modelle.