Die Einführung der sogenannte Mütterrente kann man gut finden. Ich finde das gut. Ich finde es aus dem Grund gut, weil Kinder, die vor dem Jahr 1992 geboren wurden, nicht anders als Kinder zu behandeln sind, die danach geboren wurden.
Das ist in Ordnung. Die Finanzierung ist nicht in Ordnung. Wir nehmen diese Summe aus der Rentenversicherung. Sie wird uns dort fehlen. Das muss steuerfinanziert sein! Es nützt uns auch nichts bei der Altersarmut, weil die Frauen oder auch die Männer, die im Alter arm sind, Grundsicherung beziehen. An der Grundsicherung ändert
sich nichts. Sie haben nicht mehr in der Tasche, wenn sie Mütterrente beanspruchen. Das wird nicht mehr. Da müsste man einen Teil freistellen. Diesen Vorschlag gab es auch schon.
Ich möchte noch einmal sagen: Gerechtigkeit ist in dem Zusammenhang das falsche Wort; denn auch die Mütter, die nie in die Rentenversicherung eingezahlt haben, bekommen die Mütterrente. Gerecht kann man das nicht nennen. Man kann es aber trotzdem wollen. Gerechtigkeit ist an dieser Stelle das falsche Wort.
Ich möchte noch kurz etwas zur abschlagsfreien Rente mit 63 sagen. Wir haben hier in diesem Landtag Diskussionen geführt. Wir haben eine längere Lebenserwartung. Jetzt eine kürzere Lebensarbeitszeit für Menschen einzuführen, die 45 Beitragsjahre haben, hat ebenfalls nichts mit Gerechtigkeit zu tun, vor allen Dingen nicht mit Generationengerechtigkeit. Man kann das wollen, aber dann muss man sagen, warum man das macht. Mit Gerechtigkeit hat es nichts zu tun.
Wenn wir all diese Dinge aus der Rentenversicherung finanzieren, werden wir das Problem haben, dass in drei Jahren die Rücklage aufgebraucht ist. Dann werden die Generationen, die danach Rente beziehen, weniger bekommen. Das hat nichts mit Gerechtigkeit zu tun. Also, wenn wir das wollen, muss man den Grund nennen, warum man das macht. Gerecht ist es jedenfalls nicht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heutige Aktuelle Debatte ist wohl dem Umstand geschuldet, dass dem Bundeskabinett ein Entwurf mit dem etwas sperrigen Titel „Rentenversicherungsleistungsverbesserungsgesetz“ vorliegt und DIE LINKE dazu im Bundestag einen Antrag eingebracht hat und die Regelungen, wie sie beabsichtigt werden, in Gesetzesform durchzusetzen, kritisiert, aus Sicht der NPD-Fraktion auch zu Recht kritisiert.
Es ist nicht nachvollziehbar, warum Kinder, die vor 1992 geboren wurden, in der Rentenversicherung mit weniger Entgeltpunkten bedacht werden als Kinder, die nach 1992 geboren sind. Auch die Finanzierung aus Beitragsmitteln mit der Folge, dass die Rücklagen, die in der Rentenversicherung angesammelt wurden, dadurch abschmelzen werden, ist gerechtfertigt. Ebenso ist eine Angleichung der Rentenwerte von Ost und West 25 Jahre nach der deutschen Einheit durchaus gerechtfertigt.
Dennoch: Wenn man heute über das Thema Rentengerechtigkeit spricht, müssen noch ganz andere Fakten auf den Tisch, die leider bislang unberücksichtigt geblieben sind, nämlich dass sich die Rentenversicherung generell in einer Schieflage befindet. Dazu nur zwei Zahlen: Der
Rentenzuschuss aus dem Bundeshaushalt – also Rentenzahlungen, die nicht über Beiträge finanziert werden – ist seit 1992 von 32 Milliarden Euro auf 81 Milliarden Euro gestiegen. Das ist der größte Posten bei den Ausgabensteigerungen im Bundeshaushalt und macht insgesamt rund ein Viertel des Bundeshaushalts aus. In der Vergangenheit wurden auch schon 12 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt für die Kindererziehungszeiten gezahlt.
Diesen Zahlen muss man vielleicht einmal die Zahlen aus der Studie der Bertelsmann-Stiftung mit dem Titel „Familien in der gesetzlichen Rentenversicherung“ entgegensetzen. Dort findet sich die Aussage, dass ein heute 13Jähriger zukünftig durchschnittlich 77 000 Euro mehr in die Rentenkasse einzahlen wird, als er voraussichtlich als Rente bekommen wird und die sogenannte Mütterrente durchschnittlich insgesamt nur 8 300 Euro für erbrachte Erziehungsleistungen als Rentenzahlung auszahlt. Das zeigt, dass die Rentenversicherung tatsächlich in einer solchen Schieflage ist, wodurch man – zumindest was die Zukunft angeht – kaum mehr von Rentengerechtigkeit sprechen kann.
Lassen Sie mich im Zusammenhang mit der Mütterrente vielleicht noch einmal das Grundproblem hier formulieren, dem die Regelungen, wie sie jetzt beabsichtigt sind, in keiner Weise gerecht werden. Mütter oder auch Väter zahlen während ihrer Erziehungszeit keine Beiträge und bekommen demzufolge auch keine Anwartschaften für diesen Zeitraum. Gleichzeitig gibt es aber während der Erziehungsphase finanzielle Mehraufwendungen, die oft geringeren Einkünften entgegenstehen. Deshalb ist es heute so, dass Kinder ein Armutsrisiko sind.
Als NPD-Fraktion haben wir hier im Sächsischen Landtag immer wieder ein Modell eingebracht, entwickelt, versucht zu diskutieren, das, glaube ich, die Anerkennung von Erziehungsleistungen sehr passgenau berücksichtigen würde. Das ist das sogenannte Müttergehalt. Nach Vorstellung der NPD ist dieses Müttergehalt sozialversicherungspflichtig. Das heißt, Mütter oder auch Väter, die Erziehungsleistungen erbringen, bekommen dafür ein Gehalt, wovon Sozialversicherungsbeiträge eingezahlt werden, damit Rentenansprüche entstehen, die der Rentenversicherung direkt zufließen würden. Mit dem Gehalt hätte man ein Einkommen, sodass die Erziehungsleistungen zumindest nicht so stark mit Einkommenseinbußen einhergehen.
Das ist unser Modell, das wir favorisieren und mit dem wir eine Lösung sehen. Natürlich muss man dazu den politischen Mut haben. Was die Bundesregierung versucht, ist im Grunde genommen nicht mehr als ein fauler Kompromiss. Die CDU wollte die Verbesserung bei der Mütterrente, aber keine Steuererhöhung. Die SPD wollte Steuererhöhungen, aber keine Mütterrente, weil man das ablehnt. Man hat sich in der Mitte getroffen. Es ist nur ein fauler Kompromiss herausgekommen, anstatt ein zukunftsfähiges und tragfähiges Konzept zu entwickeln. Das schlagen wir als NPD vor. Vielleicht hat man demnächst
Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Mir liegt noch eine Wortmeldung für die zweite Runde vor. Frau Gläß spricht für die einreichende Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Erstes – damit es auch im Protokoll steht: Ich freue mich für die vielen Frauen, die ab 1. Juli mehr Geld bekommen, die eine höhere Rente bekommen. Ich weiß, dass viele von ihnen auch in Erwartung dieses Versprechens der Mütterrente ihr Kreuz bei der vergangenen Bundestagswahl bei einer bestimmten Partei gemacht haben. Aber ich freue mich für sie, dass sie diesen Zuschlag bekommen, den sie auch verdient haben.
Frau Ministerin, Sie haben uns durchaus auf Ihrer Seite. Es wurde Ihnen von der SPD schon gesagt: Kämpfen Sie weiter um die Finanzierung dieser Rentenerhöhung für die Frauen aus Steuermitteln. Das ist der richtige Weg, und auch wir wollen das.
Aber – und das wurde schon mehrfach von vielen Rednerinnen und Rednern gesagt – es ist keine Gleichstellung, die mit dieser Mütterrente erreicht wird. Es gibt keine Gleichstellung für die Kinder, die vor 1992 und nach 1992 geboren wurden. Die einen bekommen zwei Rentenpunkte, die anderen drei. Es ist keine Gleichstellung zwischen Ost und West. Im Osten sind es 25,73 Euro, im Westen sind es 28,13 Euro, also ein Unterschied von 2,40 Euro, der gerade bei dieser Mütterrente durch nichts gerechtfertigt ist.
gesellschaft. Ein Westkind vor 1992 ist 56,26 Euro wert, ein Westkind nach 1992 84,39 Euro. Ein Ostkind vor 1992 ist 51,46 Euro wert und ein Ostkind nach 1992 77,19 Euro. Mit diesen Zahlen werden wir vielleicht einmal den Leuten sagen müssen, wie doch recht unterschiedlich und ungerecht die einzelnen Kinder beurteilt werden.
Wenn ich mir meine Enkelinnen ansehe, stelle ich fest: Die erste ist 1991 geboren, wird ihrer Mutter also fast zwei Punkte bringen, die zweite Enkelin, 2006 in Düsseldorf geboren, wird drei Punkte bringen. Glücklicherweise wurde dann das Stellwerk in der Oberlausitz in Reichenbach abgerissen, sodass sie bei Renteneintritt ihrer Mutter alle beide „Westkinder“ sein werden, das wäre gut.
Warum aber, Frau Ministerin, hat sich Sachsen der Initiative von Thüringen, Sachsen-Anhalt und anderen ostdeutschen Ländern nicht angeschlossen, gerade bei der Mütterrente keinen Unterschied mehr zwischen Ost und West zu machen? 25 Jahre nach dem Fall der Mauer könnte man wenigstens da anfangen, eine gewisse Angleichung von Ost und West in Kauf zu nehmen.
Aber es gibt auch noch andere Ungerechtigkeiten bei der Mütterrente. Sie haben vielleicht den Beitrag von der Betriebskrankenschwester aus Großenhain gelesen. Sie hat festgestellt, dass ihr die Kindererziehungszeiten – also dieses eine Jahr, das sie bekommt – nicht voll ausgezahlt werden, weil die Rentenpunkte der Mütterrente bei Frauen, die nach der Geburt ihrer Kinder sofort wieder arbeiten gehen, auf den Verdienst angerechnet werden. Das trifft in großem Maße wieder die ostdeutschen Frauen, weil hier eine Kinderbetreuung möglich war und die Betriebe und Einrichtungen ihre Frauen natürlich gebraucht haben. Deshalb wird es hier wieder zu weiteren Ungerechtigkeiten kommen, und zwar schon dadurch, dass die sogenannten Bestandsrentnerinnen und -rentner den vollen Punkt berechnet bekommen, aber die Frauen, die nach dem 1. Juli 2014 Rente beantragen, diese Verrechnung mit den Arbeitsentgelten bekommen.
Wir sehen, dass die sogenannte Mütterrente sehr viele Ungerechtigkeiten beinhaltet: Ost, West, Jung, Alt, Bestandsrentnerinnen und -rentner oder Frauen, die in Rente sind, und Frauen, die erst in Rente gehen werden. Für mich bedeutet das: Gut, meine Enkelin wird ihrer Mutter nicht so viel einbringen. Da meine Tochter im Westen nach zwölf Wochen wieder arbeiten gegangen ist und der Vater die Erziehungszeit genommen hat, wird sich die kleine West-Schwester der großen Ost-Schwester einigermaßen wieder annähern.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich kann man seinen Kopf so lange schütteln, bis man auch wirklich ein Haar in der Suppe findet.
Bei allen Punkten, die man hier hat – keine Frage, man kann viel über Gerechtigkeit philosophieren –, ist allen eines klar: Diese Mütterrente ist eine deutliche Verbesserung für diejenigen Frauen – über 600 000 Frauen in Sachsen –, die sich für die Kindererziehung entschieden haben; 9,5 Millionen in Deutschland.
Ich finde das von den GRÜNEN Gesagte lustig: Also Entschuldigung, Sie haben im Bundestagswahlkampf selbst gefordert, dass die Kindererziehungszeiten besser anerkannt werden müssen. Jetzt sind Sie nicht in der Regierung, und weil die Regierung es fordert, müssen Sie reflexartig genau das Gegenteil sagen. Heute sagen Sie: Das ist ganz ungerecht, was die da machen! – Ich finde das sehr schade. Da kann man doch auch einmal die Größe haben und zumindest innerhalb eines Jahres die Meinung beibehalten und sagen: Die Mütterrente ist etwas Gutes, und dazu stehen wir auch als GRÜNE.
Dann sagen Sie: Das ist doch ganz ungerecht. Die machen ja nichts gegen Altersarmut. – Wenn Sie das in Klammern bei der Rente mit 63 sagen würden, hätte ich noch Verständnis dafür, weil wir da sicherlich nicht die erreichen, die in Altersarmut abgerutscht wären, denn die haben ja keine unterbrochenen Erwerbsbiografien. Aber bei der Mütterrente, bezüglich derer wir wissen, dass die Frauen vor allem in Altersarmut leben – nicht die Männer –, tun wir doch gerade den Frauen etwas Gutes und sorgen dafür, dass sie nicht in Grundsicherung, also in Hartz IV, im Alter leben, sondern vielleicht den Sprung darüber schaffen und eine Rente haben, die über dem Grundsicherungsniveau liegt.
Zur Gerechtigkeit: Sie wollen mir doch nicht ernsthaft sagen, dass es gerecht ist, dass es richtig ist, dass eine Frau, die sich für Kindererziehung entschieden hat, die zu Hause geblieben ist, die vielleicht sieben Kinder hat, im Alter nichts hat und auf Grundsicherung angewiesen ist, während einer Frau, die durchgängig gearbeitet hat, die keine Kinder hat – was in Ordnung ist –, die Rente von den Kindern gezahlt wird, deren Mutter in Altersarmut lebt. Das können Sie mir nicht ernsthaft sagen. Das können Sie doch den Leuten im Land nicht erklären, sondern es muss doch deutlich werden, dass sich die Leute, die sich für Kinder entschieden haben, die sich für Rentenzahler entschieden haben, im Alter auch bitte schön etwas davon haben, dass Sie sich um die Generationengerechtigkeit kümmern.
Dann noch etwas zur Gerechtigkeit zwischen Ost und West: Auch darüber kann man philosophieren. Ich bin vorhin auf das eingegangen, was Sie immer verschweigen: dass es eine Aufwertung für diejenigen gibt, die heute arbeiten, die eine höhere Rentenanwartschaft haben als die im Westen. Das gehört zur Ehrlichkeit dazu. Wenn Sie aber über Gerechtigkeit philosophieren, dann hätte ich mir gewünscht, dass Sie auch einmal bezüglich der Gerechtigkeit der Rente eines DDR-Rentners und seiner Hungerrente und den heutigen Renten philosophieren.
Die Gerechtigkeitsdiskussion hätten Sie ruhig auch einmal führen können, wenn Sie so im Großen und Ganzen über Gerechtigkeit philosophieren.
Bei ihnen war Altersarmut mit der Mindestrente vorprogrammiert. Da sagen Sie: Das ist ein Rentenpaketchen. – Mich wundert es, dass die ganze Welt darüber spricht. Wie auch, wenn es nur ein Paketchen ist?
Ein Päckchen. Ja, das ist okay, das ist richtig. Da wird sich Herr Besier ja freuen, dass bei den LINKEN nicht alle intellektuell unterbelichtet sind. – Beim Rentenpäckchen, wie Sie das schon so nennen, sind einige Punkte dabei, über die man, finde ich, auch einmal eine Aktuelle
Debatte führen könnte, zum Beispiel, wenn es um diejenigen geht, die krankheitsbedingt aus dem Erwerbsleben eher ausscheiden, dass wir sagen: Wir wollen nicht, dass die automatisch in Altersarmut fallen. – Das, finde ich, ist ein ganz wichtiger Punkt. Denn Krankheit darf nicht dazu führen, dass man in Altersarmut kommt. Das ist ein wichtiger Punkt.
Wir haben im Koalitionsvertrag auch das Thema der solidarischen Lebensleistungsrente. Auch das ist mir wichtig, und auch das ist für mich eine Frage der Gerechtigkeit. Gerecht ist Folgendes: Derjenige, der früh aufsteht, den ganzen Tag lang arbeitet, muss am Lebensende eine Rente haben, die höher als Grundsicherung ist. Arbeit muss sich lohnen. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit.
Das ist für mich auch eine Frage der Leistungsgerechtigkeit. Deswegen sollten wir das nicht schlechtreden. Wir haben beim Thema Rente sehr viele gute Punkte. Man kann über Einzelheiten streiten, das ist vollkommen legitim, aber ich glaube, wir sind mit diesem Rentenpaket auf dem richtigen Weg, und wir tun damit etwas für die Menschen in unserem Land, die ihr Leben lang gearbeitet haben.