Protocol of the Session on March 13, 2014

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Wir müssen also darauf hinweisen und drängen, dass die drei Monate, die das Gesetz vorsieht, personell und organisatorisch so ausgestaltet werden, dass diese Verfahrensdauer erreicht werden kann.

Dann, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir an eine konsequente Prüfung und eine sehr schnelle Beurteilung der Sachlage herangehen, reduzieren sich auch die Zahlen derer, denen wir jetzt Unterstützung und Obdach geben. Für diese gilt jedoch, dass wir sie in die Rahmenbedingungen unserer Gesellschaft integrieren und ihnen jegliche Unterstützung geben wollen.

(Beifall der Staatsministerin Christine Clauß)

Deswegen noch einmal: Lassen Sie uns die Zeit, dieses Konzept in Ruhe, mit Augenmaß und mit Bedacht umzusetzen. Geben Sie uns gemeinsam die Chance – nicht im Wettbewerb um die besseren Taten, sondern in Verantwortung für dieses Land und diese Menschen –, das Thema Asyl, Zuwanderung und Integration auch im Verhältnis zu den berechtigten Interessen der Bürger in unserem Land zu gestalten.

(Zuruf des Abg. Andreas Storr, NPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der NPDFraktion, so langsam gebe ich es schier bei Ihrem Gequatsche auf, noch zu hoffen, dass überhaupt ein Gedanke in Ihren Kopf hineingeht – bei dem, was aus Ihrem Kopf herauskommt.

Ich danke für die Aufmerksamkeit – schönen Tag!

(Beifall bei der CDU, der FDP und des Abg. Karl Nolle, SPD)

Das war Herr Kollege Hartmann für die CDU-Fraktion. Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt Frau Klinger.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, die Unterbringung von Asylsuchenden, von geflüchteten Menschen ist gerade in vielen sächsischen Kommunen Thema Nummer eins.

Am vergangenen Dienstag hat der Sächsische Ausländerbeauftragte, Herr Dr. Gillo, den Heim-TÜV für das Jahr 2013 vorgestellt und darin festgestellt: „Unterbringung meint mehr als Bett und Tisch. Eine Beteiligung der Asylsuchenden und der menschenwürdige Umgang mit ihnen sind entscheidend auch für das positive Miteinander.“

Ich möchte in meinem Redebeitrag speziell auf den menschenwürdigen Umgang miteinander eingehen und ein paar Punkte erwähnen, die in den Konzepten noch nicht enthalten sind, aber nach Auffassung der Linksfraktion unbedingt bedacht werden müssen.

An erster Stelle nenne ich die medizinische Versorgung. Zunächst einmal geht es darum, überhaupt das Überleben dieser Menschen sowie ihre körperliche und seelische Unversehrtheit sicherzustellen. Ich erinnere daran, dass in diesem Jahr ein Mensch vermutlich deshalb gestorben ist – das ist tragisch –, weil die medizinische Versorgung nicht rechtzeitig gewährleistet worden ist. Zur Erinnerung für alle: Wie ist zurzeit die Situation? Nach dem Gesetz

werden nur akute Schmerzustände bzw. akute Erkrankungen sowie begleitende Behandlungen bei Schwangerschaft und Geburt gewährleistet.

Wir haben einen Antrag vorgelegt, mit dem wir die medizinische Versorgung von Geflüchteten verbessern wollen. Unser Ziel ist es, unbürokratisch und schnell Zugang zu ärztlicher Versorgung zu gewährleisten. Wir wollen auch präventive Angebote ermöglichen. Die Krankenkassen bezahlen das auch für uns alle, weil die Wahrnahme dieser Angebote kostensenkend wirkt. Warum sollen wir das nicht für Menschen, die zu uns geflüchtet sind, sicherstellen? Wir fordern zudem eine Versicherungs-Chipkarte, damit Abläufe schneller und unbürokratischer vonstattengehen können.

Nächster Punkt: Teilhabe. Die Möglichkeit zur Teilhabe muss unbedingt gegeben sein, wenn ein menschenwürdiger Umgang miteinander erreicht werden soll. Wir müssen den Spracherwerb – dazu hat Kollegin Herrmann schon etwas gesagt – von Anfang an ermöglichen. Wir müssen Arbeit ermöglichen und Bildungsgelegenheiten schaffen. Wir müssen Menschen in eigenen Wohnungen unterbringen.

(Gitta Schüßler, NPD: „Wir müssen“? Was müssen die denn?)

Ich habe die Worte von Herrn Ulbig gehört und hoffe, dass die Ankündigungen tatsächlich umgesetzt werden. Insofern gebe ich Ihnen jetzt einfach einen Vorschuss. Wir werden das natürlich kontrollieren.

Das Ehrenamt gilt es weiter zu fördern. Begegnung muss ermöglicht werden. Ich nenne das Beispiel des Vereins „Internationale Gärten Dresden“. Dieses gute Beispiel ist prämiert worden. Nun steht es aber zur Disposition – das ist sicherlich nicht die Schuld der Staatsregierung –, weil dort ein Parkhaus errichtet werden soll. Das darf einfach nicht sein. Da müssen auch die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker tätig werden.

Wir sollten ganz allgemein unsere demokratische Kultur, unsere Werte vermitteln. Das gelingt am besten durch Mitbestimmung und durch Selbstbestimmung der Betroffenen. Auch das muss gestärkt werden.

(Beifall bei den LINKEN)

Nächster Punkt: Wir müssen Rassismus entschieden entgegentreten. Das ist unglaublich wichtig. Spätestens seit Herbst letzten Jahres gibt es verstärkt rechte und rassistische Mobilisierung und Angriffe auf Geflüchtete und deren Unterkünfte. Die Amadeu-Antonio-Stiftung schreibt, dass es allein im Jahr 2014 – es sind noch nicht einmal drei Monate vergangen – bundesweit 21 Angriffe und 24 Proteste gegen Asylunterkünfte gegeben hat.

(Holger Szymanski, NPD: Die Stiftung ist ja auch total glaubwürdig!)

Rassismus muss benannt und geächtet werden. Dieses Erfordernis muss Teil Ihres Kommunikationskonzeptes sein, Herr Staatsminister.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Auch institutioneller Rassismus ist zu beenden. Beispielsweise könnten Sie sich auf Bundesebene dafür einsetzen, endlich das Asylbewerberleistungsgesetz

abzuschaffen. Das ist ein diskriminierendes Sondergesetz, das keinen gleichrangigen Zugang zum Sozial- und Gesundheitssystem herstellt. Es diskriminiert Menschen, es schließt sie aus.

Zur Bekämpfung von Rassismus gehört es auch, eine eigenständige Gedenkkultur für Opfer rassistischer und neonazistischer Gewalt nach 1990 zu entwickeln.

(Beifall der Abg. Kerstin Köditz, DIE LINKE)

Zudem sind rassistische Einstellungsmuster in Institutionen, Ämtern und Behörden – auch bei der Polizei – anzugehen.

(Jürgen Gansel, NPD: Auch unter den Wählern der Linkspartei! Lesen Sie die Statistik!)

Auch dort ist eine interkulturelle Öffnung konsequent voranzutreiben.

Mit diesen Maßnahmen wird eine wirkliche Willkommenskultur für alle erreicht.

(Holger Szymanski, NPD: Und der Steuerzahler bezahlt es!)

Ich werde mich in der zweiten Runde noch einmal mit einem Redebeitrag zu Wort melden.

(Beifall bei den LINKEN)

Nach Frau Klinger, Fraktion DIE LINKE, spricht nun Frau Kollegin Friedel für die SPD-Fraktion. Bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Herrmann hat vorhin auf eine Entwicklung hingewiesen, die ihr in Bezug auf diese Aktuelle Debatte sehr wichtig erscheint – ich teile diese Einschätzung –: Bei uns im Freistaat Sachsen hat ein Umdenken stattgefunden, was den Umgang mit Menschen betrifft, die geflüchtet sind, die in Not sind und unsere Hilfe suchen.

Dass dieses Umdenken stattgefunden hat, ist das Verdienst vieler, auch vieler engagierter Bürgermeister – Herr Staatsminister, Sie waren ganz vorn mit dabei –, die gesagt haben: Wir müssen hier etwas tun, wenn wir in Sachsen weltoffener werden und mehr Willkommenskultur zeigen wollen. Das ist auch das Verdienst der von unserem Haus gewählten Ausländerbeauftragten, die immer wieder dafür gekämpft haben. Das gilt nicht nur für Herrn Gillo, sondern auch für seine Vorgänger. Schließlich ist es ein Verdienst der vielen Initiativen und Vereine, letztlich aller Menschen, die sich engagieren, ob aus humanistischen Idealen oder aus christlicher Nächstenliebe. Das alles hat dazu beigetragen, dass wir hier in

Sachsen einen neuen, anderen, verantwortungsvollen Umgang mit dem Thema „Flüchtlinge und Asyl“ gefunden haben.

Absurderweise tragen auch die Hasstiraden der NPD dazu bei, dass wir Flüchtlinge besser, menschenwürdiger behandeln; denn die NPD führt uns jedes Mal vor Augen, wohin wir kämen, wenn wir mit diesem Denken unterwegs wären.

(Andreas Storr, NPD: Erzeugen wir so große Schuldgefühle?)

Das Unterbringungs- und Kommunikationskonzept liegt uns nicht formal als Drucksache vor. Insofern können wir nur auf das zurückgreifen, was die Staatsregierung in einer Presseerklärung mitgeteilt hat und was uns der Staatsminister hier vorgetragen hat. Die wichtigen Themen sind schon angesprochen worden.

Ich habe es so verstanden, dass der Finanzierungsvorbehalt bei der Sozialarbeit nur formal bestehe. Ich hoffe sehr, dass dem wirklich so ist; aber das glaube ich erst, wenn ich den neuen Haushalt sehe.

Den Schlüssel 1 : 150 halte ich für nicht besonders glücklich. Man kann sich vorstellen, dass Menschen in Not viel Beratungsbedarf haben; angesichts dessen ist dieser Schlüssel ein sehr niedriger.

In dem Konzept heißt es – das ist ein großer Schritt –, dass Flüchtlinge in die deutsche Gesellschaft und Kultur integriert werden sollten. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist Spracherwerb. Wir machen so lange halbe Sachen, solange wir Asylbewerberinnen und Asylbewerbern den Spracherwerb nicht ermöglichen bzw. sie dabei nicht unterstützen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, der noch fehlt.

Zum Frühwarnsystem: Wir hören, dass es das Ziel sei, Spannungen frühzeitig zu erkennen, damit man eher auf sie reagieren und ihnen vielleicht sogar vorbeugen könne. Das halte ich für einen wichtigen Ansatz. Ich verstehe auch unser Plenum als Frühwarnsystem und spreche jetzt eine frühe Warnung aus: Es ist zwar an sich gut, dass der Freistaat Sachsen neue Erstaufnahmeeinrichtungen

schafft. Der für die neue Erstaufnahmeeinrichtung in Dresden ins Auge gefasste Standort – zwischen Justizvollzugsanstalt, Mülldeponie und Polizeipräsidium – ist aber denkbar schlecht. Wenn wir es ernst meinen mit Integration und mit dem Ziel, wie es im Konzept niedergelegt ist, dass sich Flüchtlinge ehrenamtlich in Vereinen engagieren und generell in Austausch mit der Gesellschaft kommen, dann dürfen wir sie nicht am Stadtrand, in der Schmuddelecke der Landeshauptstadt, verstecken.

(Jürgen Gansel, NPD: Vielleicht auf dem Villenhügel?)