Protocol of the Session on January 30, 2014

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der CDU: Jawohl!)

Meine Damen und Herren, insbesondere Frau Abg. Pinka, hier davon zu reden, dass der Kommission Sand in die Augen gestreut worden sei,

(Zuruf von der CDU: Das ist eine Unverschämtheit!)

ist zum einen wenig respektvoll gegenüber Herrn von Kirchbach und den Mitgliedern der Kommission und zum anderen unterstellt es, dass die Staatsregierung in der vergangenen Zeit falsche Entscheidungen getroffen und diese gegenüber der Kommission verschleiert habe. Diese Äußerung ist aus meiner Sicht untragbar.

Meine Damen und Herren! Der Kirchbach-Bericht bestätigt uns in unserer Handlungsweise. Grundsätzlich haben sich die Maßnahmen, die wir seit dem Jahr 2002 angegangen sind, bewährt. Obwohl der Freistaat Sachsen flächenmäßig deutlich mehr betroffen war als im Jahr 2002, sind Schäden in weit geringerem Ausmaß entstanden. Sie kennen die Zahlen: Circa 6 Milliarden Euro an Schäden waren es im Jahr 2002 und circa 2 Milliarden Euro an Schäden im Jahr 2013, also ein Drittel der Schäden von 2002.

So falsch können unsere Aktivitäten, die eine Mischung aus Investitionen in den Hochwasserschutz und in Warn- und Vorhersagesysteme und in die Stärkung der Eigenvorsorge waren, nicht gewesen sein.

Ich jedenfalls, meine Damen und Herren, habe mich über die Einschätzung der Kommission gefreut. Ich habe mich vor allen Dingen auch deswegen gefreut, weil diese Einschätzung die enormen Leistungen anerkennt, die im Landeshochwasserzentrum, in der Landestalsperrenverwaltung, in den Katastrophenschutzstäben, aber auch in den kommunalen und staatlichen Verwaltungen erbracht wurden.

(Beifall bei der CDU)

Dieser Bericht ist Dank und Anerkennung an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch Herrn von Kirchbach, den diese Menschen auch verdient haben.

Um einige Details zu nennen, meine Damen und Herren: Herr von Kirchbach hat uns im Jahr 2002 insbesondere Verbesserungen beim Hochwassernachrichtendienst und beim Hochwasserschutz ins Stammbuch geschrieben. Der neue Bericht begrüßt, dass der Freistaat dem unter anderem mit einem eigenen Landeshochwasserzentrum nachgekommen ist. Sie wissen, dass es vor 2002 vier Einrichtungen gab. Wir haben diese Einrichtungen zu einer Einrichtung gebündelt, die die Informationen sammelt, Prognosen erstellt und diese dann in die kommunale Ebene zu den Betroffenen weitergibt.

Infolge eigener Auswertungen werden derzeit im Landeshochwasserzentrum die Datenverarbeitungssysteme neu konzipiert, um bei massenhaften Zugriffen die Zuverlässigkeit noch weiter zu verbessern. Wir werden auch damit Prognosen und Hochwasserwarnungen für kleinere Warngebiete besser ermöglichen. Unabhängig von dem Kirchbach-Bericht haben wir durch die eigenen Erkenntnisse aus der Arbeit des Landeshochwasserzentrums diese Schritte eingeleitet.

Weiterhin gab es im Jahr 2002 den Vorschlag, die Datenbasis des Hochwassernachrichtendienstes zu verbreitern. Auch das ist geschehen, wie Herr von Kirchbach uns in seinem Bericht bescheinigt hat. Der Hochwassernachrichtendienst stützt sich heute auf ein deutlich dichteres Netz an Pegeln und Niederschlagsmessstationen. Auch das hat sich im Jahr 2013 bewährt. Ich möchte nebenbei, aber doch mit Nachdruck sagen, dass wir im Freistaat Sachsen deutschlandweit das dichteste Pegelnetz haben.

Beim Hochwasserschutz hat die Kommission im Jahr 2002 vorgeschlagen, die Talsperrenbewirtschaftung stärker auf den Hochwasserschutz auszurichten. Auch das haben wir getan. Insgesamt 40 Millionen Kubikmeter mehr Rückhalteraum haben wir in den Talsperren geschaffen. Darüber hinaus ist die Talsperrensteuerung so eingerichtet, dass vor Ankündigung eines Starkniederschlagsereignisses der Pegel nochmals abgesenkt wird, um zusätzlich Rückhalteraum zu schaffen.

Der Kirchbach-Bericht erkennt an, dass im Jahr 2013 ein deutlich höherer Wasserrückhalt entstanden ist und dieser dazu beigetragen hat, dass die Pegelhöhen deutlich reduziert werden konnten. Die Kommission hatte ferner empfohlen, die Verantwortung für den Hochwasserschutz und die Gewässerunterhaltung in einer Hand zu bündeln. Das ist schon angesprochen worden. Hier ist die Sächsische Wasserwirtschaftsverwaltung bewusst einen anderen Weg gegangen. Wir haben die kommunale Zuständigkeit für die Gewässer II. Ordnung bei gleichzeitiger Förderung kommunaler Investitionen im Hochwasserschutz beibehalten und, meine Damen und Herren, in ihrem Bericht 2013 hat die Kirchbach-Kommission diesen Weg als zweckmäßig erachtet, obwohl es nicht ihre ursprüngliche Empfehlung war.

Ein weiteres Thema im Bericht war auch die Rückgewinnung von Überflutungsflächen. Auch dieses Thema ist ein beliebter Ansatzpunkt für die Opposition. Meine Damen und Herren! Ich mache kein Geheimnis daraus, dass auch

mir das, was bisher entstanden ist, zu wenig ist. Ich darf Ihnen aber noch einmal ins Gedächtnis rufen: Wir haben insgesamt 47 Hochwasserschutzkonzepte mit 1 600 Einzelmaßnamen, und es war richtig und vernünftig, die einzelnen Hochwasserschutzmaßnahmen zu priorisieren. Ich hätte Sie mal hören wollen, wenn wir angefangen hätten, in Außig, in Dommitzsch und in Dautzschen die Polder zu bauen, und wenn wir in Dresden den Hochwasserschutz vernachlässigt hätten.

(Stefan Brangs, SPD: Das will doch keiner!)

Dann wäre vielleicht – „vielleicht“ sage ich – in SachsenAnhalt der Pegel nicht ganz so hoch gestiegen, aber Dresden wäre wieder erbarmungslos abgesoffen. Dann hätte ich Sie mal hören wollen.

(Beifall bei der CDU – Stefan Brangs, SPD: Das will doch keiner!)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Minister?

Ja, natürlich.

Bitte.

Herr Minister, uns interessiert, mit welchen konkreten Maßnahmen Sie die Umsetzung für die Deichflächen deutlich beschleunigen wollen.

Es geht nicht um die deutliche Beschleunigung irgendwelcher Maßnahmen, Frau Abgeordnete, sondern es geht darum, unsere Hochwasserschutzkonzepte in der Priorisierung systematisch abzuarbeiten, und das tun wir besonders bei den Deichrückverlegungen. 141 Hektar sind es bis jetzt. Das ist zugegebenermaßen auch mir zu wenig. Wir haben eine Maßnahme mit 450 Hektar, die im Bau ist. Das ist die Deichrückverlegung in Bennewitz-Küchau an der Mulde bei Wurzen. Weitere Maßnahmen sind in Planung.

Von den vorgesehenen Polderprojekten wurde mit dem Bau eines Polders bei Löbnitz an der Mulde westlich von Bad Düben begonnen. Das ist übrigens der größte Einzelpolder, den wir im Freistaat Sachsen bauen werden. Er hat eine Fläche von 1 436 Hektar. Ein weiterer Polder entsteht derzeit in Dresden-Cossebaude mit rund 70 Hektar. In Planung befinden sich die von mir gerade erwähnten drei Polder in Außig, in Dommitzsch und in Dautzschen.

Ich möchte mich, meine Damen und Herren, damit nicht rechtfertigen. Aber ich möchte diejenigen, die sich seriös mit der Problematik beschäftigen, ermutigen, sachlich und seriös zu argumentieren. Es ist aber – das müssen Sie ganz einfach auch mal verinnerlichen – nicht so einfach, eine Polderfläche zu schaffen. Ich weiß aus der öffentlichen Diskussion, dass der Agrarbetrieb dann der Bösewicht ist, weil er das nicht zulässt. Es ist aber nicht der Agrarbetrieb, sondern es sind die Grundstückseigentümer. Sie kennen die Eigentümerstrukturen im Freistaat Sach

sen; sie sind kleinteilig. Wir hatten es in der Gegend von Wurzen, wenn mich nicht alles täuscht. Wir wollten dort eine kleine Deichrückverlegung machen. Dort haben 150 Eigentümer gegen diese Maßnahme geklagt. Das macht es kompliziert, und das macht es auch langwieriger.

Es ist eine böswillige Unterstellung, uns vorzuhalten, dass wir den Polderbau und die Deichrückverlegung verzögern würden. Nein, das ist nicht der Fall. Wir werden das auch in Zukunft mit aller Konsequenz voranbringen. Die Schwierigkeiten, die ich Ihnen aufgezeigt habe, müssen halt überwunden werden.

Meine Damen und Herren! Ich warne davor, falsche Hoffnungen in der Bevölkerung zu schüren. Allein mit einer Deichrückverlegung und einem Polderbau werden wir im Freistaat Sachsen keinen ausreichenden Hochwasserschutz hinbekommen. Das ist auch logisch. Nehmen Sie einmal die Fläche, die jetzt überflutet worden ist, und nehmen Sie theoretisch an, dass das die geplante Überflutungsfläche gewesen wäre. Deswegen gab es trotzdem Überschwemmungen. Man kann es nicht allein mit Überflutungsflächen lösen, man braucht den technischen Hochwasserschutz. Das machen wir, und mit dieser Gemeinsamkeit werden wir auch den Hochwasserschutz weiter voranbringen.

Es hat sich gezeigt, dass sich dort, wo wir in der Vergangenheit bauen durften, der Hochwasserschutz bewährt hat. Dort sind die Menschen und deren Eigentum geschützt worden.

(Petra Köpping, SPD, steht am Mikrofon.)

Es wird eine Zwischenfrage gewünscht? Möchten Sie diese beantworten?

Ja.

Bitte.

Herr Minister Kupfer, mich würde einfach einmal interessieren: Woher nehmen Sie, dass die Opposition die Landesregierung anklagt, beschimpft oder beschuldigt, dass sie irgendwelche Maßnahmen nicht durchführen oder verzögern würde? In den Veranstaltungen, die wir durchführen, gibt es diese Art von Kommunikation nicht. Was man aber zur Kenntnis nehmen muss – und das fehlt mir einfach bei den Aussagen –, ist, dass es eine ganze Reihe von Befindlichkeiten von Betroffenen und nicht seitens der Opposition gibt.

Bitte die Zwischenfrage stellen!

Diesbezüglich wäre meine Frage, wie Sie damit umgehen. Ich habe die Fragen erst vergangene Woche an Ihr Ministerium geschickt. Dazu fehlen mir einfach die Antworten, und das würde mich viel mehr interessieren.

Ich bitte Sie, jetzt mal zu unterscheiden – Vorwürfe der Opposition: Es gehört zur Aufgabe der Opposition, die Regierung zu kritisieren. Sie wissen selbst, aus welchen Richtungen das kommt.

Wir haben keine gemacht!

Sie brauchen nur einmal die Pressemitteilungen der letzten Wochen zu verfolgen. Diese Frage können Sie sich selbst beantworten. Ich möchte das auch nicht gleichsetzen mit der Kritik – ich will es nicht Kritik nennen –, sondern mit den Argumenten und mit den Vorstellungen, die die Bürger äußern.

Es gibt Probleme.

„Es gibt keine Probleme, es gibt nur Aufgaben, die wir lösen wollen“ – ein Zitat von Kurt Biedenkopf.

Frau Abgeordnete, wir müssen unterschieden auf der einen Seite zwischen der Kritik der Opposition, die aus meiner Sicht auch manchmal ihre Berechtigung hat,

(Horst Wehner, DIE LINKE: Hört, hört!)

aber in ihrer Gänze würde ich ihr die Berechtigung absprechen – es ist nun einmal der Job der Opposition zu kritisieren –, und auf der anderen Seite den Sorgen, den Nöten und den Vorstellungen der Bürger. Ich werde beides nie in einen Topf werfen und werde beides immer differenziert betrachten.

(Zuruf der Abg. Petra Köpping, SPD)

Meine Damen und Herren! Zusammenfassend möchte ich nochmals sagen: Der Kirchbach-Bericht stellt der Staatsregierung ein gutes Zeugnis aus. Wir sind auf dem richtigen Weg, sind noch lange nicht am Ende des Weges und werden diesen Weg konsequent weiter beschreiten. Ich bedanke mich bei all denen, die diesen Weg bisher unterstützt haben und auch in der Zukunft unterstützen werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung – Dr. Jana Pinka, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Eine Kurzintervention von Frau Dr. Pinka, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Herr Kupfer war so nett und hat mich mit „Sand in die Augen streuen“ noch einmal angesprochen. Daraufhin habe ich mich kurz an meinen Rechner gesetzt und die Arbeitsaufträge der Kirchbach-Kommission der Jahre von 2002 und 2013 miteinander verglichen. Ich habe Respekt vor jedem Gutachter. Es ist aber ein Arbeitsauftrag, der einer Kommission übereignet wird. Dieser unterscheidet sich zwischen denen der Jahre 2002 und 2013 deutlich. So