Protocol of the Session on January 30, 2014

Bitte, Frau Schütz.

Sehr geehrter Herr Dulig, wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie jetzt von mehr Steuergeld gesprochen, mit dem diese Lohnersatzleistung finanziert werden soll. Haben die Familien damit zu rechnen, dass sie einen erhöhten Mehrwertsteuersatz – statt 19 % vielleicht 20 % – zu zahlen haben, damit die Steuereinnahmen diesen Lohnausgleich dann tatsächlich finanzieren können?

(Zuruf des Abg. Karl Nolle, SPD)

Nein, es geht schlichtweg darum, dass man sich als Staat überlegen muss: Ich möchte eine Lohnersatzleistung definieren, die den Ausgleich für den Verdienstausfall schafft. Nicht der Unternehmer soll das ausgleichen – das ist doch in Ihrem Interesse –; das soll vielmehr über eine Lohnersatzleistung der Arbeitsagentur geschehen. Der Instrumentenkoffer bei der Arbeitsagentur sollte meiner Meinung nach schon um den Bereich Familienarbeitszeit erweitert werden.

(Zuruf von der FDP: Wer druckt das Geld?)

Da kann man sich dann gern auseinandersetzen, ob Betreuungsgeld das Richtige ist oder etwas anderes. Aber die Sache ist für die nächste Zeit geregelt; keine Sorge, liebe CDU, das steht im Koalitionsvertrag.

Ich finde aber die Prioritätensetzung richtig, darüber nachzudenken, dass wir für Familien die Möglichkeit schaffen, auf Teilzeit zu gehen, ohne dass das ein sozialer Abstieg oder ein soziales Hindernis ist. Das ist unsere Herausforderung.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Das, was wir Ihnen hier vorschlagen, ist ein durchgerechnetes Modell. Das hat das DIW durchgerechnet. Das ist nicht eine Gewerkschaft oder eine sozialdemokratische Erfindung, das DIW hat das Modell durchgerechnet und

gesagt: Das ist sinnvoll, das ist klug, das ist richtig. Das ist unser Angebot an Sie. Das ist das einzige, was zurzeit auf dem Tisch liegt.

Ich frage Sie: Was ist Ihr Angebot? Oder sind es wieder nur leere Worte?

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Der Redner für die SPD-Fraktion war Herr Kollege Dulig. Jetzt könnte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sprechen. – Kein Redebedarf. NPD? – Auch nicht. Wir könnten in eine dritte Rednerrunde eintreten. Gibt es Redebedarf bei der einbringenden CDU, sie verfügt ja noch über viel Redezeit? – Das kann ich nicht erkennen. Gibt es aus den Fraktionen heraus noch Redebedarf? – Das ist nicht der Fall. Damit ergreift die Staatsregierung jetzt das Wort. Das nimmt Frau Staatsministerin Clauß.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Bereits gestern habe ich in meiner Fachregierungserklärung zum Thema Familie ausführlich zur Vereinbarkeit Stellung genommen. Das ist ein wichtiges Gegenwarts- und vor allem auch Zukunftsthema.

Der Begriff Vereinbarkeit impliziert bereits den Wettbewerb zwischen zwei Alternativen. In der Tat stehen Büro-, also Arbeitswelt, und Kinderzimmer immer im Wettbewerb. Das ist jeden Tag aufs Neue ein Balanceakt. Diesen Balanceakt schaffen wir nur gemeinsam, die Familien mit den Unternehmen. Unsere „Allianz für Familien“ arbeitet deshalb kontinuierlich daran, die Chancen und Potenziale von familienfreundlichen Unternehmen aufzuzeigen. Der Unternehmensmonitor „Familienfreundlichkeit 2013“ des Bundesfamilienministeriums hat dabei bereits Erfolge aufgezeigt.

Familienfreundlichkeit ist mittlerweile in vielen Unternehmen fest verankert, denn viele Arbeitgeber sind sich ihrer Verantwortung bereits bewusst. Dennoch dürfen wir hier nicht nachlassen, um Familien weiter zu unterstützen. Das hatte ich bereits gestern mehrfach aufgezeigt.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Einen Königsweg zur Verbesserung der Familienfreundlichkeit gibt es nicht, denn auch hier hatten wir die Kinderfreundlichkeit mit angesprochen. Aber man kann voneinander lernen. Es gibt bereits überall Modelle und Angebote, die nachahmenswert sind. Deshalb – auch das ist mir wichtig, heute nochmals zu betonen – denken wir über Beratungsstellen nach, die beide Seiten, Familien und Unternehmen, hinsichtlich der Vereinbarkeit beraten, und das wurde auch so gewünscht.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Staatsministerin?

Ja, bitte.

Bitte, Frau Kollegin Giegengack.

Frau Clauß, ich habe eine Frage. Ich gehe davon aus, dass sich auch das Sozialministerium zur Familienfreundlichkeit hat zertifizieren lassen. Ich denke, es war wahrscheinlich das erste Ministerium, welches dies gemacht hat.

Was halten Sie von der Idee – die vor allem in großen Unternehmen in Norwegen sehr ausgeprägt ist –, nach 15 bzw. 16 Uhr keine Konferenzen mehr anzusetzen? Wäre das nicht auch für Ihr Ministerium, wo viele hoch qualifizierte junge Frauen tätig sind, ein Weg, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und vor allem Karriere für junge Frauen besser zu verbinden?

(Alexander Krauß, CDU: Heute fangen wir beim Landtag an!)

Wie gesagt, wir sind mehrfach zertifiziert. Das ist Fakt. Was den Alltag anbelangt, so ist es immer auch für mich ein Balanceakt, hier vorn zu stehen und von Familien- und Kinderfreundlichkeit zu sprechen und dann im Ministerium entsprechend zu agieren.

Es gibt viele Möglichkeiten. Wichtig ist, dass wir das nicht nur im öffentlichen Dienst garantieren und weiterentwickeln, sondern vor allem bei den 95 %, unseren kleinen und mittelständischen Unternehmen. Die Eltern, die dort arbeiten, müssen wir genauso unterstützen. Das ist die Herausforderung.

Ich möchte noch einmal die Beratungsstellen erwähnen, um individuelle Lösungen zu finden und von funktionierenden Modellen zu lernen. Das Qualitätssiegel „Familienfreundlicher Arbeitgeber“ der Bertelsmann-Stiftung setzt hierbei richtig an und unterstützt den Arbeitgeber bei der Gestaltung familienfreundlicher Rahmenbedingungen. Wir haben den ersten Betrieb in Leipzig zertifiziert. Ich bin dabei gewesen. Demzufolge unterstützen wir auch die Bertelsmann-Stiftung.

Wir brauchen in der Arbeitswelt eine Kultur des Respekts vor familiärer Verantwortung und wir brauchen Arbeitsbedingungen, die es ermöglichen, dass sich Menschen Zeit für die familiäre Verantwortung nehmen, sei es für die Kinder oder für pflegebedürftige Angehörige.

Erste Orientierungen für Lösungen geben uns dabei unsere Studien, „Vätermonate“ und „Alleinerziehende Frauen zu gewünschten Arbeitszeitmodellen“. Wir haben sie nicht erstellen lassen, um Papier zu beschreiben. Wir haben in Sachsen bereits aktiv mit den Unternehmen an der Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gearbeitet. Wir werden diesen Weg konsequent weitergehen.

Auch hier wiederhole ich gern meine gestrigen Ausführungen: Es darf keine Denkverbote geben. Visionen sind gut. Jetzt ist es an der Zeit, den Koalitionsvertrag in Berlin umzusetzen, und danach geht es weiter.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Staatsministerin Clauß hat für die Staatsregierung gesprochen. – Jetzt gibt es eine Wortmeldung; eine Kurzintervention durch Herrn Kollegen Patt.

Vielen Dank. Ich freue mich, dass das Sozialministerium diese Arbeitsgruppe „Familie und Beruf“ eingesetzt und noch einen Partner gefunden hat. Ich möchte darauf drängen dürfen, dass wir bei Bertelsmann aufpassen, dass es sich hier nicht nur um eine gewerbliche Tätigkeit zur Organisation von Beratungsaufträgen handelt, sondern um eine tatsächliche Familienorientierung bei der Beratung.

Aus den Gesprächen, die ich in der Allianz für Familien führen konnte, hat sich das bislang nicht ergeben. Ich hatte auch Sorgen bei anderen Vertretern der Kammern festgestellt.

Ich bin mir aber darin sicher, dass das Sozialministerium unsere kritische Einschätzung mitgenommen hat, dass wir nicht einfach nur der Macht der Bertelsmann-Finanzen erlegen sind, sondern hierbei eine vernünftige Abwägung von politischen Inhalten und Vorgaben vornehmen können. – Danke.

Das war eine Kurzintervention von Herrn Kollegen Patt. Möchten Sie Stellung nehmen, Frau Staatsministerin? – Das ist nicht der Fall.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! In dieser 1. Aktuellen Debatte sehe ich keine Wortmeldungen mehr; sie ist damit abgeschlossen.

Wir kommen zu

2. Aktuelle Debatte

Wahlkampf-Tabu Zuwanderung?

Antrag der Fraktion der NPD

Als Antragstellerin hat zunächst die Fraktion der NPD das Wort. Bitte, Herr Szymanski.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Gillo! Ich möchte mich beim Sächsischen Ausländerbeauftragten bedanken.

(Heiterkeit des Abg. Andreas Storr, NPD)

Sie werden sich denken können, dass ich als NPDAbgeordneter und Landesvorsitzender der sächsischen NPD mich nicht für die Arbeit von Herrn Gillo insgesamt bedanken kann und werde, aber ich möchte mich für seine Newsletter bedanken, die er regelmäßig in die Welt verschickt und die bei uns in der Fraktion freundlicherweise von der Abg. Gitta Schüßler weiterverbreitet werden an interessierte Abgeordnete und Mitarbeiter, meistens verbunden mit ironischen und sarkastischen Kommentaren.

(Dr. Volker Külow, DIE LINKE: Das kann die doch gar nicht!)

Die Newsletter von Herrn Gillo sind für uns immer sehr erheiternd, wobei man manchmal nicht so genau weiß, ob man wirklich lachen oder eher weinen soll über das, was Herr Gillo in seinen gutmenschlichen Texten „Mit Herz gesehen“ so verbreitet.

Ende 2013 hatte Herr Gillo einen neuen Gedankenblitz: Die demokratischen Parteien mögen doch bitte das Thema Zuwanderung zu einem Wahlkampf-Tabu erklären.

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Sie sollen sich – Zitat laut MDR – „zusammentun und signalisieren, für uns ist das Thema kein Thema im Wahlkampf. Auf diese Weise könne verhindert werden, dass die NPD mit dem Thema erfolgreich um Wähler wirbt.“ Herr Gillo, ich frage mich ernsthaft: Wie einfältig muss man denn sein, um auf solch eine Idee zu kommen? Ich musste vor meinem Laptop wirklich laut lachen, als ich das gelesen habe, diesen Unfug.