Protocol of the Session on January 29, 2014

Herr Prof. Schneider, bitte.

Ja, Herr Mann, den einen Widerspruch haben Sie nicht aufgeklärt: Die Zuschussvereinbarung ist eine Vereinbarung, sie ist eine Abrede. Die Universität Leipzig hat genau diese Zuschussvereinbarung im Dezember unterzeichnet. Erklären Sie mir einmal, aus welchem sachgerechten Grund dieselbe Universität ein paar Wochen später mit ihrem Rektorat um die Ecke gebogen kommt – bildlich gesprochen – und jetzt auf einmal in autonomer Handlungsweise Fachbereiche schließen will! Erklären Sie mir das einmal, dass hier zunächst eine Vereinbarung unterzeichnet wird, und ein paar Wochen später spricht man von der selbstunterzeichneten Vereinbarung als vom „Spardiktat“! Einen größeren Widerspruch gibt es nicht!

Der zweite Punkt ist: Sie haben in Bezug auf das Thema Nordrhein-Westfalen keine tragfähige Antwort gegeben. In Nordrhein-Westfalen ist es so, dass die dortige Hochschullandschaft genau mit dem System, das wir hier in Sachsen haben, nicht nur ausgesprochen gut leben kann, sondern dass die dortige rot-grüne Landesregierung dieses exakt konterkarieren will. Sie blenden das hier regelrecht aus! In Wahrheit, Herr Mann, ist das, was Sie hier unternehmen, der verzweifelte Versuch, ein Wahlkampfthema zu finden – nicht mehr und nicht weniger.

(Beifall bei der CDU)

Herr Mann, ich kann Ihnen leider das Wort nicht mehr geben. Sie hatten bereits zwei Kurzinterventionen in der Fraktion.

(Christian Piwarz, CDU: Vielleicht ist ja noch Redezeit übrig! – Holger Mann, SPD: Dann mache ich das später!)

Es gibt noch eine Kurzintervention auf den Beitrag von Herrn Prof. Schneider. Herr Mackenroth, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich möchte das nur noch kurz ergänzen. Das Klagen über voraussichtlich prognostizierte Stellenkürzungen bis zum Jahr 2020 an unseren Hochschulen ist durch nichts

gerechtfertigt. Es ist verabredet, und zwar fest verabredet, dass wir das Personal im Jahr 2015 einer Evaluation unterziehen. Das werden wir tun. Die Staatsregierung und die sie tragenden Fraktionen haben mehrfach bewiesen, dass sie mit solchen Evaluationen umgehen können, dass sie daraus die richtigen Schlüsse ziehen. Ich rege dringend an, nun wirklich nicht bis zum Sankt-NimmerleinsTag den Teufel an die Wand zu malen, sondern den Realitäten ins Auge zu sehen. Wir werden unsere Hochschulen nicht hängen lassen, auch nicht beim Personal.

(Beifall bei der CDU)

Herr Prof. Schneider, möchten Sie darauf noch einmal antworten? – Das ist nicht der Fall. Mir liegen jetzt keine Wortbeiträge mehr vor. Ich frage die Fraktionen. – Herr Prof. Besier, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, ich habe es ja angekündigt, dass ich noch einmal komme. Ich bin doch ziemlich enttäuscht. Ich war immer stolz darauf, dass man bei uns im Wissenschaftsbereich nicht mit Stereotypen arbeitet. Nun ist es doch geschehen. Natürlich sind wir für Autonomie. Das ist doch gar keine Frage! Aber diese Autonomie bedingt eben eine angemessene Grundfinanzierung!

(Beifall bei den LINKEN)

Die Art und Weise, wie Sie jetzt mit der Universität Leipzig umgehen und behaupten, hier habe man dann die Vereinbarung nicht eingehalten – – Was sollten die denn tun? Die waren doch genötigt, diese Zuschussvereinbarung zu unterschreiben! Das ist doch so!

Herr Weichert ist offenbar der einzige Kollege, der begriffen hat, was wir mit Autonomiefalle gemeint haben. Darum brauche ich dazu nichts zu sagen. Ich verstehe nicht, warum wir uns immer mit den stärkeren Bundesländern vergleichen, in diesem Fall aber mit den schwächeren, Herr Kollege Mackenroth. Das leuchtet mir nicht ein.

Dann tun wir so, als seien diese Streichungen, die die Universität Leipzig vorgenommen hat, diese Vorschläge, völlig unabgesprochen mit dem SMWK. Im Bereich der Pharmazie hat es Absprachen gegeben, und ich unterstelle einmal, dass das im Bereich Archäologie und Theaterwissenschaften ebenfalls der Fall gewesen ist.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Professor?

Ja, klar.

Bitte, Herr Mackenroth.

Herr Kollege Besier, auch Sie sprachen jetzt eben davon, dass der Abschluss der Zuschussvereinbarung an Nötigung grenze oder Nötigung sei. Was sollten denn unsere Hochschulen machen? –

Meinen Sie ernsthaft, dass die Leitungen unserer Hochschulen so wenig Charakterstärke haben, dass sie sich nicht wehren, wenn das unzumutbare Bedingungen wären? Meinen Sie das ernsthaft?

Herr Kollege Mackenroth, das sind die falschen Kategorien. Das System ist so, dass die Universitäten nicht viel Spielraum besitzen. Jetzt wird ihnen alles in die Schuhe geschoben, und das ist doch das Problem. Selbstverständlich sind wir für Autonomie. Auf der anderen Seite: Wenn wir die gesamte Hochschullandschaft eines Landes betrachten, müssen wir doch planerisch vorgehen. Wir müssen überlegen: Wo soll was wegfallen über kw-Vermerke? Diese „künftig-wegfallend“-Vermerke im Zusammenhang mit Altersgrenzen können uns doch nicht reichen. Das ist doch ein Zufallsprinzip! Dass in einem bestimmten Bereich zufällig ältere Kolleginnen und Kollegen sitzen und dann dieser Bereich der Streichung anheim fällt – so können wir das doch nicht machen!

Tatsächlich müssten wir überlegen, was ist an welchen Universitäten – nur, das müssten die Universitäten untereinander selbstverständlich auch besprechen – entbehrlich und was nicht, wenn ich Ihren Gedanken folge. So, wie es gegenwärtig geschieht, ist es ein Chaos, keine Planung.

Ich bin nicht sicher, ob wir die Bundesmittel in dem Umfang bekommen werden, Kollege Mann, wie wir das erhoffen. Ich hoffe mit Ihnen. Es ist ja richtig mit der hohen Einwerbung von Drittmitteln. Herr Kollege Mann hat aber schon darauf hingewiesen, dass in dem Maße, in dem die Stellen schrumpfen, selbstverständlich die kritische Masse ebenfalls heruntergeht und damit die Einwerbungen auch geringer werden. Es sind also diese Dominoeffekte, die wir mit berücksichtigen müssen.

Ich meine, es ist wichtig, dass wir endlich in den Blick nehmen, dass es an vielen Ecken und Enden brennt und die Autonomie der Hochschulen so verteidigt werden muss, dass diese Hochschulen wirklich in Freiheit – das heißt auch in finanzieller Verfügungsfreiheit – Entscheidungen treffen können.

Der Vollzug des Stellenabbaus erfolgt nun genau zu einem Zeitpunkt, zu dem deutlich wurde, dass die Lehre nur unter Aufbietung aller Kräfte aufrechterhalten werden kann. Es wird in Leipzig nicht anders sein als in Dresden. Hier werden 57 % der Drittmittel-Bediensteten und -Stipendiaten aufgefordert, Lehrveranstaltungen durchzuführen, wie die Mittelbauinitiative mit ihrer denkwürdigen Befragung herausgefunden hat.

Das ist doch eine Feststellung, die uns zum Nachdenken bringen muss. Wir können doch nicht in dem Moment, in dem schon alle Ressourcen aufgebraucht sind, noch auf weitere Ressourcen verzichten.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Wenn es jetzt keinen Redebedarf vonseiten der Fraktionen mehr gibt, dann bitte ich die Staatsministerin Frau Prof. von Schorlemer, das Wort zu ergreifen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Als ich das Thema dieser Debatte gelesen hatte, habe ich mich gefragt, ob das wirklich ernst gemeint ist, die Autonomie der Hochschulen als Falle zu bezeichnen. Ich bin bisher davon ausgegangen, dass auch in diesem Sächsischen Landtag und auch bei der Fraktion DIE LINKE ein breiter Konsens dahin gehend besteht, dass unsere Hochschulen für die weitere Entwicklung des Landes wichtig sind, dass es gilt, ihre Leistungsfähigkeit, ihre Handlungsfreiheit zu stärken. Für starke Hochschulen ist eben auch unerlässlich, dass sie entsprechend freie und unabhängige Entscheidungen fällen können, auch in schwierigen Situationen. Nur wer die Hochschulen schwächen will, wird ihre Autonomie ernstlich beschneiden wollen.

Aber vielleicht haben Sie sich ja auch zu sehr von den Bestrebungen – Prof. Schneider hat es schon angesprochen – in Nordrhein-Westfalen inspirieren lassen. Dort sehen wir tatsächlich, dass die nordrhein-westfälische Landesregierung mit dem Hochschulzukunftsgesetz die Hochschulen wieder stärker kontrollieren möchte, dass die bisher relativ weitreichende Autonomie wieder zurückgefahren werden soll. Dagegen laufen die Hochschulen Sturm. Sie sehen das als einen Frontalangriff auf die Wissenschaftsfreiheit. Der Presse entnehmen wir, dass inzwischen auch die nordrhein-westfälische Landesregierung nachdenkt. Es gibt Signale, dieses Gesetz noch einmal zu modifizieren.

Wir sollten uns so etwas in unserem Land ersparen und die Autonomie der sächsischen Hochschulen nicht infrage stellen,

(Beifall bei der CDU)

wohl wissend, dass Autonomie immer auch Vertrauen erfordert, Vertrauen in eine verantwortungsvolle Amtsführung und verantwortungsvolle Leitung der Hochschulen. Die haben sie nun einmal auch, unsere Rektorate, nach § 83 Abs. 3 Ziffer 3 unseres Hochschulfreiheitsgesetzes für die Änderung und Aufhebung von Studiengängen. Sie sind dafür verantwortlich und nicht das Ministerium. Das muss ich an dieser Stelle klar sagen.

Nein, wir sollten die Autonomie nicht infrage stellen. Ich habe von noch keiner Hochschule vernommen, dass sie sich in irgendeiner Art und Weise mit Blick auf die gesetzlich gewährte Autonomie in einer Falle befindet, aus der sie, vielleicht auch von mir als Wissenschaftsministerin, befreit werden möchte. Im Gegenteil, unsere Hochschulen nutzen ihre Freiheiten verantwortungsvoll. Um es noch einmal deutlich zu machen: Alle, die die Autonomie der Hochschulen wieder beschneiden wollen, schaden den sächsischen Hochschulen. Die Autonomie ist

ein Garant dafür, dass sich die sächsischen Hochschulen gedeihlich entwickeln, dass sie ihre Aufgaben eigenverantwortlich wahrnehmen und dass sie schließlich im Wettbewerb, in dem sie nun einmal stehen, national und international bestehen können.

Nicht zuletzt ist Autonomie ein hohes Gut. Auch die Sächsische Verfassung – nach Artikel 107 Abs. 1 – gewährt den Hochschulen Freiheit in Lehre und Forschung.

Autonomiefalle hat ehrlich gesagt nach meiner Ansicht das Potenzial, sich in die Vorschläge für das Unwort des Jahres einzureihen.

Das eigentliche Thema ist aus meiner Sicht daher tatsächlich die Frage, ob es angebracht ist, dass unsere Hochschulen Stellen sparen, dass an den Hochschulen Stellenabbau stattfindet. Das ist die Kernfrage. Ich kann Ihnen versichern, dass Stellenabbau nicht leichtfertig stattfindet und Stellenabbau immer ein schmerzhafter Prozess ist, vor allen Dingen auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Hochschulen. Aber für eine solide Landespolitik ist es unumgänglich, dass wir das Personal in der öffentlichen Verwaltung anpassen an die Leistungsfähigkeit des Staates, auch inkludiert die finanzielle Leistungsfähigkeit des Staates, und natürlich auch an die demografische Entwicklung.

Deswegen können die Hochschulen davon nicht ausgenommen werden. Sie tragen auch – und das ist mir sehr ernst – eine Mitverantwortung für konsolidierte Strukturen des Staates. Soweit es mir möglich ist – Sie wissen das –, unterstütze ich die Hochschulen dabei. Die Überlastpakete wurden heute schon erwähnt. Aber ich unterstütze sie auch dabei, möglichst adäquate Lösungen zu finden. So habe ich mit meinem Ministerkollegen in Sachsen-Anhalt, dem Minister für Wirtschaft und Wissenschaft, eine Übereinkunft getroffen, dass wir uns zum Nutzen auch der Universität Leipzig und der Universität Halle-Wittenberg zukünftig abstimmen werden. Dazu gehören auch die kleinen Fächer, also auch die klassische Archäologie. Ich habe diese Vereinbarung geschlossen. Sie ist bereits am 1. Januar 2014 in Kraft getreten.

Nun muss ich doch noch einmal zur Autonomie zurückkommen, auch am konkreten Fall des Beispiels Leipzig, das Sie ja im Debattentitel genannt haben. Auch in diesem Zusammenhang zeigt sich, wie wichtig die Autonomie ist. Sie ermöglicht der Hochschule, eigene strukturelle Überlegungen anzustellen. Das macht sie auch. Die Universität Leipzig hat in einer Pressemitteilung verkündet: „Wir haben unsere Lehr- und Forschungseinheiten einer Bewertung unterzogen. Wir haben uns dabei von dem Grundsatz leiten lassen, dass wir nicht mit dem Rasenmäher kürzen wollen.“

Ich wiederhole es gern hier an dieser Stelle: Ja, wir müssen verantwortungsvoll mit unseren Ressourcen umgehen. Es ist unser Ziel, ein möglichst breites Fächerangebot im Freistaat Sachsen zu erhalten. Das heißt aber trotzdem, dass wir dieses Fächerangebot abstimmen müssen, hochschulübergreifend und durchaus auch im

mitteldeutschen Raum, um Ressourcen zu bündeln und in Zukunft klug mit diesen Ressourcen umzugehen.

Ich meine, eine sachliche Debatte, wie wir sie uns in diesem Haus wünschen sollten, bedarf noch einmal der Vergegenwärtigung einiger Zahlen. Die Universität Leipzig musste 2013 24, 2014 24 und 2015 noch einmal 24 Stellen abbauen. Das sind bei 2078 Stellen im Jahr 2015 gerade einmal 1,15 %. Ich weise darauf hin, dass diese Zahlen seit der Hochschulvereinbarung im

Jahr 2003 bekannt sind. Wir hatten ein Moratorium. Es wurde 2011/2012 ausgesetzt. Es beginnt 2013. Es geht bei diesen Stellen, die ich eben für die Jahre 2013 bis 2015 genannt habe, um Stellen, deren Abbau auch der Universitätsleitung seit 2003 bekannt ist. Man konnte sich vorbereiten. Ich muss auch darauf hinweisen, dass die Universität Leipzig nicht überproportional betroffen ist.

(Beifall des Abg. Geert Mackenroth, CDU)

Selbst wenn die TU Dresden momentan wegen der erfolgreichen Exzellenzbewerbung keinen Stellenabbau zu leisten hat, wird das nicht auf unsere sächsischen Hochschulen umgelegt. Das ist nicht der Fall. Das ist keine überproportionale Belastung. Insofern halte ich es für schwierig, von einer Notlage zu sprechen. Ich finde es übertrieben. Wir wissen, dass die Universität im Gegenzug das Überlastpaket erhält. Darauf wurde seitens der CDU-Fraktion schon hingewiesen. Im Überlastpaket gibt es 55 Stellen für befristet Beschäftigte und fünf vorgezogene Professuren.

Hinzu kommt das Bildungspaket „Sachsen 2020“. Auch hier will ich noch einmal kurz die Zahlen nennen: Es sind 111 Stellen für das Jahr 2015 und 114 Stellen für 2016. Entschuldigung, ein Spardiktat sieht wirklich anders aus.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte noch ein paar Worte zu der im letzten Jahr abgeschlossenen Zuschussvereinbarung sagen. Hier haben unsere Hochschulleitungen, die Rektoren, auf Augenhöhe verhandelt. Sie haben unterzeichnet bei einem Festakt in