Allein mit der Reduzierung der Laufbahngruppen und der Bündelung in neun Fachrichtungen werden nicht nur Laufbahnwechsel erleichtert, sondern auch die Durchlässigkeit zwischen öffentlichem Dienst und freier Wirtschaft erhöht. Dazu haben wir auch noch weitere flankierende Elemente eingebracht. Die bisherigen Altersstufen werden zu Erfahrungsstufen weiterentwickelt, bei denen die Rolle von Fortbildung und beruflicher Entwicklung deutlicher hervorgehoben wird, als es bei den bisherigen
Altersstufen der Fall war. Damit verbunden ist auch eine Flexibilisierung der laufbahngerechten Einstellungsvoraussetzungen, vor allem für berufserfahrene Quereinsteiger.
Wir brauchen eine Perspektive für den öffentlichen Dienst, die auch Leistungsträgern aus der Privatwirtschaft offensteht, und wir brauchen dabei eine erhöhte Durchlässigkeit. „Attraktiver“ meint in diesem Zusammenhang aber meines Erachtens nicht nur das, was häufig gefordert wird: die Wiedereinführung der Sonderzahlungen. Es meint für mich vielmehr, den Beschäftigten Aufstiegsperspektiven und Anreize für besondere Leistungen zu geben, Anreize für die Übernahme von besonderen Funktionen – also kurz: Ziele – zu bieten. Die Steigerung der Attraktivität erreicht man nicht allein durch mehr Geld. Das Geld ist eine Grundvoraussetzung. Viel wichtiger sind aber andere Faktoren. Wichtiger ist es, eine Mitarbeitermotivation zu erreichen und die Mitarbeiter zu führen und sie weiterzuentwickeln.
Für die Durchlässigkeit des öffentlichen Dienstes haben wir ferner das Altersgeld eingeführt. Das Altersgeld ermöglicht es, Vorsorgeanwartschaften, die ein Beamter erworben hat, mitzunehmen, wenn er sich entschließt, einer anderen Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes nachzugehen. Es gibt auch die Möglichkeit, wieder in den öffentlichen Dienst zurückzugehen. Bislang waren dafür sehr hohe Hürden vorgesehen, und insbesondere die Nachversicherung im Deutschen Rentenversicherungsbund hat viele Beamte diesen Wechsel nicht vollziehen lassen. Wir möchten diesen Wechsel haben, damit die unterschiedlichen Erfahrungen, die in der Wirtschaft und im öffentlichen Dienst gemacht werden, miteinander kombiniert werden – zum Wohle unseres Freistaates.
Lassen Sie mich noch einen Punkt nennen, den man in einem Gesetz schlecht regeln kann. Zur Umsetzung der vielfältigen Möglichkeiten, die dieses Gesetz bietet, brauchen wir Vorgesetzte, die diese Möglichkeiten mit ihren Mitarbeitern besprechen, umsetzen und sie darin bestärken, von diesen Instrumentarien Gebrauch zu machen. Diese Verantwortung kann man gar nicht hoch genug bewerten, und es ist jeweils die Aufgabe des nächsthöheren Dienstvorgesetzten, Mitarbeiter auszuwählen, die die Mitarbeiterführung in ihren jeweiligen Bereichen leben.
Ich möchte noch einen Punkt zu den Führungspositionen im Freistaat Sachsen nennen, bei denen wir ebenfalls eine Flexibilisierung vorgenommen haben. Wir haben uns entschieden, die drei Landesdirektionen in Sachsen in einer zusammenzuführen. Der erste Versuch im Gesetzentwurf sah vor, dass alle Vizepräsidenten der Landesdirektionen gleich besoldet werden sollten. Wir haben darauf gedrungen, dass man auch hier zu einer Flexibilisierung kommt, damit ein stellvertretender Leiter einer Landesdirektion in einem großen Standort, in der viele Kompetenzen gebündelt sind, deutlich besser bezahlt wird
Außerdem gibt es einen Punkt, der ein wenig aus den Regelungen herausfällt, die rein mit der Dienstrechtsreform zu tun haben: Das sind die Lebenspartner. Wir haben uns als FDP-Fraktion von Anfang an dafür eingesetzt, dass Lebenspartner in allen Bereichen in der Öffentlichkeit sowie im öffentlichen Dienst mit der Ehe gleichgestellt werden. Es war für unseren Koalitionspartner nicht einfach. Wir haben in diesem Gesetzgebungswerk erreicht, dass in allen Gesetzen im Freistaat Sachsen eingetragene Lebenspartnerschaften vollständig mit der Ehe gleichgestellt sind. Das war für uns ein sehr wichtiger Schritt.
Wer in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft zusammenlebt, übernimmt für den anderen die gleiche Verantwortung und steht füreinander ein, wie es Eheleute auch tun. Deshalb ist es vernünftig und zeitgemäß, dass wir hier auch gleiche Rechte und Pflichten in allen unseren Gesetzen verankern. Für die FDP war es wichtig, dass wir diese Lücke im Freistaat Sachsen schließen. Für uns gilt – bezogen auf das Beamtenrecht –: Jeder Beamte und jeder Angestellte im öffentlichen Dienst soll seine persönlichen Lebensumstände so gestalten, wie er das möchte, ohne dafür vom Staat rechtlich bevorzugt oder benachteiligt zu werden.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich den Dank, den Jens Michel an meine Fraktion ausgesprochen hat, zurückgeben. Bei dir, lieber Jens, bei Christian Hartmann sowie beim Finanzministerium möchte ich mich sehr herzlich für die konstruktive Zusammenarbeit bedanken. Ich finde, es ist ein wichtiger Schritt, dass diese Koalition eine solche Reform auf den Weg gebracht hat. Es ist neben der Reform des Kommunalverfassungsrechtes ein weiteres wichtiges und großes Gesetzgebungspaket, das wir in einem konstruktiven Diskussionsprozess zusammenbekommen haben, und ich bitte Sie sehr herzlich um Zustimmung zu diesem Gesetzespaket.
Das war Herr Biesok für die FDP-Fraktion. Nun spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abg. Jähnigen. Bitte, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte schon in der Kurzintervention gesagt: Nach dieser langen Zeit hätte man von Ihnen und von diesem Gesetz wirklich mehr erwarten können. Das Ergebnis ist nicht nur uninspiriert und mutlos. Sie schöpfen auch den finanziellen Rahmen, hinter dem Sie sich bei der Besoldung so gern verstecken, nicht aus, wenn es um die Erleichterung von Gewerkschaftstätigkeit oder um Personalentwicklung, um Personalgewinnungsmaßstäbe und Transparenz geht. All
das sind Themen, die halb bearbeitet, oft halbherzig oder auch schlecht geregelt liegengeblieben sind.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Koalition! Möglicherweise tun Sie es nicht bewusst, aber das macht es nicht besser. Sie stellen mit diesem Gesetz die Weichen für die nächsten Jahrzehnte falsch. Sie verkennen die Herausforderungen, die gerade in Sachsen mit unserem heftigen demografischen Wandel auf uns zukommen. Wir brauchen ein attraktives Dienstrecht, das wettbewerbsfähig gegenüber den anderen Bundesländern und dem Bund ist – gerade hier.
Sie verspielen damit die Zukunft des öffentlichen Dienstes. In den nächsten Jahren – ich muss es immer wieder sagen – wird eine Vielzahl von Landesbeamten altersbedingt in den Ruhestand gehen. Im nächsten Jahr sind es 1 235, im Jahr 2019 schon über 3 000, und das setzt sich dann in den Folgejahren so fort. Dafür müssen genügend Menschen ausgebildet und eingestellt werden. Darunter befindet sich eine Vielzahl von Fachbediensteten, zum Beispiel die Beamtinnen und Beamten im Gesundheitsdienst und in der Arbeitsschutzverwaltung. Mit diesem ideenlosen Gesetz werden Sie Probleme haben, die Stellen zukünftig noch adäquat besetzen zu können.
Natürlich ist klar: Gerade bei den spezialisierten Diensten wird die öffentliche Verwaltung nie mit den Gehältern in der freien Wirtschaft mithalten können. Wie kann man also junge Fachkräfte, gut ausgebildete, qualifizierte Bewerber(innen) für den öffentlichen Dienst gewinnen? Darauf hätte dieses Gesetz Antworten geben müssen. Aber diese bleibt es schuldig.
Meine Fraktion hat im Sommer einen Antrag zur Fachkräftegewinnung eingebracht, auch, um Ihnen die Chance zu geben, gegenüber der Staatsverwaltung am Gesetzentwurf nachzusteuern. Sie haben das nicht für notwendig gehalten und den Antrag abgelehnt. In der Sachverständigenanhörung sind Sie nachdrücklich von mehreren Sachverständigen darauf hingewiesen worden, dass es dem Gesetz an Maßnahmen fehlt, um Sachsens öffentlichen Dienst für die Zukunft fit zu machen.
Erstens. Ein attraktiver öffentlicher Dienst lebt von einer angemessenen Besoldung. Sie hatten ankündigt, das weggefallene Weihnachtsgeld durch eine entsprechende Erhöhung des Grundgehaltes auszugleichen.
Die Koalition im Zusammenhang mit dem ersten Doppelhaushalt 2011/2012. Sie können es dann noch mal im Protokoll nachlesen.
Jetzt haben Sie die Grundbesoldung so angepasst, dass diese Erhöhung gerade die mittlere Lohnentwicklung im öffentlichen Dienst in den letzten Jahren ausgleicht.
Recht vielen Dank, Herr Präsident! – Frau Jähnigen, Sie erwähnten gerade in Ihrem Vortrag, dass der öffentliche Dienst das Problem hat, bei der Besoldung mit der Entlohnung in der öffentlichen Wirtschaft Schritt zu halten. Können Sie uns vielleicht eine Grundlage dafür geben? Gibt es irgendetwas, worauf wir zurückgreifen bzw. was wir nachlesen könnten? Das wäre mir sehr wichtig. – Danke schön.
Vielen Dank. – Sie können das in der Begründung des Gesetzentwurfes nachlesen. Damit wird unter anderem der Personalgewinnungszuschlag begründet. Außerdem können Sie es in der ganzen Debatte nachvollziehen. Ich empfehle Ihnen noch einmal die Lektüre des Anhörungsprotokolls, insbesondere der Stellungnahmen der Gewerkschaften zur Situation in den von mir zitierten kleinen Fachabteilungen.
Frau Jähnigen, das genügt mir nicht. Gibt es dazu irgendwo genaueres Zahlenmaterial? Ich möchte mich gern auf Zahlenmaterial berufen.
Die Gewerkschaften haben dazu Zahlenmaterial vorgelegt. Tut mir leid, aber die Zeit wird es nicht erlauben, dass ich Ihnen das jetzt vorlese.
Lesen Sie einfach die Protokolle der Anhörung nach, die Sie offensichtlich nicht kennen, und lesen Sie die Antworten auf unsere Kleinen Anfragen, vor allem zu den Einstellungskorridoren in diesem Bereich.
Nein, ich habe nicht jede Zeit der Welt, das vorzulesen. Lieber Kollege Piwarz, es tut mir ja leid, dass Ihre Fraktionskollegen die Beratungsmaterialien des Gesetzentwurfes nicht kennen.
(Christian Piwarz, CDU: Das war eine schwache Ausrede! – Weitere Zurufe von der CDU – Glocke des Präsidenten)
Vielleicht wäre es gut, wenn Sie das nach den Hinweisen der Gewerkschaften einmal fraktionsintern diskutiert hätten.
Von einer Kompensation der weggefallenen Jahressonderzahlung kann also keine Rede sein. Sie haben Ihr politisches Versprechen gebrochen.
Die Verfestigung des Zulagensystems im Beamtenwesen anstelle einer auskömmlichen Grundbesoldung hätten Sie vermeiden müssen. So richtig zum Beispiel die sogenannte Gitterzulage im Justizvollzugsdienst ist, um einen kleinen Anreiz zu schaffen, wäre den Beamtinnen und Beamten dort mehr geholfen, wenn sie den antiquierten einfachen Dienst abgeschafft und ihn in den mittleren Dienst überführt hätten, wie wir es vorgeschlagen haben.
Sie versuchen, den grundsätzlichen Fehler im System bei der Gestaltung der Grundbesoldung durch die breite Verteilung von Zulagen zu kompensieren, und verlagern damit das Problem für die Bediensteten in die Zukunft; denn ein Großteil der Zulagen ist nicht oder nur zum Teil ruhegehaltsfähig. Das werden sie dann bei der Pension merken, und das ist ein großes Problem. Das ist Politik zulasten der Bediensteten, und das wissen Sie auch.
Drittens – Familienfreundlichkeit. Da ist der Entwurf ausgesprochen bescheiden. Sie hätten umfassendere Möglichkeiten, eine Anrechnung von sozialen Diensten, Betreuungs- und Pflegezeiten schaffen müssen. Es ist wirklich unverständlich, warum Sie hier hinter den Bundesregelungen so zurückbleiben; denn der Bund hat diese Regelung bewusst eingeführt, um gerade Kinder- und Pflegezeiten, soziales Engagement anzurechnen und damit geeignete Leute zu finden. Das wären Maßnahmen, mit denen der öffentliche Dienst wirklich attraktiv würde.
Viertens. Sie hätten sich deutlicher zu Personalgewinnungskonzepten und zur Personalentwicklung äußern müssen. Sie verstecken sich immer hinter der Besoldung. Um Fachkräfte zu fördern, brauchen wir Personalentwicklungskonzepte. Dann haben Sie im Ausschuss nach der Anhörung deren Grenzen noch hochgesetzt, und zwar auch für den Freistaat. Über eine kommunale Regelung hätte man vorgehen können. Ein landesweites Personalentwicklungskonzept wird, wenn das so fort- und umgesetzt wird, nach wie vor fehlen.