Protocol of the Session on December 18, 2013

Meine lieben Kollegen von der Koalition: Ich denke, alle von Ihnen haben dieses Urteil sehr aufmerksam gelesen – zumindest die, die damit befasst sind – und ihm entnommen, dass das, was 2010 geschehen ist, mit Ihrer Mehrheit im Rahmen der Änderung des Haushaltsbegleitgesetzes den Bogen eindeutig überspannt hatte und letztlich zu einem Verfassungsgerichtsurteil führte, das – da gebe ich der Ministerin einmal recht – zu Klarheit geführt hat, und zwar der Verfassungsinterpretation der Sächsischen Verfassung, die, so wie es Annekathrin Giegengack schon gesagt hat, im Bereich der freien Schulen einmalig ist in Deutschland und einen weiten Rahmen eröffnet.

Viele von Ihnen – gerade vonseiten der CDU, aber auch von unseren Kollegen – waren bei der Verfassungsgebung damals dabei, haben die Verfassung selbst mit entwickelt, haben sich dafür eingesetzt, Herr Flath, dass sich Träger freier Schulen gründen können; das Erzgebirge ist die Region mit den meisten freien Schulen in Sachsen, also insofern sicherlich auch mit Ihrer Unterstützung.

Wir haben damals schon nicht verstanden – 2010 –, warum Sie derart mit dem Hammer in die freien Schulen hineingehen und in diesem Bereich auch noch mit Ausdrücken wie „Kannibalisierung“ um sich geschlagen haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition: Ich mache keinen Hehl daraus: Die SPD steht nicht nur hier in Sachsen, sondern bundesweit für den Ausbau eines guten öffentlichen kommunalen und staatlich verantworteten Schulwesens. Das ist der Hauptauftrag, der auch aus

dem Grundgesetz – insbesondere was die Grundschulen anbelangt – hervorgeht. „Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates“ – so steht es im Grundgesetz. Von daher hat auch das öffentliche Schulwesen Vorfahrt in dem, was der Staat zu tun hat.

Aber – das ist das, was der Verfassungsgerichtshof jetzt noch einmal geklärt hat –: Er darf deswegen nicht die freien Schulen, die Privatschulen diskriminieren, sondern – das ist das Besondere in Sachsen – die freien Schulen sind gleichberechtigt neben den staatlichen Schulen zu betrachten und jetzt auch zu finanzieren – bis hin zum Schulgeld.

Gerade Letzteres hat uns besonders gefreut. Sie wissen, dass wir uns sehr dafür eingesetzt haben, dass die freien Schulen – die freien Ersatzschulen vor allen Dingen – im allgemeinbildenden Bereich die Möglichkeit haben, ohne Schulgeld die Schüler aufzunehmen, und damit aus der Stigmatisierung herauskommen, reine Eliteschulen zu sein – was sie nicht sind, auch wenn es derzeit im Freistaat nur 9 % der Schüler sind, die an freien allgemeinbildenden Schulen lernen. Deswegen sind sie aber keine Eliteschulen, sondern sie sind zum Teil sogar Stadtteilschulen, wie in meinem Wahlkreis, wo sie versuchen, alle Schüler aufzunehmen – auch in einem schwierigen sozialen Umfeld. Dazu müssen sie aber Schulgeldfreiheit haben.

Lange Rede, kurzer Sinn: Da sowohl die Ministerin als auch die CDU- und die FDP-Fraktion mittlerweile eingesehen haben, dass sie hier auf dem falschen Dampfer sind und dringend etwas getan werden muss, kann ich nur hoffen, dass sie noch in dieser Legislaturperiode, also vor den Landtagswahlen, eine neue Regelung finden.

Ich bin nicht blauäugig und habe genau zugehört, dass der Verfassungsgerichtshof den Auftrag erteilt hat, sehr gründlich über die Neuregelung der Finanzierung zu beraten und das transparent und nachvollziehbar vorzulegen. Ein Gesetz über die freien Schulen lässt sich nicht im Hauruckverfahren und schon gar nicht bis zu den Landtagswahlen umsetzen. Dafür ist die Zeit zu weit vorangeschritten.

Aber eine Übergangslösung, die den freien Schulen zum Schuljahr 2014/2015 eine solide Finanzierung ermöglicht und die Gründungsfreiheit wiederherstellt, damit wir zumindest auf den Status des Jahres 2010 zurückkommen, ist möglich. Dafür haben Sie auch unsere Unterstützung, wenn Sie das dem Landtag vorlegen.

Deswegen fordern wir in dem Antrag, dass bis März 2014 – ich denke, das ist ein überschaubarer Zeitrahmen – eine Übergangsregelung vorgelegt wird, über die wir hier beraten können.

Wenn ich es richtig verstanden habe, dann gibt es den Wunsch, darüber tatsächlich gemeinsam zu beraten. Unsere Fraktion wäre bereit, dazu im Schulausschuss zu einer sachlichen Lösung zu kommen, die dann – vielleicht sogar gemeinsam getragen – in den Landtag hineinkommt. Eine Rücküberweisung an den Schulausschuss

würde unsere Unterstützung bekommen, wenn dann zügig eine Lösung im Interesse der Schüler und im Interesse der freien Träger gefunden würde, damit dies noch in dieser Legislaturperiode, also vor dem Beginn des Schuljahres 2014/2015, erfolgt.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Für die CDU-Fraktion Herr Bienst.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich wurde eben angehalten, nur Danke zu sagen, aber ich denke, das Thema ist viel zu wichtig, um die Rede kurz zu fassen.

Zu Beginn meiner Rede möchte ich mich an die Verantwortlichen bzw. die Vertreter von Schulen in freier Trägerschaft in Sachsen, aber auch an die betroffenen Eltern und Kinder wenden. Die bildungspolitischen Intentionen der CDU in Sachsen – aber eben nur der CDU-Politik – in den vergangenen 23 Jahren waren und sind aktuell und werden in Zukunft darauf gerichtet sein, neben einem stabilen öffentlichen Bildungssystem auch die Schulen in freier Trägerschaft mit ihrer bildungspolitischen Vielfalt und ihrem Angebot zur Bereicherung der Schullandschaft in Sachsen zu unterstützen und zu fördern.

(Beifall bei der CDU)

Das sage ich mit Stolz, denn nur die CDU stand und steht ohne populistisches Gehabe offen und mit Blick auf die bildungspolitische Gesamtverantwortung nach wie vor hinter den Belangen von Schulen in freier Trägerschaft.

(Martin Dulig, SPD: Und warum gab es dann das Gerichtsurteil?)

Ich komme noch dazu. – Diese waren und werden nicht wahltaktische Themen sein. Genau aus diesen Gründen stehen wir seit Oktober 2012 mit den Interessenvertretern im Gespräch, um die anstehenden Probleme gemeinsam zu lösen.

In der Bewertung des Verfassungsgerichtsurteils stehen wir nicht für kurzfristige Übergangsgesetze, die eventuell wieder beklagt werden. Auch wenn von Bildungspolitikern anderer Fraktionen Signale ins Land gesendet werden, übergangsweise auf das Niveau des Jahres 2010 zurückzufallen, würde dies einen Nachteil für die Träger bedeuten. Genau das wollen wir in der CDU-Fraktion nicht. Wir wollen ein zukunftsträchtiges, rechtsverbindliches und fiskalisch dynamisch auf soliden Füßen stehendes Gesetz. Wirksam soll dieses Gesetz zum Schuljahr 2015/2016 werden.

Meine Damen und Herren! Auch der mit den Verantwortlichen der Schulen in freier Trägerschaft abgestimmte Fahrplan stand bzw. steht fest: erstens Kostenevaluierung und zweitens Vorbereitung der gesetzlichen Neuregulierung der Finanzierung von Ersatzschulen in freier Trägerschaft.

(Stefan Brangs, SPD, steht am Mikrofon.)

Herr Bienst, möchten Sie eine Zwischenfrage zulassen?

Herr Brangs, bitte.

Kollege Bienst, nur eine kurze Frage: Könnten Sie mir erläutern, warum Sie das im Jahr 2010 beschlossen haben, was dann später Grundlage eines Verfassungsgerichtsurteils wurde?

(Zurufe von der CDU)

Das kann ich und werde ich gern erläutern.

Ja, dann machen Sie mal!

Wenn wir nicht bestimmte Kürzungen bei den Trägern freier Schulen vorgenommen hätten – denn auch in anderen Bereichen haben wir gekürzt –, dann hätten wir keinen soliden Haushalt in diesem Landtag beschließen können.

(Widerspruch bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Das war genau der Grund in der Haushaltsdiskussion 2010.

(Zuruf von den LINKEN: Das ist ja wohl nicht fassbar! – Zuruf von der SPD)

Darf ich noch eine Nachfrage stellen?

(Unruhe im Saal)

Herr Bienst, einen Moment bitte. Meine Damen und Herren, hier werden jetzt Zwischenfragen gestellt und ich bitte um Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit für den Wortwechsel. Ich spreche jetzt keine Fraktion direkt an, aber einige Gespräche können Sie gern nach draußen verlagern. Dort können Sie sich lange unterhalten.

Herr Bienst, ich frage Sie: Möchten Sie noch eine zweite Nachfrage von Herrn Brangs zulassen? Sie können selber entscheiden.

(Dr. Matthias Rößler, CDU: Das musst Du selbst entscheiden, Lothar! – Zuruf von der CDU: Nein oder ja?)

(Heiterkeit)

Dann mache ich erst einmal weiter.

Am Mikrofon steht aber noch Frau Dr. Stange. Auch hier können Sie entscheiden, ob Sie das wollen.

Lassen Sie mich erst einmal reden und dann kann sie die Frage stellen.

Also nein. – Herr Bienst, Sie dürfen fortfahren.

Okay. – Es ging noch einmal um den Fahrplan, den ich kommentieren möchte. Zum ersten Punkt, dem abgestimmte Zeitplan – das zu Ihrer Information – der Kostenevaluation. Wir haben gemeinsam mit den Verantwortlichen der Schulen in freier Trägerschaft festgelegt, dass nach dem Abschluss der Normenkontrollklage Beratungen mit den Interessenvertretern stattfinden und eine Klärung des vorläufigen Handlungsbedarfs im gesetzlichen Rahmen erfolgt.

Zum zweiten Punkt, der gesetzlichen Neuregelung. Wir haben vereinbart, dass nach Abschluss der Normenkontrollklage und in Vorbereitung – nun hören Sie gut zu! – des Doppelhaushaltes 2015/2016 inhaltliche Notwendigkeiten vorbesprochen und eine gesetzliche rechtssichere Lösung, also sprich: ein Gesetz, auf den Weg zu bringen ist.

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Viel zu spät!)

Meine Damen und Herren! Nach gemeinsamer Absprache mit den Vertretern der Schulen in freier Trägerschaft haben wir den Ausgang der Klage bewusst abgewartet, um eine gemeinsame Rechtssicherheit zu haben.

(Cornelia Falken, DIE LINKE: Sie warten immer zu lange ab!)