In der Sache aber sagt er deutlich, dass durch die wirtschaftliche Ausrichtung der Staatsbetriebe in der Sächsischen Haushaltsordnung geradezu Klagen der Verlage auf höhere Lizenzgebühren oder aber Unterlassungen beim wichtigen Zugang zu Datenbanken und Publikationen provoziert werden. Auch das sollte uns zu denken geben, wenn wir diesen Gesetzentwurf heute zu beschließen haben.
Nur kurz sei erwähnt, dass Sie uns den Gesetzentwurf mit einem nicht nur aus unserer, sondern auch aus Sicht der Generaldirektion unvollständigen Aufgabenkatalog
vorlegen. Dazu komme ich dann aber bei unserem Änderungsantrag zum Gesetzentwurf. Vor allem aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, fehlt bis heute – nach mehreren Befassungen hier im Plenum, Stellungnahmen und Berichten der Staatsregierung – eine sachliche Begründung für die Umwandlung in einen Staatsbetrieb.
Deshalb erlaube ich mir, nochmals aus der Sächsischen Haushaltsordnung zu zitieren, nämlich die Definition eines Staatsbetriebes. Dort steht: „Staatsbetriebe sind rechtlich unselbstständige, organisatorisch abgesonderte Teile der Staatsverwaltung, bei denen wegen“ – der Grund – „einer betriebs- oder erwerbswirtschaftlich ausgerichteten Tätigkeit oder wegen des Absatzes ihrer Erzeugnisse besondere Bewirtschaftungsvorschriften gelten.“
Ich muss also anhand des Gesetzestextes schlicht fragen: Was sind denn die betriebs- oder erwerbswirtschaftlich ausgerichteten Tätigkeiten oder der Absatz der Erzeugnisse, der die Umwandlung in einen Staatsbetrieb verlangt? Frau Staatsministerin, Sie sind uns diese Begründung schon im Plenum im Januar 2013 schuldig geblieben. Auch in der Ausschussbefassung und in der Debatte sagte eine CDU-Sprecherin nur, die Umwandlung in einen Staatsbetrieb entspreche dem Zeitgeist. Mit Verlaub: Mir ist dieser Zeitgeist noch nicht begegnet, der flüstert: „Wandelt eure öffentlichen Investitionen in einen Staatsbetrieb um, privatisiert, ökonomisiert die Archivierung und Dokumentation und die Bereitstellung kultureller und wissenschaftlicher Werte. Tut das!“ Sollte dieses Gespenst umgehen, dann muss es wohl der schwindende Geist der FDP sein, der aus Prinzip alles privatisieren will. Aber Privatisierung nur als Selbstzweck? Nein. Die Aufgaben, welche die SLUB erfüllt, sind öffentliche, hoheitliche Aufgaben, und das sollten sie in Gänze auch bleiben.
Deshalb kann und wird die SPD-Fraktion diesem Gesetzentwurf in dieser Form nicht zustimmen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, alles, was Sie mit diesem Gesetzentwurf vorgeben zu wollen, ist auch als rechtsfähige Anstalt öffentlichen Rechts möglich. Die Flexibilisierung beim Personal und bei der Übertragbarkeit von Mitteln in das nächste Haushaltsjahr auch bei Beibehaltung von Mitbestimmungsrechten und anderes – all das ist möglich. Das werden wir deshalb in unserem Änderungsantrag vortragen und vorschlagen. Abschließend kann ich nur sagen: Nutzen Sie diesen Weg, um Schaden vom Land und seinen Menschen, nicht zuletzt den Mitarbeitern und Nutzern der SLUB, abzuwenden.
Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Der Freistaat verfügt mit der Sächsischen Landesbibliothek, Staats- und Universitätsbibliothek – oder kurz: SLUB – über eine hervorragende Bibliothek mit breitem Anwendungsfeld, die auf der Basis des Gesetzes über die Sächsische Landesbibliothek, Staats- und Universitätsbibliothek im Juni 1995 errichtet wurde. Sie hat als Landesbibliothek zum einen das Pflichtexemplarrecht für in Sachsen publizierte Literatur inne und sammelt Veröffentlichungen über Sachsen. Zum anderen stellt sie als Universitätsbibliothek einer Exzellenzuniversität deren
Informationsversorgung sicher. Darüber hinaus bildet die SLUB das Zentrum der sächsischen Bibliothekenlandschaft in Form verschiedenster Koordinierungsaufgaben, wie zum Beispiel mit dem Dresdner Digitalisierungszentrum, DDZ, mit dem die SLUB deutschlandweit führend in der Digitalisierung und Erschließung von Literatur agiert.
Dennoch sollten wir uns nicht auf dem bisher Erreichten ausruhen, sondern nach stetiger Verbesserung und Weiterentwicklung streben. Dabei war zu bemerken, dass all dies bisher in den engen Grenzen eingeschränkter Eigenverantwortung und unternehmerischen Handelns erreicht wurde. Deshalb wollten wir als CDU/FDP-Koalition die SLUB in einen Staatsbetrieb umwandeln; denn ebendiese Eigenverantwortung und Freiheit im unternehmerischen Handeln sind notwendige Bedingungen für eine weitere Entwicklung der Staats- und Universitätsbibliothek.
Mit der Rechtsformänderung und der kaufmännischen Wirtschaftsführung wird künftig nicht mehr jedes Detail bis zu zwei Jahre im Voraus geplant werden müssen. Mittel können flexibel eingesetzt werden und die SLUB kann schneller auf Veränderungen reagieren. Gute Beispiele, wie die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg oder die Universitätsbibliotheken in Berlin und Heidelberg, wurden hier bereits von mir genannt.
Wir haben mit unserem Antrag vom 30. Januar 2013 die Antwort auf die drängende Frage, wie die SLUB ihren Platz unter den Spitzenbibliotheken halten und ausbauen kann, geliefert und sehen mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf der Staatsregierung bereits das Ergebnis. Wir haben es gewissermaßen mit einem Bibliotheksfreiheitsgesetz zu tun, und es ist ein sehr gutes Ergebnis, was auch die Sachverständigen in der öffentlichen Anhörung so sahen;
denn der Gesetzentwurf wurde mehrheitlich und ausdrücklich auch in der Anhörung begrüßt. Den anderslautenden Stimmen aus der Opposition kann ich nur empfehlen, sich einfach das Anhörungsprotokoll anzuschauen. Dort ist ebenso zu lesen, dass die Pflichtexemplarregelung in den Gesetzestext aufgenommen werden sollte – eine sinnvolle Anregung des stellvertretenden Generaldirektors Herrn Golsch, die wir dankend in unserem Änderungsantrag aufgenommen haben.
Den angeblich schwindenden Einfluss der TU Dresden, der von den Oppositionsfraktionen moniert wird, kann ich dagegen nicht erkennen. Immerhin wird sie wesentlich an der Zusammensetzung des Verwaltungsrates und darüber hinaus an der Erstellung des Wirtschaftsplanes der SLUB beteiligt sein. Ebenso kann ich nicht nachvollziehen, warum wir uns an dieser Stelle erneut mit Änderungsanträgen befassen müssen – trotz umfassender Diskussionen und Antragsberatungen in der Ausschusssitzung. Ich hoffe dennoch ganz im Sinne der Sache auf breite Zustimmung.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich musste erst einmal einen Moment warten, bis sich der Nebel verzogen hat, den Herr Tippelt mit seinen Nebelkerzen produziert hat. Es ist unglaublich. Aber, Herr Tippelt, Sie haben in einem Punkt recht: Ich empfehle ebenfalls allen, sich das Anhörungsprotokoll durchzulesen, und ich empfehle auch allen, sich den ausführlichen Bericht unserer Ausschusssitzung durchzulesen. Alle, die Interesse an dieser Frage haben, werden dort deutliche Aufschlüsse bekommen, allerdings nicht in der Richtung, die Sie gerade prognostiziert haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute wird hier eine große Chance vergeben. Wir hätten eine Neufassung des Gesetzes über die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek mit großer Mehrheit der demokratischen Fraktionen verabschieden können; denn wir sind uns in drei wichtigen Fragen einig:
Es besteht, erstens, Einigkeit darüber, dass die 1995 erfolgte Fusion der traditionsreichen Sächsischen Landesbibliothek und der Universitätsbibliothek der TU Dresden eine der führenden wissenschaftlichen Bibliotheken in Deutschland geschaffen hat.
Es steht, zweitens, außer Frage, dass die Bibliothek nicht auf dem Stand von vor 18 Jahren stehen bleiben kann, sondern dass sie den Anforderungen an eine Bibliothek in einer digitalen Gesellschaft gerecht werden muss.
Wir sind uns schließlich auch einig darüber, dass die SLUB mehr Flexibilität braucht, damit sie betriebswirtschaftlich planen und unternehmerisch handeln kann.
Um diese Flexibilisierung zu erreichen, hat die Staatsregierung jedoch einen Gesetzentwurf vorgelegt, der geschichtsvergessen, halbherzig und autonomiefeindlich ist. Das Schlimme daran ist: Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU und FDP, sind auch noch stolz darauf und verteidigen ihn.
Ich habe mich angesichts der offensichtlichen Mängel dieses Entwurfs in den vergangenen Tagen oft gefragt, warum Sie das tun. Nun, als freundlicher Mensch glaube ich erst einmal, dass Sie es gut gemeint haben. Aber bereits Kurt Tucholsky sagte: „Das Gegenteil von gut ist nicht böse, sondern gut gemeint.“
Dieser Gesetzentwurf ist nicht gut, weil er geschichtsvergessen ist im Hinblick auf die Gründung der Bibliothek. Dem Gesetz von 1995 waren mehrjährige Debatten und intensive Verhandlungen mit allen Partnern vorausgegangen. Die TU Dresden hat damals auf eine eigene Hochschulbibliothek verzichtet und sie hat dafür angemessene Rechte in der neuen gemeinsamen Bibliothek erhalten. Zu diesem Zweck wurde zwischen den Interessen der Landesbibliothek, der Universität und des Freistaates eine sorgfältig austarierte Balance hergestellt. Diese gelungene Balance ist eine entscheidende Basis für den bisherigen Erfolg des Fusionsmodells.
Prof. Rödel hat im Namen der TU Dresden unmissverständlich erklärt: „Ein maßgeblicher Einfluss der TU Dresden auf die bibliothekarische Versorgung der Hochschule durch die SLUB muss gewährleistet sein. Das war und ist die Geschäftsgrundlage für die Zustimmung der TU Dresden zum Integrationsmodell SLUB als Landes- und Universitätsbibliothek.“
Frau Staatsministerin von Schorlemer, ob Sie es wahrhaben wollen oder nicht: Das, was Staatsminister Meyer damals sehr sensibel aufgebaut hat, setzen Sie heute aufs Spiel.
Dieser Gesetzentwurf ist zweitens nicht gut, weil er nur halbherzig auf die Anforderungen der digitalen Gesellschaft reagiert. Es reicht eben nicht aus, die klassischen Bibliotheksdienste in die digitale Welt zu transformieren. Angesichts der digitalen Revolution – und das Wort ist nicht zu hochgegriffen –, in der die Googles dieser Welt eine viel größere Reichweite entwickeln, als es Bibliotheken je können, müssen die neu entstandenen Aufgaben im Aufgabenkatalog zentral formuliert werden.
Meine Damen und Herren der Koalition, alle Sachverständigen aus dem Bibliotheksbereich – vom Deutschen Bibliotheksverband über die SLUB bis hin zur Bayerischen Staatsbibliothek – haben es Ihnen doch ins Stammbuch geschrieben: Es muss konsequente Strukturbildung betrieben werden. Deshalb braucht die SLUB nicht nur eine koordinierende, sondern eine intelligent steuernde Funktion bei Bibliotheksprojekten, und sie muss mit der Aufgabe betraut werden, digitale Dienste und Infrastrukturen für die TU Dresden und die Bibliotheken im Freistaat zu entwickeln und zu betreiben.
Drittens ist dieser Gesetzentwurf schlecht, weil er autonomiefeindlich ist, und das sowohl im Hinblick auf die Hochschulautonomie der TU Dresden als auch auf die Selbstverwaltung der SLUB. Die bisher gesetzlich fixierten Beteiligungsrechte der TU Dresden werden gekappt.
Das Vorschlagsrecht für einen Stellvertreter des Generaldirektors verschwindet, ebenso wie der Einfluss der TU Dresden auf den Bestandsaufbau in den Teilbibliotheken.
Es ist ja fast ein Witz der Geschichte: Während das Hochschulfreiheitsgesetz die Beteiligung des SMWK bei der Bestellung von Bibliotheksleitern abgeschafft hat, geschieht im SLUB-Gesetz mit der TU Dresden das Gegenteil. Ich halte das für eine unglaubliche Brüskierung der einzigen Exzellenzuniversität dieses Landes.
Vor allem aber verletzt die Kappung des Einflusses der TU Dresden auf die wissenschaftliche Informationsversorgung ihre grundrechtlich geschützte Wissenschaftsfreiheit. Das lässt sich auch nicht durch Verlagerung einiger Beteiligungsrechte in eine Verwaltungsvorschrift ausgleichen. Hier geht es um ein Grundrecht, und die Juristen in diesem Haus müssten es sofort wissen: Die für dessen Verwirklichung wesentlichen Inhalte müssen wir als Gesetzgeber selbst regeln und können es nicht der Staatsregierung überlassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es steht grundsätzlich die Frage, ob ein Staatsbetrieb die geeignete Rechtsform für die SLUB ist. Hinsichtlich der Erfüllung der Aufgaben für die TU Dresden ist er es gewiss nicht. Die SLUB wird Teil der unmittelbaren Staatsverwaltung und die Informationsversorgung vollständig der Fachaufsicht der Ministerin unterstellt.
Ungeeignet ist der Staatsbetrieb auch aus urheberrechtlichen Gründen – wir haben schon einiges davon gehört –: Die Sächsische Haushaltsordnung definiert Staatsbetriebe sehr klar als Teile der Staatsverwaltung mit betriebs- oder erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit. Diese Definition wird jedoch problematisch, wenn es um digitale Leseplätze, die Digitalisierung von Beständen oder die Nutzung vergriffener Werke geht.
Machen wir uns doch bitte nichts vor: Sie kennen die Debatten um das Urheberrecht aus den letzten Jahren. Die Verlage stehen schon bereit, wir müssen mit Klagen rechnen, und diesem Risiko sollten wir die SLUB im Interesse ihrer weiteren Entwicklung nicht aussetzen. Auch aus diesem Grund wäre die bisherige Form der Anstalt öffentlichen Rechts die weitaus bessere Lösung, aber es soll um jeden Preis ein Staatsbetrieb sein.
Auch in diesem Fall gibt es gesetzliche Gestaltungsmöglichkeiten. Hier wird jedoch, um mit den Worten Prof. Lehners – des Kuratoriumsvorsitzenden der SLUB – zu sprechen, ein Staatsbetrieb nach Schema F geschaffen. Ich würde das Zitat etwas modifizieren: Eine Bibliothek ist kein Gestüt, sollten wir hier in Sachsen sagen. Dieses Gesetz hat die Möglichkeiten, für diesen gesonderten Staatsbetrieb, den Sie unbedingt wollen, die bewährten Regelungen aus dem bisherigen SLUB-Gesetz zu übernehmen. Das ist die Forderung aller, die sich sowohl aus der SLUB als auch aus der TU Dresden zu Wort gemeldet haben.