Protocol of the Session on October 17, 2013

Fazit: Die örtlichen Träger der Sozialhilfe und der KSV Sachsen arbeiten nicht nur wirtschaftlich und steuern effektiv, nein, sie stellen bei ihrer Arbeit auch die Menschen in den Mittelpunkt. Natürlich wird es auch in Zukunft wichtig sein, was Leistungen kosten. Aber auch hier gilt: Die Würde des Menschen in unantastbar. Das ist die Grundlage unseres Handelns. Das ist unsere ethische Verantwortung. Das ist die Aufgabe, an der wir arbeiten, nicht jedoch an einer erneuten Prüfung einer neuen Aufgabenverteilung. Diesen Antrag lehnen wir ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Schlusswort hat jetzt die Linksfraktion. Herr Abg. Wehner.

Frau Präsidentin! Frau Staatsministerin, ich möchte mich jetzt nicht dazu äußern, ob Sie den Antrag ablehnen. Ich denke, die Staatsregierung empfiehlt bestenfalls dem Sächsischen Landtag die Ablehnung,

(Beifall bei den GRÜNEN)

nur, um einmal auf die Spielregeln hinzuweisen.

Ich bedanke mich bei allen sehr herzlich für die doch überwiegend sachliche Diskussion zu unserem Antrag. Es haben auch fast alle den Inhalt des Antrags erkannt und verstanden – nur Sie, Herr Krasselt, eben nicht, denn darum geht es nicht. Die Zentralisierung haben Sie mit diesem Riesenmonster an Verwaltung bereits geschaffen.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Ich stimme Ihnen zu: Natürlich ist den Kolleginnen und Kollegen im Kommunalen Sozialverband für ihre engagierte Arbeit zu danken. Das ist doch klar; aber das ist auch ihre Arbeit. Hier geht es jedoch darum, zu bewerten, ob die Regelungen, die wir im Freistaat – beginnend zum Jahr 2008 – geschaffen haben, eine gute Sache waren und ob es uns für die Sozialplanung weiterhilft. Wir haben doch das Phänomen, dass das persönliche Budget nicht erfolgreich ist und dass die Zahl der in den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen Arbeitenden steigt, jedoch die Vermittlung in den allgemeinen Arbeitsmarkt stagniert bzw. trotz steigender Konjunktur sinkt. Liegt denn das nicht möglicherweise auch daran, dass Sie dort die Dinge gebündelt haben und der Einfachheit halber die Aufgaben hin- und herschieben? Das können Sie doch aber nur feststellen, wenn Sie dort näher prüfen.

Liebe Dagmar Neukirch, es geht hier um kein Misstrauen, überhaupt nicht. Es geht wirklich nur um die kritische Betrachtung. Allein weil man das will, muss man nicht a priori ein Misstrauen haben, denn es geht um die Zukunft, um die betroffenen Menschen und deren Würde, die unantastbar ist. Deshalb geben Sie sich alle einen Rück und stimmen Sie dem Antrag zu!

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 5/12091 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung

um Ihr Handzeichen. – Die Gegenstimmen, bitte. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Bei Stimmen dafür ist der Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt worden.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf

Tagesordnungspunkt 7

Gemeinsam Pflege stärken – „Sächsisches Pflegebündnis“ initiieren

Drucksache 5/12510, Antrag der Fraktion der SPD, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Maßnahmen zur Abwendung des drohenden Pflegenotstandes in Sachsen

Drucksache 5/5860, Antrag der Fraktion DIE LINKE,

mit Stellungnahme der Staatsregierung

Hierzu können die Fraktionen wieder Stellung nehmen. Es beginnt die SPD-Fraktion. Danach folgen DIE LINKE, CDU, FDP, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn sie es wünscht. Ich erteile nun der SPD-Fraktion das Wort. Frau Abg. Neukirch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nunmehr zum dritten Mal reden wir heute anlässlich eines Aktionstages „Pflege braucht Zukunft“ über die Situation im Bereich der Pflege hier in Sachsen. Zum dritten Mal werden wir wieder über die gestiegenen Zahlen und die sich abzeichnenden Bedarfe reden, werden wieder von allen hören, wie wichtig die Arbeit in der Pflege ist, und uns wieder bei all den engagierten Pflegekräften, den Angehörigen und den sonstigen Akteuren bedanken. Das ist gut so, und das ist auch wichtig.

Bereits zwei Mal haben wir uns aber in den vergangenen Jahren hinterher gefragt: Was bleibt davon? Was wird davon in konkrete Politik übergehen bzw. überführt? Leider, muss man feststellen, waren da die Ergebnisse im politischen Handeln – auch der Staatsregierung – sehr ernüchternd. Das damals ausgerufene „Jahr der Pflege 2011“ ging fast spurlos an der Pflege vorbei. 2012 gab es eine Pflegereform des Bundes mit zum Teil kleinen, guten Ansätzen, und in diesem Jahr 2013 gehörten schon Meldungen über die Weiterführung von Förderrichtlinien für Alltagsbegleiter und niedrigschwellige Angebote zu den absoluten Highlights im Pflegebereich. Substanzielle Initiativen haben jedoch bisher nicht stattgefunden.

In dieser Woche kamen am Rande der Pflegemesse bei einer Veranstaltung des Kommunalen Sozialverbandes viele Vertreterinnen und Vertreter der kommunalen Ebene zu Wort. Es wurden unter anderem die einzelnen sächsischen Pflegenetze vorgestellt. Die unterschiedlichsten Ansätze mit ganz verschiedener Ressourcenausstattung wurden deutlich. Bei alledem jedoch kam heraus, dass man Unterstützung braucht und keine Absichtserklärungen. Es kam heraus, dass diese Pflegenetze nur mit einer Koordinierung, mit zentralen Ansprechpartnern und mit möglichst zusätzlichen mobilen Beratungseinheiten

funktionieren – und eben nicht nur die Beratung zur gesetzlichen Pflegeversicherung, sondern eine Beratung zur Prävention, zum Wohnen, zu Alltagshilfen, zu Mobilität und zu vielem anderen mehr.

Es wurde auch darauf hingewiesen, dass es für diese vielen unterschiedlichen Ansätze ganz wichtig ist, dass sie nur zusammen funktionieren können, wenn sie in eine Landesstrategie für die zukünftige Gestaltung der Pflege in diesem Land eingebunden werden. Diese Strategie für vernetzte Gesundheits- und Pflegeregionen, die den Rahmen und die Voraussetzungen für sozialräumliche Planung festlegt, die einen einheitlichen Förderrahmen schafft und die auch die Grundlage dafür ist, dass wir eine an diesem Ziel ausgerichtete Harmonisierung der bisher ganz verschiedenen Förderschwerpunkte des Landes bekommen, ist das, was Sachsen braucht. Nur dann können wir wirklich über den Vorrang ambulanter Versorgung und die Verzahnung der Angebote sprechen. Diese Strategie fordern wir am Runden Tisch Pflege nun seit mittlerweile fast vier Jahren, und diese Strategie fehlt bis heute.

Ich frage mich auch immer, warum wir nicht wenigstens kleine Forderungen aus der kommunalen Ebene aufnehmen und als Land zeigen, dass wir den kommunalen Weg dabei nicht nur begleiten, sondern auch aktiv unterstützen, beispielsweise mit regionalen Pflegekoordinatoren für diese Pflegenetze. Im Bereich des Kinderschutzes war es uns als Land das wert, und ich denke, für den Bereich der Pflege sollten wir an dieser Stelle nicht zögern, das auch zu tun.

Uns geht es mit unserem Antrag aber nicht darum, irgendeine Strategie zu bekommen, sondern darum, eine mit den anderen Akteuren gemeinsam entwickelte Strategie zu entwerfen, sich dabei aber eben nicht nur über die Farbe von verschiedenen Mosaiksteinchen zu unterhalten, sondern zu überlegen, wie das Gesamtbild am Ende aussehen soll und was jeder dazu beitragen kann.

Die Stellungnahme zu unserem ersten Antrag lässt beim ersten Lesen hoffen, dass auch in Sachsen nun endlich

etwas vorwärtsgeht. Die Staatsregierung verweist auf die Initiative im Landespflegeausschuss „Pro Pflege“ in Sachsen. Allerdings finde ich nicht, dass sich nun durch diesen Entwurf eines Beratungsgremiums der Staatsregierung – bezüglich dessen aus meiner Sicht auch nicht alle Akteure wirklich teilhaben – das Anliegen unseres Antrags bereits erledigt hat.

Zudem ist der Duktus der Stellungnahme schon wieder in diesem üblichen distanzierten Staatsregierungsmodus abgefasst. Die anderen müssen sich jetzt mal einigen, denn wir können lesen, ich zitiere: „Sobald die Beteiligten einen Konsens erzielt haben“. Ich wünschte mir, dort würde stehen: Sobald wir einen Konsens erzielt haben.

(Beifall des Abg. Martin Dulig, SPD)

Ich finde das an der Stelle ganz wichtig, weil es darauf hindeutet, dass sich die Staatsregierung mitverantwortlich fühlt für das Gelingen dieses schwierigen und herausfordernden Vorhabens.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Ich finde es gut, dass die Staatsregierung jetzt etwas angestoßen hat. Das ist ihre Aufgabe.

Nun ist es aber so, dass ich mich frage: Die anderen müssen sich einigen – was geschieht, wenn das jetzt nicht funktioniert? Wird wirklich über den Weg diskutiert, über ein Ziel diskutiert und werden die Beteiligten auch wirklich alle mitgenommen? Und, falls es nicht funktioniert, sind wieder andere schuld nach dem Motto: Aber wir wollten doch, nur die wollten nicht. Genauso darf es aus unserer Sicht nicht weitergehen. Wir müssen aufhören, ständig jemand anderem die Schuld für die schwierige Lage und das vielleicht nicht so richtige Vorwärtskommen zu geben. Nicht der KSV, nicht die Liga oder die privaten Träger, nicht die Kassen oder die Kommunen und natürlich auch nicht der Freistaat allein sind hierfür ausschlaggebend.

Deshalb nehmen Sie unseren Antrag mit in diese Runde zum Landespflegeausschuss, nutzen Sie ihn dafür, dass auch der Landtag hinter einem gemeinsamen Bündnis für eine gute Pflege in Sachsen steht. Das ist, glaube ich, eher Rückenwind für Ihr Anliegen als ein Hindernis.

Ich will kurz darauf eingehen, warum es so wichtig ist. Erstens. Wir müssen die Sicherstellung der Versorgung von hilfe- und pflegebedürftigen Menschen in ganz Sachsen gewährleisten. In ganz Sachsen steigen die Bedarfszahlen. Das Raffelhüschen-Gutachten beweist dies eindrucksvoll.

Dazu kommt, dass bis 2030 fast 75 % der Haushalte von Seniorinnen und Senioren Ein-Personen-Haushalte sein werden, ohne direkte familiäre Unterstützungsmöglichkeit. Bisher werden zwei Drittel der Pflegebedürftigen von Angehörigen gepflegt. Hier brauchen wir dringend Angebote jenseits der stationären Angebote.

Zweitens. Wir benötigen auch die Fachkräfte dafür. Prognosen gehen bis zum Jahr 2030 von 30 000 zusätzli

chen Pflegestellen aus. Die Berufe in der Pflege können durchaus sehr erfüllend sein; sie können die Menschen aber auch sehr schnell an ihre Leistungsgrenzen führen, und genau da müssen wir aufpassen.

Wenn wir jetzt über die große Teilzeitquote sprechen – mehr als 60 % im Pflegebereich wird in Teilzeit erbracht – und denken, es sei nun ganz einfach, diese zu erhöhen und damit das Beschäftigungspotenzial auszubauen, dann ist das zu kurz gesprungen; denn es ist auch mehr nötig als eine bessere Bezahlung. Die ist sehr wichtig, ja, aber nach wie vor geht es den meisten Beschäftigten in diesem Bereich darum, ausreichend Kolleginnen und Kollegen zu haben, die den schwierigen Alltag mit ihnen gemeinsam mit den täglich wechselnden Herausforderungen meistern. Das ist das zentrale Problem für die meisten Beschäftigten in der Pflege, und das stellt sich sowohl in der Krankenpflege in Krankenhäusern als auch in der Altenpflege, in der ambulanten und stationären Altenpflege.

Nicht zuletzt muss bei diesem Punkt der Personalausstattung natürlich auch darauf geachtet werden, dass wir dies schrittweise umsetzen, ohne dass es über Gebühr zu Belastungen für die pflegebedürftigen Menschen in Sachsen kommt.

Drittens, und das nenne ich zum Schluss, weil es ganz besonders wichtig ist: Wir benötigen niedrigschwelligere Beratungs-, Unterstützungs- und Hilfsangebote für die vielen pflegenden oder sich einfach kümmernden Angehörigen in diesem Land. Das sind die, die am meisten von tatsächlichen Investitionen in ambulante Infrastruktur profitieren würden, und sie sind auch die Basis dafür, dass wir im Alter später mal so leben können, wie wir uns das alle vorstellen: zu Hause, bei unseren Angehörigen. Für diese Basis brauchen wir auch starke Kommunen.

Das gemeinsame Anstreben dieser Ziele ist der Ansatz unseres Antrages, und das ist auch das, was sich die Menschen, die heute im Verlaufe der nächsten Stunden hier vor den Landtag kommen, am Aktionstag wünschen: Sie wünschen sich eine ehrliche Problembeschreibung und gemeinsame, aber wirksame Lösungen. Pflege braucht Zukunft. Stimmen Sie unserem Antrag zu.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Nächste Rednerin ist Frau Lauterbach für die Fraktion DIE LINKE. Frau Lauterbach, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Runde Tisch Pflege lädt auch heute – wie jedes Jahr im Oktober – zu einer Demo vor dem Landtag ein. Unter dem Motto „Pflege braucht Zukunft“ wollen und müssen Pflegekräfte ein Zeichen für notwendige Veränderungen in der Pflege hier in Sachsen setzen.