Protocol of the Session on October 16, 2013

Eine umfassende Novellierung des Schulgesetzes ist zwingend notwendig. Darüber sind wir uns einig. Aber wenn es eine solche Herzenssache ist, Schulen im ländlichen Raum zu erhalten, dann sollten Sie den Schritt gehen und eine Novellierung des Schulgesetzes auf den Tisch legen. Wir werden darüber beim Änderungsantrag der SPD noch einmal sprechen.

Wenn Sie es mit Ihrem Antrag ernst meinen – wenn Sie es wirklich ernst meinen –, dann sollten Sie der Mittelschule in Seifhennersdorf umgehend den Status einer staatlichen Schule zurückgeben, denn das wäre wirklich einmal ein positives Zeichen.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Norbert Bläsner, FDP, steht am Mikrofon.)

Herr Bläsner, Sie möchten intervenieren?

Bitte.

Ich nehme auf den Redebeitrag von Frau Falken Bezug. Sie haben zu Beginn Ihrer Rede gesagt: Trotz Schulschließungsmoratorium werden im Schuljahr 2010/2011 circa 17 Mittelschulen Mitwirkungsentzug bekommen. Ich möchte feststellen: Erstens. Für das Schuljahr 2010/2011wurden die Entscheidungen im Mai 2010 getroffen, das Moratorium ist im Dezember

2010 beschlossen worden. Also konnte das Moratorium noch nicht wirken, weil es noch nicht beschlossen war.

Zweitens. Das Moratorium wirkt. Wir hatten den Fall der Mittelschule Hartha, bei der wir davon ausgegangen sind und auch kommuniziert hatten, dass sie nicht unter das Moratorium fällt. Dann gab es ein Missverständnis zu dem, was der Schulnetzplan letztlich aussagt. Der genehmigte Schulnetzplan besagte nämlich, dass er sie unter Beobachtungsstatus stellt. Das Gericht hat daraufhin festgestellt, dass sie nicht zur Schließung anstand und demnach das Moratorium zu gelten hat. Also hat ein Gericht festgestellt, dass das Moratorium gerichtsfest auch das Schulgesetz ausgestaltet hat. Deswegen hat das Moratorium durchaus eine echte rechtliche Wirkung entfaltet, weil es – anders als Sie es, Frau Falken, verdeutlichen wollen – im Schulgesetz das ausgestaltet, was auch im Schulgesetz vorgesehen ist. Das geht aber in dem Fall bei Grundschulen nicht nach dem Motto, wir setzen den Klassenteiler auf 20 Schüler hoch, was Sie jetzt vermutet haben. Das ist doch völliger Nonsens. Im Schulgesetz stehen 15 Schüler.

Wir wollen mit dem Moratorium den schulgesetzlichen Spielraum zunächst erst einmal ausgestalten. Es gibt auch jetzt schon die Möglichkeit des jahrgangsübergreifenden Unterrichts und die Grundschulen diesbezüglich zu unterstützen, bis sie das Konzept vor Ort umgesetzt haben – weil eine Sache ist, ein Konzept zu haben, irgendwo abstrakt in den Raum gesetzt, das woanders funktioniert, und die andere Sache ist, es an der Schule einzuführen. Das sind zwei unterschiedliche Dinge. Das dauert an einer Schule. Dazu muss man das Lehrerkollegium mitnehmen. Bis dahin ist beispielsweise die Grundschule RechenbergBienenmühle, worüber wir uns dieses Jahr unterhalten haben, bestandssicher.

Bitte zum Schluss kommen!

Deshalb ist Ihre Behauptung völlig falsch, wir würden den Klassenteiler irgendwie heraufsetzen wollen. Das ist völliger Nonsens. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Cornelia Falken, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)

Frau Falken, Sie möchten erwidern?

Ja, ich würde kurz darauf erwidern wollen.

Bitte.

Herr Bläsner, Sie kennen doch die Verfahren. Sie sind doch lange genug in der Bildungspolitik im Freistaat Sachsen tätig. Ich habe vom Schuljahr 2010/2011 gesprochen. Die Mitwirkungsverfahren laufen in der Regel immer im Frühjahr. Ich spreche aber vom Schuljahr 2010/2011. Im Jahr 2010 zur Haus

haltsdebatte ist das Moratorium beschlossen worden, so wie Sie es schon gesagt haben. Also war es schon beschlossen, als diese Mitwirkungsentzüge eingeleitet worden sind.

(Zuruf des Abg. Patrick Schreiber, CDU)

Nur um das noch einmal richtigzustellen: Wenn der Antrag gerichtsfest ist – bezogen auf das Moratorium –, dann ist das eine feine Sache, aber ich hoffe nicht, dass Sie daraus schlussfolgern, dass ein Gesetz nicht notwendig wäre, weil wir alles über Anträge regeln können.

(Zuruf des Abg. Patrick Schreiber, CDU)

Das haben Sie so nicht gesagt, das ist klar, aber es steckte ein kleinwenig drin.

(Beifall bei den LINKEN – Zuruf des Abg. Patrick Schreiber, CDU)

Meine Damen und Herren! Es geht in der Aussprache weiter. Für die SPDFraktion spricht Frau Abg. Dr. Stange. Bitte, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst meinem Kollegen Schreiber die Gelegenheit geben, falls er irgendetwas zu sagen hat, ans Mikro zu gehen und dort seine Frage zu stellen, weil das die Kommunikation im Saal erleichtert.

(Patrick Schreiber, CDU: Du bist ja leider vor mir dran!)

Liebe Kollegen von der FDP, ein bisschen Mitleid habe ich mit Ihnen, denn die Guerillaaktion von K und K fand ich schon ein wenig koalitionsfeindlich. Als ich das gelesen hatte, habe ich mich an unsere Zeiten der Großen Koalition erinnert. Damals war es umgekehrt. Wenn wir damals etwas wollten und die CDU nicht mitgespielt hat, haben wir versucht, das vorher an die Presse zu geben.

(Staatsminister Sven Morlok: Das ist ja interessant!)

Ganz genau, Herr Morlok! Das ist nämlich die Art und Weise, wie man den Koalitionspartner vielleicht dazu bringt mitzuziehen. Insofern fand ich das Vorgehen schon interessant und auch die Spielchen, die dann betrieben wurden, dass die FDP versucht hat, jetzt noch mit einem Antrag im Landtag gesichtswahrend aus dieser Nummer herauszukommen. Fakt ist doch: Das Ministerium könnte, wenn es wollte, so wie Herr Flath es damals auch gemacht hat, sämtliche Mitwirkungsentzüge für ein Jahr aussetzen. Er brauchte sie einfach nicht zu machen, und dann sind die Landtagswahlen vorbei.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja!)

Damit die FDP aber gesichtswahrend aus dieser Nummer herauskommt, hat man heute einen Antrag in den Landtag eingebracht, über den wir uns jetzt zu unterhalten haben. – So viel zur Wahrheit.

Lieber Herr Bläsner, wenn Sie sagen, dass dies eine Herzensangelegenheit sei, dann nehme ich Ihnen das sogar ab, weil Sie sich in der Tat in den letzten Jahren – Sie haben es bereits dargestellt – immer wieder dafür eingesetzt haben, dass Schulschließungen beendet werden müssen. Aber Ihnen ist es leider so ergangen wie uns seinerzeit. Sie haben es nicht erreicht, dass die CDU eine Schulgesetznovelle rechtzeitig auf den Weg gebracht hat, um das auch rechtlich abzusichern. Die Gelegenheit dazu wäre gewesen, denn Herr Flath hatte im Jahr 2007 – ich will es nicht noch einmal zitieren – tatsächlich gesagt, dass mit den Schulschließungen Schluss ist.

Man hätte 2009 daran anknüpfen können; das wurde aber nicht gemacht. Stattdessen wurden 2010 wieder Mitwirkungsentzüge ausgesprochen, und Sie haben als FDP versucht, zu retten, was zu retten ist, indem Sie mit einem Moratorium gekommen sind.

Sie erinnern sich an unsere Auseinandersetzung, dass wir immer wieder gesagt haben: Schieben Sie dem Moratorium eine Schulgesetznovelle hinterher, weil Sie es nur damit auch für die Schulträger, für die Eltern rechtssicher machen und damit nicht in die heutige Situation gekommen wären. Herr Bläsner, es ist doch eine Mär zu sagen, Sie hätten jetzt nicht mehr genügend Zeit. Die CDU regiert dieses Land im Kultusministerium 23 Jahre. Sie hätten ausreichend Zeit gehabt – mehr als genug –, das Schulgesetz zu novellieren, wenn die Erkenntnis rechtzeitig gekommen wäre, dass wir im ländlichen Raum endlich Schluss machen müssen mit den Schulschließungen.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Alles geschieht am Gesetz vorbei. Ich glaube, in der FDPFraktion sitzt eine ganze Reihe Juristen. Ich bin zwar keine Juristin, aber meines Erachtens ist das mindestens Rechtsbeugung, und die Verwaltungsbeamten haben ziemlich zu tun, mit dieser Art von Gesetzesauslegung umzugehen. Deshalb nochmals unser Hinweis und unser Rat: Novellieren Sie das Gesetz; aber dazu später.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein Jahr vor den Landtagswahlen kommt man auf die Idee, jetzt endlich dem Ruf im Land, in den ländlichen Räumen zu folgen und Schulschließungen, zumindest im Grundschul- und Mittelschulbereich, in die Vergangenheit zu verbannen. Es bedurfte des Aufstandes von CDU-Landräten – siehe Landkreis Leipzig –, die gesagt haben: Wir spielen dieses Spiel nicht mehr mit und wir geben euch die Aufgabe der Schulnetzplanung zurück, weil neuerdings bei den Genehmigungsverfahren nicht einmal mehr die Zügigkeit vom Ministerium genehmigt wird. Das heißt, ein Schulträger wird damit konfrontiert, dass er zwar einen genehmigten Schulnetzplan hat, aber ob die Schule dreizügig, zweizügig oder vierzügig ist, das entscheidet unmittelbar vor Schuljahresstart das Kultusministerium. Das ist eine unhaltbare Situation, und die ändern Sie mit Ihrem Moratorium hier nicht. Deswegen müssen Sie das Schulgesetz ändern.

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Neun von zehn Schulträgern haben derzeit ein Genehmigungsverfahren laufen. Was passiert mit den laufenden Genehmigungsverfahren bezüglich Ihres Moratoriums? Wird das Moratorium auf die Genehmigungsverfahren angewendet? Werden die Schulträger jetzt Rechtssicherheit bekommen bezüglich ihrer Grundschulen und ihrer Mittelschulen? Die Frage bleibt offen.

Was machen Sie mit der Lehrerversorgung? – Eine Frage, die ich jetzt auch an das Ministerium gestellt habe. Sie wollen kleine ländliche Schulen erhalten. Ja. Uns ist immer entgegengehalten worden – und ich glaube, das gilt auch heute noch –, eine kleine ländliche Schule zu erhalten bedeutet, wir brauchen mehr Lehrer in dieser Region. Oder wollen Sie die Schulfrequenzen, die Schulobergrenzen erhöhen in anderen Regionen – zum Beispiel in Dresden und in Leipzig –, um mit der gleichen Lehrerversorgung auszukommen? Was machen Sie damit? Wo ist die Lösung, wo ist die Antwort darauf?

Warum legen Sie im Grundschulbereich den ländlichen Raum ohne Mittelzentren aus? Was bedeutet das für Städte wie zum Beispiel Großenhain oder Zittau? Das heißt, dort können Grundschulen auch weiter – trotz Moratorium – geschlossen werden. In den Mittelschulen haben Sie den gesamten ländlichen Raum, da sind die Mittelzentren davon umfasst. Haben Sie sich das überlegt?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin schon erstaunt über den Erkenntnisgewinn vor allen Dingen bei der CDU. Herr Bienst, Sie haben es uns heute bewiesen: Sie haben erkannt, Sie müssen das Schulgesetz anpacken, Sie müssen die UN-Behindertenrechtskonvention umsetzen, Sie müssen die Schulstandorte erhalten. Warum erkennen Sie das erst ein Jahr vor den Landtagswahlen,

(Dr. André Hahn, DIE LINKE: Sie hatten vier Jahre Zeit!)

wo Sie doch genau wissen, dass Sie keine Schulgesetznovellierung in diesem umfassenden Sinne mehr unterbringen? Wollen Sie damit den Wählern den Eindruck vermitteln, Sie sind jetzt auf die großen Erkenntnisse gekommen und werden die Schulen vollkommen neu gestalten? Ich glaube, das durchschauen die Wähler sehr schnell – und auch das mit dem Moratorium; das gilt genau bis 2014. Denn nach den Landtagswahlen wird die FDP nicht mehr hier drin sitzen, und dann werden Sie ja sehen, mit welchem Partner Sie das umsetzen können.

(Beifall bei der FDP, den LINKEN und der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE – Zuruf des Abg. Lothar Bienst, CDU – Weitere Zurufe und Wortwechsel)

Meine Damen und Herren, jetzt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Frau Abg. Giegengack, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es äußerst

schade, dass wir uns hier immer nur über solche doch sehr schwierigen Angelegenheiten streiten; deshalb möchte ich gern meinen Redebeitrag mit einem Dank beginnen; Sie wissen, das mache ich eher selten.

Ich danke ausdrücklich den Lehrerinnen und Lehrern an unseren Schulen für die Leistungen, die sie in den letzten Jahren erbracht haben – obwohl es schwierig war –, sodass wir beim Leistungstest Naturwissenschaften und Mathematik solch ein super Ergebnis hingelegt haben. Wir GRÜNEN sind aus unserer Bundesarbeitsgemeinschaft angesprochen worden, wir Vertreter aus Sachsen sollten doch bitte an der nächsten Sitzung unbedingt teilnehmen, sie hätten ein paar Fragen an uns. Also herzlichen Dank an die Lehrerinnen und Lehrer für dieses Ergebnis – und natürlich an die Schüler, die es erzielt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)