Protocol of the Session on September 18, 2013

(Kristin Schütz, FDP: Dafür haben wir Gelder eingestellt!)

Zum Lösungsangebot des Antrags: Der Antrag beschränkt sich leider nur auf die inhaltliche Unterfütterung des Haushaltsantrags aus dem letzten Jahr. Wir hatten damals schon nach einem solchen Konzept gefragt; aber besser spät als nie. Es wäre schön gewesen, heute schon eine

Stellungnahme gehabt zu haben. Dann hätten wir etwas tiefgreifender reden können. Dass der Bericht nun bis zum 30.09. – zufälligerweise zwei Tage nach dem großen Hygienekongress hier in Dresden – vorliegen soll, ist einerseits gut. Andererseits wäre es für die heutige Debatte eine Woche vorher auch schon nicht schlecht gewesen, ein paar mehr Informationen zu haben.

Der Antrag fordert die Unterstützung der Netzwerke. Hierzu will ich nur kurz sagen, dass es eine notwendige Entscheidung war, die Netzwerke mit Geld zu unterfüttern und zu fördern, weil die Netzwerke nicht aus sich heraus bestehen können. Es ist immer notwendig, hier Geld dazuzugeben, damit die Netzwerke arbeiten können. Die Koordinierung und die Moderation durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst erfordern zusätzliche Reserven. Die Netzwerke vor Ort sind unterschiedlich aufgestellt. Die ersten gibt es seit 2010, das letzte in Plauen seit 2013.

Auch erwarte ich von dem Bericht der Staatsregierung, dass näher darauf eingegangen wird, wie die unterschiedlichen Voraussetzungen vor Ort sind und was man regional, vor Ort dazu unternehmen möchte. Der Antrag – auch das sehen wir so – ist ein erster Schritt. Über weitere Maßnahmen müssen wir nach diesem Bericht noch einmal diskutieren. Im ersten Schritt werden wir als SPD zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Nun spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abg. Giegengack. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist viel über multiresistente Keime und Antibiotika gesagt worden. Ich will das alles nicht rekapitulieren, das Netz ist voll davon.

Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Ich finde diese Debatte schräg – man kann es noch mehr auf den Punkt bringen – angesichts der Tagesordnung von morgen etwas verlogen. Sie von der Koalition haben morgen einen Antrag auf der Tagesordnung mit dem Titel „Therapiefreiheit der Ärzte gewährleisten – Verschreibung und Abgabe von Medikamenten aus einer Hand sicherstellen“. Meine Damen und Herren, es ist unumstritten, dass es zwischen der unkritischen Verabreichung von Antibiotika und dem Auftreten multiresistenter Erreger einen unmittelbaren Zusammenhang gibt. Das können Sie nicht verleugnen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ganz deutlich wird dies zum Beispiel bei den VREKeimen und dem Antibiotikum Avoparcin.

Ich zitiere das Ministerium aus der Drucksache 4/10132: „Der erwartete Anstieg der Resistenzrate bei der Keimgruppe VRE ist glücklicherweise ausgeblieben, was vermutlich auf das europäische Verbot der Verfütterung des Antibiotika Avoparcin in der Viehzucht im Jahre 1997 zurückzuführen ist.“

Also wenn es Ihr Ministerium schon erkannt hat, wäre es schön, wenn Sie es auch irgendwann einmal mitbekommen würden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben heute einen Antrag auf der Tagesordnung, bei dem es um die wirksame Eindämmung multiresistenter Erreger geht, und bringen morgen einen Antrag ein, der Tierärzten erlaubt, Antibiotika zu verschreiben und gleichzeitig auch zu verkaufen. Sie rühmen sich immer, die großen Unternehmensversteher zu sein. Es ist irrational für einen Tierarzt, den Antibiotikumverbrauch in der Tiermast zu senken, weil er damit wirtschaftlich sich selbst schadet.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich habe keine Ahnung, wie bei Ihnen entschieden wird, welche Themen Sie auf die Tagesordnung des Plenums setzen. Wir hatten ja heute früh schon ein Trauerschauspiel hier. Jedenfalls widersprechen Sie sich hier im Plenum.

Ich nehme einmal an, der heutige Antrag hat etwas mit dem Hygienekongress in Dresden am 28.09. zu tun. Sie brauchen irgendetwas zum Vorweisen. Denn die Ärzte kamen in den letzten Jahren regelmäßig zu der Auffassung, dass in diesem Bereich – Hygiene- und Umweltmedizin – viel zu wenig passiert. Ob die Fachleute jetzt den Antrag, den Sie heute einbringen, für den großen Wurf halten, bezweifle ich. Nur der erste Punkt ruft bei mir schon große Verwunderung hervor. Die Staatsregierung soll berichten, welche Institutionen im MRENetzwerk mitwirken und welche Ziele sie verfolgen. Wir haben es schon gehört, das Netzwerk gibt es seit 2010. Die Ziele sind bekannt. Sie haben im Haushalt – Frau Jonas hat es uns erzählt – sehr viel Geld dafür eingestellt. Jetzt zu fragen, wer da mitarbeitet und was dieses MRE-Netzwerk überhaupt macht, finde ich schon etwas überzogen.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Auf der Homepage finden sich umfangreiche Dokumente, die das Netzwerk bereits erarbeitet hat. Hinzu kommen umfangreiche Dokumentationen und – ich habe es gezählt – 22 Fachvorträge, die da herunterzuladen sind.

Des Weiteren soll die Staatsregierung in Punkt 2 die Arbeit des MRE-Netzwerkes vorantreiben und ausbauen. Fein!, sage ich da, unser Ministerium wäre nicht selbst darauf gekommen, auch auf den nächsten Punkt, dass die LUA stets in den Austausch von Informationen und Erfahrungen einzubinden ist. Wenn die CDU dann noch sagt, wie sie den Öffentlichen Gesundheitsdienst finanziell unterstützt, damit die personell auch ordentlich ausgestattet sind, haben wir dagegen auch nichts.

Den Punkt 4 sehe ich persönlich etwas kritisch, denn so, wie er hier im Antrag steht, kann ich ihn nicht vollumfänglich unterstützen. Ich glaube nicht, dass die Staatsregierung der richtige Adressat ist, ein „Qualifizierungsprogramm an medizinischen Einrichtungen wie Krankenhäu

sern, Reha-Einrichtungen und Altenhilfeheimen aufzulegen“.

Auch Punkt 5 halte ich für kritisch – die Abrechnungsmodalitäten für das Screening im ambulanten Bereich –, denn wir sollten uns diesbezüglich intensiv mit den Kassen auseinandersetzen. Das einfach nur freizugeben, damit alle Ärzte dieses Screening abrechnen können, halte ich für etwas überzogen.

Punkt 6 unterstützen wir natürlich vollumfänglich. Wir freuen uns auf den Bericht am 30.09. Man hat überhaupt nicht das Gefühl, dass das ein Auftragsantrag war, aber okay, wir werden bald die Information haben.

Ich glaube, dieser Antrag ist vielleicht gut gemeint, aber auf jeden Fall zu kurz gesprungen. Wir brauchen eine Offensive im Bereich Hygiene- und Umweltmedizin und vor allen Dingen im öffentlichen Gesundheitsdienst. Führen Sie sich bitte die Ergebnisse unserer Großen Anfrage zum Öffentlichen Gesundheitsdienst zu Gemüte. Dort kommen die Kommunen und Landkreise zu der Auffassung, dass es personell einfach nicht mehr weitergeht. Wir müssen nicht die „Rolle“ des Öffentlichen Gesundheitsdienstes stärken, wie Frau Jonas hier angeregt hat; denn die ist im Bundesgesetz sowie in unserer Rechtsverordnung schon festgeschrieben. Wir müssen die Bezahlung im Öffentlichen Gesundheitsdienst stärken, ansonsten finden wir keinen Arzt mehr, der dort Dienst tut.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zu unserem Antrag nachher mehr.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die NPD-Fraktion hat keinen Redebedarf. Damit wäre die erste Runde aus den Reihen der Fraktionen beendet. Wünscht noch für eine zweite jemand das Wort? – Frau Jähnigen, das ist keine Meldung, okay. Dann frage ich die Staatsregierung: Wird das Wort gewünscht? – Frau Staatsministerin Clauß, bitte. Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ohne dem Ergebnis des Antrags vorgreifen zu wollen, berichte ich gern kurz über die Tätigkeit unserer MRE-Netzwerke. Es ist sehr wohl eine Erfolgsgeschichte, beginnend bereits vor der Landesnetzwerkgründung 2010. Da wurden letztendlich die Aktivitäten, wie sie chronologisch aufgezeigt wurden, nochmals gebündelt.

Gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen des Arbeitskreises Soziales und Verbraucherschutz waren wir 2011 in einer der führenden Kliniken der Niederlande, in Groningen, und haben uns intensiv mit Experten ausgetauscht, denn am besten lernen wir von Best-practiceModellen. Keine zwei Jahre danach arbeiten unsere regionalen Netzwerke gegen multiresistente Erreger flächendeckend im Freistaat Sachsen unter der Leitung

der jeweils zuständigen Gesundheitsämter. Damit waren und sind wir Schrittmacher im Kampf gegen multiresistente Erreger.

Meine Damen und Herren, in der Landesarbeitsgemeinschaft MRE – als Abkürzung jetzt – sind alle Beteiligten vertreten: Vertreter der Ärzteschaft, der Krankenkassen, der Wohlfahrtsverbände, des Arbeitskreises Sächsischer Krankenhaushygieniker und die Landesuntersuchungsanstalt, um nur einige Beispiele zu nennen. Alle sitzen an einem Tisch. Das ist die beste Grundlage, um die Kommunikation zwischen den beteiligten Partnern zu verbessern. Das wiederum ist die Grundlage für unseren Kampf gegen die multiresistenten Erreger, denn diese Keime kennen keine Fairness.

Aber wir reden nicht nur miteinander, wir handeln auch. Sachsen hat sehr wohl eine erweiterte Meldepflicht – zum Beispiel auch für MRE –, anders als in anderen Bundesländern. Auch, was die medizinische Nachwuchsgewinnung anbelangt, insbesondere für den EÖD, sind sie vor Ort sehr kommunikativ und sehr kooperativ. Sie gehen zum Beispiel in die universitäre Ausbildung mit hinein.

Die Arbeitsgruppe „Hygienemaßnahmen und Kommunikation“ hat einen Überleitungsbogen zur Informationsübermittlung bei MRE entwickelt. So werden die wichtigen Informationen zwischen medizinischen Einrichtungen, ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen, Rettungsdienst und Krankentransport sowie ambulant tätigen Ärzten ausgetauscht. Dieser Überleitungsbogen stieß auf ein sehr großes Interesse und viele Einrichtungen setzen ihn seit über einem Jahr ein. So wird das Ziel auch erreichbar sein, alle Einrichtungen in Sachsen zu motivieren, diesen Überleitungsbogen einzusetzen. Außerdem wurde eine Reihe von Informationsflyern für den Bereich der ambulanten Pflege – auch für Angehörige und Betroffene – entwickelt.

Die Arbeitsgruppe „Klinische Überwachung und Antibiotikastrategie“ hat das Ziel, Resistenzdaten zu erheben und diese Daten den Ärzten als Entscheidungshilfe zum rationalen Einsatz von Antibiotika zugänglich zu machen. Dafür werden sich 15 von 21 Laboren im Freistaat Sachsen an diesem Erfassungssystem des Robert-KochInstituts beteiligen. Gleichzeitig werden diese Daten auch unserer Landesuntersuchungsanstalt für eigene Auswertungen zur Verfügung gestellt. Um Daten zum Antibiotikaverbrauch zu erheben, wird den sächsischen Krankenhäusern die Teilnahme an diesem Projekt empfohlen.

Zusätzlich wertet die LUA die Daten ambulanter Antibiotikaverordnungen der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsens aus, um die Daten zum Auftreten von Resistenzen mit denen zum Antibiotikaverbrauch zu vergleichen. So können lokale bzw. regionale Empfehlungen zur Antibiotikatherapie erstellt werden und individuelle Strategien für einen rationalen Einsatz von Antibiotika entwickelt werden.

Zu diesem rationalen Antibiotikaeinsatz gehört auch ein Fortbildungsprogramm. Eine dieser Veranstaltungen hat

in Zusammenarbeit mit der Sächsischen Landesärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung bereits im Juni dieses Jahres sehr erfolgreich stattgefunden. Weitere werden folgen. Sollte es jedoch trotz aller präventiven Anstrengungen zu einem Ausbruch in einem Krankenhaus kommen, müssen alle notwendigen Maßnahmen ergriffen werden, um diesen Ausbruch schnell zu stoppen.

Natürlich ist auch eine wissenschaftliche Auswertung notwendig, um Schwachstellen im Hygienemanagement zu erkennen, effektive Maßnahmen zu bestätigen und sich damit noch besser auf die Zukunft einzustellen.

Zu diesem Zweck hat mein Haus im vergangenen Jahr bei einem Ausbruch im Universitätsklinikum Leipzig das Robert-Koch-Institut um Hilfe gebeten. Der Auswertungsbericht zu diesem Ausbruch liegt unserem Haus nunmehr vor und wird an alle Beteiligten weitergeleitet; selbstverständlich werde ich auch den Ausschuss informieren. Es hat sich bestätigt, dass nur die konsequente Einhaltung von Hygieneregeln und die partnerschaftliche Zusammenarbeit aller Beteiligten zum Ziel führen.

Für unsere Krankenhäuser hat nun der Bund ein Hygieneförderprogramm aufgelegt. Dadurch werden bis zum Jahr 2016 die Personalkosten von qualifiziertem Hygienepersonal sowie Fort- und auch Weiterbildungskosten gefördert. In unseren Krankenhäusern wurden durch die Sächsische Krankhaushygienerahmenverordnung bereits seit 1998 personelle Standards im Freistaat festgelegt. Deshalb ist der Qualifizierungsstand für Hygienefachpersonal im Freistaat Sachsen auf einem hohen Niveau. Wir werden an dieser Stelle aber nicht stehen bleiben.

Seit dem Jahr 2010 führt mein Haus mit großer Unterstützung der LUA jährlich eine Fachtagung zu diesen Erregern durch. Diese Veranstaltung konnte auch in diesem Jahr wie schon im Jahr 2010 für circa 100 Teilnehmer ohne die Erhebung von Fortbildungskosten durchgeführt werden. Das ist sehr wichtig, um vor allem Beschäftigten von ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen die Teilnahme an der Fortbildung zu erleichtern.

Außerdem wird seit sehr vielen Jahren zweimal jährlich eine Fortbildungsveranstaltung für Hygienefachpersonal aus Gesundheitseinrichtungen durchgeführt. Darüber hinaus führt die LUA im Auftrag der Gesundheitsämter Fortbildungen für die regionalen Netzwerke, auch hier vorrangig für die Beschäftigten von ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen, durch.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sich auf Bundesebene für bessere Abrechnungsmöglichkeiten ambulant tätiger Ärzte einzusetzen ist zuallererst Aufgabe der gesetzlichen Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigungen. Sowohl die AOK Plus als auch die Kassenärztliche Vereinigung haben diese Aufgaben innerhalb der Landesarbeitsgemeinschaft übernommen.

Mein Haus ist bereit, alle über die gesetzlichen Forderungen hinausreichenden Initiativen sowohl zur Verbesserung der Krankenhaushygiene als auch für einen rationalen Antibiotikaeinsatz zu unterstützen und das Thema fach

übergreifend weiter zu behandeln, zum Beispiel in Bezug auf den morgigen Antrag zur Therapiefreiheit der Tierärzte.

Gehen wir also gemeinsam den Weg mit allen Beteiligten weiter. Dann wird es ein Erfolg werden, wohl wissend – und das betone ich nochmals –, dass diese Keime keine Fairness kennen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)