Protocol of the Session on July 11, 2013

Sie wissen, dass international mehrere Abkommen diskutiert und beschlossen wurden. Vieles davon wurde nicht umgesetzt, weil sich einige Länder nicht an die Abkommen gehalten oder sie gar nicht unterzeichnet haben. Beispielhaft nenne ich das Protokoll von Kyoto, das 1997 eigentlich der Einstieg in die Begrenzung des Ausstoßes von Treibhausgasen war. Ich nenne Cancún im Jahr 2010, wo das Ziel beschrieben wurde, die Erderwärmung zu bremsen und in diesem Jahrhundert um nicht mehr als zwei Grad ansteigen zu lassen. Ich erinnere leider auch an den Klimagipfel von Doha im Jahr 2012, der ganz ohne Ergebnisse zu Ende gegangen ist. Nach wie vor wollen China und die USA das Kyoto-Protokoll nicht unterzeichnen, und andere Staaten, beispielsweise Kanada, sind aus dem Protokoll ausgetreten.

Wenn man sich über die Ursachen des Klimawandels Gedanken macht, so stellt man fest, dass insbesondere die Treibhausgase eine wesentliche Rolle spielen. Bei den Treibhausgasen sind es zuvörderst Kohlendioxid, Lachgas, Methan und die Fluorchlorkohlenwasserstoffe, die zum Treibhausgaseffekt beitragen.

Wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, müssen uns eben auch Gedanken machen, welche Wirkungen der Klimawandel auf Sachsen hat. Deshalb fand ich es sehr bemerkenswert, wie different die Darstellungen im Energie- und Klimaprogramm der Sächsischen Staatsregierung tatsächlich sind. Ich will Ihnen drei Zitate aus dem Klimaprogramm bringen, das durch das Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft verantwortet wurde.

Da heißt es erstens: „Der globale Klimawandel ist auch in Sachsen spürbar. Die Auswertung der meteorologischen Daten dokumentiert die schrittweise Veränderung von Temperatur, Niederschlag oder Sonnenscheindauer.“

Das zweite Zitat: „Sogenannte Troglagen, in Sachsen für Extremereignisse wie Überschwemmungen, Hitze, aber auch Dürre- und Kälteepisoden verantwortlich, traten in der Dekade 2001 bis 2010 in einer noch nie zu beobachtenden Häufigkeit auf. Setzt sich diese Entwicklung fort, wird die nähere Klimazukunft von einem sich bereits abzeichnenden erhöhten Potenzial für Unwetter und Extremereignisse betroffen sein.“

Um das Ganze rund zu machen im rhetorischen Dreiklang, ein weiteres Zitat: „Von besonderer Relevanz sind eine durch den Klimawandel zu erwartende signifikante Abnahme der Niederschläge im Sommerhalbjahr, eine erhöhte Verdunstungsrate durch steigende Temperaturen sowie vermehrt auftretende Extremereignisse wie Hochwasser und anhaltende Trockenperioden.“

Wenn man das zur Kenntnis nimmt, fragt man sich natürlich, wie man im Energieprogramm gegen diese Entwicklung ankämpfen will. Das Signal aus dem Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit heißt nicht etwa, dass wir die Ausbauziele bei den erneuerbaren Energien erhöhen, sondern ganz im Gegenteil, im Laufe dieses Prozesses werden diese Ausbauziele von 33 auf 28 % reduziert. Man macht sich auch zum Vorreiter des Kampfes gegen Windkraftanlagen und beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit der Wasserkraft im Freistaat Sachsen. Das heißt, das, was das Umweltministerium festgestellt hat, wird vom Wirtschaftsministerium und anschließend vom Kabinett konterkariert, infrage gestellt, und es werden keine Konsequenzen gezogen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Für mich gibt es zwei Entwicklungspfade, die ich in meinem zweiten Redeblock ausführen möchte. Der erste Entwicklungspfad ist tatsächlich, dass wir CO2 einsparen müssen, darauf verzichten müssen, CO2 zu emittieren. Der zweite wichtige Punkt aus meiner Sicht ist, dass wir auch technologisch in der Lage sein müssen, mehr aus Kohlendioxid zu machen. Wir wissen, wie wir CO2 abspalten können. Für mich ist der entscheidende Punkt, dass wir technologisch aufrüsten müssen. Das, was das Bundesministerium für Bildung und Forschung in einem Pilotprojekt 2009 bis 2010 anhand von vielen Einzelprojekten gemacht hat –

Kollege Jurk, die Redezeit!

– das ist mein letzter Satz, Herr Präsident –, Anwendungsmöglichkeiten von CO2 als Rohstoff zu finden, ist dringend zu unterstützen.

Vielen Dank, Herr Präsident, für Ihren Langmut.

(Beifall bei der SPD)

Das war Herr Kollege Jurk für die einbringende SPD-Fraktion in unserer ersten Runde. – Es folgen jetzt CDU, DIE LINKE, FDP, GRÜNE, NPD; Staatsregierung, wenn gewünscht.

Für die CDU-Fraktion ergreift jetzt Herr Kollege von Breitenbuch das Wort.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Thomas Jurk, wir machen jetzt vier Jahre Energiepolitik zusammen und haben viele Debatten geführt in einer spannenden Zeit, wo Energiepolitik immer wieder ein Thema gewesen ist.

Trotzdem ist der Titel der heutigen Debatte mit der Verbindung von Flut und Energiepolitik etwas rätselhaft.

(Zuruf der Abg. Sabine Friedel, SPD)

Sie werden vielleicht nachher noch zu Ihrer persönlichen Position zur Braunkohle und natürlich zur Berliner Position der SPD zur Braunkohle kommen. Wir werden sehen, wie der Spagat weiterhin möglich bleibt, den die SPD hier im Lande zurzeit macht. Wir sind gespannt auf den zweiten Debattenbeitrag.

Flut und Energiepolitik – praktisches Erleben vom 8. Juni: Wir hatten in Kohren-Sahlis, in meiner Heimat, ein Starkregenereignis. Am Marktplatz unten stand das Wasser mir zumindest bis über die Knie, für andere ist das etwas höher. Wir haben Sandsäcke geschleppt. Ich habe dann die älteren Anlieger gefragt, wann es das das letzte Mal gegeben hat. Die Antwort: Vor 40 Jahren!

Aber – und das will ich ganz deutlich sagen – wir lassen uns von Ihnen nicht den Stempel aufdrücken, dass uns Klimapolitik egal wäre. Das will ich ganz ausdrücklich sagen. Für uns ist sie ganzheitlich eingebunden in den Dreiklang von Energiepolitik zwischen Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und selbstverständlich auch Umweltverträglichkeit.

(Beifall bei der CDU)

Diese ganzheitliche Sicht auf die Dinge werden wir uns auch in hektischen Wahlkampfzeiten erhalten. Wir haben uns seit vier Jahren diese Positionierung erhalten, und wir werden das als CDU und FDP weiter so durchziehen.

Schwarz-Gelb hat im Bund weiter den Ausbau der erneuerbaren Energien durchgeführt. Das EEG ist bis heute überhaupt nicht abgebremst worden, sondern es lief weiter durch. Eine ganz klare Aussage: Fukushima hat dort keine Wende gebracht, sondern der Aufbau lief ungebremst weiter mit den derzeitigen Problemen, mit denen wir uns heute im Lande beschäftigen. Fotovoltaik und Windkraft werden rasant zugebaut mit der entsprechenden Auswirkung auf die Strompreise, die Privathaushalte und Industrie, die unsere ganze Volkswirtschaft vertragen müssen.

Es wird erwartet, dass die EEG-Umlage in diesem Jahr auf weit über 5,2 Cent steigen wird. Das ist schon besorgniserregend. Das sind die Kosten des Zubaus. Die Kosten des Zubaus werden weiterhin die Strompreise belasten.

Ganzheitliches Denken: Für uns ist die Braunkohle ganz klar – und wir machen da auch keinen Abstrich – weiterhin verlässlicher Partner auch dieser Entwicklung.

(Beifall bei der CDU)

Sie sichert uns die nötige Grundlast, sodass überhaupt mit Wind und Fotovoltaik experimentiert und diese weiterhin ausgebaut werden kann. Den Stecker komplett aus dem normalen Netz zu ziehen macht keiner. Das wagt keiner. Das geht gar nicht. Dies ist nötig, damit die Grundlast gesichert bleibt. Mit der Braunkohle haben wir eine verlässliche und berechenbare Energie.

Sie haben die Senkung der Ausbauziele angesprochen. Ich halte dies für eine starke politische Entscheidung der CDU und der FDP.

(Zuruf des Abg. Thomas Jurk, SPD)

Dies geht gerade auch in die Richtung der Bundespolitik. Man muss hier Flagge zeigen und sagen, dass es so nicht geht.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir fordern mit diesem Signal von der künftigen Bundesregierung eine gesamtdeutsche und natürlich in Europa abgestimmte perspektivische Strategie, wie es mit den erneuerbaren Energien weitergehen soll. Das ist ein Fingerzeig aus Sachsen. Wir haben die Möglichkeit genutzt, die uns als Landesparlament dafür zur Verfügung stand: die Absenkung der Windräder- oder Ausbauziele in die Richtung der erneuerbaren Energien. Wir werden dies auch weiter ganz kantig tragen. So weit war dies mein erster Debattenbeitrag.

(Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung)

Kollege von Breitenbuch sprach für die CDU-Fraktion. – Für DIE LINKE folgt jetzt Frau Kollegin Pinka. Entschuldigung, Frau Dr. Pinka.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Herr Dr. Rößler!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht mir so ähnlich wie Herrn von Breitenbuch. Wenn man solch Aktuelle-Debatten-Titel liest, denkt man manchmal, man sei in einem anderen Film. Ich erinnere mich noch genau daran, wie Herr Dulig im letzten Plenum – im Zuge der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Tillich – meinte, dass er dem Entschließungsantrag der LINKEN deshalb nicht zustimmen könne, weil man mit dem Thema der Energiepolitik im Zusammenhang mit Hochwasserschutz deutlich über das Ziel hinausschieße. Ich habe damals argumentiert, dass wir eben doch die einzige Fraktion seien, die den Zusammenhang zwischen Klima- und Hochwasserschutz erkennen würde. Dies hatte ich in dem Entschließungsantrag damals dargelegt.

(Einzelbeifall bei den LINKEN)

Die Krönung war, dass Herr Kollege Jurk zur Frage nach der CO2-Emission im Hinblick auf unseren Entschließungsantrag meinte – ich zitiere –: „Es fehlt auch die Beschreibung, wie wir unsere Energieversorgung sichern wollen, wenn wir auf die Braunkohle sehr zeitnah verzichten würden. Das gehört zur Ehrlichkeit dazu. Wir werden vielmehr auf weltweiter Ebene Anstrengungen unternehmen müssen, um ehrgeizige Klimaziele zu erreichen. Es nützt uns nichts, wenn wir uns weiter beschränken und anderswo CO2 emittiert wird.“ Das heißt

folglich: Nur nichts anders machen. Wir können die Probleme in die Welt hinaus delegieren.

DIE LINKE hat offensichtlich vor einem Monat schon erkannt, dass es zwischen einem wirksamen globalen und lokalen Klimaschutz, der Genese von Unwetterlagen und dem notwendigen Handeln im Sinne von Hochwasserschutz in Sachsen Zusammenhänge geben muss. Jetzt möchte die SPD damit punkten. Viel Spaß! Sie nennt ihren aktuellen Debattentitel „Konsequenzen aus der Flut: Nachhaltige Energiepolitik richtig umsetzen“. Ich hoffe, dass Sie im letzten Monat verinnerlicht haben, dass es einen Zusammenhang zwischen CO2-Emissionen, der Treibhausgasentwicklung und vermehrten Hochwassersituationen geben kann.

Es stellt sich für mich die Gretchenfrage: Sollen dauerhaft zusätzliche CO2-Emissionen aus der Verstromung der Braunkohle in Sachsen kommen oder nicht? Rund 35 Millionen Tonnen von CO2 werden aus Braunkohlenfeuerungsanlagen in Sachsen emittiert. Das sind immerhin 67 % aller Emissionen. Die Tendenz ist seit Boxberg eher steigend. Es gibt nur ein Drittel andere Emittenten, wie zum Beispiel prozessbedingte CO2-Emissionen oder auch den Verkehr, Herr Jurk. Sie müssen mir recht geben, dass das größte Einsparpotenzial bei unseren Braunkohlebefeuerungsanlagen liegt. Nun fordern wir nicht, morgen um 12:00 Uhr alle Braunkohlenkraftwerke abzuschalten. Wir sind jedoch der Meinung, dass wir die Erweiterungen der Tagebaue in Nochten oder Welzow für eine Verstromung von Braunkohle nach dem Jahr 2040 nicht benötigen.

(Beifall bei den LINKEN)

Schauen wir uns einmal an, was die Staatsregierung zurzeit tut. Der Ministerpräsident Tillich war mit Herrn Seehofer unterwegs. Sie möchten die Baugesetzgebung für die Nutzung von Windkraftanlagen ändern. Ich hoffe, dass dieser Vorschlag genauso schnell im Nirwana wie der Vorschlag vom Quotenmodell der FDP verschwindet.

Nun haben wir ebenfalls festgestellt, dass der veränderte Entwurf des Landesentwicklungsplans erhebliche Defizite bei der strategischen Energiepolitik und wenige konkrete Planvorgaben für die unteren Ebenen aufweist. Die Planungsverbände sind aktuell unterwegs. Sie gehen als Bittsteller von Kommune zu Kommune, um Potenzialflächen nachzuweisen sowie harte und weiche Tabuzonen zu prüfen, ohne überhaupt Windhäufigkeiten in den Gebieten zu kennen. Ich kenne dies aus meiner Heimatstadt Freiberg – im regionalen Planungsverband Chemnitz. Sie stellen ihre Modelle vor und werben um Potenzialflächen. Hinterher steht in der Zeitung Folgendes: Ja, erneuerbare Energien möchten wir schon, aber bitte nicht vor unserer Haustür. Dem Planer bleibt meist nichts weiter übrig, als darauf hinzuweisen, dass er seine übertragene Forderung in Flächen umsetzen muss und möglicherweise die Anlagen gemäß § 35 Baugesetzbuch – privilegierte Bauvorhaben im Außenbereich für Windkraftanlagen – zulässig sind. Das wollen die Kollegen Seehofer und Tillich nun ändern.

Summa summarum bedeutet dies: Windkraft wird in Sachsen keine Zukunft haben. Wenn wir heute das Wassergesetz verabschieden, ist es auch bei der Wasserkraft der Fall. Bei der Tiefengeothermie warten wir hoffnungsvoll auf Geld aus dem Bund.

Sachsen begibt sich damit ins Abseits, was die Nutzung erneuerbarer Energien anbelangt. Sie werden zu Recht von Herrn Altmaier wie folgt gerügt: „Wenn jetzt die neue Abstandsregelung kommt, wird es mehr bremsen als alles andere.“ Wir brauchen nach dem Jahr 2040 keine dauerhafte Braunkohleverstromung.

Die Redezeit geht zu Ende.

Wir brauchen eine Verringerung von Trogwetterlagen. Wir müssen die erneuerbaren Energien stärken. Je eher wir damit anfangen und je länger und konsequenter wir dies durchhalten, umso besser ist es.

(Beifall bei den LINKEN)