Protocol of the Session on July 10, 2013

Vielen Dank. – Frau Dietzschold, Sie möchten erwidern.

Auf den Beitrag möchte ich erwidern: Wir tun alles, wir leben die Charta. Wir sind der Meinung, wir brauchen nicht die Unterschrift darunter zu setzen. Wir erfüllen es mit Leben.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir setzen die Aussprache fort. An der Reihe ist die Fraktion DIE LINKE. Für die Fraktion spricht Frau Abg. Lauterbach. Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN legt einen sehr schönen Antrag vor. Das Traurige daran ist, dass er überhaupt gestellt werden muss.

Fünf klare Leitsätze hat die „Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland“.

Was hält die Staatsregierung davon ab, diese grundlegenden Punkte anzuerkennen und mit auszugestalten? Wir haben es ja gehört, sie tun alles und vieles. Liegen doch auch auf Bundesebene die gesetzlichen Grundlagen vor, denn mit der Einführung des § 37 b SGB V haben auch Versicherte in stationären Pflegeeinrichtungen Anspruch

auf Leistungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung.

Im Freistaat Sachsen gibt es ein Netz an Hospizen – Frau Dietzschold sagte es bereits –, an Palliativstationen in Krankenhäusern und über 50 ambulanten Hospizen.

10 % der Menschen mit schwersten Erkrankungen benötigen dieses Angebot. Die Pflege und Behandlung sterbender Menschen und die Begleitung ihrer Angehörigen ist eine wichtige Säule der Arbeit der Pflegeeinrichtungen.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ob auf Palliativstationen in Krankenhäusern, in Pflegeheimen oder Hospizen, tragen so vieles bei zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen. Deshalb gelten ihnen der Dank meiner Fraktion und mein ganz persönlicher Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

In Hospizen kommt noch dazu, dass sehr viele Aufgaben über das Ehrenamt geleistet werden, dass Menschen, die in ihrer Freizeit Kranke auf ihrem letzten Weg begleiten und Beistand leisten, einfach da sind.

Kinderhospize arbeiten ambulant und stationär und sind vor allem Begegnungsorte, um in der Familie wieder Kraft zu sammeln.

Die Hospize haben auch noch die Möglichkeit, über Brückenschwestern Sterbende zu Hause zu begleiten. Das heißt, unter großem Engagement die Menschen in ihrer gewohnten und vertrauten Umgebung im Kreise ihrer Lieben zu betreuen und die Angehörigen zu unterstützen.

Werte Abgeordnete! Diese Arbeit ist nicht einfach. Es ist eine große psychische Belastung, dieses zu leisten, und es gibt viele Hemmschwellen im Umgang mit sterbenden und schwerstkranken Menschen. Aber es ist ein Teil unseres Lebens, der letzte Teil, und den durchleben wir alle.

Die hier diskutierte Charta bietet den Rahmen und erleichtert die Arbeit der Träger der Einrichtungen. Die Politik schafft die Möglichkeiten, diesen Rahmen auszugestalten, damit die Leistungserbringer ihren gesellschaftlichen und zugleich gesetzlichen Versorgungsauftrag wahrnehmen können.

Es gibt unter den fünf genannten Punkten Weniges, was hier noch Beachtung finden muss.

Die Sicherstellung der Versorgung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und bedarf einer ausreichenden sozialen Infrastruktur. Die Kommunen tragen dafür im Rahmen der öffentlichen Daseinsfürsorge auf gemeindlicher Ebene eine besondere Verantwortung. Sie haben dabei Koordinierungsaufgaben; die Entwicklung regionaler Netzwerke und die Möglichkeit zur Beratung ist sicherzustellen.

In den letzten Jahren ist diese Versorgung weiter ausgebaut worden. Im ländlichen Raum gibt es da noch einige Defizite. Die Länder tragen die Verantwortung für die vertragliche Ausgestaltung durch die Kostenträger und Leistungserbringer im Rahmen der Selbstverwaltung.

Diese müssen so ausgestaltet sein, dass die Träger der Einrichtungen ihren Aufgaben auch gerecht werden können.

Es bedarf weiterhin der Qualifizierung der Hausärzte, der Mitarbeiterinnen für allgemeine Palliativmedizin, für spezialisierte ambulante Palliativversorgung für ehrenamtliche Mitarbeiter und in der Altenpflegeausbildung.

Es bedarf auch einer stabilen medizinischen Versorgung und hier auch im ländlichen Raum.

Ein Wort an die Staatsregierung: Sie müssen die Arbeit ja nicht selbst tun. Diese Charta zu unterzeichnen würde ein Zeichen setzen. Es wäre eine Würdigung der Menschen, die in diesem sensiblen Bereich arbeiten.

(Beifall bei den LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank,

Frau Lauterbach. – Für die Fraktion der SPD spricht Frau Abg. Neukirch; bitte, Sie haben das Wort.

Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die zur Diskussion stehende Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen fasst Handlungssätze und Ziele für die Hilfen und die Versorgung dieser Menschen zusammen. Die Charta lebt von der Mitarbeit vieler, und das sind derzeit über 650 institutionelle Unterzeichner und über 3 000 Einzelpersonen, die sich der Charta angeschlossen haben. Untersetzt werden soll die Charta durch einen nationalen Aktionsplan, der im September dieses Jahres auf der Tagesordnung stehen wird.

Inhaltlich wurden die fünf Leitsätze der Charta von meinen Vorrednerinnen schon genannt. Ich kann mich den Hinweisen nur anschließen.

Es wurde auch bereits auf die bestehende Hospiz- und Palliativkonzeption verwiesen. Da ist mir aus dem Redebeitrag von Frau Dietzschold durchaus bewusst geworden, dass man die fünf Grundsätze, die dort auch formuliert sind, durchaus noch einmal nennen kann, und zwar hat auch die sächsische Hospizkonzeption fünf Grundsätze, die vieles von dem enthalten, was in der Charta zu finden ist. Da ist die Zusammenarbeit in multiprofessionellen Netzwerken inklusive Aus-, Fort- und Weiterbildung. Da ist der Grundsatz ambulant vor stationär. Da sind die Stärkung des Ehrenamts und die Akzeptanz des Sterbens und ein gesellschaftlicher Diskurs damit genannt. Nicht zuletzt wird ausgeführt, dass die Rechte und Bedürfnisse sterbender Menschen im Mittelpunkt zu stehen haben. Das heißt, dass sie im Hinblick auf ihre Autonomie, auf ihren Anspruch an ein soziales Leben im Sterben, einen Anspruch haben auf Sterben zu Hause, dass die Unterstützung und die Einbeziehung Angehöriger benannt ist, die psychische Betreuung, ein Sterbebeistand und die Begleitung Hinterbliebener.

Des Weiteren gibt es seit 2009 eine Orientierungshilfe des Landespflegeausschusses für die ambulante und stationäre professionelle Pflege. Es gibt also in Sachsen durchaus Vorzeigbares, was aus meiner Sicht, Frau Dietzschold, eher dazu verpflichtet, geradezu die Initiative der Charta zu unterstützen, denn – wie ich bereits ausgeführt habe – die Charta lebt nur durch die, die mitmachen. Wenn wir in Sachsen diese guten Grundlagen haben, sollten wir uns doch nicht entziehen und diese Charta unterschreiben und mitmachen, denn nicht nur bundesweit ist ein solches Vorhaben nur mit vereinten Kräften zu erfüllen.

Natürlich soll die Charta nicht als inhaltsleere Hülle einfach unterzeichnet werden. Die konkrete Untersetzung in einen nationalen Aktionsplan bedeutet konkrete Vorhaben, Projekte und die praktische Umsetzung. Das wird natürlich auch erwartet.

Durch meine Erfahrung am mittlerweile drei Jahre arbeitenden Runden Tisch „Pflege“ weiß ich, dass es sehr viele Akteure gibt, die hochmotiviert sind, sich in einen solchen Prozess einbringen und die Staatsregierung dabei wirklich nicht alleine stehen lassen würden.

Einen wirklichen Grund, den Antrag abzulehnen, habe ich bisher nicht gehört und kann es mir ehrlich gesagt auch nicht vorstellen.

Wir haben gehört, wie viele Bundesländer bereits unterzeichnet haben und mitmachen und dieses Mitmachen eben auch durch die Unterzeichnung bekannt gemacht haben. Ein solches Bekenntnis für die Schwächsten in der Gesellschaft sollte uns in Sachsen doch auch nicht schwerfallen. An dieser Stelle sollten wir die Chance nutzen, das, was wir tun, auf den Prüfstand zu stellen und weiterzuentwickeln, und das mit sehr vielen anderen in diesem Lande.

Eine Ablehnung dieses Antrages – das muss ich so deutlich sagen – würde das Engagement vieler hier in Sachsen in diesem Bereich infrage stellen, und es wäre wirklich ein Armutszeugnis für Sachsen, wenn wir mit der Begründung, dass wir das sowieso schon tun, eine solche Initiative nicht unterstützen würden. Wir als SPDFraktion stimmen sowohl dem Anliegen als auch dem Antrag der GRÜNEN ohne Einschränkung zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN)

Vielen Dank,

Frau Neukirch. – Für die FDP-Fraktion spricht Frau Abg. Jonas.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kollegen Abgeordneten! Es ist eine besondere Gabe, wenn man einen Menschen beim Sterben begleiten kann. Ihn in seinen letzten Wochen, Tagen und Stunden nicht allein zu lassen, ihm einen Ort zu bieten und ihn dort zu begleiten, wo er sich gut versorgt weiß, an dem auch Angehörige unterstützt werden – davor empfinde ich Respekt und Hochachtung.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Am letzten Juniwochenende dieses Jahres hatte ich selbst die Möglichkeit, mir einen Eindruck von der Arbeit der vielen Helfer zu verschaffen. Auf dem 6. Sächsischen Hospiz- und Palliativtag hier in Dresden wurde mir vor Augen geführt, wie wichtig es ist, für Sterbende und Angehörige Begleiter zu sein und ihnen das zu geben, was man ihnen mit auf den Weg geben kann. Mir wurde wieder deutlich, mit welcher Kraft, mit welcher Konsequenz und mit welchem Engagement sich die Verbände für Hospizarbeit und Palliativmedizin auch hier in Sachsen einsetzen und damit wesentliche Bausteine liefern, dass Tod und Sterben nicht gesellschaftlich tabuisiert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sterben wird mehr und mehr als Teil des Lebens begriffen. Das ist nicht zuletzt das Verdienst der Hospizbewegung. Ich finde es gut und wichtig, dass der Tod im Krankenhaus nicht mehr die Regel ist. Immer mehr Menschen kann der Wunsch erfüllt werden, dass sie in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können und damit auch im vertrauten Umfeld sterben.

In den vergangenen Jahren wurden auch in Sachsen wesentliche Fortschritte erzielt. Es wurde ein vielfältiges Hilfs- und Versorgungsnetz aus Hospiz- und Palliativeinrichtungen, allgemeinen Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern aufgebaut, in dem Ehrenamtler und professionelle Kräfte Hand in Hand arbeiten.

Das Unterzeichnen der Charta mag ein Symbol sein. Es ist nur ein Symbol. Es ist nicht das, was ein Helfer in der Praxis wirklich braucht. Wenn ich an die Anhörung denke, die wir zu diesem Thema im Sozialausschuss hatten, erinnere ich mich vor allem an Fragen der Finanzierung des Personals, an die Frage, wie wir möglichst vielen schwerstkranken Menschen diesen Zugang ermöglichen und ihnen die Voraussetzungen bieten, damit sie in ihrer vertrauten Umgebung sterben können. Ich kann mich nicht erinnern, dass die Unterzeichnung der Charta die Forderung auch nur eines einzigen Sachverständigen war. Der Landesverband für Hospizarbeit und Palliativmedizin, das Uniklinikum Leipzig mit den Bereichen Strahlentherapie und Radioonkologie und dem Krebszentrum sowie der Verband der Ersatzkassen insgesamt haben sie bereits unterzeichnet.

Ich möchte an dieser Stelle deutlich darauf hinweisen, dass auch jede Einzelperson diese Charta unterzeichnen kann. Zumindest bis gestern habe ich auf der namentlich veröffentlichten Liste, die auch im Internet einsehbar ist, viele Institutionen gefunden, aber keinen Namen meiner Vorrednerinnen oder einen der Fraktionen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir ziehen die praktische Politik einer bloßen Unterschrift vor. Mit 2,4 Millionen Euro fördern die Krankenkassen in diesem Jahr die Arbeit der ambulanten Hospizdienste. Das sind 150 000 Euro mehr als im Jahr 2012. Davon wird unter anderem die Ausbildung und Weiterbildung der Ehren

amtler finanziert. Wir finanzieren zusätzlich – auch das ist schon angesprochen worden – mit vielen finanziellen Mitteln die weiteren ambulanten Hospizdienste. Kein anderes Bundesland misst der Hospiz- und Palliativarbeit einen so hohen auch finanziellen Stellenwert bei wie wir hier in Sachsen. Ich glaube, das macht deutlich, dass es uns nicht auf Worte, sondern auf Taten ankommt.