Weil Sie Fragen bezüglich der Verdrängung auf dem ersten Arbeitsmarkt stellen, möchte ich Ihnen ein ganz aktuelles Beispiel aus der Stadt Leipzig nennen.
Vielen Dank. – Herr Staatsminister, Sie haben soeben ausgeführt, dass das Programm Kommunal-Kombi aufgrund der erlangten Qualifikation nicht zu einer dauerhaften Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt führt. Die Frage an Sie: Werden Sie demnächst Ihrem Kabinettskollegen Herrn Wöller empfehlen, die Schulen für Lernbehinderte abzuschaffen, weil die Qualifikationen, die Schüler an diesen Schulen erreichen, nicht dazu führen, dass sie im ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen?
Sehr verehrte Frau Kollegin, das werde ich selbstverständlich nicht tun, weil ich denke, dass man das eine mit dem anderen nicht vergleichen kann.
Ich war dabei, Ihnen das Beispiel aus der Stadt Leipzig zu erläutern. Diejenigen von Ihnen, die aus Leipzig kommen, haben sicherlich gemerkt, dass sich die Stadt Leipzig in den letzten Wochen beim Schneefall und insbesondere beim Schneeräumen angesichts des Schnees in den Leipziger Straßen nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat. In diesem Zusammenhang hat die Stadt Leipzig den Antrag gestellt, auch langzeitarbeitslose Personen, die im Rahmen des Personal-Kombi beschäftigt sind, zum Schneeschippen einzusetzen.
Ich kann mir vorstellen, dass man, wenn man als Bürgermeister Rosenthal von den Linken seinen Offenbarungseid beim Winterdienst leisten muss, nicht mehr anders kann. Das kann man ja im Einzelfall oder, wie Sie, Herr Kollege Krauß, gesagt haben, als Notmaßnahme vielleicht noch nachvollziehen. Wenn aber nun Herr Kollege Rosenthal erklärt, dass er in der Stadt Leipzig die Ausgaben für den Winterdienst um circa 27 % reduzieren möchte – vermutlich für eigene Mitarbeiter oder für Winterdienstausgaben für private Unternehmen – und dass er stattdessen zukünftig verstärkt Langzeitarbeitslose einsetzen möchte, dann ist das ganz genau eine solche Maßnahme, bei der wir eine Verdrängung aus dem ersten Arbeitsmarkt haben. Wenn nämlich 27 % der Mittel für den Winterdienst nicht mehr ausgegeben werden, also nicht mehr nachfragewirksam werden, dann haben wir genau diesen Verdrängungseffekt auf dem ersten Arbeitsmarkt.
Es ist bezeichnend, dass Sie von der Opposition, von der Linken und von der SPD, das so heftig kritisieren, wenn der Oberbürgermeister der Stadt Leipzig von der SPD und der Ordnungsbürgermeister, also der zuständige Fachbürgermeister, von der Linken kommt.
Herr Staatsminister, Sie haben gerade die Stadt Leipzig kritisiert, die die notwendigen Einsparungen, die auf viele Kommunen zukommen werden, im Bereich des Winterdienstes vornehmen will. Halten Sie es für besser, wenn die Stadt Leipzig das in freiwilligen Angeboten der Jugendhilfe tut?
Das müssen die Kommunalpolitiker im Stadtrat in Leipzig selbstständig entscheiden, was sie tun wollen.
Wenn aber die Kommunalpolitik vor Ort entscheidet, Geld der Stadt Leipzig einzusparen und dafür Langzeitarbeitslose einzusetzen, dann ist – das sage ich Ihnen – die Stadt Leipzig, SPD-Oberbürgermeister, linker Ordnungsdezernent, inhaltlich nicht so weit weg von dem, was vor Kurzem der Ministerpräsident Koch vorgeschlagen hat, nämlich: Wir sparen eigene Ausgaben ein und nehmen dafür Arbeitslose in den Arbeitsdienst. Sehr weit entfernt davon ist das nämlich nicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken, Sie haben in der gestrigen Debatte kritisiert, dass sich der Ministerpräsident zu diesem Thema nicht und dass ich mich nur halbherzig geäußert hätte. Das haben Sie kritisiert. Aber Ihr Parteifreund in Leipzig, der Kollege Rosenthal, setzt das, was Herr Koch vorgeschlagen hat, in die Praxis um.
Herr Staatsminister, wir waren lange gemeinsam im Stadtrat, ich noch viel länger. Wir kennen daher die Stadt Leipzig. Ich habe zwei Fragen.
Die erste: Sind Sie sich des Begriffs „Arbeitsdienst“, den Sie eben verwendet haben, in seiner Anwendung auf die heutige Situation in der Stadt Leipzig bewusst angesichts der Vergangenheit, die dieser Begriff hat?
Ich bin mir dieses Begriffs sehr wohl bewusst, Herr Kollege Dr. Pellmann, und deswegen habe ich auch nicht gesagt, dass man in der Stadt Leipzig einen Arbeitsdienst einführen würde, weil das mitnichten der Fall ist, sondern ich habe gesagt, dass diese Ideen dieser Überlegung nahekommen.
diese Formulierung noch einmal im Protokoll anschauen, weil ich erhebliche Zweifel an dem habe, was Sie jetzt korrektiv eingefügt haben?
Das können Sie gern tun, Herr Kollege Dr. Pellmann. Ich habe es genau so gemeint, wie ich es eben gesagt habe. Sofern es sich im Protokoll anders wiederfinden würde, würde ich das bedauern.
Außerdem habe ich noch eine Sachfrage: Herr Staatsminister, können Sie sich vorstellen – da Sie eben bei der Einstellung der Kosten für den Kommunal-Kombi auf die Hoheit des Finanzministers hingewiesen und gesagt haben, dass Sie dort ein Stoppzeichen bekommen haben –, dass der Ordnungsbürgermeister der Stadt Leipzig sehr wohl auch Direktiven zu folgen hat, die der Oberbürgermeister bzw. der Finanzbürgermeister, selbst wenn dieses Amt gegenwärtig vertretungsweise besetzt ist, vorgibt? Können Sie sich das vorstellen?
Herr Dr. Pellmann, das kann ich mir sehr wohl vorstellen. Ich habe ja bewusst in meinem Redebeitrag nicht nur den Ordnungsbürgermeister angesprochen, sondern auch den Oberbürgermeister. Daran sehen Sie, dass ich mir das sehr gut vorstellen kann.
Ich denke, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir gut daran tun, das Programm Kommunal-Kombi, das wir momentan haben, zu beenden. Es geht letztlich darum, dass der Freistaat in der Laufzeit des Programms einen Betrag in der Größenordnung von 8 Millionen Euro nicht verausgaben muss. Sie wissen, Landesmittel sind unser teuerstes Geld. Wenn wir diese 8 Millionen Euro verwenden können, um Programme der EU im Bereich Unternehmensfinanzierung, im Bereich Arbeitsmarktpolitik vorzufinanzieren, dann haben wir einen erheblichen Hebeleffekt, können auf der europäischen Ebene, je nachdem, was wir für ein Förderprogramm haben, insgesamt Mittel in Höhe des Zweifachen, Dreifachen, ja Vierfachen generieren. Ich denke, wenn wir dieses Geld, insgesamt 30 bis 40 Millionen Euro, für eine sinnvolle Arbeitsmarktpolitik einsetzen, dann ist uns allen hier im Freistaat geholfen – den Unternehmen und den Langzeitarbeitslosen.
Meine Damen und Herren, die Aussprache zu den Anträgen ist beendet. Wir kommen zu den Schlussworten. Zunächst die Fraktion SPD. Herr Brangs, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach den Ausführungen des Ministers ist mir eines klar geworden: Ich habe, als die neue Regierung
zustande gekommen ist, einige Berichte gelesen, in denen führende CDU-Politiker – amtierende und ehemalige – davor gewarnt haben, die Ressortverteilung so vorzunehmen, wie man sie vorgenommen hat. Ich kann Sie jetzt verstehen.
Vor allem kann ich Sie deshalb verstehen – ich muss es noch einmal sagen –, weil es nicht sein kann, dass von diesem Pult aus bewusst – ganz bewusst – über unseren Antrag, der als Drucksache jedem vorliegt, das Falsche gesagt wird. Das Wort Lüge möchte ich nicht nennen. Es wird einfach das Falsche gesagt. In unserem Antrag steht nichts von der Fortführung über die geschlossene Maßnahme des Bundes hinaus.
Lieber Kollege Herbst, Sie haben gesagt, dass im Antrag der SPD-Fraktion von einer Fortführung die Rede wäre, –
wir hätten den Arbeitsminister im Bund gestellt, wir hätten schon damals Sorge dafür tragen sollen etc. Es steht nichts davon in diesem Antrag. Exakt diese Lücke wollen wir schließen und den Betroffenen helfen. Wir sehen, dass diejenigen Betroffenen ein Problem haben, die ihre Anträge bis zum 31. Dezember 2009 gestellt haben. Sie haben Bescheide erhalten, die dann aufgehoben wurden. Sie wurden mit der Begründung aufgehoben, dass die Staatsregierung nicht bereit sei, eine Kofinanzierung zu übernehmen. Daraufhin hat das Bundesverwaltungsamt gesagt, dass sie diesen Antrag nicht bescheiden könnten. Das ist die Wahrheit.
Im Punkt 1 sagen wir: Wir wollen, dass dieser Kofinanzierungsstopp, der die Förderung des Kommunal-Kombis faktisch ausgeschlossen hat, für die noch vorliegenden Anträge – liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist genau die Anzahl, die der Wirtschaftsminister nannte – ausgesetzt wird und diese noch abfinanziert werden. Nichts anderes behaupten wir.