Protocol of the Session on May 15, 2013

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! DIE LINKE hat in den Antragstext

für die Aktuelle Stunde zwei Teilaspekte zur Verbesserung der Kita-Betreuung aufgenommen: zwei Mal 5 Millionen Euro Haushaltsmittel in den Jahren 2013 und 2014 sowie die Verbesserung der Betreuungssituation durch Nicht-Fachkräfte, also Sozialassistenten. Darauf komme ich noch zu sprechen.

Für uns Nationaldemokraten greift das viel zu kurz. Wir stehen immer noch auf dem Standpunkt, dass insbesondere in den ersten drei Lebensjahren die frühkindliche Betreuung ein Teil der Aufgabe der Eltern ist. Dies gilt es zu fördern.

(Beifall bei der NPD)

Herr Schreiber, Sie können da gern abwinken. Wir stehen mit unserer Haltung auf dem Boden des Grundgesetzes.

(Patrick Schreiber, CDU: Wir auch!)

Artikel 6 Abs. 2 besagt: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“

Wenn die Eltern nicht aus monetären Gründen gezwungen wären, ihre Kinder in die Einrichtungen zu geben, wäre es viel öfter möglich, dass sie – egal, ob Mutter oder Vater – die Betreuung übernehmen. Die Gelder dafür hätten wir. Schauen wir uns zum Beispiel an, was wir pro Krippenplatz zu dessen Förderung jährlich ausgeben. Nähmen wir dieses Geld, hätten wir auch die Mittel für ein Erziehungsgehalt, das sozial- und rentenversicherungspflichtig wäre. Der erziehende Elternteil hätte ein ordentliches Auskommen.

(Beifall bei der NPD)

Aber das wollen Sie nicht sehen. Sie wollen die Kinder in die Einrichtung haben. Würden wir von diesem Dogma abrücken, bräuchten wir den gigantischen Ausbau, den wir jetzt anstreben, in dieser Größenordnung nicht, weil ein großer Teil der Kinder von den Eltern betreut werden würde. Natürlich wäre dann auch mehr Geld da, die Kinder im Kindergartenalter zu bilden und zu betreuen. Es würde im Nachgang eine gefestigte Familienstruktur entstehen, denn das, was die Kinder von ihren Eltern erhalten haben, geben sie im Regelfall an ihre Eltern zurück. Wir hätten vielleicht weniger Misere im Alter, aber das wollen Sie alles nicht sehen. Unser Ansatz wäre: zuvorderst Eltern und dann die Gemeinschaft.

Kommen wir zu den zwei Punkten zurück, die DIE LINKE in ihrem Antrag angesprochen hat. Diese 10 Millionen Euro, die in den zwei Haushaltsjahren angewendet werden sollen, möchten wir auch im ländlichen Raum sehen. Kinderbetreuung ist ein zentraler Gesichtspunkt zum Strukturerhalt im ländlichen Raum. Wenn wir das vernachlässigen und nur in die Brennpunktgegenden der Ballungsräume Geld investieren, dann vernachlässigen wir den Erhalt unseres immer noch von den meisten Leuten bewohnten ländlichen Raumes. Die Ballungsräume stellen noch nicht die Mehrheit, auch wenn Sie das vielleicht gern so hätten mit Ihrer urbanen Wählerklientel,

aber der ländliche Raum ist immer noch der stärker entwickelte Raum in Sachsen.

Der zweite Punkt sind die qualifizierten Mitarbeiter. Einsparungen in Richtung Qualifikation der Mitarbeiter bei der Kita-Betreuung ist auf alle Fälle der falsche Weg.

(Patrick Schreiber, CDU: Wer macht denn das?)

Auch wenn wir uns als Nationaldemokraten klar gegen eine Akademisierung des Erzieherberufes aussprechen wollen, brauchen Kinder kompetente Fachkräfte, aber vor allem Liebe, Geborgenheit und eine Werteerziehung in dem Alter. Man kann gern auf Sozialassistenten zurückgreifen, aber wir möchten, dass die Möglichkeit der berufsbegleitenden Qualifizierung zum Erzieher besteht. Das wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Wir sehen erhebliche Defizite bei dem Verfahren, wie es jetzt angedacht ist.

Schön wäre natürlich die Verbesserung des Betreuungsschlüssels. Da hatte schon einmal der Ministerpräsident den Mund zu voll genommen, indem er für die Kindergärten den Betreuungsschlüssel von 1 : 13 auf 1 : 12 senken wollte. Als er versucht hat zu rechnen, kamen Zahlen heraus, die im Moment völlig unrealistisch sind. Das ist eine Sache, die wir perspektivisch in die Hand nehmen müssen, wenn mehr Geld da ist; aber so, wie der Haushalt im Moment aufgestellt ist, ist das leider utopisch. Ich denke, vor allem Sie im konservativen Bereich sollten darüber nachdenken, inwieweit Sie die Eltern aus der Pflicht der Betreuung herausnehmen wollen. Dort sind wir an einem Punkt, wo Sie sich stärker auf Ihre Wurzeln zurückbesinnen sollten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Redezeit haben jetzt noch die Fraktionen DIE LINKE, CDU und SPD. – Für DIE LINKE spricht Frau Klepsch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hatte vorhin angekündigt, dass ich in der zweiten Runde noch darauf eingehen möchte, wie wir uns die sinnvolle Verteilung der 5 Millionen Euro vorstellen. Ich habe auch einmal zum Taschenrechner gegriffen, ähnlich wie Frau Giegengack. Angenommen, wir würden die 5 Millionen Euro pro Jahr auf alle 2 800 Kitas in Sachsen verteilen, dann wären das immerhin 148 Euro pro Monat und Kindertagesstätte. Wir sind uns einig, das bringt niemandem etwas. Bei einem angenommenen Stundensatz von 25 Euro für eine pädagogische Kraft wären das bezahlte 6 Stunden pro Monat und Kita. Auch das bringt nichts.

Das heißt, das Ziel muss bei der Ausgestaltung der Förderrichtlinie sein, die Mittel punktgenau in die Einrichtungen zu bringen, die einen besonderen Bedarf haben. Darin sind wir uns wohl einig. Herr Schreiber hatte einige Punkte genannt: Migranten, Einrichtungen mit besonderen sozialen Problemlagen, Einrichtungen mit Kindern

mit besonders vielen Entwicklungsrückständen. Richtig ist, dass das Kultusministerium vorhat, die Jugendämter vor Ort einzubeziehen, denn die wissen, wo es Probleme in Einrichtungen gibt. Da sage ich aber, Frau Schütz: Diese Einrichtungen befinden sich nicht nur in großen Städten, wo wir Geburtenzuwachs haben, sondern sie befinden sich im Land verteilt auch in kleinen Städten, vor allem in den Gegenden, wo Menschen entwurzelt sind durch lange Arbeitslosigkeit und wo viele soziale Problemlagen zusammenkommen. Dort müssen wir Geld über solche Zusatzprogramme hinbringen.

Es wurde angesprochen, dass besonders große Kitas davon profitieren sollen, wie die neue DRK-Kita mit 300 Plätzen in Dresden. Das kann ich aber nicht nachvollziehen, Patrick Schreiber; denn wer schon einmal in einer Kita war – und wir alle haben beim Perspektivwechsel diese Gelegenheit genutzt –, der weiß, dass besonders die kleineren Einrichtungen mit 50 oder 70 Plätzen und wenig Personal ihre Probleme haben und dann noch einmal benachteiligt werden würden. Es hat ja einen ganz klaren Grund, warum dort die Erzieherinnen und Erzieher in Teilzeit arbeiten, denn sonst wäre eine Betreuungszeit von 11 Stunden täglich gar nicht abzudecken. Auch diese müssen in den Genuss von Zusatzgeldern kommen können.

Noch ein Satz zum Einsatz von Sozialassistenten. Natürlich sind Sozialassistenten besser vorgebildet als jemand, der aus einem ganz anderen Berufsfeld kommt oder gar keinen Abschluss hat. Das Problem ist nur, dass wir uns über die Verweildauer der Sozialassistenten unterhalten müssen, weil es in Sachsen kein berufsqualifizierender Abschluss ist. Wenn wir es dauerhaft akzeptieren, dass Sozialassistenten über Zusatzprogramme in die Kitas kommen, dann schaffen wir langfristig eine Zweiklassengesellschaft von pädagogischen Fachkräften in den Einrichtungen. Das kann niemand wollen.

(Beifall bei den LINKEN)

Ich hoffe deshalb, dass Frau Kurth Licht ins Dunkel bringt, wie die Förderrichtlinie konkret ausgestaltet sein soll. Aber machen wir uns nichts vor, die 5 Millionen Euro sind nicht viel.

Um zur vorherigen Debatte zurückzukommen: Wenn wir die Einnahmensituation des Staates verbessern würden, dann wären wir auch in der Lage, die Bildungsfinanzierung aller Bereiche angemessen auszugestalten, auch den frühkindlichen Bereich.

Ich komme zum Schluss und möchte noch einmal darauf verweisen, dass unsere Kindertageseinrichtungen kein Experimentierfeld mehr sein können für das Verteilen von Almosen, die man aus dem Haushalt herausgepresst hat, oder von Modellprojekten wie „Sprache fördern“, das spannende Ergebnisse hat, die aber gar nicht einfließen können, weil wir es finanziell nicht untersetzt haben.

An Patrick Schreiber nochmals zu der Frage, was mit der Oma ist, die in der Kita vorliest. Gerade die CDU, die immer so begeistert vom Ehrenamt spricht, sollte an

dieser Stelle auch anerkennen, dass jemand, der gern in der Kita mal ein Buch vorliest und sagt, er macht es freiwillig, gar nicht in das Honorarprogramm passt, sondern wir sollten das Geld gezielt für Fachkräfte einsetzen.

Wir als LINKE wollen, dass die 5 Millionen Euro im Rahmen der Fachkräftestandards ausgegeben werden. Das können auch Logopäden oder Ergotherapeuten sein, wenn in den Einrichtungen der Bedarf dazu da ist, oder die Quereinsteiger, die wir wirklich dauerhaft für den Beruf des Erziehers qualifizieren wollen. Die Kitas und die Träger warten darauf. Wir wollen nicht das Geld für Assistenten in der Fläche mit der Gießkanne ausschütten.

(Beifall bei den LINKEN – Kristin Schütz, FDP, steht am Mikrofon.)

Frau Schütz, bitte.

Ich würde gern auf den Beitrag von Frau Klepsch vom Mittel der Kurzintervention Gebrauch machen. – Natürlich wollen wir, dass die Förderrichtlinie überall in Sachsen greift, dass wir in den verschiedensten Einrichtungen schauen können, wie dieses Programm angenommen wird und wo Bedarf ist. Ich gebe Ihnen auch darin recht, dass der Sozialassistent eben kein berufsqualifizierender Abschluss ist, das heißt, dass diese im Moment gar keine Chance haben, wenn zum Beispiel ein Kind und gegebenenfalls noch ein zweites Kind geboren wird, eigentlich diese Zusatzqualifizierung jetzt sofort anzustreben, sondern dort auch die Möglichkeit zu geben, den Berufseinstieg wieder zu schaffen, um zum Beispiel die Weiterqualifikation zum staatlich anerkannten Erzieher zu nehmen. Natürlich brauchen wir die Fachkräfte. Man braucht aber auch in einer Gruppe – zum Beispiel zum Schnürsenkelbinden – die Erzieherin, die sich mal mit drei Kindern beschäftigt und die anderen Kinder im Freispiel im Gelände betreut.

Zum letzten Punkt, den Sie angesprochen haben: Natürlich brauchen wir zusätzlich in der Kita das Ehrenamt. Natürlich ist es die Oma, die vorliest, sind es gegebenenfalls auch weitere Angebote, die in der Einrichtung gemacht werden sollen. Die sollen nicht wieder verdrängt werden – im Gegenteil: Wir wollen sie zusätzlich fördern, denn diese Art des Ehrenamts ist ein besonders wichtiges und ein nicht hoch genug zu wertendes, denn bei dem, was hier getan wird, wird generationsübergreifend und miteinander Verantwortung übernommen.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Die CDU-Fraktion; Herr Abg. Schreiber, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte – gerade die Redebeiträge von Frau Klepsch – zeigt, dass das, was hier gerade stattfindet, eher ein Stochern im Nebel ist. Frau Klepsch, Sie haben mehrere kleine – mindestens

eine, vielleicht waren es auch mehr – Anfragen gestellt, Frau Giegengack hat Anfragen gestellt. In der Antwort der Staatsregierung an Ihre letzte Anfrage, meine ich, stand ganz klar, wie der derzeitige Stand der Erarbeitung der Richtlinie ist. Vielleicht hätte man erst einmal die Richtlinie abgewartet und dann die Debatte geführt. Dann hätten Sie Ihre Kritikpunkte anhand der tatsächlichen Gegebenheiten und dessen, was in der Richtlinie steht, hier loswerden können.

Nun haben Sie das nicht getan. Deswegen muss ich Ihnen jetzt sagen: Warten Sie einmal ab, bis die Richtlinie draußen ist. Dann werden sich viele Dinge, die Sie hier berechtigt angesprochen haben, von allein erledigt haben, weil sie so in der Richtlinie verankert sind.

Dann möchte ich eine Lanze für all diejenigen brechen, die sich in der Kita engagieren, auch in der Vergangenheit in der Kita engagiert haben – ich nenne nur den Kommunalkombi, die Bürgerarbeit –, bezüglich derer, als das gekürzt worden ist bzw. nicht mehr stattgefunden hat, es einen riesigen Aufschrei – gerade auf der linken Seite – im Haus gab: Wie kann man denn den armen Kindern die Bezugspersonen – zum Beispiel den Bauarbeiter, der im Matschbereich des Kindergartens mit den Kindern pädagogisch gearbeitet hat – nehmen? Da gab es jedes Mal einen Aufschrei ohne Ende.

Geht man jetzt jedoch den Weg, dass auch Menschen, die keinen originären pädagogischen Abschluss haben, in dieser Kita mitmachen können, dabei sein können, ihre Qualifikation vielleicht aus anderen Berufsabschlüssen haben, ihre Qualifikation aufgrund der Lebenserfahrung in diese Kita einbringen, ist es auch verkehrt. Das ist aus meiner Sicht – Entschuldigung – das Verlogene an dieser Debatte. Wir können es drehen und wenden, wie wir wollen: Unsere Seite wird es immer verkehrt machen, aber irgendwer hat es heute schon einmal gesagt – ich glaube, Frau von Schorlemer –: Es ist nicht Aufgabe der Opposition, auch mal zu sagen: Okay, ist vielleicht gar kein schlechter Gedanke, was die Regierung so macht. – Aber ich finde es, ehrlich gesagt, ein Stück weit verlogen.

Ich möchte, dass wir auch künftig wieder und verstärkt Menschen in die Kitas bringen und im Kita-Alltag haben – Herr Dr. Müller, wenn Sie mit quatschen fertig sind, könnten wir vielleicht darüber reden –, die nicht nur auf einer universitären Bank gesessen haben und Fachwissen aus einem rein pädagogischen Studium mitbringen und Sozialpädagogen – oder Ähnliches – sind, sondern es tut einer Kita auch nicht schlecht, wenn sie den einen oder anderen Lebenspraktiker aus dem „normalen“ Leben, der einen anderen Beruf gelernt hat – vielleicht einen Koch –, beschäftigt. Wie gesagt, in Schweden wurde zum Beispiel ein Koch in einer Kita beschäftigt. Der hat auch keine pädagogische Ausbildung, aber er zeigt den Kindern, was gesunde Ernährung ist.

Frau Dr. Stange, Sie haben gesagt – Zitat –: „… was jemand anrichtet, der keine Qualifikation hat, was in den ersten sechs Jahren versaut worden ist“. – Ich finde es eine Frechheit, wenn man diesen Leuten unterstellt, dass

sie per se in den Kindertageseinrichtungen Sachen verpfuschen, nur weil sie kein Pädagogikstudium absolviert haben.

(Beifall bei der CDU)

Das ist eine bodenlose Frechheit den Leuten gegenüber, die sich dort engagieren – nicht nur ehrenamtlich. Deswegen haben wir ganz deutlich gesagt: Wir wollen, dass es diese Möglichkeiten gibt. Aber – das ist der entscheidende Punkt –: Wir überlassen es den Leuten vor Ort – den Jugendämtern, beispielsweise in Dresden im Eigenbetrieb, im Jugendhilfeausschuss – zu schauen, was für die jeweilige Kita sinnvoll ist und dort umgesetzt werden soll.

Noch ein letzter Satz dazu, die Eltern aus der Pflicht der Betreuung herauszunehmen: Entschuldigung, Herr

Dr. Müller, ich weiß nicht, ob Sie in den letzten anderthalb Jahren im Urlaub gewesen sind oder nicht zugehört haben, als wir hier über Familienpolitik, Vereinbarkeit von Familie und Beruf gesprochen haben. Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen: Es ist nicht nur eine Frage des Geldes, ob Mütter nach einem Jahr wieder in den Job zurückkehren, sondern es ist bei dieser Schnelllebigkeit unserer Gesellschaft – beispielsweise bezüglich der technischen Entwicklung – auch eine Frage des Könnens und des Vermögens – nicht monetär –, wieder in die Arbeit zurückzukehren, um nicht nach drei Jahren – oder vielleicht nach sechs Jahren, wie Sie es wahrscheinlich am liebsten hätten –, wenn die Frau ihr Kind in die Obhut oder zum „bösen Staat“ oder in die „böse Gesellschaft“ entlässt, aus dem Beruf herausgewachsen zu sein bzw. nicht mit der Zeit mitzukommen. Darum geht es: dass die Frauen Bestandteil unserer Gesellschaft und in dieser Arbeitswelt sind.