Protocol of the Session on May 15, 2013

Bitte nur eine Frage stellen.

Geben Sie mir dahin gehend recht, dass die Kita-Erzieherinnen entlastet werden wollen, indem letzten Endes zusätzliches, unterstützendes Personal da ist, zum Beispiel für die Dinge, die ich in meinem Redebeitrag gebracht habe?

Patrick Schreiber, ich gebe Ihnen nicht recht. Die Erzieherinnen, die ich kennengelernt habe während des Perspektivwechsels und während der Zeit, in der meine Kinder in die Kindereinrichtung gegangen sind, wissen sehr wohl, was ihre Arbeit bedeutet, und wissen sehr wohl, dass sie ihre Qualifikation deshalb erworben haben, weil sie im frühkindlichen Bereich eine der wichtigsten Bildungs- und Entwicklungsperioden der Kinder betreuen. Von daher haben sie auch gar kein Interesse daran – und Annekatrin Klepsch hat es ja auch gesagt –, auszubügeln, was eventuell jemand anrichtet, der nicht diese Qualifikation hat.

Ich sage das ganz deutlich, und ich sage das auch vor dem Hintergrund, dass wir vor nicht allzu langer Zeit noch die Diskussion hatten, dass Kindertagesstätten zu „Parkhäusern“ werden. Das ist noch gar nicht lange her. Vor zehn Jahren gab es die Bildungspläne noch gar nicht. Erst aus der Erkenntnis, dass Kindertagesstätten eben keine Versorgungseinrichtungen sind, die nur Kinder zu betreuen haben von Eltern, die arbeiten gehen müssen, sondern dass wir Kindertagesstätten brauchen, um eine gute frühkindliche Bildung umzusetzen, sind Bildungspläne entstanden; deswegen gibt es die Diskussion auch zu höherer Qualifikation unserer Erzieherinnen.

Ich wehre mich vehement dagegen, dass jetzt dieses System, das wir in den letzten Jahren mühsam bundesweit

aufgebaut haben, wieder unterhöhlt wird, nur weil man nicht bereit ist, in diesem Bereich Geld in die Hand zu nehmen. Das hat mit der vorhergehenden Debatte gar nichts zu tun. Es ist die Frage: Wo setze ich die Priorität? Was Sie in diesen ersten sechs Jahren versaut haben, das können Sie in der gymnasialen Oberstufe, in der beruflichen Bildung oder in der Weiterbildung nicht wieder reparieren.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Von daher mag es sicherlich nicht schaden, wenn zur Mittagszeit einmal jemand anders als die qualifizierte Erzieherin mit drinsitzt. Wir wehren uns gegen eine Tendenz, die wir im Schulbereich erlebt haben und die wir jetzt auch im Kindertagesstätten-Bereich sehen, weil Sie nicht bereit sind, den Betreuungsschlüssel so zu senken, dass wir endlich das, was in der Evaluierung des Bildungsplans herausgekommen ist, umsetzen.

Die Evaluierung des Bildungsplans hat deutlich gezeigt, dass, wenn wir die Qualität der Kindertagesstätten in den nächsten Jahren aufrechterhalten wollen, eine Reihe von Maßnahmen ergriffen werden müssen neben der Weiterentwicklung des Bildungsplans: Das ist die Senkung des Betreuungsschlüssels, das ist die Freistellung der Leiterin, das ist der Ausbau der Fachberatung, das ist die Planungs-, Vorbereitungs- und Nachbereitungszeit, von der Sie gesprochen haben – fünf Stunden pro Woche und nicht 40 Stunden am Kind, wie die Erzieherinnen ja zu Recht sagen.

All das ist bis heute nicht umgesetzt. Fehlanzeige, nichts ist von dieser Evaluierung tatsächlich in die Praxis umgesetzt worden, weil Sie in den Haushaltsberatungen das Geld nicht zur Verfügung gestellt haben. Die 5 Millionen Euro sind ein Trostpflaster, sicherlich ein dringend notwendiges, um die Kindertagesstätten vielleicht ein bisschen zu entlasten, aber sie sind nicht das, was wir brauchen, um diesen Bereich qualitativ weiterzuentwickeln.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächste spricht Frau Schütz für die FDP; bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind in der Diskussion darüber, wie Kinder – unser wichtigster Zukunftsbaustein, wie die vorangegangenen Debatten gezeigt haben – in Zukunft in unseren Kindertageseinrichtungen betreut werden sollen. Ich kann Ihnen sagen: Sie werden weiterhin in hoher Qualität – auch in hoher Bildungsqualität – betreut. An dem Fachkräfteschlüssel wird nicht gerüttelt.

(Lachen der Abg. Dr. Eva-Maria Stange, SPD)

Frau Stange, wir schaffen es zum ersten Mal, mehr pädagogisches Personal und mehr Personal insgesamt in die Kindertageseinrichtungen zu bringen. Sie haben vorhin einiges bemängelt; aber der Bildungsplan ist 2005

eingeführt worden. Damals hatten Sie in Regierungsverantwortung die Möglichkeit, entsprechende Veränderungen voranzubringen. Ich wiederhole: Wir schaffen es erstmals, zusätzliches Personal in die Kindertageseinrichtungen zu bringen.

Das werden in der Regel Assistenzkräfte sein – ja. Das sind aber Kolleginnen und Kollegen, die eine entsprechende Vorbildung haben, zum Beispiel als Sozialassistenz. Es werden aber auch Quereinsteiger und Fachkräfte sein. Wir haben die 10 Millionen Euro dafür im Doppelhaushalt hart erkämpft und wollen, dass diese Mittel bei den Kindertageseinrichtungen im gesamten Land ankommen.

Einzelne der zur Anwendung kommenden Kriterien hat Patrick Schreiber schon genannt. Ich weise darauf hin, dass wir unseren Schwerpunkt natürlich auf die Regionen legen werden, in denen wir Wachstum im Sinne hoher Geburtenraten verzeichnen. Dort brauchen die Einrichtungen ganz besonders Unterstützung.

Ich gebe meinen Vorrednern in einem Punkt recht: Die Einrichtungen haben verschiedene Schwerpunkte. Einzelne Bundesprogramme zu verschiedenen Problemlagen, gerade was die sprachliche Entwicklung betrifft, greifen bereits. Wir wollen auch den ganz „normalen“ Kindertageseinrichtungen diese Möglichkeiten der Unterstützung geben.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Lassen Sie mich den Gedanken bitte zu Ende führen. – Es geht um Aufgaben wie die Begleitung der Kindergruppen durch die Erzieherinnen beim Spaziergang, aber auch darum, Ordnung in ein Spielzeugchaos zu bringen, in einer dreistöckigen Kindertageseinrichtung Geschirr bereitzustellen oder Arbeitsmaterial in den Gruppenraum zu schaffen, damit tatsächlich alle Kinder Zugang haben. Dafür können Entlastungen gebraucht werden.

Bitte.

Recht vielen Dank. – Ich würde gern auf einen Punkt zurückkommen, der mir sehr am Herzen liegt. Sie haben sinngemäß gesagt: Wenn es nach uns geht, haben die einzusetzenden Kräfte eine pädagogische Vorbildung. – Das widerspricht der Aussage der Ministerin, die sie am 11. April in der Antwort auf eine Kleine Anfrage meiner Kollegin Annekatrin Klepsch gemacht hat. Dort heißt es, dass es in der Richtlinie keine verbindlichen Vorgaben zur Qualifikation des einzusetzenden Personals geben werde.

Wem soll ich jetzt glauben?

Sicherlich dem Richtlinienentwurf, wie er an der Stelle formuliert ist. Es sind verschiedene Gruppen – Fachkräfte, Assistenzkräfte mit Vorbildung, aber auch Quereinsteiger bzw. Kollegen, die sich für den

Erzieherberuf qualifizieren –, die wir in die Einrichtungen geben wollen.

In Sachsen ist die Quote der Erzieherinnen und Erzieher mit Fachschulabschluss hoch; sie liegt bei 84 %. Damit liegen wir deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Unsere Einrichtungen sind auch keine akademikerfreie Zone. Über 1 500 Kräfte mit Hoch- bzw. Fachhochschulabschluss haben in sächsischen Kitas ihre Position gefunden, meist in der Leitung. Das ist förderlich im Sinne der Umsetzung der Konzeption und einer guten Führung der Einrichtungen.

Frau Stange hat gesagt, der Bildungsplan sei lange nicht vorhanden gewesen. Aber wir hatten die gut ausgebildeten Erzieher mit der notwendigen Qualifikation und dem entsprechenden Curriculum. Die Weiterbildungsangebote sind genutzt worden. Der Bildungsplan hat dafür gesorgt, dass alle Erzieherinnen und Erzieher ihre Ausbildung in den gewohnten Bildungsrahmen unterbringen konnten.

Zum Schluss sei mir eine Anmerkung in Richtung von Frau Klepsch gestattet: Sie haben gesagt, zusätzliches Personal bedürfe der Einarbeitung, und das sei alles sehr schwierig. Damit haben Sie eine Gegenrede gehalten zu jeglichem Ansatz, mehr Personal in die Kindertageseinrichtungen zu bringen. Das kann nicht das sein, was wir wollen.

Wir wollen dieses zusätzliche Personal in den Kindertageseinrichtungen, und es wird kommen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Frau Abg. Giegengack, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es war durchaus eine Frage wert, wie die Richtlinie für die Verwendung der 5 Millionen Euro ausgestaltet werden soll. Frau Klepsch hatte eine entsprechende Anfrage gestellt. In der Antwort hat sich das Staatsministerium sehr bedeckt gehalten, welche Kindertagesstätten in den Genuss dieser Mittel kommen sollen.

Eine gleichmäßige Verteilung würde in der Tat nicht viel bringen. Ich habe nachgerechnet: Bei rund 145 000 Kindern in unseren Kitas hätte das ein Mehr von 34,50 Euro pro Kind bedeutet. Der Effekt wäre sehr gering gewesen. Eine gleichmäßige Verteilung wäre auch nicht gerecht gewesen.

Soziale Gerechtigkeit wird von den Deutschen nicht in allererster Linie als Verteilungsgerechtigkeit verstanden – das hat auch die Allensbach-Studie von Ende 2012 hervorgehoben –, sondern vor allen Dingen als Gleichheit an Chancen, insbesondere auf Bildung für Kinder. 90 % der deutschen Bevölkerung verstehen dies unter sozialer Gerechtigkeit.

Eigentlich bedarf die Staatsregierung insoweit keiner Belehrung darüber, wie man das umsetzen kann; denn sie

selbst – konkret: das SMWK – hatte im Jahr 2010 eine Studie in Auftrag gegeben. Sie liegt vor unter dem Titel: „Erforschung und Entwicklung der Potentiale von Kindertageseinrichtungen bei der Kompensation von Bildungsbenachteiligungen von Kindern“. Die Ergebnisse sind bezeichnend.

Lassen Sie mich kurz daraus zitieren. Prof. Brandes kommt zu dem Urteil:

„Generell schneiden Kinder im Grundschulalter bei Tests umso besser ab, je länger sie den Kindergarten besucht haben. Dieser Effekt ist besonders deutlich bei Kindern aus einkommensschwachen Familien oder mit Migrationshintergrund. Auch zeigt sich, dass das bei niedrigem Bildungsabschluss der Eltern gegebene (statistische) Risiko einer Rückstellung vom Schuleintritt durch frühzeitigen Kindergartenbesuch fast vollständig ausgeglichen wird. Aber: Die kompensatorischen Effekte sind nicht nur von der Dauer des Kindergartenbesuchs abhängig, sondern auch von der Qualität der Einrichtung! Diese Qualität hat zu tun mit der pädagogischen Konzeption und deren Umsetzung durch das Fachpersonal sowie den Rahmenbedingungen.“

Damit sind die drei Aspekte benannt und ich habe den Eindruck, dass diese in der Richtlinie nicht wirklich berücksichtigt werden. Eine gute Konzeption bedarf der Umsetzung durch Fachpersonal und die Rahmenbedingungen dafür sind zu schaffen, insbesondere mehr Zeit.

Wir GRÜNE haben einen guten Vorschlag unterbreitet, der nicht auf irgendwelche Richtlinien abstellt, sondern direkt am Kita-Gesetz ansetzt. Vor allem geht es uns um die Kindertagesstätten in sozialen Brennpunkten. Wir haben Kriterien entwickelt, zum Beispiel den Erwerbslosenanteil und den Hartz-IV-Anteil im Stadtteil.

Bitte zum Ende kommen.

Ein weiteres Kriterium ist der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund. Wir erfassen damit 4 000 Kinder in Sachsen in 57 Einrichtungen. Das kostet pro Jahr etwa 2,5 Millionen Euro. Ich meine, das ist eine gute Alternative.

Am 7. Juni findet dazu eine Anhörung statt.

Frau Giegengack, bitte zum Ende kommen!

Vielleicht können wir dann nochmals über unseren Vorschlag sprechen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN und der SPD)

Herr Dr. Müller, bitte. Sie sprechen für die NPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! DIE LINKE hat in den Antragstext