Protocol of the Session on April 17, 2013

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin nicht nur die besetzte Quote, sondern ich habe durch die Quote die Chance, meine Qualifikation und mein Engagement auch wirklich zu zeigen. Das, denke ich, steht Frauen in diesem Land zu.

Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

(Beifall bei den GRÜNEN, den LINKEN und der SPD)

Frau Schüßler von der NPD-Fraktion, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Zielstellung des Gesetzentwurfes ist von einem modernen Gesetz die Rede. Wenn wir modern mit linkem Zeitgeist übersetzen, trifft es die Sache ziemlich genau. Aber, es tut mir leid: Besser wird es davon auch nicht.

Die sächsischen Frauen müssen in erster Linie dabei unterstützt werden, dass sie Arbeit und Familie unter einen Hut bekommen. Diese Absicht kündigen Sie zwar in der Zielstellung an, aber in keiner Ihrer Maßnahmen findet sich nur ein sinnvoller Vorschlag, der den Müttern die Erwerbstätigkeit erleichtert oder Familien unterstützt. Dafür wollen Sie aber die Strukturen der Gleichstellungsbeauftragten stärken und auch noch die Stellvertreterinnen hauptamtlich bestellen, die Statistiken „gendern“ und die Landeswahllisten quotieren – ganz zu schweigen von der bereits erwähnten Einführung der „Vorschrift zur Anwendung geschlechtergerechter Sprache in den Rechts- und Verwaltungsvorschriften“.

Ehrlich gesagt graut es mir vor einem Sachsen, in dem Gender- und Gleichstellungsextremisten das Sagen hätten und unsere Verwaltungen, Bildungseinrichtungen und die gesamte Gesellschaft mit Ihren wirklichkeitsfremden Gesetzen überziehen.

(Beifall bei der NPD)

Die sächsischen Frauen brauchen keine leistungsfeindlichen Quoten oder über 300 Gleichstellungsverantwortliche. Sie beginnen ihre Überlegungen bereits mit völlig falschen Voraussetzungen. Sie behaupten einfach, dass unsere sächsischen Frauen durch ihre Leistungsbereitschaft, Selbstständigkeit und ihren Fleiß es nicht geschafft hätten, beruflich immer erfolgreicher zu sein. Woher diese Erkenntnis kommt, wollen Sie aber nicht so richtig sagen.

Schauen wir einmal in die Kommunen, die Sie durch eine Frauenquote durch die Hintertür faktisch lahmlegen wollen. Die Zahlen wurden mehrfach genannt: Bereits im Jahr 2011 waren fast 68 % der Mitarbeiter im kommunalen Bereich weiblich. Ähnlich positiv sieht das Bild bei den kommunalen Auszubildenden aus. Hier ist eine Mehrheit von fast 65 % weiblich. Selbst in den höchsten Entgeltgruppen sind die Frauen mit 50,5 % in der knappen Mehrheit. Das ist die Situation in den Kommunen, denen Sie durch Ihre Zwangsmaßnahme eine weitere stellvertretende Gleichstellungsverantwortliche verschaffen wollen. Wie Sie das finanzieren wollen, verschweigen Sie natürlich. Im Zweifelsfall wird es auf die Kommunen abgewälzt; das wissen wir alle.

Auch Ihre beabsichtigte Überprüfung aller öffentlichen Ausschreibungen auf frauenpolitische Standards in den Betrieben zeigt, wie weit Sie sich inzwischen von der Lebenswirklichkeit der Menschen in Sachsen entfernt haben. Diese Aufgabe ist – ohne Investitionen zu verschleppen und die Bürokratie für Unternehmen noch weiter zu erhöhen – kaum zu leisten.

Ihr Gesetz ist also nicht nur ein Arbeitsplatzvernichter, leistungsfeindlich und weltfremd, sondern es ist auch undemokratisch. Ihre Forderung, das Wahlgesetz zu ändern und nur noch Landeslisten zuzulassen, die genau zur Hälfte aus Männern und Frauen bestehen, ist mit keinem demokratischen Grundsatz vereinbar. Es nützt auch diese Ausnahmeklausel nichts, wonach „letztlich nichts Unmögliches gefordert werden kann“. Sie können politische Einsatzbereitschaft, echtes gesellschaftliches Engagement, Interesse und Fachkompetenz doch nicht auf das Geschlecht reduzieren wollen.

Warum stellen wir in Zukunft unsere Bewerber nicht nach Körpergröße oder Haarfarbe auf? Es gibt doch noch viel zu wenige Rothaarige im Parlament, sie fühlen sich sicher auch schon als diskriminierte Minderheit.

(Jürgen Gansel, NPD: Stasiqualifikation!)

Wenn Sie der festen Überzeugung sind, dass man seine Bewerber nicht nach Kompetenz, sondern nach Geschlecht aussuchen soll, warum tun Sie es dann nicht bereits?

Zur letzten Landtagswahl 2009 traten 35 Männer und nur 27 Frauen für DIE LINKE an. Wo liegt Ihre propagierte Gender-Ideologie? Warum setzen Sie Ihre geforderte 50/50-Reißverschlussquote nicht bei allen Kommunalwahlen in Sachsen um?

(Jürgen Gansel, NPD: Wir warten auf den ersten Transsexuellen im Landtag!)

Ganz einfach: Weil es die Realitäten vor Ort nicht hergeben. Sie können also Ihren eigenen Maßstäben nicht gerecht werden.

Wir werden Ihren Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall bei der NPD)

Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Dann frage ich die Staatsregierung. – Frau Ministerin Clauß, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! In der Debatte ist bereits vieles gesagt und debattiert worden. Ich werde jetzt die Stellung der Staatsregierung kurz skizzieren.

Wir stimmen darin überein, dass wir nicht nur eine Gleichstellung de jure, sondern auch eine Gleichstellung de facto brauchen. Das ist nicht nur mit Gesetzen zu machen. Dafür brauchen wir vor allem einen gesellschaftlichen Wandel. Deshalb ist die Gleichstellung von Frau und Mann ein politisches Leitprinzip der Sächsischen Staatsregierung. Das setzen wir möglichst breit zuerst in unseren obersten Landesbehörden um. Dazu gehört vor allem auch die Förderung von Frauen und Mädchen, um strukturelle Benachteiligung zu entschärfen. Aber zu unserem Paradigmenwechsel gehört auch, dass wir unseren Blick auf Männer und Jungen richten.

Gleichberechtigung geht nur für beide Geschlechter und mit beiden Geschlechtern. Wir arbeiten an der Geschlechtergerechtigkeit. Ziel der Geschlechtergerechtigkeit ist die chancengleiche und selbstbestimmte Teilhabe von Frauen und Männern in allen gesellschaftlichen Bereichen.

Diesen Grundsatz erkenne ich in Ihrem Gesetzentwurf nicht, zumindest nicht in vielen Detailregelungen, in denen Sie ausschließlich auf die Frauenförderung abstellen. Zudem neigt Ihr Entwurf zur Überregulierung.

Hier ein Beispiel, auf das beides zutrifft: die Frauenförderung bei öffentlicher Auftragsvergabe. Das ist nicht angemessen, schon weil dieses Kriterium völlig vergabefremd ist. Außerdem wollen Sie Dinge regeln, die längst Usus sind, zum Beispiel die Regelung zur Arbeitszeit.

Noch einmal sei gesagt – ich wiederhole mich hier gern –: Gleichstellung geht nur für und mit beiden Geschlechtern. Dies gilt auch für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, für die mein Haus sehr viel tut. Denn nicht nur Mütter brauchen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sondern beide Elternteile.

(Beifall bei der CDU)

Als oberste Landesbehörden gehen wir hier also mit gutem Beispiel voran. Das zeigt auch der Vierte Frauen

förderbericht. Außerdem gibt es in diesem Bereich genügend gesetzliche und tarifliche Regelungen und

Dienstvereinbarungen. Ganz abgesehen davon unterbreiten Sie weder Finanzierungsvorschläge für die Umsetzung des Gesetzes, noch erkenne ich Deregulierungsaspekte.

Die Sächsische Staatsregierung setzt sich sehr für die Gleichstellung von Frau und Mann ein, und zwar so, dass keiner von beiden übervorteilt wird. Wir arbeiten mit vielen Partnern, zum Beispiel mit der „Allianz für Familien“, für bessere Rahmenbedingungen für unsere Familien, damit Frau und Mann sich nicht zwischen Karriere und Familie entscheiden muss.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU, der FDP und des Staatsministers Markus Ulbig)

Meine Damen und Herren! Wir können nun zur Abstimmung kommen. Aufgerufen ist das Gesetz zur Förderung der Gleichstellung von Frau und Mann im Freistaat Sachsen. Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE.

Es liegt ein Änderungsantrag vor in der Drucksache 5/11749, und ich bitte die Fraktion der LINKEN um Einbringung. Frau Gläß, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die 1. Lesung des Gesetzentwurfs liegt natürlich schon eine Weile zurück. Deswegen – das habe ich vorhin schon in meiner Rede betont – haben wir an diesem Gesetzentwurf weiter gearbeitet.

Wir haben viele Anregungen aus den Anhörungen, besonders aus der öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Soziales und Verbraucherschutz, aufgenommen. Sie fand vor etwa einem halben Jahr statt. Mit unserem Änderungsantrag wollen wir auf die Anregungen der Sachverständigen eingehen. Wir hatten in den Ausschüssen, in den beratenden und auch im federführenden Ausschuss, 17 Änderungsanträge. Wir haben das für das Plenum in einem Änderungsantrag zusammengefasst, der mehrere Abschnitte und Teile hat. Ich möchte auf einige kurz eingehen; die Begründungen sind ja beigefügt.

Zu I. In den Abschnitten 1 und 3 wollen wir eine Klarstellung, dass die Regelungen, die dort festgelegt sind, auch für die kommunale Ebene und nicht nur für die Landesebene verbindlich sind. In Punkt 2 wollen wir für den § 2 Abs. 2 darauf hinweisen, dass es eine sprachliche Vereinfachung gibt, damit auch eingetragene Lebenspartnerschaften eingeschlossen sind. Das hatten uns die Vertreter des Juristinnenbundes gesagt.

Wir wollen einen neuen Abs. 4 in den § 2 einführen, um die Erweiterung der Grundsätze entsprechend als GenderMainstreaming-Konzept im Leitprinzip darzustellen.

Wir haben bei den Punkten 4, 6 und 9 die §§ 7, 13 und 22 etwas verändert, damit wir alle Vertretungen der Belegschaft berücksichtigen. Wir haben in den Punkten 4, 8 und

10 die §§ 7, 20 und 23 dahin gehend verändert, dass es eine Klarstellung für die Rechte und Pflichten der Gleichstellungsverantwortlichen gibt.

Wir haben bei Punkt 7 mit der Einführung eines Satzes im § 16 auch einen niedrigeren Schwellenwert bei der Auftragsvergabe eingeführt. Es ist uns besonders von der Gewerkschaft dargestellt worden, dass das mit dem Vergabegesetzentwurf einhergehen muss.

Wir haben bei II erklärt – dabei möchte ich auf die Arbeitszeitregelung eingehen –, dass es um die volle, regelmäßige Arbeitszeit der Gleichstellungsbeauftragten in den Kreisen und III auch in den Städten, geht. Wir haben die Änderung auch dahin gehend aufgenommen, dass wir unseren Vorschlag für eine hauptamtliche Stellvertretung aufgegeben haben. Wir haben die Kritik aufgenommen, dass es dabei große Probleme mit der Finanzierung geben würde. Mit dem Änderungsantrag haben wir das aus unserem Gesetzentwurf herausgestrichen.

Wir denken, dass wir die Hinweise der Sachverständigen aufgenommen und in unseren Gesetzentwurf ordentlich eingearbeitet haben.

(Beifall bei den LINKEN und der Abg. Dagmar Neukirch, SPD)

Wer möchte gern zum Änderungsantrag sprechen? – Bitte sehr, Frau Saborowski-Richter.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu einigen Punkten des Änderungsantrages kurz Stellung beziehen.

Zum Änderungsantrag 03, § 4 Geltungsbereich. Die Einreicher möchten den größtmöglichen Geltungsbereich erreichen. Allerdings ist nicht geklärt, inwieweit die Änderung in die kommunale Selbstverwaltung eingreift.