In einem aktuellen Buch von ihm zur unsäglichen Zahlmeisterrolle Deutschlands und der EU als Transferunion errechnet der frühere Volkswirtschaftsprofessor der Universität Heidelberg, dass Deutschland seit der Wiedervereinigung die Summe von 324 Milliarden Euro zu
den operativen Ausgaben der EU beisteuerte und gerade einmal 178 Milliarden Euro nach Deutschland zurückflossen.
Meine Damen und Herren, das ist selbst für Sie und auch nach Adam Ries die Verlustsumme von 146 Milliarden Euro durch Nettozahlungen allein für die Jahre 1991 bis 2008. Wie man das als finanziellen oder selbst volkswirtschaftlichen Gewinn betrachten kann, ist mir schleierhaft.
Meine Damen und Herren, aus Sicht der NPD-Fraktion verbittet sich jeder Verweis auf die angeblich großzügige Förderung der Weiterbildungsschecks durch die EU! Jede Fraktion dieses Hauses ist selbstverständlich für berufliche Weiterbildung. Der Antrag der Koalitionsfraktionen richtet auch keinen politischen Schaden an. Er ist inhaltlich aber so dünn und dürftig – er hätte auch als Kleine Anfrage eingereicht werden können –, dass sich die NPD-Fraktion nur der Stimme enthalten kann.
Mit Herrn Gansel von der NPD-Fraktion sind wir am Ende der ersten Runde angekommen. Wir treten in eine zweite Runde ein. Für die einbringende Fraktion der CDU ergreift Herr Heidan das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Abgesehen vom letzten Redebeitrag, in dem wieder bei jeder Gelegenheit die antieuropäische Stimmung diskutiert wurde,
kann ich für die Opposition nur feststellen, dass Sie einfach einmal den Mut haben müssten, gute Dinge, die wir als Regierungskoalition auf den Weg gebracht haben, auch so zu benennen.
Ja. Herr Lichdi, Sie können es doch einfach einmal zugeben, dass es durchaus Dinge gibt, die sinnvoll erscheinen, die auch weiter ausgebaut werden können, die den sächsischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gut für ihre Weiterbildung zu Gesicht stehen und das unterstützen, was notwendig ist. Sie brauchen sich hier nicht so zu verrenken.
Die bestehenden Angebote des Bundes, Herr Brangs, haben Sie auch gänzlich vergessen – ich komme noch einmal darauf zurück.
Ich habe genau zugehört, Herr Brangs, was Sie gesagt haben. Deswegen brauchen Sie sich nicht so künstlich aufzuregen. Was sind Sie hier denn so aufgeregt, bei einem solch wichtigen Thema? Sie haben nur die halbe Wahrheit erzählt. Das ist doch der Punkt.
Herr Kind, warum der öffentliche Dienst nicht für die Weiterbildung prädestiniert werden sollte, wenn es Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gibt, die in Teilzeitbeschäftigung oder zeitlich begrenzt beschäftigt sind, erschließt sich mir nicht. Der vorliegende Antrag ist insofern für die Staatsregierung ein Prüfauftrag, noch einmal das herauszuarbeiten, was 2010 hier beschlossen wurde und was jetzt umgesetzt wird, und schafft auch weitere Möglichkeiten, Mittel noch breiter und effektiver einzusetzen.
Weiterbildung und Qualifizierung stehen in allererster Linie im Interesse des Arbeitnehmers – das haben Sie auch deutlich gesagt –, und die Weiterbildung trägt dafür Sorge, meine Damen und Herren, die Attraktivität am Arbeitsmarkt zu erhalten oder gar zu erhöhen und berufliche bzw. betriebliche Aufstiegsmöglichkeiten für den einzelnen Arbeitnehmer zu schaffen. Natürlich hat auch ein Unternehmen Interesse, seine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entsprechend zu qualifizieren und individuell weiterzubilden.
Ich will noch einmal die vielfältigen Möglichkeiten, die die Sachsen in Anspruch nehmen können – auch über den Weiterbildungsscheck –, deutlich machen. Da haben wir in erster Linie die Bildungsprämie für Angestellte und Selbstständige, die mindestens 15 Stunden in der Woche arbeiten. Die können die Bildungsprämie beantragen. Der Staat zahlt einen Zuschuss in Höhe von 50 % zu allen Weiterbildungen – maximal allerdings 500 Euro.
Der Bildungsgutschein: Hier trägt der Staat 100 % der Kosten für die Weiterbildung. Allerdings können das nur Arbeitslose in Anspruch nehmen, ähnlich einem Bildungsgutschein über die Agentur für Arbeit am Wohnort.
WeGebAU – hierzu hatte Herr Brangs schon etwas gesagt –, Weiterbildung der Geringqualifizierten und beschäftigter älterer Arbeitnehmer in Unternehmen, ist auch ein
Bundesprogramm. – Ja, es sind alles Bundesprogramme, die ich hier jetzt aufzähle. Jedoch müssen Sie bei einer solchen Debatte bzw. einer solchen Diskussion auch die
ganze Wahrheit sagen. Sie haben gesagt: Ja, der Weiterbildungsscheck ist gut, das ist alles in Ordnung; jedoch gibt es verschiedene Möglichkeiten der Weiterbildung.
Nein, das ist ja nicht schlecht. Und, Herr Brangs, Sie müssen einmal die ganze Wahrheit hier hören, die müssen Sie auch ertragen, und deswegen stehe ich jetzt noch einmal hier vorne. So sieht es aus.
Es gibt noch weitere Programme. Ich sage es Ihnen, auch wenn Sie es nicht hören wollen, aber Meister-BAföG gehört genauso dazu wie das Aufstiegsstipendium oder das Weiterbildungsstipendium. Da gibt es viele Möglichkeiten.
Aber zurück zu Sachsen, zu unserem Weiterbildungsscheck: Es ist ein Zuschuss. Und – es ist schon gesagt worden –: Er hat keine Obergrenze bezüglich der Zuschusshöhe, und er ist differenziert. 80 % der Weiterbildungskosten erhalten zum Beispiel Beschäftigte mit monatlichen Bruttoeinkommen von maximal 2 500 Euro im Hauptbeschäftigungsverhältnis. 60 % der Weiterbildungskosten erhalten Beschäftigte mit Bruttoeinkommen von mehr als 2 500 bis 4 150 Euro, wenn die Weiterbildungskosten mindestens 1 000 Euro betragen. Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt werden: Ältere Beschäftigte – also über 50 Jahre –, in Teilzeit Beschäftigte oder in Leiharbeit befindliche Beschäftigte oder der Erwerb eines akademischen Abschlusses berechtigen auch, den Weiterbildungsscheck in Anspruch zu nehmen.
Es ist hier bereits gesagt worden, ich will das noch einmal deutlich machen: Zielsetzung des Weiterbildungsschecks ist, an die Eigenverantwortung und Solidarität des Steuerzahlers, also des Staates, zu erinnern. Wir wollen mit diesem Weiterbildungsscheck die Reduzierung der Mitnahmeeffekte auf ein Minimum begrenzen. Das haben wir, denke ich, durchaus erfüllt.
Der Weiterbildungsscheck ist unbürokratisch, auch wenn das hier anders dargestellt wurde. Wir verfolgen mit dem Weiterbildungsscheck die Zielsetzung, das auch auf andere Berufsgruppen auszudehnen, weil sich unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den nächsten Jahren flexibel im Arbeitsmarkt bewegen müssen. Das kennen wir, und das wissen wir. Es gibt keinen Arbeitsplatz mehr, der 40 Jahre den täglichen Weg zur Arbeit beschreibt, sondern unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen flexibel sein. Das sind sie auch. Das sind gerade die Menschen aus Sachsen in ausreichendem Maße gewohnt. Da haben sie auch sehr viel in den letzten Jahren gemacht. Mit der Möglichkeit des Weiterbildungsschecks wollen wir das unterstützen. Das tun wir auch. Deswegen bitten wir um Ihre Zustimmung.
Gibt es nach Herrn Heidan für die einbringende CDU-Fraktion noch weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Damit hat die Staatsregierung das Wort. Bitte, Herr Staatsminister Morlok.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat: Wenn man sich die entsprechenden Fördersummen und auch die entsprechenden bewilligten Anträge anschaut – ich werde in meinen Ausführungen noch im Einzelnen darauf eingehen –, stellt man fest, dass der Weiterbildungsscheck ein wichtiges Erfolgsmodell hier im Freistaat Sachsen ist.
Gestatten Sie mir jedoch, dass ich das zu Beginn meiner Ausführungen in einem etwas größeren Zusammenhang darstelle. Herr Kollege Jennerjahn hat mit Recht auf das Thema Fachkräfte im Freistaat Sachsen hingewiesen. Wir haben die Situation, dass wir in den nächsten Jahren die großen Altersabgänge aus den Unternehmen haben werden, ohne dass wir zusätzliche Schulabgänger bekommen. Hier wird sich die Entwicklung der letzten beiden Jahre fortsetzen. Deswegen müssen wir auf das Thema Fachkräfte im Freistaat Sachsen unser besonderes Augenmerk richten; Sie haben die Fachkräftestrategie in diesem Zusammenhang bereits angesprochen.
Es gibt eine Vielzahl an Instrumenten, an Stellschrauben, an denen wir in diesem Zusammenhang drehen müssen. Ein Thema ist das der Zuwanderung, qualifizierte Menschen für den Freistaat Sachsen zu interessieren. Ich freue mich sehr, dass es gelungen ist, mit dem Kollegen Ulbig, der hierbei die Federführung übernommen hat, wichtige Impulse bei der Gesetzesänderung auf der deutschen Ebene zu setzen.
Es ist ebenso gelungen, die Abwanderung aus dem Freistaat Sachsen zu stoppen. Im Gegenteil: Wir haben inzwischen Zuwanderung im Freistaat Sachsen. Über 10 000 Menschen zusätzlich betrug der Wanderungssaldo allein im letzten Jahr. Besonders erfreulich ist, dass es insbesondere junge Menschen sind, auch Familien mit Kindern, die zu uns in den Freistaat Sachsen kommen.
Ein weiteres wichtiges Spielfeld in dem Zusammenhang ist die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, um mehr Eltern den Beruf neben der Kindererziehung zu ermöglichen. Die Initiativen der Staatsregierung hinsichtlich flexibler Kita-Öffnungszeiten sind dafür ein entsprechender Beitrag.
Wir wissen aber auch, dass es eine ganze Reihe von ausländischen Mitbürgern gibt, die in Deutschland leben und denen ihre Abschlüsse, die sie im Ausland erworben haben, in Deutschland nicht oder nur mit Schwierigkeiten anerkannt worden sind. Hier gab es auf der Bundesebene die entsprechende Gesetzesänderung. Der Freistaat Sachsen war unter der Federführung unserer Kultusministerin einer der Ersten, der diese Anerkennung auch in Landesrecht umgesetzt hat.
Sie sehen, es gibt eine ganze Reihe von Bausteinen, wie wir dem Thema Fachkräfte begegnen. Das Thema Weiterbildung ist einer dieser Bausteine. Darauf möchte ich jetzt näher eingehen.
Wir haben schon einen Paradigmenwechsel durch die Einführung des Weiterbildungsschecks vorgenommen. Wir haben tatsächlich die Nachfrage gestärkt. Wir haben die einzelnen Arbeitnehmer als Nachfrager nach Weiterbildung gestärkt, indem wir ihnen die finanziellen Möglichkeiten gegeben haben, auch als Nachfrager aufzutreten und sich das Weiterbildungsangebot zu besorgen, das für ihre persönliche Situation das richtige ist.
Das unterscheidet den Weiterbildungsscheck von der vorhergehenden Förderung, bei der der Bildungsträger gefördert wurde, bei der die Ausbildung meist kostenlos war, man einfach einmal hinging, weil es etwas gab, was kostenlos war. Das, was wir jetzt haben, orientiert sich an den Bedürfnissen der Arbeitnehmer im Freistaat Sachsen, und das ist der entscheidende Vorteil.