Protocol of the Session on March 14, 2013

(Beifall bei der SPD und den LINKEN)

Vielen Dank, Herr Jurk. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Herr Abg. Weichert. Bitte, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Wiederaufnahme der bergbaulichen Tätigkeit zum Zwecke der Rohstoffgewinnung trifft bei den Menschen im Erzgebirge überwiegend auf Zustimmung. Das ist kein Wunder, denn das Erzgebirge ist seit mehr als 800 Jahren eine Region mit intensiver Bergbautätigkeit. Sie ist bis heute das identitätsstiftende Moment für große Teile der einheimischen Bevölkerung und eine der wichtigsten Grundlagen erzgebirgischer Tradition, Kultur und Wirtschaft.

Die Menschen hegen große Erwartungen und Hoffnungen auf positive wirtschaftliche Impulse und neue Arbeitsplätze. Folgerichtig hat die Staatsregierung darauf reagiert und eine Rohstoffstrategie für den Freistaat vorgelegt. Nun bekommt sie dafür von der Koalition in Punkt 1 des vorliegenden Antrages Anerkennung, um dann in Punkt 2b gleich gezeigt zu bekommen, dass die Rohstoffstrategie keineswegs vorbildlich, sondern zu lückenhaft ist. Dabei ist der Koalitionsantrag viel schlechter als die Strategie. Es ist keine Kunst, den Text fast wörtlich aus dem Anhörungsprotokoll zur Rohstoffstrategie abzuschreiben. Daraus nur die Wirtschaftssicht herauszuklauen, ist fast schon sträflich, meine Damen und Herren.

Werte Kolleginnen und Kollegen der Koalition! Die Industrie- und Handelskammern sowie einzelne Unternehmen dürfen, ja müssen parteiisch sein. Ihnen kann man mehr Differenzierung abverlangen. Was Sie mit diesem Antrag geliefert haben, ist an Einseitigkeit kaum zu übertreffen. Wer in jedem zweiten Satz davon redet, wie man Investoren das Ausbeuten sächsischer Lagerstät

ten erleichtern kann, hat den Sinn einer Rohstoffstrategie nicht verstanden.

(Beifall bei den LINKEN und des Abg. Alexander Delle, NPD)

Es wäre besser gewesen, Sie hätten den Antrag der Linksfraktion genommen und daraus ein bisschen abgeschrieben. Er ist nämlich wesentlich differenzierter als Ihr Papier, in dem es nur um wirtschaftliche Nutzung, aber nie um Güterabwägung geht. Ihre Politik lässt darauf schließen, dass Sie gar nicht wissen, was ich meine. Ich will es Ihnen erklären. Wo zwei oder mehr gleichwertige Güter nicht gleichzeitig verwirklicht werden können und somit eine Kollision vorliegt, muss eine Abwägung stattfinden. Das setzt voraus, dass man die Scheuklappen absetzt und einen Gegenstand von mehreren Seiten betrachtet. Hätten Sie das gemacht, wäre Ihnen vielleicht aufgefallen, dass die sächsische Rohstoffstrategie in vielerlei Hinsicht unvollständig ist. So fehlt beispielsweise die Auseinandersetzung mit der Frage: Was wollen wir eigentlich nicht abbauen, sondern aufheben? Koalition und Staatsregierung entfachen allenfalls ein Strohfeuer. Nachhaltig ist das nicht.

Je nach Bodenschatz sind die Vorkommen nach einigen Jahren ausgebeutet und es bleibt schlicht nichts übrig. Rohstoffsicherheit wird so ganz sicher nicht garantiert. Ohne korrigierende Eingriffe klaffen privatwirtschaftliches und soziales Optimum bei der Nutzung natürlicher Ressourcen auseinander. Deshalb muss der Staat einen Ordnungsrahmen setzen, um den Ressourcenverbrauch an das soziale Optimum anzunähern.

Meine Damen und Herren! Ungeklärt bleibt auch die Frage, inwieweit die genehmigten und die beantragten Vorhaben konfliktfrei zu den raumordnerischen Planungen der verschiedenen Verwaltungsebenen stehen. Im Rohstoffkatalog des SMWA lassen sich schon Konfliktlinien ausmachen. Ein Teil der Vorkommen befindet sich in Plangebieten mit Schutzstatus. Darüber hinaus haben im Katalog ausgewiesene Rohstoffstandorte naturschutzrechtlichen Schutzstatus. Darüber können Sie nicht einfach hinweggehen.

Meine Damen und Herren! Ein paar Worte zur Braunkohle. Das Ziel, Braunkohle irgendwann in der Zukunft nicht mehr thermisch, sondern stofflich zu verwerten, ist richtig. Mit Ihrer aktuellen Politik des Ausbaus der Verstromung konterkariert die Staatsregierung dieses Ziel jedoch. Bei der Stromerzeugung aus Braunkohle fallen die höchsten CO2-Emissionen je erzeugter Kilowattstunde an. Mit jeder verbrannten Tonne Braunkohle steht nicht nur eine Tonne weniger für die stoffliche Verwertung zur Verfügung, es wird auch mehr als eine Tonne CO2 in die Atmosphäre abgegeben. Jede zehnte Kilowattstunde wird für den Eigenbedarf des Kraftwerkes produziert. Braunkohlekraftwerke verursachen circa 60 % der sächsischen Treibhausgasemissionen. Sachsens Pro-Kopf-CO2

Emission liegt bei über 13 Tonnen, einer der Höchstwerte weltweit.

Meine Damen und Herren! Eine Rohstoffstrategie muss sich damit kritisch auseinandersetzen und Wege aufzeigen, wie der Ausstieg aus der Braunkohleverstromung gelingen kann. Die Norweger zeigen, wie man es machen kann. Sie haben einen Nachhaltigkeitsfonds für die Einnahmen aus Öl und Gas aufgelegt. 2013 werden rund 40 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert. Über 20 Jahre würden bei einem konservativen Zinssatz von 3 % im Jahr 2030 in Sachsen rund 250 Millionen Euro für die Zeit nach dem Ausstieg zur Verfügung stehen, wenn der Rohstoff endlich mit einer Förderabgabe belegt würde.

Ein Teil der Millionengewinne von Vattenfall und Mibrag würde endlich im Lande bleiben und könnte genutzt werden, um die Wirtschaft in den Kohlegebieten auf ein zukünftig tragfähiges Fundament zu stellen. Sie sollten meines Erachtens damit beginnen, die Ausgangslage ehrlich darzustellen. Die Behauptung, Braunkohle sei der einzige subventionsfreie Energieträger und deshalb sehr günstig, wird nicht wahrer, nur weil man sie ständig wiederholt.

(Vereinzelt Beifall bei den GRÜNEN)

Die externen Kosten durch Umweltzerstörung, Grundwasserentnahme, Klimafolgeschäden oder Luftver

schmutzung preisen Sie nämlich nicht mit ein. Allein die Klimafolgeschäden belaufen sich laut Umweltbundesamt für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg auf 5 Milliarden Euro im Jahr. Braunkohle ist auch nicht subventionsfrei. Die Konzerne zahlen weder eine Förderabgabe noch eine Abgabe für Grundwasserentnahme. Auch die Emissionszertifikate bekommen sie bisher zum großen Teil geschenkt. 600 Millionen Euro verschenkt der Staat in den drei genannten Bundesländern jährlich. Dieses Geld könnten wir gebrauchen, um den ländlichen Raum zu entwickeln, anstatt ihn wegzubaggern.

Aber Sie flunkern noch weiter. In der Rohstoffstrategie ist von deutschlandweit 86 000 Arbeitsplätzen die Rede, laut dem Bundesverband Braunkohle sind es aber nur 24 400. Wen haben Sie denn da alles dazugezählt? Das ist doch so, als würden Sie die Straßenbauarbeiter der Automobilindustrie zuschlagen. Hier fehlt Seriosität und Glaubwürdigkeit.

Ich fasse zusammen. Die Rohstoffstrategie ist notwendig. Eine Fortschreibung sollte selbstverständlich sein. Die im Antrag der Koalition genannten Kriterien sind einseitig und damit unvollständig. Deshalb können wir diesem Antrag nicht zustimmen.

(Vereinzelt Beifall bei den GRÜNEN)

Das war Herr Weichert für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. – Nun die NPD-Fraktion; Herr Abg. Delle, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, man ist schon erstaunt, in welcher Form die Koalitionsfraktionen dem Hohen Hause manchmal ihre Anträge unterjubeln möchten. Der vorliegende Antrag ist mal wieder ein gutes bzw. – besser

gesagt – schlechtes Beispiel dafür. Da listen CDU und FDP unter Punkt 2 verschiedene Aspekte auf, die darauf abzielen, die sogenannte Rohstoffstrategie der Staatsregierung weiter zu optimieren bzw. fortzuentwickeln, wie es in der Überschrift heißt, fordern uns aber gleichzeitig in Punkt 1 auf, die Rohstoffstrategie in ihrer jetzigen Form erst einmal zu begrüßen, das heißt, ihr grundsätzlich zuzustimmen. Formell und logisch gesehen ist dies – ich sage es mal vorsichtig – eine ungewöhnliche Vorgehensweise. Sie zeigt aber einmal mehr, wie wenig die beiden herrschenden Kartellparteien das Parlament und somit die viel gerühmte sächsische Demokratie ernst nehmen.

Eben weil wir der sogenannten Rohstoffstrategie der Staatsregierung nicht zustimmen bzw. diese nicht begrüßen können, um bei Ihrer Schönwetterrhetorik zu bleiben, da sie keine Strategie ist, können wir dem vorliegenden Antrag auch nicht zustimmen, obwohl der zweite Punkt durchaus interessante Aspekte enthält. Wir werden uns also der Stimme enthalten.

Die sogenannte sächsische Rohstoffstrategie ist ein unvollständiges Stückwerk, weil zahlreiche wichtige strukturelle Daten und Aussagen, zum Beispiel zum Zeitfenster der Umsetzung oder zum Finanzbedarf, komplett fehlen.

Damit ist sie in weiten Teilen mehr eine Absichtserklärung, bei Weitem keine Strategie. Sie folgt aber – wie so vieles aus dem Hause Tillich & Co – wieder einmal vornehmlich den ökonomischen Interessen der Großindustrie und passt damit gut in die neoliberale Gesamtkonzeption dieser Staatsregierung.

Rohstoffstrategie bedeutet für uns Nationaldemokraten hingegen die Sicherung und den Schutz der eigenen Ressourcen bei gleichzeitiger Schonung unserer Lebensgrundlagen, also die sinnvolle Verzahnung von Ökonomie und Ökologie. Rohstoffstrategie heißt nicht zuletzt auch die Erhebung einer umfassenden Förder- und Feldesabgabe, die als Voraussetzung für das Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten von Bodenschätzen zu entrichten ist.

Dieses Thema ist – das wissen Sie – schon seit vielen Jahren ein wichtiges Anliegen der NPD-Fraktion, doch die Staatsregierung weigert sich beharrlich vor allem aus Rücksicht auf die FDP, die Befreiung der Braunkohle von der Förderabgabe abzuschaffen. Schon immer war es ein Bestandteil der bergbaulichen Tradition, die Schätze des Bodens für das eigene Land nutzbar zu machen. Diese Möglichkeit gilt es zu nutzen und entsprechende Abgaben zum Wohle der Allgemeinheit zu erheben. Die Staatsregierung hat hingegen nur das Konzerninteresse im Auge und sieht sich als Lobby der Großindustrie und der kapitalintensiven Unternehmen, statt den heimischen Mittelstand zu fördern und die Bürgerinnen und Bürger an den Gewinnen zu beteiligen.

Nicht nur deshalb stehen wir als NPD-Fraktion auch dem vorliegenden Antrag sehr reserviert gegenüber und werden uns, wie gesagt, enthalten.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde. Gibt es Redebedarf für eine zweite? – Für die CDU-Fraktion Herr Abg. Krauß. Bitte sehr, Herr Krauß; Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte gern auf die verschiedenen Redebeiträge eingehen.

Ich möchte bei den LINKEN anfangen, die gesagt haben, die Koalition leide an Größenwahn, und alles, was im Bergbau des Freistaates Sachsen geschehe, habe man einzig und allein Frau Pinka zu verdanken. Das war die Botschaft des Redebeitrags. Da habe ich mir schon ein bisschen an den Kopf gegriffen und mich gefragt, in welcher Welt hier eigentlich wer lebt und wer hier an Größenwahn leidet, zumal wenn noch von den „Impulsgebern“ usw. gesprochen wird.

Also, Entschuldigung, mich kotzen diese Reden, ehrlich gesagt, immer an, wenn so getan wird, als ob eine einzige Frau die Weisheit mit Löffeln gefressen habe. Es ist bei jeder Bergbaurede so, dass Frau Pinka so tut, als ob sie Schüler vor sich habe, die sie herunterputzen muss, und als ob nur sie die Weisheit mit Löffeln gefressen habe.

(Lebhafter Widerspruch bei den LINKEN)

Jetzt ist sie gar nicht mehr da. Wer weiß, was sie gerade macht.

(Zuruf der Abg. Dr. Jana Pinka, DIE LINKE)

Um es ganz deutlich zu sagen: Man sollte, wenn man über Größenwahn spricht, sich auch selbst ein bisschen befragen.

Kommen wir zur Rohstoffstrategie. Wir sind hier Vorreiter, wir sind hier führend, wir sind ein deutschlandweites Beispiel. Was macht denn Brandenburg, wo die LINKEN mitregieren? Was ist denn dort die Bergbaustrategie? Dürfte ich das einmal wissen?

(Zuruf der Abg. Dr. Jana Pinka, DIE LINKE)

Frau Pinka hat doch die Weisheit mit Löffeln gefressen. Hat sie das denn einmal an ihre Brandenburger Kollegen weitergegeben oder vielleicht die Bergbaustrategie auch für die Brandenburger beschrieben? Das wäre doch auch ganz schön. Wenn Sie sagen, das sei kein großer Wurf, aber dort, wo Sie selbst regieren, keine Bergbaustrategie vorlegen können, frage ich mich schon, ob Sie das Recht haben, hier groß zu kritisieren.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Kommen wir zu den Entgelten der Archivnutzung. Das klingt ja schön: Jetzt muss man denen mal in die Taschen greifen, und die sollen mal schön bezahlen. Wir sollten uns aber auch anschauen, wo die Archive sind. Das sind nicht nur Archive des Freistaates Sachsen, sondern zum Teil auch Unternehmensarchive, auf die wir gar keinen Zugriff haben. Da kann man doch nicht sagen, wenn man

zur Wismut geht, muss man dafür etwas bezahlen. Das funktioniert doch nicht.

Die Förder- und Feldesabgabe ist auch an verschiedenen Stellen angesprochen worden. Erst einmal die Unterscheidung: Wir haben bei verschiedenen Tagebauen Verträge, die dazu führen, dass man dort gar keine Förder- und Feldesabgabe erheben kann, ob man das möchte oder nicht. Der Staatsminister hat im Wirtschaftsausschuss berichtet, dass es eventuell im Falle eines Rechtsstreits beispielsweise mit der MIBRAG die Möglichkeit gebe, eine Förderabgabe für die Tagebauerweiterung Vereinigtes Schleenhain zu erheben, womit man insgesamt eine Förderabgabe von 10 Millionen Euro erzielen würde, aber 9 Millionen Euro weniger aus dem Länderfinanzausgleich bekäme. Das war die Aussage. Gleichzeitig wissen wir, dass dann die Steuereinnahmen bei den betreffenden Kommunen auch deutlich sinken würden. Es würde sich also nicht lohnen. Das ist die Feststellung, die man dazu treffen muss.

Wenn wir den Erzbergbau befördern wollen – und das wollen wir –, stellt sich doch die Frage, ob man auf der einen Seite Abgaben erheben und auf der anderen Seite befördern will. Das funktioniert doch nicht. Wenn wir den Bergbau befördern möchten – und das möchten wir, wir wissen, dass es mit dem Bergbau gerade erst wieder begonnen hat, wir haben in Niederschlag das erste Bergwerk –, sollten wir vielleicht etwas warten. Das heißt ja nicht, dass man in fünf Jahren nicht eine Förderabgabe erheben kann.

Herr Krauß, Sie gestatten eine Zwischenfrage?

Ja, bitte schön.

Frau Dr. Pinka.