Wir können also jetzt in der Rednerreihe fortfahren. Gibt es bei der SPD Redebedarf? – Das ist nicht der Fall. Als Nächstes hat die FDP das Wort. Für die FDP-Fraktion ergreift jetzt Herr Kollege Prof. Dr. Schmalfuß das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ohne die Solidarität und Unterstützung der Europäischen Union in den vergangenen Jahren würde der Freistaat Sachsen nicht dort stehen, wo er heute ist.
Die Europäische Union hat mit ihrem enormen finanziellen Engagement seit 1990 in Höhe von deutlich mehr als 10 Milliarden Euro einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau des Freistaates Sachsen geleistet. Der künftige Finanzrahmen unterstützt auch weiterhin unsere Bemühungen um Wachstum, Beschäftigung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Freistaates Sachsen.
Dass dies so ist, meine Damen und Herren, verdanken wir auch dem unermüdlichen Engagement, dem Durchsetzungsvermögen des Sächsischen Staatsministers der Justiz und für Europa, Herrn Dr. Jürgen Martens. Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, Herrn Dr. Martens im Namen der FDP-Fraktion und natürlich auch persönlich für sein herausragendes Engagement im Rahmen der Verhandlungen für die neue Strukturfondsperiode zu danken.
(Uta-Verena Meiwald, DIE LINKE, steht am Mikrofon. – Unruhe im Saal – Dr. Johannes Müller, NPD: Langsam wird es peinlich!)
Nein, Herr Präsident, im Moment nicht. Ich habe die Debatte verfolgt, und alle Fragen sind hier bisher mehr als ausführlich diskutiert worden.
(Beifall bei der FDP und der CDU – Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE: Warum sprechen Sie dann noch?!)
Hat der Freistaat Sachsen in der aktuellen Förderperiode 2007 bis 2013 insgesamt etwa 4 Milliarden Euro aus dem Europäischen Sozialfonds und dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung erhalten, werden wir in der kommenden Förderperiode nach derzeitigem Stand etwa 2,6 Milliarden Euro erhalten. Dieses Volumen entspricht in etwa zwei Dritteln der bisherigen Förderung.
Betrachtet man die Erwartungen und Spekulationen der vergangenen Jahre, können wir mit dem jetzt verhandelten Ergebnis sehr zufrieden sein. Zeitweise, meine Damen und Herren, stand sogar im Raum, dass wir lediglich 50 % der bisherigen Mittel erhalten sollten.
Meine Damen und Herren! Wir werden uns auf diesem positiven Verhandlungsergebnis aber nicht ausruhen. Wir müssen den Freistaat Sachsen fit machen für die Zukunft.
Ab dem Jahr 2020 werden wir in Bezug auf die finanziellen Zuflüsse von außen andere Bedingungen vorfinden als heute. Darauf werden wir uns vorbereiten.
Nicht nur dass der Solidarpakt II ausläuft, auch die Mittel der Europäischen Union werden ab dem Jahr 2020 nicht mehr in dem Umfang nach Sachsen fließen, wie dies selbst in der kommenden Förderperiode noch der Fall sein wird. Darüber hinaus steht aus meiner Sicht auch in den Sternen, wie der neue Länderfinanzausgleich ausgestaltet sein wird. Wir werden also nicht umhinkommen, einen größeren Anteil der Ausgaben mit eigenen Einnahmen zu decken. Dies ist uns bereits heute bewusst und deshalb Richtschnur des politischen Handelns der CDU/FDPKoalition.
Ausdruck dafür, meine Damen und Herren, ist die geplante Verankerung des Neuverschuldungsverbots in der Sächsischen Verfassung. Wir stehen für Solidität und wollen uns Gestaltungsspielräume als bürgerliche Koalition auch nach dem Jahr 2020 erhalten.
An dieser Stelle möchte ich positiv hervorheben, dass der vorgelegte Finanzrahmen – anders als erste Vorlagen vermuten ließen – keine wesentlichen Steigerungen enthält. Dieses positive Signal an die Mitgliedsstaaten, ihre Konsolidierungsbemühungen fortzusetzen, ist unter den derzeitigen Bedingungen nicht hoch genug zu bewerten.
Meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass die Europäische Union diesem Anspruch auch weiterhin gerecht wird. Im nächsten Schritt gilt es, die operationellen Programme gemeinsam mit der Staatsregierung zu gestalten. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass die künftige Verwendung der Fördermittel dazu beitragen wird, den Freistaat Sachsen weiter voranzubringen. Das Hauptaugenmerk, meine Damen und Herren, sollte dabei auf Investitionen in unsere Infrastruktur sowie Investitionen in Bildung, Forschung und Entwicklung liegen.
(Beifall bei der FDP, der CDU und der Staatsregierung – Uta-Verena Meiwald, DIE LINKE, steht am Mikrofon.)
Herr Prof. Schmalfuß sprach für die FDP-Fraktion. Jetzt wird eine Kurzintervention an Mikrofon 1 vorgetragen.
Ja, vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Prof. Schmalfuß, Sie hatten leider nicht zugelassen, dass ich eine Zwischenfrage stelle. Wir haben jetzt zwei Stunden über einen Kompromiss des EURates verhandelt. Vor wenigen Minuten hat das EUParlament diesen Kompromissvorschlag abgelehnt. Das ist unter anderem auch darin begründet, dass ihm der Rahmen nicht ausreicht. Wenn Sie sagen, Herr
Prof. Schmalfuß, dass Sie es toll finden, dass es keine Steigerung im Vergleich zum Mehrjährigen Finanzrahmen
beim letzten Mal gegeben hat, ist das Augenwischerei. Wir wissen genau, dass ab Juni 2013 Kroatien dazukommt, wir also einen Mitgliedsstaat mehr haben und eigentlich auch mehr Mittel bräuchten.
Insofern hätte ich Sie vorhin gern gefragt, was Sie davon halten, dass wir jetzt über etwas diskutieren, das in dem Augenblick hinfällig ist. Aber Sie hatten die Frage leider nicht zugelassen.
Die Fraktionen GRÜNE und NPD haben keine nennenswerte Redezeit mehr. Wir könnten in eine dritte Runde eintreten. DIE LINKE hat noch etwas Redezeit. – Das sehe ich nicht. Ich sehe keinen weiteren Redebedarf bei der CDU-Fraktion. Alle anderen Redezeiten sind verbraucht.
Die Staatsregierung möchte das Wort ergreifen. Bitte, Herr Staatsminister Martens; Ihnen ist das Wort erteilt.
Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten betrifft in der Tat den Mehrjährigen Finanzrahmen aufgrund eines Beschlusses des Europäischen Rates vom Februar, und sie sichert Sachsen eine gute Zukunft. Zur Frage, was das Parlament heute beschließt, werde ich nachher noch das Notwendige sagen, da es offensichtlich im Haus gewisse Fehlvorstellungen davon gibt, worüber das Parlament heute beschließt.
Vorweg lassen Sie mich für die Staatsregierung hier eines noch einmal klarstellen: Es wird in der Diskussion um die Europäische Union immer wieder – jedenfalls vonseiten einer Fraktion – versucht, das Thema zu vergiften und in falscher Weise mit falschen Behauptungen und falschen Zahlen den europäischen Gedanken zu diskreditieren. Das sind wir von anderen Themen her gewöhnt: Die Deutschen sterben aus. Der Ausländer an sich ist kriminell. Wenn irgendwo eine Moschee gebaut wird, heißt es, das ist das Zeichen dafür, dass der Taliban unmittelbar vor der Machtübernahme in Deutschland steht.
So dienen dann auch die Strukturfonds nach Ansicht der NPD ausschließlich der Finanzierung der organisierten Kriminalität.
Der Ministerpräsident hat eingangs in der Regierungserklärung bereits klargestellt: Es sind über 40 000 Projekte, die allein in Sachsen mit den Strukturfonds finanziert wurden. Das sind Altenpflegeheime, Schulen, Kindergärten. Die werden von der Volksolidarität, der Diakonie, der Caritas, den Gemeinden und nicht von der Camorra betrieben, meine Damen und Herren!
Ein Argument, das hier auch immer wieder verwendet wird, ist die Frage des Nettozahlers. Deutschland wird ausgeplündert,
Deutschland hat im Jahr 2011 19,6 Milliarden Euro in den EU-Haushalt eingezahlt und Zahlungen von 10,67 Milliarden Euro erhalten. Aber dazu kommt, dass Deutschland aufgrund seiner Stärke, seiner wirtschaftlichen Lage mittelbar in großem Umfang von den Zahlungen in andere Mitgliedsstaaten profitiert.
So flossen etwa von den Fördermitteln, die zum Beispiel Polen aus den Strukturfonds erhalten hat, von jedem Euro rund 80 Cent wieder nach Deutschland zurück und kamen
der hiesigen Wirtschaft insbesondere im Investitionsgüterbereich zugute; denn die für die Investitionen verwendeten Maschinen, Baumaschinen, Lastwagen, Investitionsgüter und andere werden nun einmal zum großen Teil von Polen aus Deutschland bezogen. Bei dieser Mittelverteilung wären das rund 7,5 Milliarden Euro im Jahr 2011 gewesen.
In Ostdeutschland hat die EU-Förderung jährlich eine Steigerung des Bruttoinlandsproduktes um 0,4 % bewirkt und die Erwerbstätigkeit damit pro Jahr um 0,2 % gesteigert. Das sind 15 000 Erwerbstätige und Arbeitsplätze in jedem Jahr, die mit EU-Mitteln in Ostdeutschland geschaffen worden sind.
Jeder Euro Strukturfondsförderung hat in Ostdeutschland eine Rendite von 1,85 Euro erbracht. Meine Damen und Herren! Das ist eine sehr beachtenswerte und, wie ich finde, auch anerkennungswürdige Leistung.
Sachsen profitiert besonders von der EU. Es ist immer wieder gesagt worden: In der laufenden Förderperiode hat Sachsen allein aus den Strukturfonds 4 Milliarden Euro erhalten. Dazu kommen die Zahlungen aus der Forschungsförderung in den Jahren von 2002 bis 2013 in Höhe von rund 280 Millionen Euro.
Die EU-Förderung bewirkt, dass die Produktivität der Forschung und Entwicklung betreibenden Unternehmen seit dem Jahr 2004 um 7 % gestiegen ist. Diese Unternehmen erwirtschaften 20 % des Industrieumsatzes in Sachsen.
Daneben gibt es weitere Vorteile der Europäischen Union, die sie nicht einmal im Ansatz erkennen, geschweige denn anerkennen.
Einheitliche Produktnormen stellen sicher, dass sächsische Produkte überall in der EU verkauft werden können. Durch eine einheitliche Währung haben wir zumindest in der Eurozone kein Währungsrisiko. Zollschranken existieren im weltweit größten Binnenmarkt mit 450 Millionen Verbrauchern nicht. Die Niederlassungsfreiheit für unsere Unternehmen macht es möglich, auch in den Nachbarländern Niederlassungen und Arbeitsplätze zu schaffen.