pflicht. Wenn sich ganz aktuell Bürgerinnen und Bürger darüber beschweren, dass die neue Beitragseinzugspraxis nicht transparent ist und bei dem einen schon für ein ganzes Jahr abgebucht wird, bei dem anderen doch nur für einen Monat, dann sage ich dem neuen Beitragsservice: Macht euren Job transparenter, erklärt den Leuten, warum ihr Beiträge in welcher Höhe und wie oft ihr sie einzieht! Nehmt diese Kritik ernst, denn die Akzeptanz des neuen Beitragsmodells hängt gerade von der Seriosität der Einzugspraxis schon in den ersten Monaten ab.
Wer unter den Zuschauern Fragen zu den neuen Regelungen hat, kann sich auch an die regionale Servicestelle des MDR wenden, denn diese ist in einer ganz besonderen Pflicht, die neuen Regelungen zu erklären. Trotzdem ist die prinzipielle Struktur einer unabhängigen Stelle für die Beitragserhebung richtig und notwendig.
Wenn mein Vorredner sagt, der Beitragsservice müsse komplett abgeschafft werden, dann muss ich ihm sagen, dass eine staatsferne Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks in Deutschland eben auch durch eine unabhängige Institution wie den Beitragsservice erreicht wird. Diese Systematik hat ihre Ursachen. Es sind neben den auch heute noch grundsätzlich richtigen Erwägungen der Staatsferne des Rundfunks und der Unabhängigkeit der Berichterstattung insbesondere in unserem pluralistischen, demokratischen Staatswesen gerade die Erfahrungen mit dem Rundfunk in Deutschland zu einer Zeit gewesen, als dieses Medium noch in den Kinderschuhen steckte und doch schon in den ersten Jahren seiner Existenz benutzt, missbraucht und zur Verblendung eines ganzen Volkes instrumentalisiert wurde.
Wenn die NPD-Fraktion als Antragstellerin in dieser Debatte die Eindampfung des – wie sie sagt – Staatsfunks fordert, dann ist das vor allem ein Angriff auf den unabhängigen Rundfunk in Deutschland.
Sie bewegen sich damit ganz in der Tradition Ihrer geistigen Väter. Erst haben sie die Rundfunkstrukturen angegriffen, dann haben sie die Sender gleichgeschaltet und schließlich mithilfe des Rundfunks als Propagandainstrument den Menschen in Europa und in Deutschland Leid und Unglück gebracht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dieser Debatte zeigt die NPD-Fraktion vor allem eines: dass sie an einem funktionierenden, unabhängigen Rundfunk in Deutschland kein Interesse hat.
Das war für die CDUFraktion der Abg. Gemkow. Jetzt sehe ich am Mikrofon 7 Herrn Gansel, der eine Kurzintervention vortragen möchte.
So ist es, Herr Präsident. Ich möchte auf meinen Vorredner eingehen. Ich bin positiv überrascht gewesen vom sachlichen Anfang von Herrn Gemkows Ausführungen, aber es glitt nach zwei bis drei Minuten doch ins Politsatirische und hochgradig Polemische ab. Herr Gemkow, wir haben sicher eine andere Wahrnehmung als Sie, aber von der objektiven Unabhängigkeit des Staatsfunks kann nun wirklich keine Rede sein. Man muss nur mal daran denken, nach welchem Proporzsystem zum Beispiel die Rundfunkräte besetzt werden. Da geht es nach Parteienproporz, da geht es um die Berücksichtigung sogenannter und angeblich gesellschaftlich relevanter Kräfte, die dort ihre jeweilige Klientelpolitik durchdrücken und die vor allem das massenmedial vermitteln, was das Establishment in Berlin, Dresden und anderswo für gegeben und wichtig hält. Insofern ist die Behauptung einer Unabhängigkeit des journalistischen Programms der Öffentlich-Rechtlichen eine Farce.
Ich hätte mir von Ihnen als Leipziger Abgeordneten gewünscht, dass Sie vielleicht auf das Gutachten des Leipziger Verfassungsrechtlers Degenhardt eingegangen wären, der gerade von der CDU-Fraktion sehr gern als Sachverständiger in den Landtag eingeladen wird. Ausgerechnet Herr Degenhardt hat festgestellt, dass die GEZStruktur, wie sie jetzt neu beschlossen wurde, verfassungswidrig ist, weil sie de facto Steuercharakter hat. Insofern freuen wir uns als NPD-Fraktion schon darauf, dass vonseiten vieler Verfassungs- und Staatsrechtler dieses verlumpte GEZ-System noch einmal einer Grundsatzüberprüfung unterzogen wird. Ich finde es schade, dass ausgerechnet Sie als Leipziger Abgeordneter auf dieses Gutachten von Herrn Degenhardt nicht eingegangen sind.
Das war eine Kurzintervention des Abg. Gansel. Jetzt bestünde die Möglichkeit einer Reaktion von Herrn Gemkow. – Das wird nicht angestrebt. Wir können also in unserer Rednerreihe fortfahren. Das Wort ergreift für die SPD-Fraktion der Abg. Panter.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt sicherlich viele Punkte, wo die Opposition sich mit einer Koalition in Sachthemen auseinandersetzen kann. Ich könnte auch als SPD-Abgeordneter mit dem Kollegen Herbst über die Medienpolitik trefflich streiten. Das will ich aber heute nicht tun, denn wir werden heute nicht über das Stöckchen springen, das uns die NPD-Fraktion hinhält. Wir werden uns nicht an einem Sachthema entzweien, denn die NPD mag zwar eine zugelassene Partei sein, die NPD mag zwar in den Landtag gewählt sein, die NPD mag auch das Recht haben, eine Aktuelle Debatte über dieses
Thema anzustrengen. Aber nur weil die NPD demokratisch gewählt ist, heißt es noch lange nicht, dass die NPD eine demokratische Partei ist.
(Beifall bei der SPD, den LINKEN, der FDP und den GRÜNEN – Jürgen Gansel, NPD: Reden Sie doch zum Thema!)
Sie ist vor allem deshalb keine demokratische Partei, weil die NPD die Demokratie nutzen will, um Freiheit und freie Meinungsäußerung abzuschaffen.
Es ist unsere gemeinsame Auffassung als Demokraten, dass Rechtsextremisten nie mehr Einfluss nehmen dürfen auf Entscheidungen dieses Hohen Hauses. Das nennt sich der Konsens der Demokraten.
Denn Ihnen von der NPD-Fraktion geht es überhaupt nicht um die Bürgerinnen und Bürger, sondern Ihnen geht es darum, abzulenken
von Ihrer Geisteshaltung. Damals war es die Abschaffung der Pressefreiheit, die die Nazis durchgeführt haben, heute hetzen Nazis gegen kritische Zeitungen, wie im Mai 2012 gesehen, gegen die „Lausitzer Rundschau“. Damals war es die Abschaffung der freien und kritischen Meinungsäußerung. Heute gibt es wieder Übergriffe auf Andersdenkende, Übergriffe auf Büros von demokratischen Parteien. Damals war es die Instrumentalisierung des Rundfunks als Propagandainstrument und heute erdreisten Sie sich als NPD-Fraktion – einen Tag, nachdem sich die Machtergreifung der Nazis zum 80. Mal jährt –, eine solche Debatte anzustoßen. Das ist schon dreist.
Sie machen damit deutlich, dass Sie in dieser Geschichte Ihre Wurzeln haben und dass Sie diese Ziele bis heute verfolgen.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland ist aber genau deshalb eingeführt worden – das ist auch schon von Kollegen Gemkow gesagt worden –, und zwar aus den Erfahrungen der Nazizeit, als der Rundfunk missbraucht wurde. Er ist eingeführt worden als Garant für freie und vielfältige Meinungsäußerung. Deshalb werden wir als Demokraten bei aller kritischen Auseinan
dersetzung diesen öffentlich-rechtlichen Rundfunk verteidigen, denn er ist ein Garant dafür, dass Sie mit Ihren verirrten Vorstellungen niemals wieder durchkommen.
(Beifall bei der SPD, den LINKEN und den GRÜNEN sowie vereinzelt bei der CDU und der FDP – Jürgen Gansel, NPD, steht am Mikrofon.)
Entschuldigung, Sie haben noch eine zweite Kurzintervention als Fraktion. An Mikrofon 7 steht erneut Herr Gansel.
Herr Präsident! Ich wollte mir die zweite Kurzintervention eigentlich noch für den Redebeitrag von Herrn Herbst aufheben, aber dieser haarsträubende Beitrag der SPD-Fraktion nötigt mich gewissermaßen dazu, die zweite Kurzinterventionsmöglichkeit zu verschießen.
Sie haben das schlechteste Beispiel dafür abgeliefert, Herr Panter, wie man hier fünf Minuten sprechen kann, ohne inhaltlich irgendetwas zu sagen. Und das, was Sie gesagt haben, ist komplett am Thema vorbeigegangen. Dass Sie als Sozialdemokraten immer noch manisch fixiert sind auf das Ereignis, das gestern vor 80 Jahren stattgefunden hat, ist Ihre vergangenheitspolitische Neurose. Wenn Sie diese Kollektivneurosen pflegen, suchen Sie sich einen guten Nervenarzt, aber lenken Sie nicht beim Thema GEZGebühren ab, indem Sie wieder Adolf den Schrecklichen aus der Kiste herausholen. Sie haben nichts zum Thema GEZ-Abzocke gesagt, Sie haben nichts zum Thema Beitragsgerechtigkeit gesagt, Sie haben nichts zum Thema politisch tendenziöse Rundfunkbeiräte gesagt. Sie haben am Thema komplett vorbeigeredet und nur wieder die ewig gleiche, alte, modrige Schallplatte aufgelegt. Wofür sind Sie eigentlich gewählt worden? Um die Zeit von vor 80 Jahren „dauerzubewältigen“?
Vielen Dank. Ich möchte zum einen kurz in Erinnerung rufen, dass wir uns in den letzten Monaten hier im Hohen Hause schon des Öfteren über das Sachthema intensiv auseinandergesetzt haben. Aber ich möchte auch ganz deutlich betonen, dass ich mir als Sozialdemokrat von der NPD überhaupt nichts sagen lassen muss, was Ihre Geschichte, Ihre Intentionen und Ihre kruden Thesen angeht. Denn wir als Sozialdemokraten wissen, was es bedeutet, wenn solche Menschen an die Macht kommen. Denn Sozialdemokraten sind von Ihren geistigen Vorvätern verfolgt und ermordet worden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das intellektuelle Niveau des NPD-Redebeitrags zeigt sich daran, dass Herr Apfel nicht einmal die Namen der Abgeordneten des Sächsischen Landtags kennt. Ich heiße nicht Volker Herbst, und ich plane auch nicht, meinen Namen zu ändern, meine Damen und Herren.
Was Sie hier als NPD versuchen, ist eine ziemlich billige Trittbrettfahrerei, indem Sie die öffentliche Diskussion aufgreifen. Das lassen wir Ihnen so nicht durchgehen, meine Damen und Herren.
Eigentlich haben Sie doch kein Problem mit dem Thema Rundfunkbeitrag. Sie haben ein ganz anderes Problem. Sie finden es ganz schrecklich, dass die Medien über Sie nicht so berichten, wie Sie das eigentlich wollen. Ich sage Ihnen als Demokrat: Ich finde es gut, dass das so passiert, dass auch die Medien ihren Beitrag leisten, Ihren Kurs hier im Landtag zu entlarven.
(Beifall bei der FDP – Zuruf von der NPD: Dann müssen Sie sich inhaltlich damit auseinander setzen!)
Viele hier sind 1989 auf die Straße gegangen, weil sie für Meinungsfreiheit gekämpft haben und auch dafür, dass es freie Medien gibt, pluralistische Medien und Vielfalt. Dazu gehören die Privaten genauso wie der öffentlichrechtliche Rundfunk. Das ist der ganz große Unterschied zu der Zeit, die Sie hier immer so verherrlichen. Der von Ihnen gewählte Debattentitel zeigt Ihr Verständnis von Medien und von Medienpolitik. Sie finden den gleichgeschalteten Staatsfunk aus der NS-Zeit besser als das, was es heute gibt. Wir sind für Medienvielfalt und nicht für Staatsfunk, meine Damen und Herren.