Protocol of the Session on January 20, 2010

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Das war die erste Runde in dieser ersten Aktuellen Debatte. Wir kommen zu einer weiteren Runde. Es spricht für die einbringende Fraktion Frau Kollegin Windisch.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Worüber hätten wir bisher wohl gesprochen, wenn diese Spendengeschichte erst nächste Woche bekannt geworden wäre. Auf alle Fälle nicht zum Thema. Als Tourismuspolitikerin habe ich mich sehr gefreut, zu so prominenter Zeit das Thema „Tourismus in Sachsen“ auf der Tagesordnung des Landtages zu sehen.

(Dr. Dietmar Pellmann, Linksfraktion: Das ist ein Geburtstagsgeschenk!)

Über Zukunftschancen für den Tourismusstandort Sachsen hat von der Opposition niemand gesprochen, nur platteste politische Polemik

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

und nichts weiter. Michael Weichert, auf dich wollte ich später noch eingehen. Nur sein Beitrag hatte fachpolitische Substanz.

Ich wundere mich auch über Folgendes: Bei kaum einem anderen Thema als dem Tourismus gab es über alle Fraktionen weitestgehend Einigkeit; Einigkeit dahin gehend, dass dies eine sehr wichtige oft zu wenig beachtete Branche ist. Sie sichert Arbeit und Beschäftigung insbesondere im ländlichen Raum und beschert vielen Familien ein direktes Einkommen, weil es in diesem Bereich viele Familienbetriebe gibt. Nichts dergleichen.

Sprechen wir von Zukunftschancen für den Tourismusstandort Sachsen, so geht es nicht um Vorteile für das Beherbergungsgewerbe, sondern darum, wie deren steuerliche Entlastung für die Zukunft des Tourismus in Sachsen insgesamt Wirkung entfaltet. Der frühe Vogel fängt den Wurm – so heißt es. Dieser Grundsatz gilt in der Wirtschaft ebenso wie in der Wissenschaft und eben auch im Tourismus. Und jetzt wollen wir doch mal sehen, ob wir Sachsen nicht pfiffig genug sind und die Steuererleichterung in Mehrwert für den Tourismus als Erste gegenüber der gesamtdeutschen Konkurrenz, die ja auch von dieser Absenkung profitiert, umsetzen.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Übermorgen wird die fünfte Auflage der Studie zur betriebswirtschaftlichen Situation des Hotel- und Gastgewerbes in Sachsen vorgestellt. Ich gehe davon aus, dass sich die Inhalte nicht wesentlich verändern. Jeder, der die Vorgängerstudien gelesen hat, weiß, was darin stehen wird. Insbesondere im sächsischen Hotel- und Gastgewerbe gibt es das generelle Problem, das viele sächsische Mittelständler haben: Eigenkapitalschwäche, hohe Belastungen durch Zins- und Kreditzahlungen und damit verbunden ein hoher Investitionsstau. Der Konkurrenzkampf im Tourismus wird national nur über den Preis geführt – bis auf wenige Hochpreissegmente hier in Dresden. Über den Preis führen heißt, nötige Investitionen zu verschieben und nicht im erforderlichen Maße in qualifiziertes Personal zu investieren. Beides wird möglich sein, wenn dem Hotelier von den Einnahmen mehr übrig bleibt.

(Beifall des Abg. Sebastian Fischer, CDU)

Sicher sieht das der Gast nicht auf den ersten Blick auf seiner Rechnung, und ich habe auch keine großen Erwartungen, dass die Preise sinken werden. Wohl aber bleibt dem Unternehmen mehr Geld zur Verfügung. Also nicht die Primärwirkung ist die entscheidende für die nächsten Jahre, die das Wachstum in Deutschland und auch in Sachsen beschleunigen soll, sondern die Sekundärwirkung. Insgesamt waren wir uns doch einig, auch die Kollegen von der SPD. Schauen Sie einmal in die DEHOGA-Zeitung vom April/Mai vergangenen Jahres. Dort haben Sie sich zur Absenkung der steuerlichen Belastung positioniert und heute wird das alles zerredet, als hätte man sich vor einem Jahr nicht anders positioniert.

(Zuruf des Abg. Martin Dulig, SPD)

Sicher hätte auch ich mir gewünscht, dass das Gesamtsystem der steuerlichen Belastung in der Hotellerie und

Gastronomie beleuchtet worden wäre. Es ist ja bekannt, dass es jetzt sehr interessante Wechselwirkungen gibt, aber ich denke, das wird im Rahmen der Steuerreform im nächsten Jahr noch einmal einer näheren Betrachtung unterzogen werden. Kleines Bonmot am Rande: Manche Unternehmer sind sehr findig. Ich habe eine Werbeseite gelesen, auf der es heißt: „Übernachten Sie bei uns für 50 Euro, und wir schenken Ihnen das Frühstück“. Das ist wie beim Nichtraucherschutzgesetz mit den Raucherclubs. Aber ich denke, diese Dinge werden sich einschleifen, und ich gehe davon aus, dass die wichtigen Zukunftsfragen im Tourismus in Sachsen dadurch wesentliche Impulse bekommen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das war Frau Kollegin Windisch für die CDU-Fraktion. – Jetzt erneut Kollege Günther für die FDP.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einmal kurz auf die Argumente der links-grünen Opposition eingehen. Sehr geehrter Herr Tischendorf, Mindestlohn einzuführen wäre gerade für die Branche, über die wir heute reden – die Tourismusbranche und die Hotellerie – der Todesstoß hier in Sachsen.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Dr. Monika Runge, Linksfraktion: So ein dummes Zeug!)

Sehr geehrter Herr Martin Dulig, dass sich die SPD überhaupt traut, über das Thema Mehrwertsteuer zu reden und hier vorn zu sprechen, das ist ja wohl die Krönung.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Nur kurz: Drei Sündenfälle der Mehrwertsteuer der SPD. Im Wahlprogramm 1998 hatten Sie groß gefordert: Für die Hotellerie und Gastronomie muss 7 % her. Jetzt haben Sie elf Jahre regiert. Was haben Sie nicht gemacht? Eine Wahlforderung umgesetzt. Punkt 1.

Punkt 2. Mehrwertsteuer 2005: 0 % gefordert, 3 % eingeführt. Ich würde hier gar nichts mehr sagen zur Mehrwertsteuer.

(Zuruf von der SPD)

2007 hat die SPD im Bund einen Ausnahmetatbestand geregelt, dass Bergbahnen zum öffentlichen Nahverkehr gehören, und jetzt werfen Sie uns vor, dass wir Klientelpolitik machen. Sie haben für die Bergbahnen den Mehrwertsteuersatz reduziert. Können Sie vergessen! Seien Sie ruhig! Zur Mehrwertsteuer hier kein Wort mehr.

(Beifall bei der FDP)

Lieber Micha Weichert, nur ganz kurz: Viele Ideen, die du hast, sind okay. Es wäre auch gut so. Leider bist du ja nicht allein in der Fraktion. Wenn ich dagegen den Herrn

Lichdi sehe, der ein Drehverbot in der Sächsischen Schweiz fordert – das ist eine tourismuspolitische Geisterfahrt, die wir nicht mitgehen können. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Das war Kollege Günther für die FDP-Fraktion. Gibt es aus den Fraktionen weiteren Redebedarf? Als Nächstes wäre die SPD-Fraktion noch einmal am Zug. – Ich bitte um Entschuldigung, Frau Kollegin. Ich bitte Sie nach vorn.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei einem Umsatzvolumen von 6 Milliarden Euro jährlich für die Tourismusbranche in Sachsen wäre es sicherlich zu kurz gegriffen, an dieser Stelle allein über die politische Autonomie der FDP, die ich für sehr fragwürdig halte, zu diskutieren.

(Zuruf des Abg. Christian Piwarz, CDU)

Deswegen, Frau Windisch, komme ich sehr gern Ihrem Wunsch nach und versuche an dieser Stelle ein paar inhaltliche Impulse zu setzen. Wie es aussieht, wissen die Hoteliers mit ihrem großen Geschenk der FDP noch nicht so viel anzufangen. Wir hätten da als SPD-Fraktion ein paar Vorschläge. Die heißen: Preise runter, Löhne hoch und Investitionen tätigen.

(Lachen bei der FDP und Beifall bei der SPD)

An welche Investitionen denke ich da zum Beispiel? Ich könnte mir gut vorstellen, dass Sachsen Investitionen im Bereich barrierefreier Tourismus tätigen könnte.

(Beifall des Abg. Horst Wehner, Linksfraktion)

Der barrierefreie Tourismus ermöglicht es Menschen mit Behinderung, aber auch Familien, Kindern und älteren Menschen, an touristischen Angeboten teilzuhaben, die für sie bisher nicht zugänglich sind. Die Qualität des Tourismus könnte auf diese Art und Weise in Sachsen um eine Komponente erweitert werden.

(Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Der Wirtschaftszweig Tourismus ist in Sachsen seit dem Jahr 2000 kontinuierlich angestiegen. Eine solche Entwicklung braucht Strategien und keine Steuersenkungen. Die Strategie, die die SPD an dieser Stelle verfolgt, möchte ich Ihnen in der Zeit, die mir bleibt, kurz anreißen. Dazu gehört zum Beispiel die Konzentration auf einen Qualitäts-, Gesundheits- und Städtetourismus, wobei unter Kultur- und Städtetourismus nicht allein die Stadt Dresden zu verstehen ist. Weiterhin sollten wir uns auf die Verstärkung

(Beifall bei der SPD)

des sogenannten sanften Tourismus konzentrieren, der die Umwelt respektiert und aktiv zu ihrem Schutz beiträgt, und darüber hinaus den Radtourismus stärken. Radwege

statt Reitwege – das wäre doch mal was, liebe FDP; denn davon würden mehr Leute partizipieren.

(Beifall bei der SPD, der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, von Herrn Weichert wurde es bereits angedeutet: Wenn man sich die Zahlen zu den Touristen anschaut, die nach Sachsen kommen, dann stellt man fest, dass die Zahlen zwar recht positiv in ihrer Entwicklung sind, aber im Vergleich zu den alten Bundesländern ist es so, dass sehr wenige Menschen aus dem Ausland zu uns kommen wollen. Das hat etwas damit zu tun, dass zum Beispiel die Sächsische Schweiz nach wie vor nicht nur ein Synonym für schöne Landschaften und für die Festung Königstein ist, sondern auch eines für Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und gewalttätige Übergriffe auf Ausländer.

Sachsen muss weltoffener werden. Herr Ulbig, hier setze ich sehr große Hoffnungen in Ihre Arbeit; denn ich wünsche mir, dass die Projekte, die dazu beitragen – –

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

Herr Gansel, machen Sie einen Zwischenruf, oder was soll das werden?