sächsischen Emission an Treibhausgasen ausmachen. Derartige Quantifizierungen fehlen im gesamten Papier.
An dieser Stelle ist in der Nachhaltigkeitsstrategie die Rede von einem ausgewogenen und dynamischen Energiemix aus klassischen und erneuerbaren Primärenergieträgern als Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung. Das ist nicht nachvollziehbar. Da wird eine landschaftszerstörende Braunkohleverstromung – Strom, den hier eigentlich niemand braucht – als nachhaltig deklariert.
Meine Damen und Herren! Insbesondere in der Lausitz ignoriert die Staatsregierung alle vorhandenen Probleme: Gebiete, die flächendeckend wegen Rutschungsgefahren nicht mehr betreten werden können, Gebiete, in denen auf absehbare Zeit keine Häuser mehr gebaut werden können, Gebiete, in denen das Grundwasser unvorhersagbar ansteigt, Gebiete mit biologisch toten Gewässern. Was bitte ist daran nachhaltig? Künftige Generationen werden hier zugunsten von Konzerngewinnen, unterstützt durch staatliche Subventionen, in ihren Entwicklungsmöglichkeiten massiv beschnitten.
Ich möchte nicht alle in der Strategie aufgeführten Handlungsfelder streifen, da generell weder eine Bilanz noch ein Status quo oder eine quantifizierte Umsetzung der Nachhaltigkeitsindikatoren für irgendeinen absehbaren Zeithorizont formuliert wurden. Am lustigsten fand ich persönlich zum Beispiel, dass eine zeitlich und organisatorisch nicht untersetzte sächsische Rohstoffstrategie in der Umsetzung als Nachhaltigkeitsziel in eine wiederum zeitlich und organisatorisch nicht untersetzte Nachhaltigkeitsstrategie aufgenommen wird.
Es wäre müßig, hier bei jedem einzelnen Punkt hinterherzuwaschen. Beim Thema „Bildung nachhaltig gestalten“ zeigt sich, dass noch nicht einmal die Grundlagen für eine gute Bildung im Freistaat existieren, um die von Ihnen beschriebenen Ziele im Ansatz anzugehen. In Sachsen fehlen aktuell mindestens 222 Lehrerinnen und Lehrer. Etwa 10 % der Schulabbrecher in Sachsen, knapp 2 300 Schülerinnen und Schüler, verließen im Jahr 2012 die allgemeinbildende Schule ohne Hauptschulabschluss. Von diesen wurden wiederum fast 70 % in eine Förderschule abgeschoben.
Die Worte Inklusion und inklusive Bildung tauchen in Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie überhaupt nicht auf. Lebenslanges Lernen wird nicht gefördert. Nach Angaben des Sächsischen Volkshochschulverbandes gibt Sachsen pro Kopf für Weiterbildung nur die Hälfte des Bundesdurchschnitts aus. Die allgemeine Weiterbildung ist derzeit ein Experimentierfeld für prekär Beschäftigte.
Im Hochschulbereich mangelt es der Hochschulentwicklungsplanung an einer schlüssigen Gesellschaftsperspektive, die über das Dogma von der Selbstregulierung durch die Märkte hinausweist.
So wird es schwer, die hellen Sachsen auf diesem sprichwörtlichen Niveau zu halten, auch wenn Herr Tillich die
Sachsen als Tüftler und Bastler lobt. Dies geht langfristig nur durch eine gute, solide und chancengerechte Bildung.
Auch über das Thema nachhaltige Finanzpolitik haben wir erst im Dezember gesprochen. DIE LINKE vertritt die Auffassung, dass Sie keinen generationengerechten und damit nachhaltigen Haushalt verabschiedet haben.
Was mir noch am Herzen liegt, sind Aussagen im Bereich Gesundheit und Erhaltung der Lebensqualität. Ich picke mir einmal den Schwerpunkt 1 in diesem Bereich heraus: gesundes Heranwachsen von Kindern.
Sicherlich sind die im Kapitel ausgeführten Ziele nicht falsch. Ich möchte Ihren Blick aber einmal auf Folgendes lenken: Im letzten Jahr hatten wir in Sachsen eine BrechDurchfall-Epidemie unter Tausenden Kindern, die an einer Schulspeisung durch das Unternehmen Sodexo teilnahmen. Auslöser waren Erdbeeren aus China, die als Kompott gereicht wurden. Leider hat eine Diskussion zum Thema „Schulessen regional und gesund“ hiernach nicht eingesetzt.
Über Jahrtausende ernährten sich Menschen regional. Jetzt reisen Lebensmittel um die ganze Welt. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Kampagne zur Motivation von Schulträgern, regionale Erzeuger und Verarbeiter für die Schulspeisungsversorgung einzubinden, mit denen langfristige Arbeitsbeziehungen zum gegenseitigen Vorteil eingegangen werden könnten?
Dazu gehört eine aus Verbraucherschutzsicht angebrachte Debatte über tierwohlorientierte Tierhaltung, zum Einsatz von Antibiotika und zum Tierschutz.
Unsere Kinder sollten die Vielfalt und den Geschmack der eigenen Region wieder kennen und schätzen lernen, selbst kochen können, wertvolle Nahrungsmittel schätzen lernen, weil sie den Landwirt kennen, der für ihr Mittagessen zuständig ist.
Zuallererst stellt sich folgende Frage: Wie kann es uns gelingen, dass alle Kinder in diesem Land an der Schulspeisung teilhaben können und dort qualitativ hochwertige Lebensmittel aus der Region angeboten werden? Wie sieht es denn mit der Chancengerechtigkeit für die Teilhabe aller an der gesunden Ernährung aus?
Das sind Beispiele für ein wenig nachhaltiges Agieren der derzeitigen Regierung, ein Papier ohne messbare Nachhaltigkeitsindikatoren, schöne Worte bei den Nachhaltigkeitszielen, ein Versuch, Komponenten einer Bildung für nachhaltige Entwicklung darzustellen.
Ich vermisse in Ihrem Nachhaltigkeitsstrategie genannten Papier den integralen, aus interdisziplinärem Arbeiten gewonnenen Erkenntnissen hervorgehenden perspektivischen Handlungsrahmen und auch die Vorstellungen darüber, welche Solidarität oder Empathie Sie den in der
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die ganze Nachhaltigkeitsdiskussion beruht doch schlicht auf der Erkenntnis, dass man eigentlich nicht mehr so wie bisher weitermachen kann, ohne den Planeten zu ruinieren. Die Erhaltung des aktuellen Standes in unserem Konsumverhalten ist ökologisch nicht mehr vertretbar. Vielleicht brauchen wir 2030 zwei Planeten, 2050 sogar acht, wenn wir weiter so konsumieren wie bisher. Ein „Zeitalter der Angst“ hat dies der Historiker Tony Judt genannt.
Die aktuelle Diskussion um Nachhaltigkeit verdeckt die eigentlichen Notwendigkeiten. Dabei tut sich eine große Diskrepanz zwischen dem Sagen und dem tatsächlichen Handeln auf. Als nachhaltig gilt unser Handeln aber erst, wenn es ökologische und soziale Problemlösungskompetenz, Werte und wirtschaftliche Perspektiven miteinander verbindet. Der erste Schritt hierzu wäre eine Abkehr vom Wachstumsparadigma. Ich zitiere: „Wenn es uns mit der Generationengerechtigkeit ernst ist, müssen wir künftig auf qualitatives statt quantitatives Wachstum setzen.“
Was die sächsische Regierung hierbei allerdings auf der Habenseite hat, ist wirklich dürftig. Daher mein Fazit: „300 Jahre Nachhaltigkeit – Jubiläum einer Idee aus Sachsen“ – diese Regierung schmückt sich mit Worthülsen und bleibt selbstzufrieden auf dem Stand von vor 300 Jahren stehen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! Frau Kollegin Pinka, ich möchte mich ausdrücklich bei Ihnen für diese wirklich sehr gute und tief greifende Rede bedanken. Ich glaube, Sie haben das sogenannte Konzept von Herrn Kupfer auch richtig aufgespießt.
Allerdings möchte ich eine kritische Nachfrage hinterherschicken. Mir ist es bisher nicht bewusst gewesen, dass die Partei DIE LINKE jetzt tatsächlich als Partei vom Wachstumsdogma Abschied genommen hätte. Ich gebe gern zu, dass auch in meiner eigenen Partei dieses Thema zwar genannt wird, dann aber doch wieder Wachstum zum Beispiel zu sozialen Zwecken promotet wird. Dieses Thema ist bei uns seit Jahren sehr umstritten.
Herr Gebhardt redet gerade dazwischen, Sie rufen auch dazwischen, vielleicht können Sie darauf noch einmal eingehen. Es ist tatsächlich die Kernfrage, wie wir einen
Ich glaube, wir sind uns in der Problembeschreibung einig. Wir müssen aber gemeinsam sehen, wie wir das hinbekommen. Wir dürfen nicht bei diesem Obersatz stehen bleiben. Ich bin aber trotzdem froh, dass Sie diesen Obersatz hier so klar zum Ausdruck gebracht haben.
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Lichdi, ich nehme Ihr Angebot sehr gern an, dass wir uns gemeinsam darüber Gedanken machen, wie wir diesen Paradigmenwechsel hinbekommen und was das für unser gemeinsames sächsisches Agieren bedeuten würde.
Allerdings muss ich Ihnen sagen: Wir als LINKE haben ja in unserer Gesellschaft Vordenker gehabt. Ich darf dazu an Karl Marx erinnern,
Ja, natürlich, Karl Marx hat bereits in seinem „Kapital“ beschrieben, dass die Entwicklung in einer kapitalistischen Gesellschaft immer zur Zerstörung der Umwelt führt. Er ist 1883 gestorben, wenn ich mich nicht irre, aber es gab ja dann auch Menschen, die ihm nachgefolgt sind,
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU, der FDP und der Staatsregierung – Zuruf des Abg. Sebastian Fischer, CDU)
Deshalb, denke ich, müssten wir uns gemeinsam hinsetzen und schauen, wie wir das auf Sachsen herunterbrechen können.