Beim Ladenöffnungsgesetz braucht es keine Gesetzesänderung, weil genau dieses Gesetz beim Verfassungsgericht butterweich durchgegangen ist. Im Übrigen, Herr Brangs: Sie haben vorher das Gegenteil behauptet, und Sie haben verloren. Das wollen wir festhalten.
In einem einzigen Punkt hat das Verfassungsgericht uns angemahnt nachzubessern, und zwar bezüglich der Sonntagsöffnung der Waschanlagen. Und zwar hat es nicht erklärt, dass die Sonntagsöffnung unmöglich ist. Es hat erklärt: Eine Sonntagsöffnung von Waschanlagen ist aufgrund des Freizeitverhaltens der Bevölkerung grundsätzlich möglich, aber – jetzt kommt das große Aber –: Es ist nicht rund um die Uhr erlaubt. Es muss eingeschränkt werden, sodass die Maßgabe der Sonntagsruhe beachtet ist und kein „werktäglicher Charakter“ entsteht.
Deshalb, meine Damen und Herren, haben wir mit unserem jetzigen Gesetzentwurf die Kritik des Verfassungsge
richts aufgegriffen. Wir differenzieren ganz klar nach Anlagentyp, nach Standort und damit auch nach dem Beeinträchtigungspotenzial für die Sonntagsruhe. Deshalb gibt es unterschiedliche Öffnungszeiten. Das ist vielleicht nicht das Allereinfachste, aber wir folgen natürlich dem Auftrag des Verfassungsgerichts.
Meine Damen und Herren, es gibt auch noch eine andere Dimension. Ich weiß, für DIE LINKE und für die SPD spielt das nie eine Rolle. Wir haben es bei der Anhörung erlebt: Ja, es geht natürlich auch ein Stück weit um Wirtschaft. Wir haben gehört, dass es allein beim Marktführer der Tankstellen in Sachsen durch die vorübergehende Schließung der Waschanlagen einen Umsatzeinbruch um 8 % im Bereich der Waschanlageneinnahmen gab. Klar ist: Wenn man in eine moderne und umweltfreundliche Waschanlage investiert, kostet das viel Geld. Die wirtschaftliche Situation der Tankstellenpächter ist nicht so, dass sie sich von ihren Einnahmen jede Woche eine goldene Türklinke kaufen können. Ich sage Ihnen ganz klar: Wer den Unternehmen die Chance auf Einnahmen verbieten will, der zeigt nicht nur seine Wirtschaftsfeindlichkeit. Denn von diesen Einnahmen, meine Damen und Herren – auch in Richtung LINKE –, leben Mitarbeiter, werden Mitarbeiter bezahlt, werden Steuern bezahlt und müssen Investitionen refinanziert werden. Dass Ihnen das alles so egal ist, meine Damen und Herren, können wir nicht nachvollziehen.
Sie wollen immer, dass Mitarbeiter besser bezahlt werden. Wie sie bei geringeren Einnahmen besser bezahlt werden können, bleibt Voodoo-Mathematik nach linker Art.
Meine Damen und Herren, sicher kann man aus liberaler Sicht sagen, dass wir uns vorstellen könnten, dass die Möglichkeit zur Sonntagsöffnung über den ganzen Tag besteht. Dennoch glaube ich, dass das jetzt vorliegende Gesetz ein richtig guter Kompromiss unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Sonntagsruhe ist. Die gute Nachricht für die Autofahrer und Waschanlagenbesitzer ist: Voraussichtlich ab 10. Februar ist die sonntägliche Autowäsche in Sachsen wieder möglich. Damit wird der Freistaat wieder ein kleines Stück freiheitlicher, und darauf sind wir als Koalition stolz, meine Damen und Herren.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es gerade erlebt: Wir erleben den großen Auftritt der kleinen sächsischen FDP. Vor jedermanns Augen wird jetzt also deutlich, wie die kleine FDP die große CDU beim Thema Waschanlagen im Nasenring durch das Parlament zieht.
Zumindest heute. – 2010, bei der Verabschiedung des Gesetzes – Sie erinnern sich – hatten noch standhafte Christdemokraten uns allen bei der Beschlussfassung in einer persönlichen Erklärung kundgetan, dass sie nur wegen zwangsverordneter Koalitionsdisziplin gegen ihre christlich-soziale Grundeinstellung gestimmt haben.
Daran werden sich hier im Raum noch einige erinnern. Heute geht es schon geschliffener: Unter Führung der kleinen sächsischen FDP wird Klientelpolitik in Reinkultur gepowert. Den letzten Wertkonservativen wurde von den Liberalen wohl ein Schweigegelübde abgerungen, anscheinend damit, dass ohne die von Kollegen Herbst ebenso gepriesene Sonntagsöffnung von Autowaschanlagen wohl der Untergang des christlichen Abendlandes unmittelbar bevorsteht.
Ich kann mir schon vorstellen, dass den Autoschaumschlägern in der sächsischen FDP bei der von Herrn Herbst genannten Zahl 8 % die Augen glänzen, ja, ihnen das Blut in den Adern gerinnt. Aber damit die Bürgerinnen und Bürger keine falschen Rückschlüsse ziehen: Das sind natürlich nicht die 8 %, Herr Herbst, die Sie sich für die Bundestagswahl wünschen.
Die sind es nicht. Für solche Utopien könnten Sie die LINKEN niemals begeistern. Das wissen Sie selbst.
Natürlich meinen Sie den Umsatz, den der Kollege Sachverständige von Aral für die Autowäschen genannt hat. Liebe Kollegen, jetzt einmal ernsthaft: Halten wir einmal angesichts dieser segensreichen Erwartungen
der Waschanlagenfetischisten doch einmal kurz inne, Kollege Piwarz, oder noch besser: Ich würde Ihnen vorschlagen, wir unterbrechen die Sitzung und gehen alle einmal ganz andächtig in unsere eigene Tiefgarage. Wir schließen für einen Moment unsere Augen und träumen davon, dass 8 % von den Autos, die jetzt dort unten stehen und nicht zwischen Montag und Samstag gereinigt werden konnten, blitzblank werden. Ein schönes Gefühl. Ich sage Ihnen auch, Herr Kollege Herbst, da können Sie mein Auto ruhig einbeziehen. Damit habe ich kein Problem.
Aber es kommt noch besser. Kollege Herbst hat es auch angedeutet. Die sächsischen Steuern sprudeln wie das Klarwasser nach der Schaumwäsche bei Aral, einfach nur schön, das Erlebnis der FDP.
Aber dann gibt es auch noch die Schwarzmaler, nicht wahr, Kollege Herbst, die alles schlecht machen wollen, die von Werteverfall der Gesellschaft reden und die die gnadenlosen Marktmechanismen geißeln, die Sie vorantreiben!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie alle ahnen es bereits: Das kann auf keinen Fall DIE LINKE sein. Nein, Kollege Herbst, wir sind doch die Guten!
Nehmen wir einmal die Evangelische Kirche, die der ungezügelten Marktwirtschaft gerade auf diesem Gebiet den Kampf angesagt hat. Dann, Kollege Herbst, starten solche Leute auch noch so komische Initiativen. Wenn Sie einmal im Internetauftritt der EKD nachlesen, finden Sie die Seite „Gott sei Dank, es ist Sonntag – zehn Argumente für den arbeitsfreien Sonntag“. Das steht dort in großen Lettern geschrieben. Daraus möchte ich Ihnen einige Auszüge vorlesen, die zur heutigen Debatte passen.
Ich lese es langsam, damit es auch die FDP versteht. „Der Sonntag ist Ruhetag. Gott selbst hat es vorgemacht.“
„Es gibt Zeiten der Arbeit und Zeiten der Ruhe. Der Sonntag ist der Tag, an dem nicht gearbeitet wird. Der Sonntag gibt den Rhythmus. Ohne Rhythmus wäre das Leben Chaos. Ohne regelmäßig wiederkehrende Abläufe würde der Mensch krank. Der Sonntag gibt der Woche den Takt an. Der Sonntag ist ein freier Tag für die ganze Gesellschaft.“
„Nach biblischer Tradition ist der Sonntag ein freier Tag für alle Menschen, nicht nur für die Mitglieder der Kirche. Deshalb macht sich die Kirche für den arbeitsfreien Sonntag stark. Sie dankt allen, die an diesem Tag arbeiten, damit wir uns wohl und sicher fühlen. Unsere Kirche setzt sich aber dafür ein, dass ihre Tätigkeiten Ausnahme bleiben und Arbeit am Sonntag nicht zur Regel wird. Der Sonntag stellt den Menschen in den Mittelpunkt. Maschinen brauchen keine Erholungspausen. Sie laufen rund um die Uhr. An Werktagen geben sie das Tempo vor. Der Sonntag orientiert sich dagegen an den Menschen. Unser Leben ist mehr als Arbeit, Kaufen und Besitzen. Dafür steht der Sonntag.“
Soweit ein kleiner Auszug aus dem Internetauftritt der EKD. Ganz in diesem Sinne kann ich dieses Mal vielleicht zum letzten Mal vernünftige, wertorientierte Mitglieder der CDU-Landtagsfraktion nur noch einmal auffordern, diesen Gesetzentwurf heute hier zu kassieren und dem Kulturkampf der FDP gegen den Schutz des Sonntags eine klare Absage zu erteilen.
Schmutzige Autos haben nicht den Stellenwert von kranken Menschen. Deshalb müssen Krankenhäuser auch sonntags arbeiten. Für das Autowaschen mögen sechs von sieben Wochentagen reichen. Es erhöht nicht die Lebensqualität, wenn der Sonntag Stück für Stück zu einem Tag wie jeder andere gemacht wird.
Danke, Herr Präsident! Die Linksfraktion erweckt hier ein wenig den Eindruck, schon immer der zutiefst überzeugte Vorkämpfer der Sonntagsruhe gewesen zu sein. Deshalb möchte ich einmal den Abg. Rico Gebhardt, der heute ihr Fraktionsvorsitzender ist, mit seiner Rede vom 10. Dezember 2004, wo wir über dieselbe Thematik abgestimmt haben, zitieren. „Trotzdem ist die Mehrheit meiner Fraktion dafür, in Sachsen die Möglichkeit des Betriebes von vollautomatischen Autowaschanlagen an Sonn- und Feiertagen zu eröffnen.“ In der Abstimmung haben Sie damals mehrheitlich zugestimmt.
Das war, wenn ich es richtig verstanden habe, eine Kurzintervention von Herrn Herbst. – Herr Tischendorf, Sie wollen erwidern?
Danke, Herr Präsident! Ich habe mir schon gedacht, dass Kollege Herbst dieses Zitat bringt. Jawohl, ich selbst habe meine Meinung nicht ändern müssen. Aber sehen Sie, das unterscheidet die LINKEN von der FDP. Sie haben immer noch die alten Parolen von 2004 im Kopf. Sie nehmen überhaupt keine gesellschaftliche Debatte auf. Das unterscheidet uns. Das ist gerade das Gegenteil von dem, was die CDU macht. Sie gibt ihre Werte auf. Wir nähern uns dem an.
Sie pochen immer noch auf Ihre alten Parolen von 2004 und glauben, damit über 5 % zu kommen. Aber da werden Sie sich wahrscheinlich täuschen. So viele Waschanlagenbesitzer gibt es in Sachsen nicht.
Dann müssten wir Herrn Tischendorf noch einmal nach vorn bitten. Dann können Sie auf seinen Redebeitrag erwidern, aber nicht auf die Kurzintervention.