Meine Tochter hat dieses Prozedere gerade hinter sich, wo man genau schauen muss: Wie sind die Noten, damit ich den Notendurchschnitt bekomme, damit ich es aufs Gymnasium schaffe, oder komme ich auf die Mittelschule? Und dann stellen Sie sich hier vorn hin, Herr Bläsner, ohne ein Kind zu haben – und ich hoffe, Sie hören mir endlich mal zu –, und sagen, es ist überhaupt nicht relevant, wie oft die Schule gewechselt wird. Dazu sage ich Ihnen: Es ist außerordentlich relevant!
Warum denn? Stärken Sie doch die Mittelschule! Damit alle Kinder, die dort hingehen, die Möglichkeit haben, alle Bildungsabschlüsse zu erwerben, und nicht in der 6. Klasse aufs Gymnasium wechseln müssen.
Schauen wir uns Baden-Württemberg an – es ist vorhin erwähnt worden: Sie sind diesen Weg gegangen über die Fachoberschulen und das Berufliche Gymnasium, und das noch unter der alten Regierung. Ein Drittel aller Abiturienten erlangen dort ihr Abitur. Machen Sie den Weg frei, nach der 10. Klasse wirklich realistisch ein Abitur ablegen zu können, und Sie helfen den Schülern aus der Mittelschule, Sie stärken die Mittelschule!
Mit allem, was Sie jetzt an Geldern für die Mittelschule locker gemacht haben – ich bin sehr dafür –, stärken wir doch die Mittelschule! Schieben wir dort 9 Millionen Euro hin, stellen wir mehr Lehrer ein, unterstützen wir, machen wir individuelle Förderung! Aber nicht unter dem Etikett Oberschule, was ein riesengroßer Schwindel ist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal sind wir als NPD-Fraktion froh darüber, dass DIE LINKE die Mittelschulen stärken will. Bisher klang das eher nicht so, sondern Forderungen nach längerem gemeinsamem Lernen in Gemeinschafts-, Einheits- und Gesamtschulen standen immer im Vordergrund.
Erfreut bin ich auch darüber, dass die Koalition in den nächsten zwei Jahren 9 Millionen Euro zusätzlich für die Schulen bereitstellen will. So soll es 55 zusätzliche Stellen geben: 44 für den Unterricht in den Leistungsgruppen und 11 für jene Schulen, die noch keine zweite Fremdsprache anbieten. 1 Million Euro sollen in die Berufsorientierung fließen und 700 000 Euro für private Schulen, die sich einer entsprechenden Entwicklung annähern.
Viel zu wenig Augenmerk wird aus unserer Sicht weiterhin auf den anstehenden Generationenwechsel beim Lehrkörper gelegt. Insbesondere der Kernbereich der Mittelschule ist deshalb in Gefahr. Dazu findet sich eben auch auf www.sachsen.de Folgendes zu lesen: „Aufgabe aller Unterrichtsfächer ist neben der Allgemeinbildung die Vorbereitung aller Schüler auf ein berufliches Erwerbsle
Wie soll das denn geschehen, wenn die ehemaligen ESPLehrer nun altersbedingt größtenteils in den Ruhestand gehen und qualifizierter junger Ersatz nicht ausreichend in Sicht ist? Sollen dann etwa Reinigungsfirmen, Hausmeister oder Lieferanten den Unterricht in WTH durchführen? Nein!
Es besteht tatsächlich die Gefahr, dass sich eine personell unterversorgte Restschule entwickelt, die am Ende deutlich hinter dem Niveau der bisherigen Mittelschule zurückbleiben wird.
Die Veränderung vorhandener Schulstrukturen ist immer wieder das Ziel linker Weltverbesserer. Ich möchte an dieser Stelle an das Experiment Gemeinschaftsschule erinnern, das es in der letzten Legislaturperiode gab. Es gab eine Übereinkunft, dass dieses Schulprojekt, zwischen Eltern und Lehrern abgesprochen, zeitlich begrenzt eingerichtet wird. Eine anschließende Evaluation war geplant und umso heftiger wurde dann gestritten, als dieses Projekt Ende der Legislaturperiode planmäßig auslief und nicht weitergeführt wurde, und dann wurde es auch sehr ruhig.
Deshalb habe ich eine Kleine Anfrage gestellt, bei der mich besonders interessiert hat, in welcher Form die Elemente des pädagogischen Konzeptes der Gemeinschaftsschule der Weiterentwicklung des sächsischen Schulwesens nutzbar gemacht wurden. Ich bekam folgende Antwort: „Mit den rechtlichen Änderungen der Schulordnung Mittel- und Abendmittelschulen zum 01.08.2011 sind wesentliche Elemente des pädagogischen Konzepts des Schulversuchs für Klassen außerhalb des Schulversuchs weiterhin realisierbar. Dazu gehören das Angebot der zweiten Fremdsprache, die Erhöhung der Durchlässigkeit und Anschlussfähigkeit, die Variierung der abschlussbezogenen Differenzierung und die Angebote für besonders leistungsbereite Schüler.“
Wenn das der Stand der Dinge ist, wozu brauchen wir denn dann eigentlich noch die Einführung einer Oberschule? Weshalb wurde so erbittert um die Beendigung des Schulversuchs gestritten, wenn seine wesentlichen Elemente ohnehin für die Mittelschulen übernommen werden sollten?
Tatsächlich läuft natürlich in der Praxis vieles nicht so ab, wie von den jeweils regierenden Bildungspolitikern gewünscht – Stichwort: zweite Bildungsempfehlung nach der 6. Klasse. Nach einer Übersicht des Statistischen Landesamtes in Kamenz wechselten im Schuljahr 2002/2003 noch 640 Schüler von der Mittelschule aufs Gymnasium; im Schuljahr 2011/2012 waren es nur noch 106. Ich gehe aber davon aus, dass die Einführung der Oberschule an dieser Entwicklung dauerhaft wenig ändern wird – so wenig, wie das Experiment Gemeinschaftsschule.
Auf eine Frage nach konkreten Fortschritten in den Lernergebnissen der Schüler bekam ich zur Antwort:
„Insgesamt ist der Deutungsgehalt der Evaluationsergebnisse zu gering, um valide Aussagen zur Schulentwicklung vornehmen zu können.“ Mit anderen Worten: außer Spesen nichts gewesen.
Neue Schilder an den Türen bringen nichts und für einen gedeihlichen Unterricht werden eben ausreichend motivierte Pädagogen und sichere materielle Verhältnisse benötigt. Hier muss der Schwerpunkt in der Zukunft gesetzt werden.
Noch eine Bemerkung zum Schluss: Völlig ausgeblendet wurde beim Konzept Oberschule natürlich die sogenannte Inklusion. Dazu möchte ich mich aber heute aus Zeitgründen nicht weiter äußern.
Das war für die NPDFraktion Herr Löffler. Wir sind am Ende der ersten Runde angekommen und eröffnen eine zweite. Es ergreift zuerst die einbringende Fraktion durch Frau Kollegin Falken das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein erster Schritt für die Verbesserung der Mittelschulen wäre gewesen, wenn Sie die Leistungen der Mittelschullehrer im Freistaat Sachsen wirklich einmal anerkannt hätten; wenn Sie, werte Kollegen der CDU und FDP, diese Leistungen mit Taten anerkannt hätten. Das hätte ein klares, sichtbares Signal in den ganzen Freistaat gegeben. Aber Geld für eine Eingruppierung der Lehrerinnen und Lehrer im Freistaat Sachsen im Mittelschulbereich, die lange, lange überfällig ist, um die Leistungen anzuerkennen – dazu sind Sie nicht bereit; das wollen Sie nicht.
Dies ist eine Forderung, die wir hier im Landtag seit Langem aufgemacht haben: Leistungen anzuerkennen, um Signale zu setzen und zu zeigen: Wir schätzen diese Arbeit. Das wäre der richtige Schritt gewesen, und nicht die Oberschule.
Herr Bläsner, ja, selbstverständlich, wir als LINKE stehen nach wie vor dazu, dass wir diese Schulart nicht wollen. Wir wollen das längere gemeinsame Lernen. Wir wollen eine Schule für alle im Freistaat Sachsen.
Leider ist es mit dieser Regierung nicht umzusetzen. Im Gegenteil, Sie haben die kleinen Schritte, die durch die SPD in der letzten Koalition gelegt worden sind, sofort in Ihrer Regierung kaputt gemacht.
Ein zweiter Punkt. Da wir nun einmal die Mittelschule im Freistaat Sachsen haben, ist für uns ein wesentlicher Schritt der Erhalt der Standorte der Mittelschulen und keine weiteren Schließungen durchzuführen – so wie Sie es immer und immer wieder in diesem Freistaat tun. Das Moratorium des Erhalts der Mittelschulen bis 2014 zu begrenzen ist doch so etwas von scheinheilig! Nach den Wahlen geht die Schließkampagne doch sofort wieder los!
Wir hören es von Herrn Flath seit vielen Jahren, dass das die letzte Schulschließung sei. Und? Aktuell haben wir immer noch die Situation in Seifhennersdorf. Geben Sie sich endlich einen Ruck und lassen Sie den Schulstandort eindeutig bestehen. Das ist ein richtiges Signal.
Ich möchte noch einmal auf die Anzahl der Stellen zurückkommen, die Sie zur Verfügung stellen wollen, um die Oberschule qualitativ zu verbessern. Wenn ich eine qualitative Verbesserung erreichen will, brauche ich hoch motiviertes und gut ausgebildetes Personal. Sie werden zum 1. Februar für Neueinstellungen ganze vier junge Lehrer haben, die das Lehramt Mittelschule studiert haben und mit dem zweiten Staatsexamen fertig werden. Sie wollen 20 neue Mittelschullehrer im Halbjahr im Freistaat Sachsen einstellen und vier qualifizierte haben Sie. Das heißt, Sie werden natürlich auf Gymnasiallehrer zurückgreifen, die eine Ausbildung haben, die gar nicht für die Mittelschule – zumindest nach Ihren Aussagen – geeignet ist. Was machen Sie da eigentlich? Sie bieten doch gar nicht die Voraussetzungen dafür, damit es wirklich funktionieren kann.
Zum Wahlbereich im Gymnasium haben wir schon etwas gehört. Frau Stange hat sich dazu geäußert. Das will ich gar nicht wiederholen. Das ist eine ganz problematische Situation. Sie werden die neuen Lehrer, die wenigen, die hoffentlich kommen, wieder nur in die Entgeltgruppe XI und nicht in die Entgeltgruppe XIII eingruppieren, wie wir das eigentlich haben wollen und wo es auch notwendig wäre, das zu tun.
Wir möchten, wenn wir nun schon die Mittelschule haben, eine Verbesserung mit Standortsicherung, mit ordentlicher Bezahlung der Lehrer, mit einer guten Ausstattung der Schule. Wir möchten kleinere Klassen und kurze Schulwege. Wir wollen Unterstützungssysteme. Die sind zwingend notwendig an den Mittelschulen. Das beziehe ich auf die Schulsozialarbeiter und Schulpsychologen, all die Anträge, die wir zum Haushalt gestellt haben. Wir wollen, wenn wir schon die Mittelschule
haben, einen Gymnasialabschluss an der Mittelschule. Meine Kolleginnen Frau Giegengack und Frau Stange sind schon darauf eingegangen. Wir haben in diesem Hohen Hause mit dem Antrag der SPD-Fraktion bereits intensiv zu diesem Thema diskutiert. Wenn wir die Mittelschule haben, müssen Sie die entsprechenden Abschlüsse anbieten, die möglich sind.
Und, na klar, wir wollen, dass die Integration, die zurzeit an den Mittelschulen läuft, vernünftig abgesichert ist. Das ist sie nämlich nicht. Ich habe gestern in meinem Redebeitrag dazu gesprochen.