Protocol of the Session on December 13, 2012

Wir kommen nun zum

Tagesordnungspunkt 5

Bürokratie abbauen und Liquidität für Handwerker sichern –

Vorverlagerung der Fälligkeit der

Sozialversicherungsbeiträge rückgängig machen!

Drucksache 5/10651, Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP

Auch hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnt die CDU, danach folgen FDP, DIE LINKE, SPD, GRÜNE, NPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile Herrn Heidan von der CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema ist sehr sperrig. Das haben wir heute früh erst in der Fraktion festgestellt. Mein Fraktionsvorsitzender hat gesagt: Na, dann wird das ja heute sicherlich auch so ein langweiliges Thema werden.

(Heiterkeit bei der CDU)

Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube es einfach nicht, weil nicht nur das Thema sperrig ist, sondern die ganze Regelung, die damals beschlossen wurde, ist etwas grenzwertig.

(Beifall des Abg. Sebastian Fischer, CDU – Unruhe)

Die Christlich Demokratische Union hat sich zu Recht gegen diese mittelstandsfeindliche Regelung ausgesprochen und angekündigt, das Gesetz zurückzunehmen, sobald die Union in der Regierungsverantwortung ist. Die Union muss nun Wort halten, meine sehr geehrten Damen und Herren. Schon deswegen bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem gemeinschaftlichen Antrag.

Die damalige rot-grüne Bundesregierung hat mit dem Rentenentlastungsgesetz vom 3. August 2005 beschlossen, ab Januar 2006 die Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge vorzuverlegen. Statt bis zum 15. des Folgemonats mussten die Arbeitgeber nun die Sozialversicherungsbeiträge bereits zum drittletzten Bankarbeitstag für den Folgemonat zahlen. Damit sollte insbesondere die

Liquidität der gesetzlichen Rentenversicherung verbessert werden.

Der Grund für diese Einführung der Vorfälligkeit war sicherlich der finanzielle Engpass in der gesetzlichen Rentenversicherung. Ich betone „war“. Denn die heutige Regierungskoalition hat wirtschaftspolitisch einen besseren Weg eingeschlagen, und die Kassen für die Sozialleistungen haben eine höhere Geldeinnahme zu verzeichnen. Die Sozialkassen weisen aktuell eine Liquidität in Höhe eines zweistelligen Milliardenbetrages aus, meine Damen und Herren, und die Finanzpolster in diesen Kassen sind gut. Die Wegnahme der Praxisgebühr beweist, dass wir es uns leisten können, nun auch wieder an die Liquidität der Unternehmen zu denken und hauptsächlich den Verwaltungsaufwand zu senken.

Selbst wenn sich die Anzeichen einer sich eintrübenden Konjunktur bemerkbar machen sollten, ist es das Gebot der Stunde, die vorgezogene Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge zurückzunehmen, um die Unternehmen dadurch spürbar zu entlasten. Das möchte ich Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, noch deutlicher vor Augen führen.

Nach den gesetzlichen Regelungen darf ein Unternehmer zum Beispiel aus meiner Branche, also dem Bau, entsprechend der Verdingungsordnung Bau als Abschlagszahlung – und so ist auch eine Vorfälligkeit zu werten – seinem Kunden maximal einen Abschlag von 90 % berechnen. Der Staat hat das für seine geschäftlichen Beziehungen so geregelt. Selbst macht er aber genau das Gegenteil. Er verlangt Geldleistungen – ich habe es eingangs schon gesagt – drei Banktage vor Ablauf eines Monats, obwohl noch gar keine Leistungen dafür erfolgt und diese Leistungen auch noch gar nicht bezahlt worden sind. Der Unternehmer ist wieder einmal Bank für Sachen, die der Staat oder in diesem Fall die Rentenversicherung eigentlich zu leisten hat.

Es kann ja wohl nicht die Wahrheit sein, von einer Leistungsgesellschaft zu reden, wenn die Leistungen auf Gegenseitigkeit beruhen und die Gegenseitigkeit noch gar nicht erfüllt ist. Hier werden die Unternehmen und die Firmen benutzt, um die Liquidität für die Renten- und Sozialkassen zu erhöhen. Ich muss deutlich sagen, es geht bei dieser Vorfälligkeit um blanke 14 Tage.

Die vorgezogene Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge führt zu einer doppelten Belastung der Unternehmen. Erstens – das habe ich eingangs schon zu erläutern versucht – wird den Firmen unberechtigterweise Liquidität entzogen, und zweitens werden die Arbeitgeber mit einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand belastet. Insbesondere die mittelständischen Betriebe leiden unter diesem erheblichen bürokratischen und finanziellen Mehraufwand. Einerseits müssen die Arbeitgeber ihre Lohnkosten zu einem Zeitpunkt zahlen, zu dem die tatsächliche Höhe, insbesondere bei Abrechnung nach erbrachten Arbeitsstunden, noch nicht bekannt ist, sodass im Folgemonat die Erklärungen der Arbeitgeber das entsprechende Entgelt korrigieren müssen. Zum anderen

wurde den Unternehmen durch die vorgezogene Fälligkeit und die Zahlung von 13 Beiträgen im Jahr 2006 Liquidität entzogen. Je nach Kapitalausstattung und Liquiditätslage des Unternehmens wirkt sich dies bis heute auf jährliche Zinsbelastungen für Fremdkapital bzw. für die Rentabilität aus. Das schwächt die Investitionsfähigkeit der Unternehmen. Für mich ist es ein deutliches Zeichen der Entlastung, wenn die Lohnabrechnungen für zwölf Monate nun auch zwölfmal ausgeführt werden sollen und nicht mehr wie bisher 24 Lohnabrechnungen verlangt werden.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Die Rücknahme der Vorfälligkeit ist meinerseits eine Frage der Glaubwürdigkeit zur Durchsetzung der sozialen Marktwirtschaft. Ich bitte Sie noch einmal, diesem Antrag zuzustimmen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Für die FDPFraktion Herr Abg. Hauschild. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kollegen! Die wirtschaftliche Basis Sachsens sind das Handwerk und die Dienstleister, also die kleinen und mittelständischen Unternehmen. Sie schaffen die Werte, die denen, die nicht selbst Unternehmer sind, den Arbeitsplatz schaffen, an dem sie sich entwickeln können. Sie zahlen Steuern, die ein geordnetes staatliches Gemeinwesen einschließlich des Landtags überhaupt erst ermöglichen. Kurzum: Wenn es den Dienstleistern und Handwerkern, den kleinen und mittelständischen Unternehmen gut geht, dann geht es auch Sachsen gut.

Wir sollten daher dafür Sorge tragen, dass sich die Unternehmer auf das konzentrieren können, was sie am besten können, nämlich ihr Unternehmen oder ihren Betrieb zu führen. Bürokratie, Steuern und Abgaben belasten die Unternehmer zum Teil erheblich. Das soll so nicht sein. Für uns ist es daher selbstverständlich, die Bürokratie abzubauen und die finanziellen Belastungen zu senken.

In diesem Sinne ist auch unser vorliegender Antrag zu verstehen. Wir fordern die Staatsregierung auf, sich dafür einzusetzen, die mit Wirkung zum Jahresbeginn 2006 erfolgte Vorverlagerung der Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge rückgängig zu machen, denn damit wird Bürokratie abgebaut und die Liquidität der Unternehmen verbessert.

Was bedeutet denn diese Vorverlagerung im praktischen Fall? Sie wissen, dass ich selbst auch ein Handwerksunternehmen habe. Ich kann aus der Praxis sagen: Diese drei Tage Banklaufzeit – es sind manchmal sogar sechs Tage, wenn ein Wochenende dazwischen liegt – bedeuten, dass ich schon sechs Tage vor Ende des Monats für Stunden, die noch gar nicht geleistet werden konnten, sodass die Leistung noch nicht berechnet werden konnte und der

Kunde noch nicht einmal die Chance hatte, das zu bezahlen, die Sozialbeiträge für die Mitarbeiter abführen muss und keine Chance einer Gegenfinanzierung habe. Dass das nicht gesund ist, leuchtet sicherlich jedem ein.

Über die technischen Dinge, über die Gelder, die dort laufen, über die Monatsausgaben hat mein geschätzter Kollege Heidan schon ausführlich berichtet. Deswegen spare ich hier ein bisschen Redezeit. Es ist also an der Zeit, die Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge wieder auf den normalen Termin zurückzuverschieben und die Unternehmen für ihren kurzfristig hilfreichen Beitrag – denn es war nur kurzfristig hilfreich – wieder zu entlasten. Die Zeit ist günstig. Wir sollten sie für das Handwerk und die Unternehmen in Sachsen nutzen. Deswegen bitte ich auch um eine breite Zustimmung zu diesem Antrag.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Herr Abg. Zais für die Linksfraktion, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, ich muss auch sagen, das Thema ist sperrig, aber nicht weil es langweilig ist, sondern ich habe da ein Problem. Auf der einen Seite ist der Antrag sehr einfach und logisch, auf der anderen Seite sehe ich da als Adressaten immer so ein Gesicht dahinter. Das war ein Lob, ja!

(Christian Piwarz, CDU: Danke! – Zuruf des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Jawohl, Herr Zastrow.

Also, der Antrag ist auf der einen Seite sehr formal und logisch und wird von uns für das Handwerk klar unterstützt. Wir kennen diese Probleme, wir kennen sie auch in den mittelständischen Unternehmen. Dadurch, dass mit zehn Tagen Unterschied zwei Abrechnungen zu machen sind, wird Kapazität gebunden. Bei den KIeinen macht das schon etwas aus.

Kein Beschäftigter – so wäre die Begründung – bekommt sein Geld im Voraus. Er muss erst arbeiten und erhält das Geld am Monatsende – warum eigentlich die Sozialkassen nicht?

Wir kennen die Geschichte, Herr Heidan. Sie haben erzählt, warum man im Jahr 2005 so verfahren hat, um die Kassen zu retten. Sicherlich ist heute die Voraussetzung gegeben, weil die Kassen ein Vermögen aufgebaut haben, es rückgängig zu machen.

Ich bin ehrlich. Ich kann von mir nicht behaupten – ich würde lügen –, dass ich die Tragweite dieses Antrags in vollem Umfang erkenne. Deshalb lautet meine Kritik wie folgt: Warum wird ein solcher Antrag nicht demokratisch im Ausschuss besprochen? Man könnte den Ausschuss mit Kompetenz ausstatten. Ich gehe einmal von Folgendem aus, liebe Koalition: Wenn Sie den Antrag hier einbringen, bedeutet das doch, dass Sie die Stimmen der

Opposition haben möchten. Die Opposition zu gewinnen heißt, sie mit Argumenten auszurüsten.

(Christian Piwarz, CDU: Wir haben den Luxus, unsere Stimmen würden ausreichen!)

Das bemängele ich. In dieser Hinsicht sind Sie immer eine Klientelpartei. Im Zusammenhang damit fangen bei mir die grauen Zellen an zu arbeiten. Behandeln wir einen Antrag nicht in einem demokratischen Ablauf, dann müssen Sie sich auch gefallen lassen, dass es viele Fragen gibt. Die Hauptfrage, um das heute einmal kurz zu machen, lautet wie folgt: Sie haben seit dem November 2005 eine Bundeskanzlerin. Dieses Thema gehört in die Bundespolitik. Seit dem Jahr 2005 lautet Ihr Versprechen an die Handwerker, dieses Gesetz zurückzudrehen. Seit dem Jahr 2005 ist nichts geschehen. Jetzt taucht innerhalb einer Woche ein solcher Antrag hier auf und soll in den Bundesrat gehen, in dem Sie zurzeit überhaupt keine Mehrheit haben. Wenn es so eindeutig ist, frage ich mich, warum nicht Ihre Bundestagsmitglieder und Ihre Ministerpräsidenten in einer Runde bei Frau Merkel dieses Thema am Rande schon längst geklärt haben. Die Antwort auf diese Frage ist mir wichtig.

(Zuruf des Abg. Peter Wilhelm Patt, CDU)

Herr Patt, wenn Sie seit dem Jahr 2005 die Macht haben, Sie sie aber nicht gebrauchen, habe ich nur eine Schlussfolgerung für Sie: Geben Sie sie wieder ab. Das würde Ihnen jeder Handwerker sagen.

Es überwiegt meine Skepsis, zumal die Medaille zwei Seiten hat. 20 Milliarden Euro wieder zurückzudrehen, ist auch kein Pappenstiel. Das sind keine Peanuts. Ich kann heute weder für mich noch für meine Kollegen der Fraktion verantwortlich aussagen, dass das für die Kassen kein Schlag ins Kontor wäre. Das muss erst einmal jemand klären. Das kann der Bundestag sicherlich am besten.

Meine Damen und Herren! Sie stehen als Koalition sowohl in Sachsen als auch im Bund für eine niedrige Rentenbeitragssatzung.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, ich fange dann noch einmal an.

Herr Zais, ist Ihnen bewusst, dass die 20 Milliarden Euro, um die es hier geht, nicht entfallen? Sie gehen nicht weg. Sie werden erst dann entrichtet, wenn die Arbeit dafür geleistet wurde. Es ist keine Belastung der Krankenkassen in Höhe von 20 Milliarden Euro.

Bitte stellen Sie nur Ihre Frage.