Aber jetzt, wo es um die sozialen Rechte der Armen in diesem Lande geht, reden Sie von Missbrauch und unterstellen Ihren Richterkollegen eigentlich im Grunde rechtswidriges Verhalten. Ich hoffe, dass das dort auch zur Kenntnis genommen wird.
Meine Damen und Herren! Wir unterstützen den Antrag der Fraktion DIE LINKE natürlich auch. Wir sind sehr dankbar, dass Sie diesen Antrag hier eingebracht haben. Wir gehen davon aus – das ist jedenfalls die derzeitige Meinungsbildung in der grünen Bundestagsfraktion –, dass die grüne Bundestagsfraktion – so dieser Gesetzentwurf überhaupt in den Bundestag kommt, er ist dort noch gar nicht gelandet – ihn dann ablehnen wird.
Zum aktuellen Verfahrensstand; Herr Kollege Bartl hat es auch schon ausgeführt: Wir waren nicht ganz sicher, ob Sie wahrgenommen haben, dass der Bundesrat dazu am 12.10.2012 eine umfängliche Stellungnahme abgegeben hat. Sie haben es dargestellt – vielen Dank dafür. Somit kann ich mir das sparen.
Kollege Biesok hat zu der Frage der Mutwilligkeit Stellung genommen, die jetzt definiert ist. Ich denke, wir sollten vielleicht einmal kurz ins Gesetz schauen und es uns zu Gemüte führen, um zu sehen, was denn da geregelt ist.
Dort soll es zukünftig heißen: „Mutwillig ist die Rechtsverfolgung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht“ – und jetzt kommt es – „bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.“
Was mich daran so fundamental stört, ist, dass damit dem Gericht überantwortet wird, über eine höchstpersönliche Einschätzung – ob eine Rechtsverfolgung angezeigt ist oder nicht – zu urteilen. Ich finde, in diesen Fragen kann es nur darum gehen, ob tatsächlich eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Wenn diese Aussicht auf Erfolg besteht – und das war die bisherige Rechtslage –, dann ist der Prozesskostenhilfe stattzugeben.
Herr Lichdi, geben Sie mir darin recht, dass beispielsweise bei einem Verfahren, das gegen eine insolvente GmbH angestrengt wird, wo schon Massenunzulänglichkeit angezeigt ist und das sicherlich eine hinreichende Erfolgsaussicht hat, einen Titel zu erlangen, gleichwohl die Rechtsverfolgung mutwillig wäre, weil aus diesem Titel niemals eine Zahlung zu erwarten wäre und deshalb die Inanspruchnahme von staatlichen Mitteln rechtsmissbräuchlich ist?
und in diesem Beispiel erscheint Ihre Sicht der Dinge möglicherweise gerechtfertigt. Aber an diese denke ich nicht. Ich denke an einen normalen Verdiener, wie ihn Frau Friedel dargestellt hat, an denjenigen, der nur knapp über der Grenze liegt und nicht durch einen Hartz-IVBescheid sein Einkommen nachweisen kann, sondern die Dinge beibringen muss und sich sehr genau überlegt, ob er es machen will oder nicht. Wenn ihm dann noch an dieser Stelle in die Parade gefahren wird, dann finde ich das einfach unfair. Das ist meine Meinung.
Kollege Lichdi, Sie waren und sind ja anwaltlich tätig. Geben Sie mir darin recht, dass es Bestandteil der anwaltlichen Beratung sein sollte, auch bei hinreichender Erfolgsaussicht im Prozess das wirtschaftliche Risiko für den Mandanten zu berücksichtigen, ob sich die Prozessführung tatsächlich lohnt?
Das ist Gegenstand der anwaltlichen Beratungspflicht. Darin gebe ich Ihnen recht. Nur, ich wehre mich gegen etwas anderes: Ich wehre mich dagegen, dass sich der Gesetzgeber anmaßt, auf eine Einschätzung dessen, ob ich mein Recht verfolge – auf das ja Aussicht besteht, dass es sich durchsetzen lässt –, zu sagen: Du darfst dein Recht nicht verfolgen. Das ist aus meiner Sicht auch eine persönliche Entscheidung und da sollte der Gesetzgeber nicht hineinfunken. Das ist meine Überzeugung.
Es gibt viele Punkte, die in dem Gesetzentwurf aus meiner Sicht wirklich nicht möglich und mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbaren sind. Am meisten haben wir uns darüber gewundert, dass – wenn wir es richtig verstanden haben – dort drinsteht, es sollte möglich sein, dass Prozesskostenhilfe auch nach dieser komischen Formel bewilligt wird. Dann geht man in den Prozess, es wird ein Beweisantrag gestellt und dann soll erneut geprüft werden, ob denn dieser Beweisantrag gerechtfertigt ist. Das ist wirklich geradezu abenteuerlich. Das heißt, man kreuzt schon die Klingen im Prozess, es gibt eine anwaltlich beratene sachverständige Einschätzung, dass dieses Beweismittel geboten ist, und dann soll das Gericht noch einmal neu darüber befinden: Das Beweismittel wollen wir Ihnen jetzt nicht geben.
Das kann nicht sein. Man muss vorher eine klare Entscheidung treffen, und dann muss der Bürger, der Prozesskostenhilfe bekommt, das gesamte Instrumentarium der ZPO wie jeder andere auch zur Verfügung haben. Alles andere ist eine Ungleichbehandlung, die durch nichts zu rechtfertigen ist.
Meine Damen und Herren! Wir stimmen dem Antrag der LINKEN ausdrücklich zu. Der Öffnungsklausel für die Länder in Bezug auf das Beratungshilferecht wollen wir nicht stattgeben; denn es ist offensichtlich, was damit bezweckt ist: Damit soll weiter auf Landesebene an den Rechten der Bürgerinnen und Bürger herumgeschnippelt werden.
Herr Staatsminister, mich interessiert wirklich nur eine Frage: Im Gesetzentwurf steht drin: Alle Bundesländer erwarten eine Einsparung von circa 70 Millionen Euro. Ich habe grob gerechnet; vielleicht hat Herr Kollege Mackenroth noch bessere Zahlen im Hinterkopf. Wir haben circa 5 % der Bevölkerung. Wenn ich das umrechne, wären für den Freistaat Sachsen Einsparungen in Höhe von 3,5 Millionen Euro zu erwarten. Kollege Bartl hat darauf hingewiesen, dass auch der Bundesrat den erheblichen Mehraufwand, der durch diese vielen Prüfungen entsteht, angemahnt hat und es diesbezüglich ablehnt. Jetzt weiß ich nicht, wie hoch ich diesen Mehraufwand ansetzen soll. Es kommen bestimmt schnell noch einmal 1 bis 2 Millionen Euro zusammen. Dann frage ich mich: Was soll denn das ganze Unternehmen?
Herr Mackenroth hat es dargestellt. Er hat die Zahl 30 genannt. Ich habe seine Zahlen zusammengerechnet und da waren es 25 Millionen Euro. Ich frage mich tatsächlich, ob wir uns das leisten können, in rechtsstaatlich fragwürdiger Weise an den Rechten insbesondere der Bevölkerung, die nicht so gut situiert ist, herumzuschnippeln. Sollen wir wirklich an einem rechtsstaatlichen Grundsatz – dass das Recht für alle gleich sein muss – für ein paar Hunderttausend Euro, die wir vielleicht am Schluss erzielen, herumschnippeln?
Deshalb stimmen wir dem Antrag der LINKEN zu und fordern Sie als Staatsregierung auf, diesem Gesetzentwurf nicht Ihre Hand zu reichen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie so oft bei Anträgen der LINKEN versteckt sich in wohlfeiler Verpackung ein zumindest teilweise fauler Inhalt. Geradezu exemplarisch gilt dies auch für den hier debattierten Antrag, auch wenn Sie, meine Damen und Herren, gleich wieder aufheulen werden, wenn ich eines Ihrer Reizthemen ansprechen muss.
Ja, natürlich dürfen Recht und Gerechtigkeit nicht zum Luxusgut für Vermögende werden. Zum Rechtsstaat gehört selbstverständlich auch, dass Recht und Gerechtigkeit für jeden Staatsbürger – das heißt für die NPD: für jeden Deutschen – bezahlbar sein müssen. Wer die Kosten seiner Rechtssuche nicht selbst aufbringen kann, der muss Unterstützung erhalten. Das ist für die NPD-Fraktion überhaupt keine Frage.
Die Frage für uns allerdings ist, ob dieses Recht, nämlich Kosten des deutschen Steuerzahlers für einen Rechtsstreit einzusetzen, für jedermann und jede Rechtsangelegenheit gelten soll. Kann man, wie es typische linke Denkweise ist, wieder einmal alle Menschen zu einer Menschheit zusammenfassen und allen Menschen das gleiche Recht einräumen,
(Svend-Gunnar Kirmes, CDU: Das sind alles Bürger in unserem Staat! – Johannes Lichdi, GRÜNE: Jeder!)
um damit Anreize zu schaffen, zum Beispiel nach Deutschland als Asylanten einzuwandern und ihren Prozess auf Kosten des deutschen Steuerzahlers zu führen?
Meine Damen und Herren! Alle diejenigen unter Ihnen, die eigenes Nachdenken durch unverbindliches Gutmenschsein ersetzt haben, werden jetzt natürlich stereotyp aufschreien und ihren Mangel an Argumenten wieder durch die Nazikeule ersetzen, wenn ich Ihnen sage: Nein, man kann das nicht.
Man kann es deshalb nicht, weil wir als deutsche Politiker gemäß dem Grundgesetz eben nicht aller Welt und der von Ihnen herbeigesehnten Einheits-Homunkulus verpflichtet sind, sondern allein und ausschließlich dem deutschen Volk. Wir wollen gerade nicht am deutschen Wesen die Welt genesen lassen, sondern allein das deutsche Volk.
Dann kann es mit Blick auf den heutigen Antrag der LINKEN überhaupt keine Frage sein, wer denn von den Leistungen des Sozialstaates für Rechtsuchende profitieren soll und wer nicht. Zum Beispiel nicht die typische Leistungsschnorrerklientel der Asylsuchenden, die meist lediglich Wirtschaftsflüchtlinge sind, bei denen ohnehin über 90 % aller Asylanträge letztendlich abgelehnt werden und wo Sie sehenden Auges – also vorsätzlich und sogar absichtlich – deutsche Steuergelder aus dem Fenster werfen. Auch Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren der Linksfraktion, werden nicht ernsthaft behaupten wollen, dass diese Asylsuchenden mit vollem Geldbeutel nach Deutschland kommen und ihr Asylverfahren aus eigener Tasche bezahlen.
Das deutsche Recht der Prozess- und Beratungskostenhilfe braucht daher Einschränkungen und auch diese sind am Maßstab des Artikels 56 Grundgesetz zu messen, nämlich an der Verpflichtung, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden.
allesamt mit dem Grundgesetz nicht wirklich ernst meinen oder oft genug deutlich mit voller Absicht verfassungswidrig agieren, ist es Ihnen völlig egal, wessen Interessen Sie als Politiker eigentlich von der Verfassung her zu vertreten haben.
Wenn Sie Ihre Wortschleifen abspulen, dann kommen Sie immer wieder zum Dritten Reich, weil Sie sonst gar nichts zu sagen haben.