Die großbetriebliche Landwirtschaft produziert Mengen, die der regionale Markt nicht aufnehmen kann. Andererseits gibt es dadurch wieder eine Vielzahl von Produkten, die nur wenig oder gar nicht angeboten oder erzeugt werden. Das heißt, es muss importiert werden. Dadurch entsteht eben kein Wirtschaftskreislauf in der Region, und es entsteht keine nachhaltige regionale Entwicklung. Das alles, meine Damen und Herren, ist Folge des Systems und nicht Schuld einzelner Landwirte, die die sich bietenden Möglichkeiten selbstverständlich nutzen und annehmen.
Für die einbringende Fraktion sprach der Abg. Weichert. – Für die CDUFraktion folgt jetzt Herr Kollege Heinz.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon immer erstaunlich, wie hier Dinge miteinander vermengt werden, die so nichts miteinander zu tun haben. Ich möchte bei meinem ersten Teil fortsetzen, dass 1990 die Struktur neu zu ordnen war, sprich: die Rückabwicklung der Zwangskollektivierung, die in großen Teilen daran gescheitert ist, dass sich die Bauern, die frei entscheiden konnten, eben nur zum geringsten Teil dafür entschieden haben, wieder selbst zu wirtschaften. Sie waren nach der Wende einmal im Westen und haben sich an der Technik berauscht. Sie waren zum zweiten und dritten Mal drüben, haben dann einmal angefangen zu rechnen und festgestellt, dass es vielleicht doch klüger ist, den Betrieb in der einen oder anderen Form weiter aufrechtzuerhalten, in dem sie die letzten 20 Jahre gearbeitet haben, und nicht selbst auf eigenes Risiko zu wirtschaften.
Das waren viele, viele Einzelentscheidungen, die ich hier nicht bewerten möchte. Ich selbst habe meinen Betrieb gegründet, um eine Perspektive zu haben, weil sich unser Betrieb aufgelöst hat. Dass sich dann manches anders entwickelt hat, ist, wie es ist. Auf jeden Fall hatten die, die 1992 ihren Betrieb neu gegründet haben, neben Investitionen und Krediten ganz andere Probleme. Sie mussten sich auch um die Flächenausstattung kümmern, das heißt, zum Nachbarn zu gehen und zu fragen: Würdest du deine Fläche an mich verpachten?
Und da gab es die unterschiedlichsten Erfahrungen. Man traute dem Neu- bzw. Wiedereinrichter nichts zu. Man wollte lieber in dem bisherigen Betrieb bleiben, weil der noch die Ansprüche aus dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz abarbeiten musste, oder man gönnte vielleicht auch gelegentlich dem Neu- oder Wiedereinrichter den wirtschaftlichen Erfolg nicht.
Es gibt viele Ursachen und Gründe, dass die Agrarstruktur so ist, wie sie ist. Ich kann hier flächendeckend und im großen Stil keine Intransparenz erkennen, dass die BVVG irgendwelche Dinge bevorzugt hat. Im Gegenteil. Ich möchte auf die Landpachtausschüsse verweisen, die wir ab 1994 hatten, wo unter Beteiligung vom SLB, vom VDL und den Ämtern für Landwirtschaft nach Betriebskonzepten über die Vergabe von Flächen entschieden wurde. Es gibt ausreichend Regelungen, mit denen der Bewirtschafter gestärkt wurde, weil sich viele einig waren, den Bewirtschafter etwas zu schützen und kapitalkräftige Leute von außen nicht gerade zu präferieren.
Wenn Sie hier Preise ansprechen, muss man feststellen: Wer bietet denn auf Ausschreibungen? – Transparenz kann ich nur herstellen, wenn ich ausschreibe, wo sich
jeder bewerben und sagen kann: Das ist mir so und so viel wert. In der Regel bieten die Bauern selbst und sind damit für hohe Preise verantwortlich. Es gibt die unterschiedlichsten Gründe dafür, warum man einen hohen Preis bietet: weil es ein Grundstück ist, das mitten drin liegt, usw.
Was können wir gegen hohe Preise tun? – Wir könnten zum Beispiel das Grundstücksverkehrsgesetz etwas strikter anwenden oder verschärfen. Das haben wir bei uns im Arbeitskreis auch schon diskutiert. Dazu gibt es unterschiedlichste Ansichten. Bis zum Koalitionspartner sind wir mit diesem Thema noch nicht gedrungen. Aber generell wird es das Problem nicht lösen. Grundsätzlich ist ein hoher Preis für Boden nicht schlecht, denn damit wird er wertvoll und legt hoffentlich den Grundstein für einen sorgsamen Umgang mit dem nicht vermehrbaren Hauptproduktionsmittel.
Die Probleme auf dem Bodenmarkt liegen meiner Meinung nach ganz anders, und zwar – das wurde völlig zu Recht angesprochen – im Einstieg außerlandwirtschaftlicher Investoren der verschiedensten Couleur. Das hat unter anderem auch zur Folge, dass über Pachtpreise Wertschöpfung im ländlichen Raum in Regionen abfließt, in denen schon sehr viel Geld verdient wird, und das Geld im regionalen Kreislauf fehlt.
Flächenproduktivität hat natürlich etwas damit zu tun, welche Veredelung auf der Fläche stattfindet.
Wenn ich jetzt sehe, dass ich noch 29 Sekunden Zeit habe, würde ich nachher noch einmal ans Mikrofon gehen und dazu ein paar Worte sagen.
Das war Kollege Heinz für die CDU-Fraktion. – Für die Fraktion DIE LINKE ergreift Frau Kollegin Kagelmann das Wort.
Wir waren, glaube ich, ziemlich übereingekommen, dass überfraktionell durchaus eine gewisse Gefahr gesehen wird, dass hier nicht landwirtschaftliche und überregionale Investoren zu spekulativen Zwecken auf dem Bodenmarkt agieren. Tatsächlich – da geben wir der GRÜNENFraktion recht – herrscht hier allenthalben noch großes Dunkel in der Materie.
In der Anhörung haben wir von Sachverständigen deutlich gehört, dass es dazu nicht genügend Datenmaterial gibt, keine Statistiken. Die Sachverständigen beziehen sich hier auf Fallbeispiele, auf Befragungen von Landwirten. Das Ganze hat dann natürlich keinen nachweisbaren Charakter. Wir müssen aber – das hat die Anhörung gezeigt – durchaus auf den Bodenmarkt Einfluss nehmen.
Das Instrumentarium, das wir gegenwärtig beispielsweise über die sächsische Landsiedlung an der Hand haben, ist aus unserer Sicht ein recht stumpfes Schwert. In der Anhörung haben wir von den Sachverständigen allerdings sehr deutlich an die Hand bekommen, was hier zu tun wäre und was das Land konkret selbst tun kann, nämlich: Es kann die Erwerbsmöglichkeiten für Siedlungsgesellschaften verbessern. Stichwort: Wegfall der Notwendigkeit eines Zweiterwerbers. Das setzt natürlich einen eigenen Bodenfonds voraus. Das setzt auch voraus, dass dieser zunächst ordentlich mit Finanzen ausgestattet wird.
Es braucht eine niedrigere Kaufpreisgrenze nach Grundstücksverkehrsgesetz und – das ist tatsächlich auch aus unserer Sicht sehr wichtig – eine Definition der angestrebten Agrarstruktur, die wir hier im Land haben wollen. Denn das ist die Voraussetzung, dass wir überhaupt den Rechtsbegriff „ungesunde Bodenverteilung“ definieren, um dann staatlich eingreifen zu können.
Genau an dieser Stelle decken sich die Vorstellungen der LINKEN mit den Forderungen der Landsiedlungsgesellschaften aus der Sachverständigenanhörung. Aus diesem Grund, Herr Weichert, haben wir – was den einen oder anderen erstaunt haben wird – unseren Antrag zunächst nicht weiter verfolgt, sondern wir qualifizieren ihn im Moment.
Es kam eine konkrete Anregung, nämlich dass das Land Sachsen die Möglichkeit hat, über ein eigenes Agrarstrukturverbesserungsgesetz all diese Fragen konkret im Detail zu klären. Das erarbeiten wir gerade. Das bekommen Sie noch in diesem Jahr auf den Tisch. Damit können wir dann alle noch offenen Probleme klären.
Herr Weichert, ich bin der festen Überzeugung, dass die Privatisierungsgrundsätze, die erst sehr lange mit dem Bund verhandelt werden mussten und die jetzt überhaupt nicht greifen, wieder an der Maxime des Bundes scheitern. Die fiskalischen Ansprüche des Bundes gehen eben vor agrarstrukturelle Überlegungen. Deshalb macht es aus unserer Sicht keinen Sinn, weiter mit dem Bund zu verhandeln. Das Land Sachsen hat über die Föderalismusreform eigene Möglichkeiten an die Hand bekommen. Die sollten wir einfach nutzen.
Das war die Abg. Kagelmann für die Fraktion DIE LINKE. – Jetzt hat nur noch die CDU-Fraktion Redezeit zur Verfügung. Kollege Heinz hat angekündigt, erneut das Wort zu ergreifen. Die Staatsregierung verfügt ebenfalls noch über ihre Redezeit und wird sich dann anschließen. Bitte, Kollege Heinz.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte schnell noch etwas zur Flächenproduktivität sagen. Das hat etwas mit Veredelung, mit Tierproduktion zu tun. Hier liegen wir noch sehr weit unter dem Altbundesdurchschnitt. Wir haben zum Teil einen Selbstversor
Aber ich kann nicht erkennen, dass von verschiedenen Parteien hier im Hause moderne Tierhaltung gewünscht wird. In dem Zusammenhang haben wir schon verschiedentlich eine Definition „Massentierhaltung“ angemahnt, weil das Stichwort auch immer wieder fällt. Stellen die 600 Kühe vom Ökogut, das ökologisch bewirtschaftet wird, eine Massentierhaltung dar oder nicht? Ich weiß es nicht. Ich bin auf eine Definition gespannt.
Ansonsten möchte ich zum Abschluss noch einmal auf den Kern der Debatte zurückkommen. Ich kann nicht erkennen, dass die BVVG durch ihre Vergabepraxis die Strukturen nachhaltig beeinflusst hat. Dort, wo der Freistaat in der Verantwortung stand, hat er sie im Interesse der Entwicklung einer vielfältigen Agrarstruktur wahrgenommen.
Für die CDU-Fraktion sprach erneut Herr Kollege Heinz. – Ich sehe aus den Fraktionen keinen Redebedarf mehr. – Ich erteile Herrn Staatsminister Kupfer für die Staatsregierung das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Weichert, erstens hat es sich mir bis zum Schluss nicht erschlossen, was an dieser Debatte aktuell sein soll.
Zweitens haben Sie sich in Ihrem zweiten Wortbeitrag wieder etwas herausgeredet. Ich möchte entschieden zurückweisen, dass in irgendeiner Art und Weise – auch nur andeutungsweise – ein Korruptionsverdacht auf die Mitarbeiter meines Hauses gelenkt wird, nur weil sie schon einige Jahre auf dem gleichen Posten sind. Ich möchte das einmal gesagt haben.
Ich möchte gern ein paar Ausführungen zum Thema BVVG und Privatisierung machen und Sie mit ein paar Fakten in dieser Diskussion beglücken. Wir haben in Sachsen rund 900 000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche. Was die BVVG unter sich hat, sind 23 900 Hektar. Ich sage es deshalb, damit Sie einmal die Relationen sehen. Von diesen 23 900 Hektar sind 3 000 bis 8 000 Hektar für die Entschädigung von Alteigentümern vorreserviert. Der Rest wird weiterverpachtet bzw. veräußert. Damit Sie dies auch einmal hören, sage ich Ihnen Folgendes: Veräußert wurden im letzten Jahr
Wir können in Sachsen auf die kleinsten Verkaufslose blicken. Diese liegen im Durchschnitt bei sieben Hektar. Das ist in anderen Ländern anders. Aufgrund dieser Größe ist die Anfälligkeit für Bodenspekulanten gering. Uns liegt eine Untersuchung des Von-Thünen-Instituts vor. Sachsen ist von vornherein herausgenommen worden, weil die Ansatzpunkte für Spekulationen dort nicht gesehen wurden. Es ist mir wichtig, Folgendes zu sagen: Wir haben in Sachsen das niedrigste Preisniveau bei dem Verkauf von BVVG-Flächen.
Ich möchte Ihnen einmal einen Satz dazu sagen, warum die Verkaufspreise so hoch sind. Das hat nichts mit der BVVG zu tun. Das hat ganz einfach etwas mit der Situation auf dem Finanzmarkt zu tun. Die Leute sehen natürlich im Grund und Boden eine Kapitalanlage. Das treibt die Preise in die Höhe. Das hat nichts mit der Verkaufspolitik der BVVG zu tun.
Meine Damen und Herren, ich komme nun auf die Agrarstruktur im Freistaat Sachsen zu sprechen: 11 % der Landwirtschaftsbetriebe sind juristische Personen. Sie bewirtschaften rund 60 % der Fläche. 89 % sind natürliche Personen, die 40 % der Fläche bewirtschaften. Im Vergleich die Vergabepraxis der BVVG: 57 % wurden an natürliche Personen vergeben, davon 44 % an Wiedereinrichter und 13 % an Neueinrichter. 40 % der Flächen wurden an juristische Personen vergeben. Noch einmal zum Vergleich wiederhole ich Folgendes: 11 % in der Agrarstruktur sind juristische Personen mit 60 % der Fläche, und 40 % der Fläche, die von der BVVG veräußert wurden, gingen an juristische Personen. Den Rest in Höhe von 3 % stellen die Flächen für die Alteigentümer dar.
Meine Damen und Herren! Ich höre immer wieder Folgendes: Die Strukturen in Sachsen sind nicht gesund; wir müssen weg von den großen und hin zu den kleinen Strukturen. Ich bin stolz darauf, dass wir in Sachsen diesen breiten Mix an großen und kleinen Betrieben, an Haupt- und Nebenerwerb sowie an ökologisch und konventionell produzierenden Betrieben haben. Sie werden in keiner Förderrichtlinie des Freistaates Sachsen irgendwo eine Diskriminierung eines dieser Bereiche finden. Alle landwirtschaftlichen Betriebe haben die gleichen Chancen, sich im Freistaat Sachsen zu entwickeln.