Protocol of the Session on September 27, 2012

Gerade jetzt, am 12.09. dieses Jahres, ist das Spitzengespräch zwischen den Hebammenverbänden und dem DKV-Spitzenverband gescheitert. Die Kassen bieten den Hebammen lediglich eine zehnprozentige Vergütungssteigerung an. Diese soll an nur vage formulierte Bedingungen geknüpft sein. Das lehnen die Hebammen ab. Sie verlangen 30 %, was für sich betrachtet hoch aussieht. Wenn man aber den von dem IGES-Gutachten ermittelten Nettostundensatz in Höhe von 7,48 Euro sieht, dann ist das keinesfalls unmäßig, und es ist der verantwortungsvollen Tätigkeit einer Hebamme angemessen.

Oder wir hinterfragen – das wäre der zweite Weg – die tatsächliche Höhe der Haftpflichtprämie und prüfen, welche Lösungen gefunden werden können, damit die Geburt ein bezahlbar zu versicherndes Ereignis bleibt.

Der Hebammenverband, der die Versicherungen für die Hebammen abschließt, hat dazu 2011 europaweit Versicherungsunternehmen angeschrieben. Ergebnis: ein

einziges Angebot von einer einzigen Versicherung. Das zeugt vom Unwillen der Versicherungswirtschaft, diese Situation zu versichern.

Aktuell gibt es für die Hebammen also keine Wahl, keinen Wettbewerb zwischen den Anbietern. Da ist politische Rückendeckung nötig und sie ist auch hilfreich.

Zum zweiten Punkt des Antrages. Frauen haben einen Anspruch auf Hebammenleistung. Wenn meine Recherchen stimmen, gibt es aber keinen Sicherstellungsauftrag. Deshalb erlauben wir uns in völliger Unkenntnis darüber zu sein, wo hier im Land Sachsen welche Hebamme welche Dienstleistung anbietet und abrechnet und welche Dienstleistungen wo von den Frauen nachgefragt werden. Das passt nicht zusammen.

Deshalb hatte das Bundesgesundheitsministerium die IGES-Studie in Auftrag gegeben. Im Ergebnis dieser Studie wird bemängelt, dass es keine einheitliche Statistik zu Anzahl und fachlichem Einsatzgebiet der Hebammen – und zwar vor allem der freiberuflichen Hebammen – in Deutschland gibt.

Die IGES-Studie – wer nachlesen will, es steht auf der Seite 196 – führt die Daten zur Versorgungslage zusammen und identifiziert zum Beispiel für die Region Bautzen-Görlitz, dass das Angebot im außerklinischen bzw. klinischen Bereich sowie die Erreichbarkeit der Krankenhausabteilung bzw. die Reichweite der Hebammen unterdurchschnittlich war. Allerdings waren dabei die an der durchschnittlichen Abrechnungssumme gemessenen

Leistungsaktivitäten der Hebammen überdurchschnittlich hoch.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch in Sachsen brauchen wir eine entsprechende Statistik, um werdenden Eltern und Neugeborenen einen gut begleiteten Start ins Familienleben zu ermöglichen. Deshalb muss Sachsen hier tätig werden. Wir brauchen eine Statistik. Es ist keine Erfindung der GRÜNEN, sondern auch die IGES-Studie sagt, dass das eine notwendige Voraussetzung ist und, liebe Kolleginnen und Kollegen, Hebammen brauchen ein

klares Bekenntnis zu ihrem Berufsstand, auch von Ihnen, Frau Clauß.

(Staatsministerin Christine Clauß: Das habe ich gemacht!)

Das haben Sie schon gemacht. Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und ganz vereinzelt bei den LINKEN)

Zum Antrag bitte ich um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Krauß.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte meine Rede gern zu Protokoll geben und werde mit großer innerer Anteilnahme dem Redebeitrag unserer Koalitionskollegin Frau Jonas folgen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Wir fahren fort. Für die Fraktion DIE LINKE Frau Lauterbach.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Wir haben hier im Landtag schon oft über die Probleme der Hebammen in Sachsen diskutiert. Es gab zahlreiche Anträge, eine Große Anfrage der Linksfraktion und unzählige Kleine Anfragen. Es gab Demos des Hebammenverbandes und selbst die Bundesebene hat die Sorgen der Hebammen erkannt.

Unsere Große Anfrage zur Situation der Hebammen liegt schon einige Zeit zurück. Sie verdeutlichte aber damals schon, dass eine geeignete Statistik hier in Sachsen fehlt. Zahlreiche Fragen der Fraktion DIE LINKE wurden nicht oder nur sehr mangelhaft beantwortet. Die fehlende Datenbasis ist auch zentraler Kritikpunkt der IGESStudie. Diese Situation ist unbefriedigend, zumal viele Daten beim Deutschen Hebammenverband vorliegen und sehr entgegenkommend zu erhalten sind. Insofern stimmen wir im Punkt 2 des Antrages mit den GRÜNEN überein.

Eine umfassende und dauerhafte Datenerhebung über die Situation der Hebammen ist notwendig. Es ist für uns wichtig zu wissen, wie arbeitsfähig Hebammen in Sachsen sind, welche Arbeitszeiten sie bewältigen müssen, ob sie Beruf und Familie unter einen Hut bringen können. Können sie Tank und Kühlschrank mit ihrem Einkommen problemlos füllen? Haben sie den Kopf frei für das Wohlergehen der Schwangeren und deren kleine und große Sorgen oder schwingen Versicherungsprämien und Kostendeckung im Hinterkopf?

In den letzten drei Jahren hat ein Viertel der freiberuflichen Hebammen mit der Geburtshilfe aufgehört. Sie können sich ihre Arbeit einfach nicht mehr leisten.

1992 hat eine Berufshaftpflichtversicherung umgerechnet 179 Euro gekostet. Heute sind wir bei fast 4 500 Euro im Jahr. Die ausufernden Kosten der Haftpflichtversicherung zwingen immer mehr Hebammen zur Aufgabe. Ich sehe hier auch die Sächsische Staatsregierung in der Pflicht, konkrete Vorschläge zu unterbreiten, wie ein existenzsicherndes Einkommen nach Abzug der Betriebsausgaben sichergestellt werden kann. Ein Blick auf das 1987 abgeschaffte Prinzip des Mindesteinkommens für Hebammen könnte eventuell helfen.

Werte Abgeordnete, auch in Zukunft muss eine flächendeckende Versorgung mit Hebammen in Sachsen sichergestellt werden. Frauen sollten auch weiterhin die freie Wahl haben, wo sie ihr Kind zur Welt bringen wollen. Aber dafür müssen wir wissen, wie, wo und unter welchen Bedingungen die Hebammen arbeiten. Wie sieht es aus im Erzgebirgskreis, in Nordsachsen oder in Görlitz? Gibt es weiße Flecken, wo die Schwangere keine Wahl mehr hat?

Die IGES-Studie hätte solche Fragen gern beantwortet, scheiterte aber, wie erwähnt, an der fehlenden Datenbasis. Den GRÜNEN ist zuzustimmen, wenn sie nun die landesweite Datenerhebung einfordern. Dabei aber auf die Abstimmung mit anderen Ländern und dem Bund zu warten, verschärft die Situation der Hebammen nur.

Packen Sie es an, Frau Ministerin. Geben Sie mit einer guten Datenbank ein Beispiel, dem die anderen gern folgen würden.

Deshalb stimmen wir dem Antrag zu.

(Beifall bei den LINKEN)

Frau Neukirch für die SPD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die dem vorliegenden Antrag zugrundeliegende IGES-Studie ist schon häufig erwähnt worden; sie zeigt uns für die heutige Debatte deutlich auf, wo Handlungsbedarf in Bezug auf die Versorgung in Sachsen für Hebammentätigkeiten besteht.

Festzustellen sind nach der Studie sowohl positive Entwicklungen für Sachsen als auch dringende Handlungsbedarfe. Positiv ist beispielsweise, dass Sachsen im Vergleich der Bundesländer die höchste Geburtenziffer aufzuweisen hat und die geringste Kaiserschnittrate, was auch eine Leistung ist. Positiv ist außerdem, dass in Sachsen die Nachfrage nach Hebammenleistungen, vor allem auch nach außerklinischen Geburten, zunimmt.

Aber auch in Sachsen arbeiten fast zwei Drittel der im klinischen Bereich tätigen Hebammen in Teilzeit, und auch in Sachsen arbeiten freiberuflich tätige Hebammen im Niedriglohnbereich. Auch in Sachsen gibt es bereits in einer Region – in Bautzen und Görlitz – Defizite in der Versorgung im ländlichen Raum.

Deshalb sind aus meiner Sicht folgende Handlungsfelder in den Blick zu nehmen: Ganz zuerst: Der Hebammenbe

ruf ist ein Niedriglohnberuf, und das kann aus meiner Sicht nicht hingenommen werden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Schon allein deshalb ist der Antrag der GRÜNEN unbedingt zu begrüßen, auch wenn dort ganz konkret nur auf das Problem der Berufshaftpflicht eingegangen wird. Der Niedriglohnbereich insgesamt muss verändert werden. Niedriglohn für die hoch qualifizierte Tätigkeit von Hebammen – das ist absolut nicht angemessen und entspricht auch nicht der hohen Verantwortung dieses Berufsstandes.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Der nächste Punkt: Die Leistungsbreite der Hebammentätigkeit – insbesondere die der freiberuflich tätigen Hebammen – darf nicht gefährdet werden. Die Kernaufgaben wie Geburtshilfe, Schwangerenberatung und Wochenbettbegleitung müssen ausreichend vorhanden und für die Hebammen wirtschaftlich erfüllbar sein. Danach kann über zusätzliche Leistungen oder neue Aufgaben nachgedacht werden.

Trotz der allgemein zurückgehenden Geburtenraten – mit einigen Ausnahmen in Sachsen – werden tatsächlich mehr Hebammenleistungen in Anspruch genommen. Dem entgegen steht aber die Entwicklung, dass die freiberuflichen Hebammen ihr Leistungsangebot schon einschränken; insbesondere steht die außerklinische Geburtshilfe infrage. Dafür werden neue Leistungen wie zum Beispiel die der Familienhebammen angeboten.

Das geht natürlich auch auf ein völlig zu Recht und angemessen durch die Politik initiiertes Angebot zurück, darf jedoch nicht dazu führen, dass die Kernaufgaben von Hebammen eingeschränkt werden. Hier ist ein Gleichgewicht zu beachten. Auch dafür, dass dieses Gleichgewicht wiederhergestellt wird, trägt die Sächsische Staatsregierung eine Mitverantwortung. Es gilt darüber zu diskutieren, wie die bereits heute strukturell auftretenden Versorgungsdefizite in Sachsen in den Griff bekommen werden und neue Lücken gar nicht erst entstehen können.

Die IGES-Studie zeigt für den Raum Bautzen/Görlitz, dass das Versorgungsangebot sowie die Erreichbarkeit der Krankenhausabteilung unterdurchschnittlich sind. Sie verweist aber für die Region auf eine hohe Aktivität der Hebammen. Es ist also noch eine Grundlage da, auf der man aufbauen kann. Hier müssen weitere Aktivitäten erfolgen. Ich hoffe, dass die Staatsregierung ähnliche Aktivitäten – zum Beispiel beim Thema ärztliche Versorgung – unternimmt und dadurch auch die Tätigkeiten der Hebammen unterstützt.

Die Besonderheit in der Hebammenversorgung – Frau Herrmann hat erwähnt, dass eben kein Sicherstellungsauftrag existiert – darf nicht dazu führen, dass die Versorgung weiter gefährdet werden kann, wenn sich der wirtschaftliche Druck auf die Hebammen weiter erhöht. Die Arbeitsbedingungen für freiberufliche Hebammen müssen sich verbessern, damit hier keine Lücken entstehen.

Da es keine bundeseinheitliche Meldepflicht gibt, ist die Grundlage für tiefergehende Analysen und für eine weitergehende Debatte derzeit nicht ausreichend. Auch deshalb sind die weiteren Vorschläge im Antrag der GRÜNEN zu begrüßen. Wir werden ihm deshalb zustimmen.

Ich hoffe, dass diese sehr sachlichen Argumente dazu führen, dass der vorliegende Antrag die breite Unterstützung von allen hier im Hause erhält und dass die Sächsische Staatsregierung im Sinne der Frauen und Familien im Freistaat hier gestalterisch tätig werden kann.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD, bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Frau Jonas hat für die FDP-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kollegen Abgeordneten! Die Geburt eines Kindes ist ein zutiefst berührendes, aber auch ein sehr störanfälliges Ereignis. Umso wichtiger ist es, dass Mutter und Kind frühzeitig richtig begleitet werden und von allen Beteiligten ein hohes Maß an Verständnis und Einfühlungsvermögen erfahren. Diese Betreuung ist ein unerlässlicher Beitrag – vor allem für die werdenden Eltern.